ZEITSCHRIFT
FÜR
ÄGYPTISCHE SPRACHE
UND
ALTERTUMSKUNDE
VEIT UNTERSTÜTZUNG DER DEUTSCHEN MORGENLÄNDISCHEN GESELLSCHAFT
HERAUSGEGEBEN VON
A. ERMAN und G. STEINDORFF
EINUND VIERZIGSTER BAND
MIT 55 ABBILDUNGEN UND 1 TAFEL
LEIPZIG
J. C. HINRICHS'sche BUCHHANDLUNG
1904
Inhalt des 4L Bandes.
Seite
BUsing, Fr. W. v. Ausradierungen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab (mit 1 Abbildung) .... 126
— Ein Skarabäus mit dem Namen
m£^j§Tj (mit 4 Abbildungen) 70
Borchardt, L. Sind die Neumondsdaten der IUahunpapyri chronologisch zu verwerten? 34
Brix, W. Bemerkungen zu dem vorstehenden Aufsatz 36
— Über das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum des mittleren Reiches der
ägyptischen Geschichte 26
Gardiner, A. H. An use of the later absolute pronoun 135
— The reading of j f\ ^^ 73
/WWVA jr)
— The word ^^ \ Qh 13°
Leipoldt, J. und Violet, B. Ein saidisches Bruchstück des vierten Esrabuches 137
Madsen, H. Aus dem Holienpriestergrabe zu Memphis (mit 1 Tafel) 110
— Zwei Inschriften in Kopenhagen (mit 1 Abbildung) 114
Meyer, Ed. Die Entwicklung der Kulte von Abydos und die sogenannten Schakalsgötter (mit 4 Ab-
bildungen) 97
Oefele, F. v. Astrologisches in der altägyptischen Medizin 117
Rubensokn , 0. und Knatz, F. Bericht über die Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq im Jahre 1903 (mit
17 Abbildungen) 1
Sehack-Schackenburg, H. Nr. 60 des Mathematischen Handbuchs 77
- J^tfT^^^Vfr "
Schäfer, H. Ägyptische Worte bei Diodor 140
— Darstellung einer Beisetzung im alten Reich (mit 4 Abbildungen) 65
— Das Osirisgrab von Abydos und der Baum phr (mit 1 Abbildung) 107
— Der Speer des Horus als Rückenbrett von Mumien und als Amulett (mit 8 Abbildungen) .... 68
— Zauberpapyrus Harris VIII, 9 — IX, 14 und Plutarchs Erzählung vom Tode des Osiris .... 81
— Zur Geschichte des Uräus am Kopfschmucke des Königs (mit 2 Abbildungen) 62
Schweinfurth , G. Ein neuentdeckter Tempel in Theben (mit 9 Abbildungen) 22
Sethe, K. Der Name Sesostris 43
— Koptische Etymologien II 142
— Schoinos und Dodekaschoinos 58
— Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie und zur Benutzung ägyptischer Sothisdaten überhaupt 38
Miscellen:
Bissing, Fr. W. v. Die älteste Darstellung des Königs im »Kriegshelm« 87
— Zu Ägypt. Zeitschr. 41, 85 ff. 145
— Zu den Kahunpapyri . 147
— Zur Lesung von JqTqT ® 147
— Zu Papyrus Westcar XI, 8 90
Borchardt, L. Zwei Kasteneinsätze 86
— Zwei Sockel (mit 2 Abbildungen) 85
Calice, F. v. Das Zeichen y^ggy 89
— Zu Sethes Verbuni I, § 357 90
IV
Miscellen :
Capart, «7. Sur le pretre 'In-mwtf 88
Flmders Petrie, W. M. Guiob and Dendereh 93
Golenischeff, W. Die Landschaft v ^ ^~ *■» aww\ @ 92
Je'quier, G. Supports de statues royales (mit 1 Abbildung) 145
Leipoldt, J. Zu Ägypt. Zeitschr. 40, 135 148
Meyer, Ed. Zu dem Nildatum Sabatakas (ÄZ. 40, 124 f.) 93
Otto, W. Ägyptische Flüssigkeitsmaße 91
Schuck - Schackenburg , H. Prisse 2, 6 90
Schäfer, H. Der Name Takompso 147
— Die Spitze der Pyramide König Amenemhets III. (mit 1 Abbildung) 84
— Zur Geschichte der Königstitulatur 87
Sethe, K. Die endgültige Lesung für den Namen der Überschwemmungsjahreszeit 89
Weil, A. () % ff) (1 $\ = toXfc 148
M
Wreszinski, W. Sesonchis II 146
Erschienene Schriften 94. 149
Rubensohn u. Kxatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903). [41. Band. 1904.] 1
Bericht über die Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq im Jahre 1903.
Von 0. Rubensohn und F. Knatz.
Mit 17 Abbildungen.
VJebel Abusir ist der Xame des niedrigen Wüstenhügels, der in einer Längen-
ausdehnung von über 14 km und in einer durchschnittlichen Breite von 3 — 4 km
dem Eingang in das Fajum vorgelagert ist. Den Namen trägt er nach dem an
seinem Nordostende gelegenen Dorf Abusir el Mäläq, einer Ortschaft von 2000
bis 3000 Einwohnern, deren Häuser sich malerisch auf und an einem antiken
Kom hinziehen. Weitere antike Korns erheben sich am Westabhang des Hügel-
rückens, da wo man unweit des Dorfes El Hamam auf der Straße von Abusir
nach Illahun in das Tal des Bahr Jussuf hinabsteigt, und etwa 8 km südlich
dieses Dorfes, unweit der Ortschaft El Haraga. Die Namen der im Altertum
an der Stätte dieser beiden Korns anzusetzenden Orte sind unbekannt. Daß
Abusir el Mäläq die Stätte einer antiken Ortschaft einnimmt, in der der Osiris-
dienst eine besondere Rolle gespielt hat, ist eine Annahme, die durch den
Namen der modernen Ortschaft nahegelegt wird. Eine Bestätigung derselben
ergab sich aus einer großen Anzahl Aufschriften auf Särgen, in denen, wie
W. Spiegelberg, der uns in der Ausgrabung eine Zeitlang unterstützte, zuerst
sah, Osiris als Herr des nördlichen Abydos (^37? J^^^Sjf 2) angeredet wird;
wahrscheinlich hieß also die Stadt »Abydos des Nordens«.
Systematische Ausgrabungen sind bisher hier nicht veranstaltet worden-
Petrie hat in seinem »Illahun, Kahun and Gurob« 1889/90 auf Tafel 28 mehrere
Sarkophage aus Abusir veröffentlicht, im Text geschieht dieser Sarkophage aber
keine Erwähnung. Eine Art Raubgrabung soll im Jahre 1893 stattgefunden haben;
die Funde aus dieser Grabung sind in den Handel gekommen, über ihren Verbleib
und die Resultate jener Grabung im übrigen ist aber Näheres nicht bekannt ge-
worden. Das Berliner Museum hat nach einer Versuchsgrabung im Jahre 1902 im
Februar und März dieses Jahres hier eine Grabung zur Gewinnung von Papyrus-
kartonnagen vornehmen lassen, deren Leitung in den Händen der Verfasser lag.
Bei der Verfolgung unserer Aufgabe haben wir in größerem Umfange Gräber
aufgedeckt, die durchaus dem ägyptischen Kulturkreis angehören; über diese
soll hier kurz berichtet werden, von den Funden an Papyrus wird an anderer
Stelle die Rede sein.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 1
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[4L Band
Der untersuchte Teil des Gräberfeldes liegt etwa 900 m westlich vom Dorfe
Abusir auf der nördlichsten Erhebung des Hügelrückens. Der Punkt besitzt
eine beherrschende Lage und erlaubt eine weite Fernsicht über das Niltal nach
Norden. Süden und Osten hin; im Westen schließen die das Fajum vom Niltal
trennenden Erhebungen der Libyschen Wüste den Blick ab. Zwischen diesen
bergigen Höhen, genau über der Durchbruchstelle des Bahr Jussuf, zeichnete
sich im Westen allabendlich die Pyramide von Illahun scharf im Lichte der unter-
gehenden Sonne ab, während nördlich des Ausgrabungsfeldes die Spitze der etwa
17 km entfernten Pyramide von Meidum jederzeit einen bequemen Orientierungs-
punkt darbot.
Das Gestein des Wüstenhügels ist stark tonhaltig und infolgedessen sehr
leicht " zu bearbeiten. Die Anlage von tiefen Schächten und Grabkammern war
daher auch bei einem geringen Aufwand von Arbeitskräften möglich. Der starke
Feuchtigkeitsgehalt des Tons bildet aber für die in diesen Grabkammern bei-
gesetzten Särge mit Inhalt eine große Gefahr und hat in einer großen An-
zahl von Fällen deren völlige Vernichtung herbei-
geführt.
Der erste Typus der von uns aufgedeckten
Schachtgräber umfaßt diejenigen, welche sich durch
besondere Tiefe von den übrigen unterscheiden.
Die Schächte, die zu diesen Gräbern hinabführen,
sind geräumig, bis zu 1.50 m und 1,70 m im
Geviert, ihre Wandungen sind bei der Mehrzahl
mit Steinquadern verkleidet, die in unmittelbar
neben dem Friedhof gelegenen Steinbrüchen ge-
brochen worden sind; bei einer Minderzahl hatte
man sich mit einfacher Glättung der Felswände
begnügt. Überall finden sich sorgfältig gearbeitete
Einsteigelöcher; in zwei Schächten waren in ge-
wissen Abständen Steinpflaster aus zum Teil sehr
mächtigen Kalksteinquadern gelegt zur Verhinderung von räuberischen Einbrüchen
in die Gräber. In dem einen Falle fanden wir vier solche Steinpflaster über-
einander in einem Abstand von etwa 1 m voneinander.
An der Sohle dieser Schächte öffnen sich in der Regel an zwei Seiten —
meistens an der Nord- und Südseite — die Eingänge zu den Grabkammern.
Alle Gräber dieser Periode, die wir aufgedeckt haben, waren — zum Teil ge-
wiß schon im Altertum — ausgeraubt. Die antiken Grabesräuber sind wahr-
scheinlich bei der Anlage der späteren Gräber in die alten Grabanlagen einge-
drungen. Von dem ersten Schacht dieser Art, den wir untersuchten, gelangten
wir in eine ganze Flucht von Kammern, die zum Teil in zwei Stockwerken
übereinander angelegt waren; wir haben mehr als 30 Einzelräume gezählt. Die
Kammern waren notdürftig aus dem in dieser Tiefe schon sehr festen Felsen
Abb. 1.
1904.] Rlbensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903). 3
herausgehauen, die Wände nur oberflächlich geglättet, die Höhe so gering, daß
wir nicht immer aufrecht in denselben stehen konnten. Bei der Untersuchung
ergab sich, daß die ausgedehnte Kammernflucht ursprünglich nicht zusammen-
hängend gewesen ist. Die Räuber sind in einige dieser Gräber von oben her-
unter eingedrungen und haben sich dann den Weg zu den benachbarten Gräbern
durch Durchschlagen der Wände gebahnt. Die zu den letzten Gräbern führenden
Schächte fanden wir unberührt. Außer Knochen und Fragmenten von zerbroche-
nen Holzsärgen und Tongefäßen bargen diese Kammern nichts. Für die Datierung
dieser Grabanlagen fehlt daher jeder Anhalt; daß sie älter sind als die gleich
zu betrachtenden, ergibt sich aus der Wiederbenutzung der alten Schächte für
die späteren Gräber, die sich mehrfach nachweisen ließ.
Die für diese jüngeren Gräber angelegten Schächte sind durchgängig von
geringerer Tiefe und stehen auch im Rauminhalt hinter denen der älteren Gräber
zurück. Ausmauerung mit Quadern wurde nur bei einigen wenigen beobachtet,
in der Regel war der obere Teil der Schächte mit Mauerwerk aus Luftziegeln
verkleidet, während in dem unteren Teil der gewachsene Fels zutage lag.
Der Eingang zum Grabe liegt bei der Mehrzahl dieser Schächte an deren Ost-
oder Südseite, so daß also die Grabespforte ägyptischem Glauben gemäß nach
Norden oder Westen blickte. Indessen sind eine ganze Reihe Abweichungen
von dieser Regel zu verzeichnen, Schächte, in denen man ohne äußeren erkenn-
baren Grund den Eingang zu den Grabkammern auf die Nord- oder Westseite
verlegt hat. Es ist offenbar bei der Anlage der Gräber eine feste Regel in
diesem Punkt nicht mehr innegehalten worden. Noch viel weniger scheint in
dieser Spätzeit — was hier gleich vorweggenommen sei — eine Norm für die
Orientierung des Sarges bestanden zu haben. In den Schachtgräbern hat man
in der Regel den Toten so beigesetzt, daß der Kopf dem Eingang der Grab-
kammer zugewandt lag, ohne daß sich jedoch auch hierfür eine feste Regel
ausgebildet hätte. Bei den Beisetzungen in Flachgräbern trat die Regellosig-
keit in dieser Beziehung noch auffälliger in die Erscheinung; es herrschte hier
ein wirres Durcheinander.
Die Gräber des zweiten Typus weisen eine beinahe ermüdende Einheitlich-
keit in Anlage und Ausstattung auf. Wir können uns deshalb damit begnügen,
einige besonders gut erhaltene Grabanlagen als Beispiele hier vorzuführen.
1. Schacht mit Verkleidung aus Ziegelmauerwerk, an der Mündung 95X72 cm,
etwa 3 m tief. Der Eingang zu der einfach in den Felsen eingewühlten Grab-
kammer öffnet sich an der Südseite des Schachtes; ein besonderer Verschluß
fand sich nicht (vgl. Abb. 1).
In dem schmalen Vorraum b, der direkt an den Schacht a stößt, lagen neben-
einander zwei Särge in Mumienform mit inneren Särgen. Nach Wegräumung
derselben und des auf ihnen liegenden Schuttes stellte sich die Hauptkammer c
des Grabes so dar, wie sie die nach meiner Skizze von E. Rexhausen ausge-
führte Zeichnung wiedergibt (Abb. 2). Auf dem Boden standen zwei Särge
l*
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
0,5
Abb. 2.
mit Eckpfosten und gewölbten Deckeln, und auf diese waren in sehr wenig
sorgfältiger Weise aufgepackt drei Holzsärge in Mumienform, von denen zwei
auf der Seite lagen, einer aufrecht stand; der Deckel des mittleren Sarges hatte
sich von dem zugehörigen Kasten
gelöst. In der niedrigen Neben-
kammer d lagen vier Holzsärge
in Mumienform, je zwei überein-
ander in der rücksichtslosesten
Weise zusammengepfercht. Die
Leichen lagen sämtlich mit dem
Kopf nach dem Schachte hin, also
in der Hauptkammer nach Nor-
den, in der Nebenkammer nach
Westen gerichtet. Das Grab war
offenbar ursprünglich nur für die
beiden Pfostensärge bestimmt, ist
dann aber wohl von Familien-
mitgliedern — Fremde hätten die
älteren Särge schwerlich geschont
— weiterbenutzt worden.
2. Verwandte, nur etwas umfangreichere Grabanlage. In einem bis zur
Sohle mit Ziegeln ausgemauerten Schacht von über 9 m Tiefe, der zu einer
der geplünderten Grabanlagen führt, zeigte sich etwa 3 m unter dem Erdboden
an der Ostseite des Schachtes eine ver-
mauerte Tür. Diese bildete den Eingang
zu der Grabkammer, deren Skizze die Ab-
bildung 3 veranschaulicht.
Das Grab besteht, wie man sieht, aus
einer Haupt- und drei Nebenkammern. Be-
merkenswert erscheinen in der Herrich-
tung der 1,25 m hohen Hauptkammer die
Nische in der Westwand und eine zweite
Tür in der Nordwand, die durch Mauer-
werk fest geschlossen war. Letztere öff-
nete sich auf einen später von uns auf-
gedeckten Schacht (b) an der Nordseite
des Grabes, der aber eingebrochen war
und nicht mehr untersucht werden konnte.
Die Nische an der Westwand (c) fanden
wir leer; sie hat nicht etwa eine kultliche Bedeutung, sondern verdankt ihre
Entstehung dem Versuch der Anlegung einer weiteren Grabkammer; von einem
gleichen Versuch rührt offenbar auch die leichte Einbuchtung in der Südwand
I
Abb. 3.
1904.
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
des Grabes {d) gegenüber dem Eingang her. In der Hauptkammer standen
nebeneinander vier Pfostensärge, deren innere Särge — Schreine in Mumienform
— mit dem Kopf nach Westen aufgestellt waren; nach dem, was wir oben
gesagt haben, ist also anzunehmen, daß sie durch den Westschacht herein-
gebracht worden sind. Die Tür in der Nordwand ist demnach der ältere der
beiden Zugänge : sie ist zugemauert und bei den späteren Bestattungen verstellt
worden. Daß die Kammer in verschiedenen Perioden zu Beisetzungen benutzt
worden ist, war auf den ersten Blick klar. In die schmalen Zwischenräume
zwischen den vier Särgen war eine ganze Anzahl vollständig vermoderter, nur in
Leinwandbinden gehüllter Mumien hineingestopft. Sie stammen offenbar aus einer
jüngeren Epoche als die vier Hauptsärge. Unter den drei nördlichen Pfosten-
särgen lagen — in der Zeichnung durch umschriebene Recht-ecke angedeutet —
in gleicher Weise orientiert wie diese, aber vollständig vermodert und zerstört,
drei Särge in Mumienform. Diese rühren also von einer älteren, auch durch
den Westschacht hereingebrachten Beisetzung her. Die Hauptsärge (vgl. Abb. 4)
Abb. 4.
und deren innere Särge waren zum Teil wohlerhaltene Exemplare dieser ja sehr
häufig begegnenden Sarggattung der Spätzeit. Erwähnung verdient von dem
Gesamtinhalt der Kammer nur der Deckel des nördlichsten der drei älteren
Mumienschreine, auf dem das 125. Kapitel des Totenbuches (negatives Be-
kenntnis) und auf der Brust an einer Halskette getragen das Bild der Wahr-
heitsgöttin angegeben ist. Von der Schonungslosigkeit, mit der man gegen
die früheren Besitzer des Grabes verfahren ist, legte der Zustand der drei
schmalen und niedrigen Nebenkammern Zeugnis ab. In diese ursprünglich nur
für einen Sarg bestimmten Räume hat man je vier bzw. zwei Särge hinein-
gepackt; offenbar sind es die Särge der ursprünglichen Besitzer der Haupt-
kammer, die hier untergebracht wurden, um ihren Nachfolgern Platz zu machen1.
Beigaben fanden sich in diesem Grab ebensowenig wie in dem zuerst be-
schriebenen.
3. Etwas ergiebiger in dieser Hinsicht erwies sich diejenige Klasse von
Gräbern, die in einer besonders großen Anzahl auf dem untersuchten Teil des
*) Die Anordnung der Särge der Nebenkammern in der Zeichnung ist durchaus schematisch.
Von Zwischenräumen zwischen den einzelnen Särgen konnte überhaupt keine Rede sein; die Särge
lagen aufeinandergehäuft auf der Seite übereinander.
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
Friedhofes vertreten war. Ihre ein wenig kompliziertere Anlage wird durch das
in der Skizze veranschaulichte Beispiel gut erläutert (Abb. 5). Der wesentliche
Unterschied gegen die vorher betrachteten Gräber besteht in dem Vorhanden-
sein von mehreren Schächten. Das Zentrum der Anlage bildet ein niedriger,
gewölbter Raum, auf den der Hauptschacht a direkt stößt. Von Schacht b
führt ein niedriger, in den Felsen getriebener Gang zu ihm hin. An den Mittel-
raum stößt im Norden und Westen strahlenförmig je eine Grabkammer an ; nach
Süden hin ist nur eine kurze Verlängerung an den Mittelraum angeschlossen,
die eigentlich nicht den Namen Kammer verdient. Sie mündet im Süden auf
den dritten zu der Grabanlage gehörigen Schacht c, der etwas kleiner ist als
die beiden anderen. Von den in den drei Grabräumen beigesetzten Särgen,
>.j 2 Mtter
Abb. 5.
Pfostensärgen wie die bisher erwähnten, standen die der Nord- und Westkammer
auf einem um etwa 50 cm höheren Niveau als der des Mittelraumes. Der Sarg
der Nordkammer zeigte genau nördliche Orientierung. Um seinen südwestlichen
Eckpfosten herum war eine Anzahl von Beigaben so gruppiert, wie es in der
Skizze angegeben ist. d ist eine Osirisfigur aus Holz mit Atefkrone und langem
Fußbrett; vor ihr, neben der Längsseite des Sarges, saß ein Schakal der be-
kannten Form mit langem Schwanz (e). Das Gestell, das ihm zur Stütze diente,
war zerstört. Osiris sowohl wie Schakal blickten nach Norden. Südlich des
Eckpfostens standen dicht nebeneinander zwei einfache rechteckige Holzkasten
mit Holzstiften zusammengehalten, auf dem Deckel ein kleiner Obelisk (//).
In diesem Fall waren die Kasten vollständig leer, in anderen Gräbern fanden
wir sie mit kleinen schlechten Uschebtis, die aus lufttrockenem Lehm geknetet
1904.] Rubensohx u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903). i
waren, gefüllt. Das Fußbrett der Osirisfigur bildete ein einfacher Klotz, bei
anderen Exemplaren fand sich in kleiner, durch schiebbaren Deckel verschlosse-
ner Lade, die auf der Oberseite des Fußbrettes angebracht war, der in Leinen-
hüllen gewickelte Penis des Verstorbenen, der bekanntlich auf diese Weise unter
den besonderen Schutz des Osiris gestellt wurde. Im Inneren des Sarges und
des von ihm umschlossenen Mumienschreins fanden sich keine Beigaben. Der
Tote lag mit dem Kopf nach Norden.
Der Sarg des Mittelraums samt Inhalt war — wohl schon bei Gelegenheit
der Beisetzung der Särge in der Nord- und Westkammer — zerstört worden ;
er ist deshalb in der Zeichnung nur durch punktierte Linien angedeutet. Neben
dem Sarg der Westkammer stand an dem aus der Skizze ersichtlichen Platz
ebenfalls eine Osirisfigur {g), diesmal aber nicht den Sarg entlang blickend,
sondern das Gesicht dem Grabeingang zugewandt. Der Pfostensarg barg einen
Holzsarg in Mumienform, bei dem das Fehlen des Bartes in dem für ihn be-
stimmten Kinnloch beweist, daß ein alter, und zwar für eine männliche Person
gebrauchter Sarg für eine Leiche weiblichen Geschlechts wieder benutzt worden
ist. Daß die Begrabene eine Frau war, bezeugt ein Schleier, der in dem Sarg
neben dem Kopf der ganz zerfallenen 3Iumie lag: die Wiederbenutzung des
Sarges erhellt auch aus den unter dem Stuck des Sarges aufgedeckten Resten
einer unteren Stucklage mit Schriftzeichen.
In der Mehrzahl der zu dieser Gattung gehörigen Gräber traten dieselben
oder ähnliche Beigaben zutage wie in dem beschriebenen Grab, leider meist
arg zerstört und nicht mehr in situ. Zu den Uschebtikasten gesellten sich des
öfteren noch Eingeweidekasten, bald in der Form eines Naos, gekrönt von einem
Sperber mit Atefkrone, bald solche in Form einer abgestumpften Pyramide.
Die Uschebtikasten selbst kamen auch in der Gestalt von kleinen Särgen vor,
bei mehreren Bestattungen waren die Osirisfiguren , einmal auch die Schakale,
in zwei oder drei Exemplaren aufgestellt. Die Mumien waren meist einfach in
Binden gehüllt, hin und wieder wurde diese Hülle noch ergänzt durch Masken,
Brust- und Beinbelag aus Pappe; Papyruskartonnage war nur in einem einzigen
Grab dieser Epoche, und zwar einem des Typus I, zur Verwendung gekommen.
Sehr häufig lag über den Hüllen in der der Spätzeit geläufigen Weise ein
Perlennetz ausgebreitet, durchgängig in der einfachsten Weise aus kleinen Fayence-
perlen hergestellt: nur einmal fanden wir es in prunkvollerer Ausführung bei
einer auch sonst vornehm mit reich vergoldeter Maske, Brust- und Beinbelag
ausgestatteten Frauenleiche, die vielleicht schon der ptolemäischen Epoche an-
gehört. Das Muster des Netzes bildeten Rhomben, bei denen je zwei Seiten
immer von zwei hellblauen, die beiden anderen von zwei dunkelblauen Exem-
plaren der länglichen Perlen gebildet waren. Auf der Brust dieser Mumie wurde
außerdem noch teilweise in der Anordnung, in der sie einst aufgereiht waren,
die aus vortrefflicher blauer Fayence sorgfältig gefertigten Bestandteile des Brust-
behanges, bestehend aus geflügeltem Skarabäus, Figuren der Totengottheiten,
8
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
Sperbern mit Sonnenscheiben usw. , vorgefunden. Sonst waren diese Bestand-
teile des Totenschmuckes bei diesen Mumien, wenn überhaupt vorhanden, ent-
weder als Muster in das Perlennetz eingestickt oder aus Pappe geschnitten.
Uschebtis traten in einigen dieser Gräber in geradezu erstaunlicher Menge auf;
sie lagen immer im Schutt, entbehrten zum größeren Teil der Inschriften, auch
die beschriebenen Exemplare sind durchaus unansehnlich und bis auf einige
wenige, die unten zu erwähnen sind, ohne Interesse.
Neben der einheitlichen Klasse von Grabanlagen haben wir nur wenige
Schachtgräben zu verzeichnen, die einen abweichenden Typus darstellen.
Die Abweichungen zeigen sich nicht in der Anordnung der Grabräume,
in dieser gliedern sich sämtliche im folgenden zu beschreibenden Gräber durchaus
in die Reihe der betrachteten ein; wir brauchen deshalb auch weiterhin keine
eingehende Schilderung der Grabanlage zu geben.
1. Schacht von etwas mehr als 5 m Tiefe. An seiner Sohle öffnet sich
an der Nordseite der Eingang zum Grab, das aus einem kleinen Vorraum und
drei rechtwinklig von ihm nach Norden, Osten,
Westen sich abzweigenden Kammern besteht. Die
nördliche Kammer war ganz leer, die Sarkophage
der Ostkammer waren vermodert. Die Südkammer
war durch eine Ziegelmauer abgesperrt und da-
durch vor dem Eindringen des Schutts geschützt
worden. In der über 3 m langen, 1,27 m breiten
und etwas mehr als 1 m hohen Grabkammer stand
ein durch einen Deckel in Form eines Satteldachs
fest verschlossener mächtiger Kalksteinsarkophag,
der Form, wie ihn der nebenstehende Schnitt durch
die Grabkammer zeigt (Abb. 6). Auf dem Ostende des Sargdeckels lag eine
Ibismumie. In dem schmalen Raum zwischen der Westwand der Kammer und
dem — 2,36 m langen — Sarg standen am Boden hart neben dem Sarg zwei
oben offene Kasten mit 6 cm hohem Rand, gefüllt mit Sand, und darin steckten
in Reihen von etwa 14X13 aufgestellt genau 365 kleine Uschebtifiguren , alle
Front nach Osten, also nach dem Sarg hin. Die Uschebtis sind unansehnlich
und ohne Inschrift, die Kasten waren vermodert und zerfielen beim Anfassen.
Auf dem nördlichen lag eine kleine als Mumienschrein mit Deckel und Kasten
gebildete Osirisfigur mit Atefkrone. Sie hatte ursprünglich an der Westwand der
Grabkammer gestanden, war aber ganz zerfallen; die staubartige Masse, die ihr
Inneres erfüllte, ist vermutlich der Rest des in ihr aufbewahrten mumifizierten
Penis. Neben ihr muß an der Wand ein kleiner rechteckiger Kasten mit einer
jetzt undefinierbaren Masse als Inhalt aufgestellt gewesen sein, Holzteile von
einem solchen mit sorgfältigem Stucküberzug und feiner Bemalung darauf lagen
noch an Ort und Stelle. In dem Steinsarg, der sich an einer nur mit Mörtel
verschmierten alten Bruchstelle leicht öffnen ließ, war in einem Holzsarg in
•-U7 —
Abb. 6.
1904.
Rlbensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
9
Mumienform der mumifizierte Tote beigesetzt; der Kopf lag nach Osten, also
dem Eingang der Grabkammer zugewendet. Sarg und Mumie waren völlig ver-
modert. Beigaben fehlten vollständig.
25 cm oberhalb des Eingangs zur Grabkammer zeigte sich im Schacht eine
vermauerte Öffnung. Sie führte zu einer etwa 3 m tiefen, 1,20 m hohen und
fast ebenso breiten Kammer, die nichts barg als drei mit Gänseeiern gefüllte Ton-
gefaße, von denen das eine noch den alten Gipsverschluß unversehrt aufwies.
Die Kammer ist auf das genaueste untersucht worden. Es steht fest, daß sie
keine Spur einer Beisetzung enthielt. Sie war also offenbar oberhalb des eigent-
lichen Grabes als Opferraum oder Gabenkammer angelegt.
Die Beigaben sind in der Form, in der sie in diesem Grab
gefunden wurden, singulär, an sich aber ohne weiteres ver-
ständlich. Die Zahl der kleinen Totenfiguren entspricht den
Tagen des Jahres; der Ibis, der heilige Vogel des Thot, be-
darf bei der großen Rolle, die dieser Gott im Totenkult spielt,
keiner weiteren Deutung.
Fehlt uns bei diesem Grabe ein Anhalt für einen genauen
zeitlichen Ansatz, so kommen wir mit den weiterhin zu be-
trachtenden sicher in die griechischrömische Epoche. Beim
ersten derselben ist einer jener großen Schachte wiederbenutzt
worden, von denen oben die Rede war. Die ältere umfang-
reichere Grabanlage lag in einer Tiefe von über 6 m und
bestand aus einem Komplex von Kammern, zu denen sich
an Nord-, Süd- und Westseite des Schachtes die Eingänge
öffneten; sie sind sämtlich im Altertum schon geplündert wor-
den. Das jüngere Grab liegt etwa 3 m oberhalb der Schacht-
sohle. Es besteht aus zwei Kammern von rechtwinkliger Form,
die einander gegenüber an der Nord- und Südseite des Schach-
tes angelegt sind. Beide waren durch Ziegelmauerwerk ver-
schlossen und infolgedessen absolut frei von Schutt. In der
nördlichen Kammerlagen unordentlich aufeinandergehäuft ihrer
Hüllen beraubte Leichen. Einen ganz anderen Anblick bot die südliche Kammer.
Drei dicht nebeneinandergestellte Kastensärge, die Schmalseite dem Eingang
der Kammer zugewandt, füllten das Innere des Grabes so genau aus, daß ihre
flachen Holzdeckel sich zunächst wie ein großer Boden aus Holzdielen präsen-
tierten. Quer über den drei Särgen lag an der Rückwand der Kammer eine
Mumie mit sorgfältig bemalter Maske, Brust- und Beinhülle aus Pappe. Die
Holzsärge sind einfache rechteckige Kasten, deren Wände aus je drei Brettern,
zwei unteren aus Suntholz (Akazie) und darüber einem aus dunkelm, beinahe
schwarzem Sykomorenholz bestehen; den oberen Abschluß bildet eine aus
einem besonderen Stücke sehr dürftig gearbeitete Hohlkehle. Rings um den
Sarg läuft am oberen Rande des Brettes aus Sykomorenholz eine Reihe eng
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 2
Abb. 7.
10
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
gesetzter, sorgfältig gebohrter runder Löcher. Deckel und Böden sind einfach
aus fünf glatten Brettern, die durch Querhölzer zusammengehalten werden, ge-
fertigt. Innen sind die Kasten mit Stuck überzogen und weiß getüncht. Jeder
der drei Särge barg eine weibliche Leiche; die des mittleren und des östlichen
Sarges lagen mit dem Kopf nach Norden, die des Sarges an der Westwand mit
dem Kopf nach Süden. Von den inneren Särgen der beiden östlichen Sarkophage,
zwei fast identischen Exemplaren aus Pappe, wird der eine durch Abb. 7 ver-
anschaulicht. Am Fußende waren neben die inneren Särge in beiden Sarkophagen
zwei ganz kleine Kindermumien verpackt; in dem östlichen Sarg lagen sie zu
beiden Seiten des Mumienschreins, die eine mit dem Kopf nach Norden, die
andere mit dem Kopf nach Süden; in dem anderen Sarko-
phag lag die eine etwas größere Kindermumie quer über dem
Sarg, die zweite Kopf nach Norden neben ihm. Den inne-
ren Sarg des dritten Sarkophages zeigt Abb. 8. Er gibt die
Formen des menschlichen Körpers in allerdings sehr geringer
Durchbildung wieder und zeigt uns die Verstorbene in der
Tracht des Lebens. Das Gesicht und die Brustwarzen sind
vergoldet, die Haare schwarz, das Gewand rotbraun, an den
Armen trägt sie Armringe, an den Füßen Sandalen, deren
Riemenzeug sorgfältig angegeben ist. Auf dem Körper liegt
ein Scepter. Links neben dem Mumienschrein lagen zwei
Katzenmumien und eine ganz vermoderte Masse, vielleicht
Brot; rechts lag eine kleine Katzenmumie mit vergoldetem
Kopf und angesetzten Ohren. Keine Inschrift belehrt uns über
die Besitzerinnen des Grabes; für die Zeit läßt sich aus der
Gestalt und Ausstattung der Särge und aus der Inschrift auf
?■ der Hülle der quer über den Särgen liegend aufgefundenen
^ Mumie nur ein allgemeiner Ansatz, wie es der Begriff ptole-
mäische Periode ist, entnehmen.
Unter den drei Holzsärgen fanden sich Reste von Knochen
und von Pfosten- sargen, ein Zeichen, daß die Grabkammer
nicht erst für die in ihr gefundenen drei Särge angelegt ist. In der Epoche, in
der die Pfostensärge Brauch waren, hat man in dem Schacht des alten Grabes
die beiden neuen Kammern angelegt und darin bestattet; in der ptolemäischen
Epoche hat man dann zum dritten Mal den alten Schacht geöffnet, hat die eine
der späteren Kammern ausgeräumt, die Leichen in die gegenüberliegende Kammer
gepackt und die südliche Kammer zur Beisetzung der drei Särge benutzt, die
wir darin gefunden haben — ein schönes Beispiel für das auf ägyptischen
Friedhöfen gebräuchliche Verfahren.
In ähnlicher Weise zeigte sich die Wiederbenutzung einer älteren Grab-
anlage bei demjenigen Grab, das für uns durch seinen Inhalt besonders wichtig
geworden ist. Der Schacht gehört zu den wenigen unter den von uns aufge-
Abb. 8.
1904.] RnsENSOHN u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el ]\Iälä(i (1903). 11
deckten, die eine besondere Sorgfalt der Herrichtung zeigten. Unterhalb der
nur Y2 m in die Tiefe reichenden Einfassung aus Ziegelmauerwerk waren die
Wände des Schachts sorgfältig geglättet, mit Stuck verkleidet und zeigten noch
Spuren eines rötlichen Anstrichs. An der Westwand waren Einsteigelöcher ein-
gearbeitet. In einer Tiefe von 4 m unter dem heutigen Boden lag ein Platten-
pflaster, und in der Höhe desselben öffnete sich nach Osten und Westen je eine
geräumige Kammer, die östliche ziemlich regelmäßig rechteckig und mit ge-
ebnetem Boden, die westliche wenig sorgfältig hergerichtet. In beiden Kammern,
die eines besonderen Verschlusses entbehrten und infolgedessen sehr stark ver-
schüttet waren, lagen regellos neben- und übereinander geschichtet die eigen-
tümlichen Särge, von denen der nebenstehend abgebildete einen guten Begriff
gibt (Abb. 9).
Es sind eigentlich Käfige, deren Wände aus einem überaus schwachen
Gitterwerk von dünnen Stäben (Palmrippen), die durch Papyrusbast und Hanf-
fäden zusammengehalten sind, bestehen. Deckel und Boden bilden Matten aus
Abb. 9.
gespaltenen und breitgelegten Papyrusstauden, die in feuchtem Zustand anein-
andergepreßt und durch Hanffaden zusammengeschnürt sind. Die Oberfläche
der Matten zeigt die glatte Außenseite, die Unterseite das Mark des Inneren
der Papyrusstauden. Die durchgehenden Längsstreben der Särge, an denen die
Palmrippen befestigt sind, sind mit Bast umwickelte Papyrusstengel. Starke
Bastbänder stellen die Verbindung zwischen den Matten und Gittern her. Um
dem gebrechlichen Bau etwas Halt zu geben, sind im Inneren am Fußende
eine Anzahl Querstreben angebracht. Von den Särgen war nur der abgebildete
einigermaßen erhalten, alle übrigen waren mehr oder weniger zerstört. In der
Westkammer waren 17, in der Ostkammer 11 solcher Särge beigesetzt. Die
mumifizierten Toten, die in diesen Särgen ihre letzte Ruhe gefunden hatten,
steckten von Kopf bis zu Füßen in Hüllen aus Papyruskartonnage ; auf dem Haupt
und um den Hals trugen die meisten von ihnen Kränze, deren Bestandteile Agraffen
aus bündelförmig zusammengefügtem geschältem Papyrus und in diese strahlen-
förmig eingesteckte Akazienblüten bildeten. Eine der Leichen trug statt dieses
12
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41 . Band.
einfachen Kranzes auf dem Kopf einen Kranz von Weinlaub, um den Hals ein
Gewinde von gefalteten und an Bast angereihten Perseablättern , große Zweige
derselben Pflanze lagen ausgebreitet über dem
übrigen Körper1.
An der Nordwand der Westkammer hatte
man bei der Einebnung des Bodens eine
niedere Felsbank stehen lassen. Auf dieser
stand, höher als die anderen Särge, ein kleiner
Gittersarg. Er enthielt den hierneben abge-
bildeten kleinen Pappsarg eines Mädchens,
dessen Deckel die Verstorbene in der Tracht
des Lebens wiedergibt (Abb. 10). Der Kopf
hat reiches Lockenhaar, das Gewand besteht
aus rotem Chiton mit goldener Borte am Hals-
ausschnitt und weißem Mantel, der auf der
Brust durch eine goldene Schnur zusammen-
gehalten wird. Armbänder an Ober- und
Unterarmen und Sandalen vervollständigen die
Bekleidung. Nach W'egräumung der Särge mit
den Papyrusmumien zeigte sich, daß im Hinter-
grunde der Westkammer, etwa 50 cm von
deren Rückwand entfernt, einer jener Pfosten-
särge, nach Norden orientiert, stand, wie wir
sie in den zuerst betrachteten Gräbern ge-
funden haben. Im Inneren barg er einen Holz-
sarg in Mumienform mit Stuckverzierung auf
dem Deckel und reicher Vergoldung. In den
schmalen Raum zwischen Pfostensarg und
Rückwand des Grabes waren noch vier Kinder-
mumien in Gittersärgen hineingepackt, drei
davon ohne andere Hülle als die Mumienbin-
den, über die vierte Leiche hatte man den
Deckel eines Sarges von der Art des eben be-
schriebenen Mädchensarges gelegt — das
Sargunterteil war nicht vorhanden. Abb. 11
veranschaulicht die erstaunlich mißratenen
Proportionen der nur 75 cm hohen Gestalt.
Das Grab ist wohl eines jener Massengräber, die von Unternehmern an-
gelegt wurden. Darauf läßt die große Anzahl der Bestatteten — über 30 — ,
die rücksichtslose Art des Übereinanderhäufens der Leichen und auch die gleich-
Abb. 10.
*) So nach der Bestimmung des Hrn. Prof. Schweinfurth, dem wir auch sonst für viel-
fache freundliche Belehrung zu lebhaftem Dank verpflichtet sind.
1904.]
Rubensohn u. Knatz : Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
13
förmige und ärmliche Ausstattung der großen Mehrheit derselben schließen.
Fremdartig inmitten der Gittersärge nimmt sich der Pfostensarg der Westkammer
aus. Der Schluß ist erlaubt, daß dieser Sarg aus einer früheren Epoche stammt
und von einer älteren Beisetzung herrührt. Auch dieses Grab ist wiederholt
benutzt worden. Der Schacht, in dem beide Kammern liegen, führt unterhalb
des Plattenpflasters noch tiefer hinab, er ist einer der Zugänge zu jener Flucht
von Grabkammern, die wir zu Anfang besprochen haben. In der Epoche der
Pfostensärge sind die beiden oberen Kammern angelegt worden, die damals in
ihnen beigesetzten Särge sind bis auf den einen stehen gebliebenen beseitigt
worden, als die Unternehmer den Schacht wieder öffneten
und die beiden Kammern für das Massengrab in Gebrauch
nahmen. Der Fall liegt also hier genau wie bei der zuletzt
betrachteten Grabanlage. Der Zeitansatz für das Massen-
grab wird durch die beiden kleinen Mädchensärge bedingt,
die derselben Periode zuzusprechen sind, wie die zahlreichen
verwandten Stücke, beispielsweise wie die aus Hawara in
das Berliner Museum gelangten Särge und Masken, die dem
zweiten nachchristlichen Jahrhundert entstammen. Die zu
den Kartonnagen verwandten Papyrusblätter gehören, soweit
bei der Auffindung erkennbar war, dem Ausgange der ptole-
mäischen oder dem Anfange der Kaiserzeit an. Ein ab-
schließendes Urteil wird man aber erst dann aussprechen
können, wenn die in Berlin befindlichen Kartonnagen ge-
nauer untersucht sind.
Als Fundstätte von Papyruskartonnage hat sich noch
eine andere Klasse von Gräbern erwiesen, die als eigent-
liche Schachtgräber nicht mehr betrachtet werden können.
Es waren dies etwa 200 m nördlich von der bisher be-
trachteten Ausgrabungsstätte aufgedeckte Gruben, zu denen
runde Einsteigelöcher von höchstens 2 m Tiefe hinabführten.
Die Gräber bestehen aus niedrigen, unregelmäßig in den Erdboden eingewühlten
Höhlungen, für die man den Namen Kammer kaum in Anwendung bringen kann.
Der Erdboden zeigt hier eine ganz andere Formation als auf dem südlichen
Ausgrabungsplatz; unter einer 1 — 2 m dicken sehr festen Kieselschicht liegt
reiner feiner Wüstensand, dessen absolute Trockenheit dem Inhalt der in ihm
angelegten Gräber sehr zustatten gekommen ist. Ausnahmslos waren die Gräber
geplündert, die Leichen entfernt. An Ort und Stelle fanden sich nur die mehr
oder weniger zerstörten Särge aus Papyruskartonnage, die von den Grabes-
räubern als wertlos zurückgelassen waren, uns aber eine willkommene Ausbeute
lieferten. Unter den bisher auseinandergelösten und untersuchten Papyrus findet
sich ein Stück aus dem Jahre 19 des Augustus. Die Sarkophage rühren also
auch aus der Kaiserzeit her und dürften unter Anrechnung der ungefähren Zeit,
Abb. 11.
14
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
deren es bedurfte, um eine unter Augustus geschriebene Urkunde zur Makulatur
werden zu lassen, in das Ende des 1. oder den Anfang des 2. Jahrhunderts
n. Chr. zu setzen sein.
Über das ganze Ausgrabungsgebiet zerstreut fanden sieh zwischen den
Schachtgräbern eine große Anzahl Flachgräber der verschiedensten Art. Wir
können uns bei ihrer Beschreibung kurz fassen. In der Mehrzahl waren dies
Gräber von Armen, deren Leichen man oft nur oberflächlich mumifiziert und
ohne Sarg einfach in den Sand eingescharrt hatte, höchstens daß man den mit
dürftigen Lumpen umwickelten Körper, um ihm einigen Halt zu verleihen, an
ein paar Palmrippen befestigt hatte. Besonders häufig fanden sich solche Leichen
in den Mündungen der alten Schächte, und da diese oft nicht Raum genug
boten für eine ausgestreckte Leiche, so hat man diese im Hüftgelenk gebeugt,
Kopf und Beine zusammengebunden und so bestattet. Die Mündungen der
Schächte sind auch benutzt worden zur Beisetzung von Toten, die in den der
Spätzeit geläufigen primitiven Holzsärgen in Mumienform bestattet waren. Da
man diese nicht horizontal in den Schächten bergen konnte, stellte man sie
senkrecht hinein, in einem Fall fanden wir zwei mächtige Mumienschreine dieser
Art in einem Schacht einander gegenüber aufgestellt, beide Särge blau bemalt,
der eine mit weißem, der andere mit dunklem Gesicht, also wohl die Särge
von Mann und Frau. Rings um das Fußende dieser so primitiv verscharrten
Särge lagen zahlreiche kleine Totenfiguren.
Von einer besonderen Herrichtung des Grabes konnte bei der Mehrzahl
der sonstigen Flachgräber nicht die Rede sein; nur in zwei Fällen wurde eine
Einfriedigung des Grabes durch kümmerliche Ziegelmauern beobachtet, sonst
hat man sich damit begnügt, in den leicht zu bearbeitenden Wüstenboden mäßig
tiefe Gruben zu graben und die Särge in diesen zu verscharren; sie lagen oft
nur wenige Zentimeter unter der modernen Oberfläche. Vorherrschend waren
die Beisetzungen in den primitiven Holzschreinen in Mumienform, meistens
wiederbenutzten alten Exemplaren; einigen fehlte sogar der Deckel, er war in
einem Fall ersetzt durch drei Bretter eines alten Kanopenkastens.
Eine ganze Anzahl der in diesen Holzschreinen beigesetzten Mumien war
mit Hüllen aus Papyruskartonnage bekleidet. Die Särge standen oft in größeren
Gruppen dicht gedrängt beieinander. So lagen in einem solchen Nest von Pa-
pyrusmumien sieben Leichen, abwechselnd immer eine Mumie mit dem Kopf
nach Westen, eine mit dem Kopf nach Osten. Neben den Holzschreinen traten
auch Tonsarkophage auf und zwar von zwei Formen, einmal Tonröhren, die
am Fußende geschlossen sind und am oberen Ende einen rechtwinkligen Aus-
schnitt von der Tiefe von etwa 2/3 des Durchmessers der Röhre haben. Der
Leichnam mußte in den »Sarg« durch diese Öffnung hineingesteckt werden,
letztere wurde dann durch eine als Gesichtsmaske gestaltete Kappe geschlossen.
Die andere Gattung sind längliche Wonnen mit Deckeln, auf denen in Nach-
ahmung der Holzschreine in Mumienform ein Gesicht und öfters auch Hände
1904.]
RfBENsoHN u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
15
angebracht waren; von dieser Sorte wurden aber nur ganz rohe und schlecht
erhaltene Exemplare gefunden.
Neben diesen ärmlichen Gräbern traten nur vereinzelt etwas reicher aus-
gestattete auf. Zu diesen gehören Beisetzungen in Steinsärgen, einfachen läng-
lichovalen Kisten aus Kalkstein, ganz roh bearbeitet und ungeglättet, die mit
großen rohen Kalksteinplatten abgedeckt waren. In ihnen standen Holzsärge
in Mumienform mit sorgfältiger Bemalung — auf den Deckeln die geläufigen
Darstellungen, an den Wänden des Schreins die Unterweltsgottheiten — , die
darin bestatteten Mumien trugen vergoldete Masken aus Pappe. Als Zeichen
von größerem Wohlstand ist es auch anzusehen, daß einer der in den gewöhn-
lichen Holzschreinen Bestatteten ein lanzettliches Goldblättchen auf der Zunge
hatte und auf dem einen Auge ein kleines quadratisches Stück Goldblech mit
Abb. 12.
einem runden Loch in der Mitte für die Pupille. Das entsprechende Blättchen
auf dem anderen Auge fehlte, im Schutt eines geplünderten Grabes hat sich
ein ganz gleichartiges Goldblättchen gefunden, so daß also dieser Brauch nicht
vereinzelt dasteht.
Beigaben der Art, wie sie die Schachtgräber geliefert haben, fanden sich
nur in einem einzigen Flachgrabe (Abb. 12). Nur wenige Zentimeter unter dem
modernen Boden lag ein mächtiger Mumienschrein, Kopf nach Westen, mit ver-
goldetem Gesicht, mit den geläufigen Darstellungen in blauer und weißer Farbe
bemalt. Rechts neben dem Kopf stand nach Osten blickend eine Holzfigur des
Osiris mit der Atef kröne, links ein Eingeweidekasten in Form eines Naos, ge-
Iß
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
krönt von einem Sperber mit Federdiadem. Das Grab gehört in dieselbe Zeit
wie die Schachtgräber und zeigt, daß beide Bestattungsarten nebeneinander ge-
pflegt wurden.
Zwischen den Gräbern fanden sich zahlreiche leere Sarkophage, zum großen
Teil in Trümmern, und verworfene Leichen — Zeugen der Plünderungen, die
der Friedhof in alter wie in neuer Zeit erfahren hat. Eine dieser verworfenen
Leichen hat uns wohl den wertvollsten ägyptologischen Fund beschert, den die
diesjährige Kampagne aufzuweisen hat. In unmittelbarer Nähe des oben erwähn-
Abb. 13.
ten Nestes von Papyrusmumien wurde dicht unter dem Boden die Mumie einer
Frau gefunden, die ganz unscheinbar in Mumienbinden eingewickelt und mit
Palmrippen zusammengebunden war. Die Hände waren auf der Brust gekreuzt.
Am vierten und am kleinen Finger der rechten Hand trug die Tote Ringe, an
dem einen einen goldenen Doppelsiegelring, die beiden ziemlich abgenutzten
Platten mit der Darstellung eines Sistrums auf dem Zeichen F^l (Abb. 13), an
dem anderen einen Ring aus dunklem Gold — vielleicht ist es auch ein Misch-
metall — ■ von sehr feiner Arbeit, in zwei Lilien ausgehend, die eine Platte
einfassen, auf der in durchbrochener Arbeit zwei Uräen mit Sonnenscheiben
auf den Köpfen wiedergegeben sind (Abb. 13). Auf der Brust der Frau lag,
offenbar ursprünglich von der linken Hand gehalten, die in mehrere Stücke
1904.]
Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
17
zerbrochene weibliche Figur, die Abb. 14 vorfuhrt. Bei der Auffindung war
der Kopf der Länge nach auseinandergeplatzt; der vordere Teil mit dem völlig
unbeschädigten Gesicht lag im Schutt neben der Leiche und hat sich leicht
wieder ansetzen lassen. Der Kopf war gesprungen, da sich um einen einge-
setzten Metallteil ein Oxyd gebildet hatte. Abgebrochen war auch der rechte
Fuß, er steckte in dem ebenfalls getrennt von der Figur gefundenen Fußbrett.
Es fehlt nur der rechte Unterarm. Dargestellt ist
ein schlankes, etwa vierzehnjähriges unbekleidetes
Mädchen. Auf dem von einer Modefrisur des neuen
Reiches umgebenen Kopf sitzt ein »Salbkegel«, in
dessen Schlitz, gehalten durch einen Bolzen, eine
Spiegelplatte von Bronze gesessen hat, wie die
Spuren des Oxyds im Innern des Schlitzes deutlich
zeigen. Die Figur ist also ein Spiegelgriff, der
Spiegel selbst ist jedoch nicht gefunden worden.
Auf dem vor der Brust liegenden linken Arm trägt
das Mädchen seinen Spielgefährten, ein Kätzchen,
mit der rechten Hand hat es die schwere Haarmasse
zurückgeschoben und spielt mit dem großen Ohr-
gehänge1. Das feine Körperchen ist mit viel Liebe
gearbeitet, nur die Beine sind etwas mißglückt, wenn
sie auch nicht ganz so formlos ausgefallen sind, wie
sie die Vorderansicht der Figur in unserer Abbildung
zeigt. Auch die Durchbildung des Rückens ist dem
Künstler nicht besonders gelungen, doch sieht man
wenigstens das Bestreben, die weichen Formen wieder-
zugeben. Zwei Grübchen über dem Kreuz zeugen von
Naturbeobachtung, sind aber doch etwas leblos aus-
gefallen2. Im Haar sieht man Reste schwarzer Farbe,
an den Ohrgehängen und am linken Handgelenk
Spuren von Vergoldung. Die sorgfältige Politur des
Figürchens ist so vortrefflich erhalten, daß uns die
Statuette noch heute in unmittelbarer Frische ent-
gegentritt, obwohl sie an der Fundstelle nicht so
unbedingt gegen jeden Einfluß der atmosphärischen Luft geschützt gewesen
sein kann.
Neben dem Kopf der Mumie lag der geschnitzte Holzkamm mit dem Kranz-
ornament (Abb. 13) und daneben ein hölzerner Haarpfeil oder Griffel (Abb. 13)
mit einem einfachen Ornament. Die Vertiefungen der Schnitzereien an Kamm
Abb. 14.
x) Dasselbe Motiv zeigt ein allerdings viel schlechter gearbeiteter Spiegelgriff in Turin
(Masp., Hist. anc. II 533). — 2) Sie finden sich ganz ähnlich auch an dem zierlichen Holzfigürchen
Berlin 14389.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
18 Rubensohn ii. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903). [41. Band.
und Griffel sind mit blauer Paste gefüllt. Der Schmuck der Leiche wurde ver-
vollständigt durch ein Kollier, das aus Fayenceperlen, Augen aus Halbedel-
steinen (Abb. 13, Kornalm, Smaragd, Lapislazuli. Amethyst), Schiebern und
verschiedenen anderen Kettengliedern bestand. Bemerkenswert ist darunter ein
Stück Bernstein. Dazu gehörte auch sicher ein neben der Leiche im Schutt
gefundener Skarabäus mit dem Namen Thutmosis' III., der die Datierung des
Fundes, die aus dem Stil der Statuette schon erschlossen werden konnte, sicher-
stellt. In Stoff eingewickelt fand sich schließlich neben der rechten Hüfte der
Frau das für eine ägyptische Dame notwendige Toilettenrequisit, eine Büchse
für Augenschminke mit Schminkstiften (Abb. 15).
Die Leiche ist wohl bei einer jener Grabplünderungen aus ihrem Grab ge-
rissen und, ohne untersucht zu werden, an dem Ort, an dem wir sie gefunden,
verscharrt worden. Vielleicht entstammt sie einer jener tiefen Grabkammern,
von denen wir an er
ijffrrffr ster Stelle gesprochen
haben; für diese wäre
dann eine ungefähre
Datierung gegeben.
Abb 15 In eine noch ältere
Epoche versetzt uns ein
vereinzelt im Schutt gefundener Skarabäus des mittleren Reiches mit Spiralen
und der Inschrift r£^f/WWNA ^ T ^-^ V V*
Mit kurzen Worten muß schließlich noch eines Fundes Erwähnung getan
werden, den wir durchaus nicht auf dem Totenfeld erwartet hatten. Mitten
zwischen den Gräbern der Spätzeit, oberhalb eines tiefen ausgeraubten Grab-
schachtes, fanden sich dicht unter der Boden Oberfläche vergraben vier zum Teil
wohl erhaltene Bronzegefäße aus der byzantinischen Epoche: zwei runde Kessel,
jeder auf drei angelöteten Kugelfüßen ruhend mit Bügelhenkel, eine schlanke
Kanne, deren Bauch durch sechs leicht vertiefte Kanneluren mit scharfen Kanten
gegliedert ist, mit scharf abgesetzter Schulter und Hals, hohem Henkel, auf
dem ein Knopf als Aufsatz- sitzt, drei Füßen und röhrenartigem Ausguß, und
das Hauptstück des Fundes: eine 45 cm hohe vollständig intakte Bronzekanne
mit kugelförmigem, weitem Bauch, scharf abgesetztem Hals, durchbrochenem
Rand und hohem, steil aufsteigendem Henkel, der mit einer kurzen, in eine
Blüte endigen Volute am Hals und mit reich ausgeführter Palmette am Bauch
der Kanne ansitzt, gekrönt von einem kleinen Aufsatz in Form eines Altärchens
(Abb. 16). Der Ausguß ist in Gestalt eines krähenden Hahns gebildet; Bauch,
Schulter, Hals, Mündung und Henkel sind reich verziert mit plastischen und
gravierten Ornamenten , von denen besonders die schlank emporsteigenden Ranken
am Henkel ein hohes Formgefühl verraten, das in einem merkwürdigen Gegen-
satz steht zu Stillosigkeiten, die sich an der Dekoration von Bauch und Hals
1904.
RriiKNsoHN u. Kitatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
19
bemerkbar machen. In den Ornamenten an Mündung und Bauch haben sich
noch Reste einer eingelegten Masse — vielleicht Silber — erhalten. Die Zeit
der Entstehung dieses Prachtstückes haßt sich aus einzelnen Dekorationsmotiven,
Abb. 16.
wie z. B. den gekuppelten Säulen mit gewundenen Schäften , die die auffallend
ungeschickt gezeichneten Arkadenbögen tragen, und den noch ganz antiken Ge-
schmack verratenden Ranken des Henkels etwa im Beginn der byzantinischen
3*
20
Rubensohn u. Kitatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903).
[41. Band.
Epoche ansetzen. Wie die Gefäße an den Fundort geraten sind, wird immer
unaufgeklärt bleiben.
Zum Schluß haben wir dann noch einiger Baureste zu gedenken, die die Gra-
bungen auf der Nekropole festgestellt haben. Die nebenstehende Skizze (Abb. 17)
veranschaulicht einen Teil des südlichen Ausgrabungsfeldes der verflossenen Kam-
pagne. Eingetragen sind in ihr die hauptsächlichen Schacht gräber, darunter
* ■
Abb. 17.
ist Nr. 6 das Papyrusgrab, Nr. 7 das oben unter Nr. 1 beschriebene Grab. Weiter
nach Osten hin schließt sich die Hauptfundstätte der Flachgräber, insbesondere
derer mit Papyruskartonnage, an; hier ist auch die verworfene Mumie mit der
Holzstatuette gefunden worden. Im Osten wird dieser Platz, wie man sieht,
durch eine Mauer von 1,70 m Breite abgeschlossen. Die im Norden und Westen
an sie anstoßenden Schenkelmauern waren in ihrer Fortsetzung nach Westen hin
gänzlich zerstört, so daß wir über ihren Verlauf hier nichts sagen können.
Erhalten sind nur die knapp 70 cm hohen Fundamente der Mauer, die in der
ganzen aufgedeckten Länge genau in gleicher Höhe abschließen. Sie bestehen
aus lufttrockenen Ziegeln. Was sich für ein Aufbau auf ihnen erhob, muß
ganz dahingestellt bleiben, wie wir auch über die Bedeutung der mit mannig-
fachen Vorsprüngen und Einziehungen versehenen Mauer keinen Aufschluß geben
können. Die beiden großen Vorsprünge in der Mitte der Ostmauer muten wie
Pfeiler an, die ein großes Tor flankieren — für die Annahme, daß es sich
nur um eine Einfriedigung eines Teiles der Nekropole handele, ist die Mauer
zu dick. Die neben der Mauer aufgedeckten Schachtgräber nehmen Rücksicht
1904.] Rubensohn u. Knatz: Ausgrabungen bei Abusir el Mäläq (1903). 21
auf sie, insbesondere auch Grab 18, das eine Anzahl der länglichen Tongefäße
geliefert hat, die für den Ausgang des neuen Reiches charakteristisch sind.
Ebensowenig haben wir eine Aufklärung über die Mauerzüge erhalten, die
sich in der Xordostecke an die Mauer anschließen. Es ist hier alles außer-
ordentlich zerstört.
Die Ausgrabungen haben sich bis jetzt nur auf einen ganz beschränkten
Bezirk des ausgedehnten Totenfeldes erstreckt, und zwar haben wir offenbar
bisher nur den Friedhof der mittleren Stände aufgedeckt. Es wird sich, auch
von rein ägyptologischem Standpunkt aus, verlohnen, die Untersuchungen fort-
zusetzen, um festzustellen, ob der Name »nördliches Abydos« nur ein zufälliges
Zusammentreffen ist, oder ob dem Friedhof in irgend einer Beziehung — sei
es auch nur in zeitlicher oder in örtlicher Beschränkung — eine Bedeutung
zukommt wie dem Abydos des Südens.
Mit Rücksicht auf solche Erwägungen muß aber noch eine andere Möglich-
keit in Betracht gezogen werden. Während in der einen von Petrie in der
oben zitierten Schrift publizierten Sarkophaginschrift ein Priester des Harbes
im nördlichen Abydos genannt wird, nennt die Inschrift des anderen Sarkophags
als Besitzerin desselben eine Sistrumspielerin des Harsaphes von Herakleopolis.
Auch bei unserer Grabung haben wir den (jetzt in Straßburg befindlichen) Sar-
kophag eines Herakleopoliten gefunden, dessen Namen und Titel die folgende
Inschrift enthält: Stn di htp LH Ö 1A11$)^~>^\ XX (Var. *%<?'
' /wvvvn -<2>- I V I TiT Q © is/w*a _£^ *^_ i/>5H
.\\
^ __dL\^ AAAAA/N
\\ _CTV^ I V _l± <£_1' /wvn^ — /-J *5^- 1 /ww^ II ■"" /www I <C > 'K^^ B L cü
-(D- | flg^T^?-^ kS^I =9=|\ ftff^ft D X ^\ |||s«!Ö O
L7Z) I _A 1 /www //TT*. _ß^ Ol O D-B*
AAAAAA
* ' usw. Auch unter den Besitzern der zahlreichen kleinen Totenfiguren, die
die Schachtgräber der Spätzeit geliefert haben, fanden sich Leute mit dem Titel
Ig^ , der ja bekanntlich auf den Tempel des Harsaphes in Ehnas hinweist.
Diese drei Zeugnisse würden uns vielleicht zu der Annahme berechtigen,
daß wir in dem Totenfeld von Abusir el Mäläq eine zweite Nekropole von Ehnas
außer der schon bekannten bei Sedment el-gäbäl zu sehen hätten, doch stehen
dem wohl die 20 km in der Luftlinie entgegen, die unser Ausgrabungsfeld von
Ehnasje trennen. Man tut vorläufig noch besser, die weitere Untersuchung des
Platzes abzuwarten1.
') Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die älteste Erwähnung unseres »nördlichen Abydos«
in einem Papyrus aus der Zeit Amenophis' III. vorzukommen scheint. Griffith, The Petrie Papyri
S. 93 — 94, zitiert aus einem Papyrus aus Gurob aus der Regierungszeit des genannten Königs einen
Ort Per Usir, der in der Nähe von Gurob gelegen haben muß, da Leute aus Gurob eine Rechts-
handlung vor dem Gerichtshof von Per Usir vornehmen. Griffith hat dies Per Usir wohl mit
Recht mit unserem nördlichen Abydos identifiziert. Wir verdanken den Hinweis auf dieses Zitat
W. Spiegelberg, dem wir auch sonst für vielfache Hilfe in ägyptologischen Fragen zu Danke ver-
pflichtet sind. In gleicher Weise sind wir L. Borchardt, G. Möller und H. Schäfer Dank schuldig,
die uns jederzeit ihre sachkundige Unterstützung geliehen haben.
22
Georg Schweinfurth: Ein neuentdeckter Tempel in Theben.
[41. Band.
Ein neuentdeckter Tempel in Theben.
Von Georg Schweinfurth.
Mit 9 Abbildungen.
A.m 16. Januar d. J. erstieg ich bei meinen paläolithischen Nachforschungen eine
ungefähr 400 m über dem Nil gelegene Höhe des obersten Gebirgsabfalls auf
der Westseite von Theben, die als weit nach Osten vorspringende Ecke gekenn-
zeichnet sich überall den Blicken aufdrängt und die wiederholt meine Neugierde
wachgerufen hatte, weil dort alte Baureste sichtbar waren, über deren Bedeu-
tung niemand Aufschluß zu geben wußte. Die Ortlichkeit, die in der Luftlinie
2V-2 km in Nordnordost von der Felsklause Bab el Melük im Tale der Königs-
gräber entfernt liegt, ist auf meiner dem Aufsatze von Dr. M. Blanckenhorn über
die Geschichte des Nils beigegebenen »Skizze des Gebirges bei Theben« (Zeitschr.
d. Ges. f. Erdk. 1902, Taf. 11) mit »Ruine« bezeichnet worden.
Ein in alten Zeiten wohlbetretener Pfad, der, weil seit Jahrhunderten nicht
mehr benutzt, nur undeutlich ausgeprägt erscheint, dagegen von der Höhe aus
gesehen sich als breites Band sehr scharf markiert, führt von der am Fuße der
Vorhügel sich bis zum Nil ausdehnenden, leichtgewellten Fläche aus anfänglich
in westsüdwestlicher Richtung auf dem Rücken einer zwischen zwei Rinnsalen
verlaufenden Rampe, bis unge-
fähr die halbe Berghöhe erreicht
ist. Alsdann erklimmt der Pfad,
über steil abstürzende Schutt-
und Kiesgehänge und über meh-
rere jähe Felswände setzend, die
hohe Bergecke geradezu in Nord.
Das Bauwerk auf der Höhe
erwies sich als ein kleines Heilig-
tum des neuen Reichs. Es war
von einer Umfassungsmauer aus
Luftziegeln, imViereck2lX24m
messend, umgeben und machte
mit dem nach Südost gerichteten
Eingangstor zum Absturz und zum Niltal Front. Auf dieser Seite hat die Um-
fassungsmauer eine Dicke von etwas über 2 m, und sie ragt daselbst noch heute
bis zu 4 m über dem Boden empor. Von den übrigen nur l/2 m dicken Mauerseiten
sind allein die unteren Ziegellager erhalten, in einer Höhe von wenig über 1 m.
Die aus Nilton geformten Luftziegel messen 30X15 cm. Der Toreingang ist gänzlich
:-'■
■■**+*. '<>,*?
Ansicht des Tempels von Osten.
1904.1
Georg Schweinfurth: Ein neuentdeckter Tempel in Theben.
23
Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
Nr. 5.
Nr. 6.
Bruchstücke der Türeinfassung aus weißem Kalkstein.
Etwa 5 u natürlicher Große.
zerstört und etwaige Reste desselben wohl noch unter dem daselbst angehäuften
Schutt erhalten. Vermutlich war das Tor aus Sandsteinblöcken gebildet, die nebst
dem Kalkstein und den Nilziegeln aus dem Niltal herbeigeschafft werden mußten.
24
Georg Schweinfurth : Ein neuentdeckter Tempel in Theben.
[41. Band.
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Grundriß.
Der innere Bau mißt 10X8m und an ihm weist, wie an der Umfassungs-
mauer, die östliche Frontseite gleichfalls eine vermehrte Dicke auf, hier die von
1,3 m. Das Eingangstor war aus feinbearbeiteten Kalk-
steinblöcken gefügt, von denen sich unter den dort ange-
häuften Trümmern noch einige Stücke vorfanden. Im
Innern des Baues ist der Boden durchwühlt und von
Schutthaufen und Gruben erfüllt. Auf der Westseite des
inneren Heiligtums sind drei innen 2 Xl,8 m messende
Kammern mit ihren untersten Mauern sichtbar1.
Die mit Inschriften versehenen Kalksteinblöcke der
Türeinfassung des inneren Baues sind von den Zer-
störern in kleine, kaum handgroße Stücke zerschlagen
worden und von diesen Bruchstücken, die ich dem
Museum zu Kairo übergeben habe, lege ich hier sechs
nach Abklatschen ausgeführte Zeichnungen bei. Die
erhaltenen Zeichen sowie der Stil der Weihinschrift werden die Zeit der Erbauung
des Heiligtums bestimmen lassen. Wahrscheinlich (nach Prof. Sayce) wird dasselbe
der Königin Makere Hatschepsowet zuzuschreiben sein2. Die von mir oberflächlich
aufgelesenen Trümmer werden bei Nachgrabung im Schutt sich gewiß noch ver-
vollständigen, vielleicht schließlich die ganze Inschrift zusammenstellen lassen.
Von der Bedeutung des Heiligtums legen große Sandsteinblöcke Zeugnis ab,
die gewiß mit vieler Mühe zu dieser bedeutenden Höhe hinaufgeschleppt worden
sind. Es liegen deren eine ganze Anzahl auf der Ost-
seite, außerhalb der Umfassungsmauer, zwei derselben
auf der Westseite außerhalb des inneren Baues. Einige
dieser Sandsteinblöcke haben eine eigentümlich gebogene
Gestaltung und messen bei 14 cm Dicke 80X50 cm.
Sie erinnern in ihrer Form an dicke Panzerplatten. An
einigen der Sandsteinblöcke finden sich spätere Inschrif-
ten eingekritzelt, es sind daselbst koptische Kreuze und
griechische Initialen sichtbar. Eine andere aus acht
Zeichen bestehende deutlich eingemeißelte Inschrift, von
der ich Abklatsche und Kopien herstellte, hat bisher noch nicht gedeutet werden
können. Die Vermutungen verschiedener Kenner, denen ich die Schriftprobe vor-
legte, gingen weit auseinander. Jedenfalls ist sie eine semitische.
Bruchstück einer Trommel.
(Von der Türeinfassung?)
Weißer Kalkstein.
x) Auf dem beigegebenen Grundriß ist der Innenbau zu weit auf die linke, südliche Seite
geraten. Derselbe nimmt auf der Westseite des von der Umfassungsmauer eingefriedigten Raumes
genau die Mitte ein.
2) Auf dem Bruchstück Nr. 5 ist man geneigt den Namen liT ^^ zu erkennen, den
König S-cnh-7c;-rc Mentu-hotep, der letzte König der 11. Dynastie, als Horus- und «6{/-Namen führte.
Der auf Nr. 4 genannte in den Ring eingeschlossene Königsname, der in der Tat mit |_J zu endigen
scheint, wäre dann zu ( ©fi-rU ] zu ergänzen. Sethe.
1904.] Georg Schweinflrth: Ein neuentdeckter Tempel in Theben. 2o
Nachschrift.
Am 80. Januar 1904 war mir die Freude zuteil, den Generaldirektor der
ägyptischen Altertümer M. Maspero selbst zu der Stelle zu geleiten, damit der-
selbe durch eigenes Anschauen darüber entscheiden möchte, ob es sich wirklich
um einen Tempel handelte oder nicht. Er hatte auch einige Arbeiter mitge-
nommen, um an den zertrümmerten Toreingängen nach weiteren Resten von
Inschriften zu suchen. Es fand sich indes nichts, was unbedingt ausschlag-
gebend gewesen wäre für die Zeitbestimmung. Nach Maspero berechtigten die
erhalten gebliebenen Zeichen indes zu der Annahme, daß diese Kultstätte ihre
Gründung bzw. Wiederherstellung unter der Regierung Nechos , Sohns des Psame-
tich, also um die Wende des 7. zum 6. Jahrhunderts v. Chr., erfahren habe.
Gelegentlich des letzten Besuchs fanden sich auch Trümmerstücke zweier
aus Kalkstein gehauener Thotpaviane mit menschlich geformten Fingern und
Penis. Unter den von ehemaligen Tempeldarbringungen herstammenden Holz-
stücken wurde das Schwanzstück eines jener Sperber aufgelesen, wie solche auf
den Salben- und Spezereikasten angebracht zu werden pflegten, die man als Opfer-
gabe niederlegte. Es fanden sich ferner Scherben von Alabaster- und von Ton-
gefäßen verschiedener Art.
Von dem Sandsteinblock mit der unentzifferten semitischen Inschrift ließ
M. Maspero das betreffende Stück absprengen und dem Kairiner Museum ein-
verleiben.
Der in alten Texten gebräuchliche Ausdruck »Stirn des Westens« soll nach
Maspero fär diesen kleinen Tempel oder für die Höhe, die ihn trägt, nicht
anwendbar sein, da die bekannten Beispiele diese topographische Bezeichnung
nicht für dominierende Höhen, sondern eher für Vorwerke und Vorsprünge am
Fuß des Gebirges in Anwendung bringen. Als Typen dafür könnten u. a. die
bei Theben sichtbaren Vorhügel von Schech Abd-el-Qurna und von Qurnet-
Murrai dienen, die man in der geologischen Ausdrucksweise als »abgesunkene
Schollen« bezeichnet.
Inzwischen hat auch Maspero selbst einen Bericht über unseren gemein-
schaftlich unternommenen Ausflug auf die Höhe des Tempels erstattet in einem
»Chez le dieu Thot« überschriebenen Artikel des »Temps« vom 15. August d. J.
Maspero bestätigt in demselben die oben erwähnten Fundumstände. Die hier
verehrte Gottheit war Thot, und das Tempelchen, das wahrscheinlich die Rolle
eines volkstümlichen Orakels gespielt hat, wird wahrscheinlich nur an bestimmten
Festtagen von Priestern besucht worden sein. Es enthielt indes mindestens zwei
Naos von verschiedener Größe. Die eine Thotfigur hat ungefähr 60 cm ge-
messen. Auf einem von der Außenwand des einen Naos herstammenden Bruch-
stück erkennt man einen Teil von der Figur des Opfer darbringenden Königs.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
26 Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. [41. Band.
Über das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum
des mittleren Reiches der ägyptischen Geschichte.
Von W. Brix.
Im XXXVII. Band dieser Zeitschrift hat L. Borchardt (S. 99) eine Notiz aus
dem zweiten Papyrusfund von Kahun mitgeteilt, nach der der Fürst und Tempel-
vorsteher Nb-faw-rc im Jahr 7 an den ersten Vorlesepriester der Stadt »Der selige
Senwosret ist mächtig« schreibt: »Du sollst wissen, daß der Aufgang des Sirius
am 16. des 4. Wintermonats stattfindet usw.«. Es entstand die Frage, wie
dieses an sich sehr bestimmte Datum für die Chronologie des mittleren Reiches
nutzbar zu machen wäre. Die Beantwortung dieser Frage ist erstens davon
abhängig, von wann ab man das Jahr 7 rechnen will, und zweitens davon,
wie man den heliakischen Aufgang des Sirius deutet.
Hinsichtlich des ersten Momentes hat L. Borchardt es wahrscheinlich ge-
macht, daß es sich um die Regierungszeit Senwosrets III. handelt und daß als
erstes Jahr seiner Regierung das mit dem 1 . Thoth nach dem Tode Senwosrets II.
beginnende Jahr gezählt wird. Für das zweite Moment hat Oppolzer (Sitzungs-
berichte der Wiener Akademie der Wissenschaften Bd. 90, II. Abteilung, S. 557
bis 584) eine Spezialuntersuchung angestellt. Oppolzer geht dabei von der
Ansicht aus, daß der Sothisperiode eine chronologische Bedeutung überhaupt
nicht zukomme, was bei ihrer viele Menschenalter umfassenden Dauer ja auch
tatsächlich zweifelhaft erscheint, sondern daß nur das Wiederkehren des helia-
kischen Siriusaufganges am 1. Thoth als eine astronomisch interessante Kon-
stellation rituell entsprechend gefeiert wurde. Darin liegt zugleich die Annahme,
daß die verschiedenen Sothisdaten nicht festen Tabellen entnommen, sondern
durch direkte Beobachtung am Himmel ermittelt wurden. Hieraus ergibt sich
dann wieder wegen der allmählichen Veränderung der Sternörter, daß diese
astronomische Sothisperiode nicht konstant 4> 365 = 1460 julianische oder
1461 bewegliche ägyptische Jahre betragen kann, wie es der rein chronologischen
Berechnung zufolge sein müßte, sondern in ihrer Länge variabel und in ihrem
Beginn von der geographischen Breite und der persönlichen Übung des Beo-
bachters — den Himmel immer als gleichmäßig klar vorausgesetzt — abhängig
ist. Oppolzer untersucht dann die astronomischen Bedingungen, die für den Sirius-
aufgang des von Censorinus beglaubigten Sothisperiodenanfangs im Jahre 139
n. Chr. in der geographischen Breite von 30° (etwa Memphis) stattfanden, und
gibt im Anschluß hieran Formeln zur Berechnung der Daten aller unter den
1904.] Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. 2<
gleichen Bedingungen (in derselben Breite) beobachteten Siriusaufgänge (a. a. 0.
S. 576 u. 577). Wendet man diese Formeln auf die Berechnung des obigen
Siriusdatums an, so kommt man auf die Jahre — 1875 1872 = 1876 — 1873
v. Chr., da ja im allgemeinen der heliakische Siriusaufgang viermal hintereinander
auf denselben Tag fallen muß, wozu man, da der maßgebende Beobachter den
ersten der vier heliakischen Aufgänge leicht um ein Jahr zu spät beobachtet
haben kann, noch ein Jahr nach unten, nämlich 1872 v. Chr., schlagen kann.
Diese Zahlen sind auch von L. Borchardt (a.a.O. S.101) mitgeteilt.
E. Mahler hat nun (diese Zeitschrift XL. Band S. 78 — 92) eine etwas
andere Berechnungsart gewählt, die insofern nicht ganz konsequent ist, als sie
zwar von dem OppoLZERSchen , astronomisch berechneten Anfang der zweiten
Sothisperiode : — 1317 = 1318 v. Chr., ausgeht (der Anfang nach chronologischer
Rechnung würde auf 139 — 1460 = —1321 = 1322 v. Chr. anzusetzen sein),
dann aber die astronomische Rechnung verläßt und rein chronologisch, also mit
einer konstanten Sothisperiode von 1460 julianischen Jahren weiter zurückrechnet.
Er kommt damit auf die Jahre -1877 1874 oder 1878— 1875 v. Chr.
Würde man ganz chronologisch, d. h. mit einer konstanten Sothisperiode
von 1460 julianischen = 1461 beweglichen ägyptischen Jahren, rechnen, so käme
man auf die Jahre -1881 1878 = 1882—1879 v. Chr.
Für den chronologischen Wert der gedachten Papyrusnotiz sind diese ge-
ringen Jahresdifferenzen natürlich vollkommen gleichgültig. Nimmt man wirklich
mit Oppolzer an, daß die Siriusaufgänge nicht nach Tabellen, sondern durch
direkte Beobachtung gefunden wurden, wenigstens in dem Sinne, daß etwaige
extrapolierte Tabellen von Zeit zu Zeit am Himmel kontrolliert und gegebenen-
falls berichtigt wurden, so würden Beobachtungsfehler der mit der Kontrolle
betrauten Priester noch ganz andere Differenzen zu erklären imstande sein.
An sich kann man aber auch die OppoLZERsche Hypothese keineswegs als sehr wahr-
scheinlich ansehen. Denn die Differenz zwischen der astronomischen und der
chronologischen Sothisperiode beträgt für die hier in Betracht kommende Periode
nur zwei bis drei Jahre auf 1460 Jahre, d. h. es fällt zwei- oder dreimal im
Laufe von 1460 julianischen = 1461 beweglichen ägyptischen Jahren der Sirius-
aufgang nur in drei aufeinander folgenden Jahren auf dasselbe Datum statt
viermal hintereinander. Die fraglichen Jahre, auf die solche Anomalien fallen,
würden sich ja durch astronomische Berechnung leicht finden lassen. Für eine
solche reichten aber die Kenntnisse der alten Ägypter bei weitem nicht aus.
Ihre Festlegung durch Beobachtung würde andererseits die ganzen Kräfte eines
außerordentlich geschulten Beobachters erfordern. Bedenkt man nun, daß in
dieser Beziehung nach allen Erfahrungen den alten Ägyptern nicht allzu große
Fähigkeiten zugeschrieben werden dürfen und daß der von ihnen zur Beobach-
tung ausgewählte Moment, der heliakische Aufgang, unter allen astronomisch
auszuwählenden Konstellationen die für die direkte Beobachtung denkbar un-
günstigsten Bedingungen vereinigt, so kann man nicht zweifelhaft darüber sein,
28 Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. [41. Band.
wie gering die Aussichten für die Festlegung eines Siriusaufganges durch Beo-
bachtung im Sinne der OppoLZERschen Annahme selbst bei dauernd konstanten
atmosphärischen Bedingungen sein mußten. Da aber eine für solche Beobach-
tungen ausreichend konstante Durchsichtigkeit der Luft selbst in Ägypten nicht
angenommen werden kann, so ergibt sich, daß ein historisch beglaubigter Sirius-
aufgang niemals zu einer exakten Festlegung der etwa in Betracht kommenden
vier Jahre benutzt werden darf, sondern nur zu einer ungefähren Festlegung
der Epoche, wenn man sich auf den Boden der OppoLZERschen Annahme stellt,
die die Sichtbarkeitsbedingungen eines heliakischen Siriusaufganges aus einem
einzigen historischen Datum ableitet. Dagegen würde eine solche exakte Fest-
legung wohl möglich sein, wenn man die chronologische Sothisperiode von 1460
julianischen = 1461 ägyptischen Sonnenjahren annähme. Daß diese bestanden
habe, kann man aber ebensowenig mit Sicherheit behaupten wie das Gegenteil.
Für denjenigen, der sich allein auf den Boden des wirklich zu Beweisenden
stellen will, kann daher das von L. Borchardt gefundene Sothisdatum nur die
Bedeutung haben, daß es das fragliche Jahr etwa auf 1875 v.Chr. bestimmt,
wobei ein Spielraum von 10 oder selbst 20 Jahren nach beiden Seiten nicht
ausgeschlossen erscheint.
E. Mahler hat nun (a. a. 0. S. 82 u. 83) mit Hilfe von Wahrscheinlichkeits
erwägungen eine eindeutige Fixierung des gedachten Jahres versucht. Im wesent-
lichen auf dem Boden der OppoLZERschen Hypothese stehend, wonach wenigstens
der Anfang einer Sothisperiode durch direkte Beobachtung ermittelt worden
wäre, nimmt er an, daß mit dem fraglichen Siriusdatum ein solches gemeint
sei, das mit einem Neumond zusammengefallen sei. Die Gründe, die ihn hierfür
bestimmen, sind einmal die anerkannte Wichtigkeit beider Konstellationen für
das Feiern von Festen und zweitens die Tatsache, daß in den Tempelrechnungen
Feste vorkommen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit als Neumonde angesprochen
werden können. Die Anwendung derartiger Erwägungen auf eine exakte Fixie-
rung des Sothisdatums ist geeignet, schwere Bedenken zu erwecken.
Man wird zwar ohne weiteres zugeben können, daß die rechtzeitige Kenntnis
einer so wichtigen Koinzidenz als eines dankbaren Mittels, dem gläubigen Volke
möglichst reichliche Opfer zu entlocken, den Priestern der Stadt »Der selige
Usertesen ist mächtig « von nicht geringem Wert sein mußte. Hieraus folgt aber
noch nicht, daß die Notiz nun wirklich auch eine solche Koinzidenz betrifft.
In der BoRCHARDTSchen Lesung (a. a. 0. S. 99) lautet sie einfach » Du sollst
wissen, daß der Aufgang des Sirius am 16. des 4. Wintermonats stattfindet
usw.«. Diese Fassung enthält weder eine Andeutung eines Neumondsdatums,
noch würde sie irgendwie zu ändern sein , wenn es sich zweifellos um einen
nicht mit einem Neumondsdatum zusammenfallenden Siriusaufgang handelte.
Sie ist in dieser Beziehung völlig nichtssagend. Aus der Fassung der Notiz
schließt E. Mahler allerdings auch nicht, daß es sich um ein Neumondsdatum
gehandelt habe, sondern nur aus der Tatsache der Erwähnung überhaupt. Es
1904.] Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. 29
hindert aber nichts, anzunehmen, daß schon ein gewöhnlicher Sothisaufgang
den Anlaß zu einem Fest gab. Ja man könnte, wenn die gedachte Koinzidenz
wirklich als so wichtig angesehen werden mußte, gerade aus der Unterlassung
jeder diesbezüglichen Hindeutung im Brief schließen, daß das fragliche Sirius-
datum sicher nicht mit einem Neumond zusammenfiel. Ebenso könnte man
z. B. aus der Tatsache, daß der Fürst und Tempelvorsteher Nb-klw-rc überhaupt
eine Benachrichtigung der Priester in der Stadt »Der selige Senwosret ist mächtig«
für erforderlich hielt, schließen, daß es sich um das erste oder das letzte der
vier in Betracht kommenden Jahre handelte, oder gerade aus der Tatsache, daß
auch jede diesbezügliche Andeutung fehlt, umgekehrt folgern, daß eins der
beiden andern Jahre gemeint sein müßte. Man wird jedenfalls bei unbefangener
Prüfung nicht behaupten können, daß irgendeiner dieser Hypothesen der Vor-
zug von den übrigen gebühre, woraus hervorgeht, daß aus der Notiz nichts
weiter geschlossen werden darf, als ihr Wortlaut direkt besagt.
Aber ganz abgesehen hiervon ist auch das Zusammenfallen des Sirius-
aufgangs mit dem Neumond auf denselben ägyptischen Tag in dem Sinne,
wie es die MAHLERsche Hypothese voraussetzen würde, in Wirklichkeit gar nicht
reell. Rechnet man nämlich das fragliche Neumondsdatum des 19. Juli 1876
v. Chr. = —1875 Juli 19 julianisch auf die ägyptische Ära des beweglichen
Sonnenjahres mit Hilfe der von Schräm gegebenen Tabellen um, so ergibt sich
als entsprechendes ägyptisches Datum der 17. Pharmuthi des Jahres 907 der
ersten Hundsternperiode (Schräm rechnet chronologisch mit der konstanten Sothis-
periode von 1460 julianischen = 1461 ägyptischen Jahren, die er von 139 ab
rückwärts zählt). E. Mahler gibt statt dessen (a. a. 0. S. 80) den 16. Pharmuthi
an, also einen Tag früher. Dies rührt daher, daß er den Beginn der zweiten
Hundsternperiode nicht mit dem Jahre 1322 v.Chr. angenommen hat, wie es
die für die Datumvergleichung allein zu benutzende chronologische Hundstern-
periode erfordert, sondern ihn vom Beginn der OppoLZERSchen astronomischen
Periode 1318 v. Chr. ab zählt. Der vierjährige Unterschied beider Perioden
bewirkt , daß alle seine julianischen Daten gegen die entsprechenden ägyptischen
Daten um einen Tag zu spät, alle ägyptischen Daten dementsprechend gegen
die julianischen Daten um einen Tag zu früh angegeben sind. Durch einfache
Nachrechnung einiger Daten mit Hilfe der ScHRAMschen Tafeln kann man
sich hiervon leicht überzeugen.
Trotzdem muß man gerade im vorliegenden Fall , sobald man sich auf den
Boden der astronomischen Rechnung stellt, die Zeit des Siriusaufgangs vom
16. Pharmuthi nicht mit dem 18. Juli 1876 v. Chr., sondern mit dem 19. Juli
desselben Jahres gleichzusetzen, da die ganzen Rechnungen Oppolzers auf
der LDELERschen Hypothese beruhen, daß der ägyptische Tag nicht mit Mitter-
nacht, sondern mit Sonnenaufgang begann. Diese Annahme ist erforderlich, wenn
man die Censorinusangabe ohne Schreibfehler erklären will (Oppolzer a. a. O.
S.558 u. 559). Hiernach würde der 19. Juli 1876 v. Chr. nur für etwa drei Viertel
30 Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. [41. Band.
seiner Dauer mit dem 17. Pharmuthi (so sind die ScHRAMschen Tafeln gerech-
net), für das erste Viertel aber mit dem Ende des 16. Pharmuthi zusammen-
fallen, d. h. gerade für die Zeit zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang, in
die der heliakische Siriusaufgang fällt. Rechnet man nun aber ebenfalls mit
Hilfe der ScHRAMschen Tafeln den Neumond, so ergibt sich, daß dieser auf etwa
728h morgens Greenwicher = rund 1/2i-0h morgens Memphiser Zeit fällt (E. Mahler
gibt anscheinend infolge eines Schreibfehlers die gleiche Abendzeit an), also jeden-
falls auf denjenigen Teil des 19. Juli — 1875 julianisch = 1876 v. Chr., der sicher
mit dem 17. Pharmuthi zusammenfällt. Die beiden astronomischen Vorgänge
fallen daher nach der OppoLZERSchen , von E. Mahler implicite übernommenen
Hypothese über den Anfang des ägyptischen Tages zwar auf denselben Tag
der julianischen Rechnung, aber auf zwei verschiedene Tage der ägyptischen
Rechnung. Hiernach dürfte gerade E. Mahler dieser Koinzidenz am wenigsten
Bedeutung beilegen. Es stände allerdings nichts im Wege, falls nur sonst die
Betonung der Koinzidenz irgend etwas für sich hätte, eine mangelhafte Kennt-
nis des Neumondes bei dem maßgebenden Beobachter vorauszusetzen, die einen
Irrtum von einem Tage ohne weiteres erklären könnte (vgl. auch unten); man
brauchte dann aber immer noch eine Hypothese mehr, um zu den MAHLERschen
Resultaten zu gelangen.
Auf festerem Boden, als ihn bloße Wahrscheinlichkeitserwägungen geben
können, würde man sich bewegen, wenn es gelänge, diejenigen Daten mit dem
Sothisdatum in Verbindung zu bringen, die von L. Borchardt als Neumonds-
daten angesprochen sind (welcher Deutung sich auch E. Mahler anschließt). Da
die Frage der genauen chronologischen Fixierung von E. Mahler nun einmal
aufgeworfen ist, so sei auch über die gedachten Daten an dieser Stelle das
Nötige mitgeteilt. Die Daten selbst (Borchardt a. a. 0. S. 93; Mahler a. a. 0.
S. 78) sind: Jahr 30: Payni 26, Epiphi25, Mesori25; Jahr 31: Thoth ?, Pao-
phi ?, Athyr 19, Choiak ?, Tybi 18, Mechir 18, Phamenot 17, Pharmuthi 17,
Pachon 16.
Bezieht man die Jahre 30 und 31 auf die Regierungszeit Amenemhets III.,
so kann man zwei ägyptische Jahre ermitteln, auf die die Neumondsdaten
wenigstens annähernd (vgl. unten) zutreffen: nämlich in der Rechnungsweise
der ScHRAMschen Tafeln die Jahre 956 und 957 der ersten (chronologisch ge-
rechneten) Hundsternperiode. Nach den ScHRAMschen Tafeln fällt nun der 1. Thoth
des Jahres 956 der ersten Hundsternperiode auf —1827 November 23 julianisch,
d. h. auf den 23. November 1828 v. Chr. Das erste Jahr dieses Königs würde
demnach mit dem 1. Thoth 927 der 1. Hundsternperiode = —1856 Novem-
ber 30 = 30. November 1857 v. Chr. beginnen. Das Todesjahr dieses Königs
muß nach der von L. Borchardt (a. a. O. S. 92) festgestellten Rechnungsweise
der Tempelpriester das vorhergehende Jahr gewesen sein, das als letztes Jahr
Senwosrets III. gerechnet wurde. Nach dem Turiner Papyrus wäre dies als
26. zu rechnen, falls man nämlich annimmt, daß die Rechnungsweise dieses
1904.] Brix: Das im zweiten Papynisfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. öl
Papyrus mit derjenigen der Priester in der Stadt »Der selige Senwosret ist
mächtig« übereinstimmt. Bei dieser Annahme würde das erste Jahr Senwosrets III.
mit dem l.Thoth des Jahres 901 des 1. Hundsternperiode und das 7. Jahr seiner
Regierung, d. h. also das Jahr des fraglichen Siriusaufgangs mit dem 1. Thoth
des Jahres 907 der 1. Hundsternperiode = —1876 Dezember 5 = 5. Dezember
1877 v. Chr. beginnen. Der Sothisaufgang vom 16. Pharmuthi würde daher in
das Jahr —1875 julianisch = 1876 v. Chr. fallen. Das ist also genau dasselbe
Jahr, auf das E. Mahler kommt.
Wer optimistisch veranlagt ist, könnte hierin eine Bestätigung der Mahler-
schen Hypothese erblicken. Dem stehen aber doch ernste Bedenken entgegen.
Zuvörderst ist nicht erwiesen, daß die Rechnungsweise des Turiner Papyrus
der Rechnungsweise der Kahuner Papyrusfragmente, oder richtiger des einen
von L. Borchardt mitgeteilten, auf den Wechsel der Regierungen Senwosrets II.
und Senwosrets III. gedeuteten Fragments entspricht. Ist dies nicht der Fall,
so ist ein Unterschied von einem Jahre ohne weiteres denkbar. Denn wenn
die Regierungszeit eines Königs etwa am Ende des Thoth begonnen hat, so
rechnen die Kahuner Fragmente dies Jahr noch als letztes des verstorbenen
Königs, während der Turiner Papyrus, der nur Gesamtregierungszeiten gibt,
es wahrscheinlich dem neuen König geben wird. Wenn die in Frage kommen-
den Könige immer gerade oder wenigstens ungefähr eine runde Reihe von Jahren
regiert haben, so wäre das zwar bedeutungslos. Wenn die Überschüsse ihrer
Regierungszeiten über die vollen Jahre aber sehr verschieden waren, so kann
eine Jahresdifferenz zwischen beiden Rechnungsweisen leicht in das Resultat
eingehen.
Ein zweites, schwereres Bedenken folgt aus der Natur der angenommenen
Neumondsdaten selbst. Berechnet man diese Daten mit Hilfe der ScHRAMschen
Tafeln, so ergibt sich der wirkliche Eintritt des astronomischen Neumonds gegen
den Anfang des Tages der Papyrusdaten nach später verschoben um:
+ 1,35 +2.03 +1,67 . . . +1,08 . . . +0.76 +0,11 +0,52 +0,03 +0,64 Tage.
Dabei ist noch der ägyptische Tag mit dem julianischen gleichlaufend, d. h.
mit Mitternacht beginnend, angenommen. Wären die Beobachtungen richtig, so
müßten alle Differenzen zwischen 0 und 1 liegen. Man sieht sofort, daß nur
die letzten fünf dieser Bedingung genügen. Die zweite enthält sogar einen
Fehler von über einem Tag. Wäre die OppoLZERsche Annahme, wonach der Tag
mit Sonnenaufgang begonnen hätte, richtig, so müßten die Differenzen etwa
zwischen 0,25 und 1.25 liegen (eine genauere Rechnung ist zwecklos). Es würde
dann zwar der starke Fehler der zweiten Beobachtung etwas vermindert werden
und der geringe Fehler der vierten Beobachtung verschwinden. Dafür würden
aber die sechste und die achte Beobachtung nach der anderen Seite heraus-
fallen, wenn auch nicht um ganz so viel, wie es hiernach den Anschein hat,
weil man für die in Frage kommende Zeit hohen nördlichen Sonnenstandes
32 Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatum. [41. Band
etwa 0,20 — 1,20 statt 0,25—1,25 Spielraum rechnen muß. In jedem Falle
überschreiten die Fehler die Grenze des astronomisch Zulässigen, beim zweiten
und dritten Datum sogar um ein Bedeutendes. Die Abweichungen sind sogar
geeignet, die Annahme, daß es sich überhaupt um Neumondsdaten handelt —
was ja ebenfalls nur Hypothese ist — , zu erschüttern. Hält man diese Annahme
aber dennoch fest, so bleibt nur der Ausweg übrig, daß man die Daten nicht
als aus Beobachtungen errechnet, sondern als taxiert ansieht. Denkbar wäre es
z. B., daß sie aus einem festen Kanon abgelesen worden, der an irgend einer
Zentrale festgestellt und nur von Zeit zu Zeit kontrolliert und berichtigt wurde.
Da man die astronomischen Kenntnisse der Ägypter nach manchen Erfahrungen
im Gegensatz zu denen der Babylonier nicht allzuhoch einschätzen darf, so
würde eine solche Annahme nichts Befremdendes haben. Um so weniger können
aber derartig ermittelte Daten als eine genügende Grundlage für eine exakte
Datierung dienen.
Der Vollständigkeit halber soll hier auch noch die Möglichkeit erörtert
werden, die Jahre 30 und 31 auf die Regierungszeit Amenemhets II. zu be-
ziehen. Auch für diese Hypothese ergeben sich zwei Jahre, auf die die Neu-
mondsdaten annähernd zutreffen würden. Es sind das in der Rechnungsweise
der ScHRAMschen Tafeln die Jahre 881 und 882 der 1. Hundsternperiode.
Nach diesen Tafeln fällt nun der 1. Thoth des Jahres 881 der 1. Hundstern-
periode auf —1902 Dezember 12 julianisch, d. h. auf den 12. Dezember 1903
v. Chr. Rechnet man genau so weiter wie oben, so würde das 1. Jahr Sen-
wosrets II. mit dem 1. Thoth des Jahres 884 der 1. Hundsternperiode be-
ginnen, der mit —1899 Dezember 11 julianisch oder dem 11. Dezember 1900
v. Chr. zusammenfällt, und dementsprechend das 1. Jahr Senwosrets III. mit dem
1. Thoth des Jahres 903 der 1. Hundsternperiode. Das 7. Jahr dieses Königs
würde also vom 1. Thoth des Jahres 909 der 1. Hundsternperiode ab zu rech-
nen sein, der mit —1874 Dezember 5 julianisch oder dem 5. Dezember 1875
v. Chr. gleichzusetzen ist. Der Siriusaufgang vom 16. Pharmuthi würde hier-
nach in das Jahr 1874 v. Chr. fallen, d.h. zwei Jahre später als E. Mahler
ansetzt.
Natürlich lassen sich gegen diese Rechnung, soweit sie die Zählweise der
Königsjahre betreffen, genau dieselben Bedenken geltend machen wie gegen
die oben mitgeteilte. Auch die übrigbleibenden Fehler sind ziemlich von der-
selben Größenordnung. Es ergibt sich nämlich der wirkliche Eintritt des astro-
nomischen Neumonds gegen den Anfang des Tages der Papyrusdaten nach später
verschoben um:
+ 0,92 +1,45 +1,06 . . . +1,17 . . . +1,44 +0,96 +1,38 +0,77 +l,15Tage.
Nimmt man den ägyptischen Tag mit dem julianischen gleichlaufend, also von
Mitternacht zu Mitternacht, an, so müßten die Differenzen zwischen 0 und 1
liegen, welche Bedingung allerdings sechs Werte nicht erfüllen. Rechnet man
:
1904.] Brix: Das im zweiten Papyrusfund von Kahun enthaltene Sothisdatuin. 60
ihn aber mit Oppolzer und Ideler von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang laufend,
so daß die Differenzen etwa zwischen 0,25 und 1,25 liegen müßten, so würden
nur noch drei Werte die Fehlergrenze überschreiten.
Wägt man die beiden Hypothesen, wonach die präsumptiven Neumonds-
daten entweder auf die Regierungszeit Amenemhets III. oder Amenemhets II.
zu beziehen wären, gegeneinander ab, so muß man anerkennen, daß beide die
wirklich gegebenen Daten ungefähr gleich gut oder richtiger gleich schlecht
darstellen. Für die zweite Hypothese würde außerdem noch sprechen, daß sie
einen erheblich geringeren Zeitraum für die Papyrusnotizen voraussetzt als die
erste. Irgendwelche exakten Schlüsse erlaubt aber keine von beiden Hypothesen.
Es verdient indessen bemerkt zu werden, daß beide Hypothesen auf Jahre
führen, die nur mit der OppoLZERschen astronomischen Berechnungsweise des
Siriusaufgangs zu vereinbaren sind, und daß es unmöglich ist, solche Jahre für
die Neumonde zu finden, die das Jahr des Siriusaufgangs mit einem der aus
der chronologischen Rechnung folgenden Jahre 1882 bis 1879 v. Chr. identifizie-
ren würden. Hieraus folgt immerhin ein Argument für die OppoLZERsche , die
chronologische Bedeutung der Sothisperiode leugnende Auffassung, wenn diesem
Argument auch beweisende Kraft nicht zuzuerkennen ist.
Erwägt man alles hier Vorgetragene, so kommt man zu dem Schluß, daß
als einzig wissenschaftlich erweisbare Tatsache die von L. Borchardt (a. a. 0.
S. 101) mitgeteilte Angabe gelten kann, wonach das T.Jahr der Regierung
Senwosrets III. etwa in das Jahr 1875 v. Chr. zu setzen ist, wobei ein Spiel-
raum von 10 und selbst 20 Jahren nach jeder Seite nicht als ausgeschlossen
gelten darf. Alles was darüber hinausgeht, ist Hypothese. Damit sollen natür-
lich die MAHLERschen Zahlen nicht als falsch bezeichnet werden. Der Zweck
dieser Zeilen war nur, klarzustellen, wieviel Annahmen man braucht, wenn man
zu den MAHLERschen Resultaten gelangen will. Die Frage, ob man die MAHLER-
schen Zahlen (abgesehen von der in ihnen enthaltenen Unrichtigkeit um einen
Tag, vgl. oben) annehmen will oder nicht, oder ob überhaupt die Aufstellung
so spezieller Datierungen bei dem Mangel einer exakten Grundlage als ein Ge-
winn anzusehen ist, hängt nur von Wahrscheinlichkeits- und Zweckmäßigkeits-
erwägungen ab. Die Entscheidung muß daher jeder Interessent selbst treffen.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
34 Ludwig Borchardt: Die Neumondsdateu der Ulahunpapyri. [41. Band.
Sind die Neumondsdaten der Ulahunpapyri chronologisch
zu verwerten?
Von Ludwig Borchardt.
Im vorstehenden Aufsatze hat Brix vom astronomischen Standpunkte aus klar
gezeigt, was von der MAHLERSchen Hypothese, das Siriusdatum des zweiten
Papyrusfundes von Illahun sei gleichzeitig das Datum eines Neumondes, zu
halten ist. Von ägyptologischer Seite war es von vornherein klar, daß für die
MAHLERsche willkürliche Annahme auch nicht der Schein eines Grundes vor-
handen war.
Ich möchte aber noch weiter gehen und auch davor warnen, die anderen
bisher für Neumonde angesehenen Daten der Tempelpapiere chronologisch zu
verwerten. Aus dem Hauptstück dieser Art1, in welchem Tempeleinkünfte in
Daten mit Intervallen von 29 bis 30 Tagen abgerechnet werden, hatte ich da-
mals sogleich geschlossen, daß wir es hier mit einer neben dem Sonnenjahre
hergehenden für Kultzwecke gebräuchlichen Rechnung nach Mondmonaten zu
tun hätten. Alle, die sich ernsthaft mit diesen Fragen beschäftigt haben, sind
mir auch darin gefolgt2. Wir können aber nichts weiter aus dieser Aufstellung
schließen, als daß die Tempelbeamten neben dem Sonnenjahre von 365 Tagen,
nach dem sie datierten, auch nach dem leicht zu beobachtenden Mondumlauf
rechneten, ohne aber danach offiziell zu datieren. Von einem eigentlichen Mond-
jahre ist nicht die Rede, nur von Mondmonaten. Daß aber auch diese Mond-
monate — von Neulicht zu Neulicht — nicht beobachtet, sondern nur nach
Taxat bestimmt waren, hatte Brix schon damals3 berechnet und in vorstehen-
dem Aufsatz nochmals gründlich dargetan. Für chronologische Berechnungen ist
also jenes Dokument nicht zu gebrauchen, selbst wenn es sich bestimmen ließe,
unter welchem Könige es geschrieben worden ist.
Daß aber auch solche Neumondsdaten der Ulahunpapyri, die in einer be-
stimmten Regierung untergebracht werden können, zu chronologischen Bestim-
mungen nicht verwandt werden können, werden leider die beiden hier folgen-
den Beispiele zeigen. Sie sind den aus den Jahren 5 bis 9 Senwosrets III.4
') ÄZ. 1899, S. 92 u. 93.
2) Eine neuere populäre Geschichte Ägyptens will — wenn anders ich recht gelesen habe
— auf Grund desselben Dokuments das Vorkommen eines Sonnenjahres für die Zeit des mittleren
Reiches in Frage stellen. Hoffentlich genügen die oben über diesen Papyrus gesagten Sätze, die
weitere Verbreitung solcher Konfusion einzuschränken.
3) ÄZ. 1899, S. 93 u. 94. — 4) ÄZ. 1899, S. 101.
1904.] Ludwig Borchardt: Die Neumondsdaten der Ulahunpapyri. o5
stammenden Fragmenten des Tempeltagebuchs1 entnommen, deren Zusammen-
gehörigkeit schon durch die einheitliche Handschrift bewiesen wird.
Beim Suchen nach solchen Neumonds- oder besser Neulichtdaten ging ich
von dem aus dem oben besprochenen Dokument abgeleiteten Gedanken aus,
daß die Priesterabteilungen, deren Vorsteher2 nach Mondmonaten abgelohnt
werden, ihren Dienst auch nach Mondmonaten täten und ihn bei Neulicht der
nächsten Abteilung übergäben. An den Daten, unter welchen der Antritt einer
neuen Abteilung verzeichnet wäre, wäre also Neulicht anzunehmen, wenn man
nicht annehmen will, daß diese Mondmonate mit irgendeiner anderen Mond-
phase begonnen hätten.
Unter den Fragmenten von Jahr 5 bis 9 Senwosrets III. haben wir nun
zwei datierte Notizen über Antritte von Abteilungen. Die eine ist zum größten
Teile bereits publiziert3; die für uns wesentliche Stelle daraus, die auf die In-
ventaraufnahme und die Übergabeprotokolle folgt, lautet:
z-s 1 1 1 1 LJ Oll V\ 8 D^= AAAAAA
O II II i i i q -ffi^A o _£r o
oqn q o AAAAAA & H_ a
f:
L^J AAAAAA O O _B^ ü J \ JcJ^ 7< O
ife^^ !\^i\f\%. n=
usw.
»Jahr 9, 3. Monat der Prt- Jahreszeit, Tag 10 Hr-htp, Sohn des
Mnt-nht.
Liste der Abteilung der Laienpriesterschaft dieses Tempels, welche in diesem
Monat antritt:
. . . der Großen, Iiy, Sohn des Imny-snb.«
usw.
Die 4. Abteilung hat also der 1. Abteilung^ am 10. Tage des 3. Prt- Monats
des Jahres 9 ihr Amt abgetreten, falls wir nicht annehmen wollen, die Notizen
seien nicht unter dem Tage eingeschrieben, an dem die in ihnen berichteten
Tatsachen eintraten. Am 10. des 3. Prt- Monats des 9. Jahres müßte also ver-
mutlich Neulicht gewesen sein. Ob das möglich oder wahrscheinlich ist, das
wird die Rechnung zeigen.
Die zweite datierte Notierung eines Abteilungswechsels aus derselben Reihe
von Fragmenten aber zeigt uns schon , daß wir uns nicht zu sehr darauf ver-
lassen dürfen, hier überhaupt richtige Mondmonate zu finden. Sie lautet:
~| \\ | AAAAAA
©••••
I I I
^"=-\ <^> AAAAAA gl r\ .1111111. _
IUP O 00\\jklAAAlv,Äj ' I
AAAAAA AAAAAA
USW.
Der Name eines solchen Tagebuchs ist, wie als Titel auf einem Bruchstück steht:
Danach ist Lesung und Übersetzung der Sothisdatierung (ÄZ. 1899, S.99) zu ändern.
Es muß anstatt: »Und lasse diesen Brief an (das Anzeigebrett?) des Tempels machen« heißen:
»Und lasse diesen Brief in das Tempeltagebuch eintragen.«
2) ÄZ. 1899, S. 93. — 3) ÄZ. 1899, S. 97 u. 98 (jetzt P 10003). — 4) ÄZ. 1899, S. 97.
^O Ludwig Borchardt: Die Neamondsdaten der Illahunpapyri. [41. Band.
GIN i
AAAAAA AAAAAA /\ rfCN
U _S^^=_ i i i A i i i
wJ^T A M± * O
A/WWV
A I I I I I O AWM -Zl I I
USW.
»Es berichtet & Abteilung des 4. Prt- Monats, welche in diesem Monat ab-
tritt, der Abteilung des 1. Smw- Monats .... usw. (folgen die Übergabeprotokolle).
Jahr 6; 1. Smw? -Monat, Tag 1, . . . -htp, Sohn des ....
Liste der Abteilung, welche in diesem Monat antritt . . .
Der Abteilungsvorsteher Senwosret, Sohn des Senwosret«
usw. (folgt Liste der Abteilung).
Also hier findet der Abteilungswechsel plötzlich am 1. eines Kalender-
monats statt, auch werden die Abteilungen nicht, wie bisher, mit den Zahlen
von 1 bis 4 bezeichnet, sondern nach den Kalendermonaten benannt.
Es scheint demnach vorläufig aussichtslos, hier nach Neumondsdaten zu
suchen und sie chronologisch verwerten zu wollen. Das einzig verwendbare
ist bisher das Sothisdatum.
Bemerkungen zu dem vorstehenden Aufsatz.
Von W. Brix.
In den vorstehenden Ausführungen hat zwar Borchardt die Annahme, daß die
von ihm aufgefundenen Opferabrechnungen sich auf Neumondsdaten beziehen
müßten, selbst bereits erschüttert; es soll aber hier, da diese Frage einmal
aufgetaucht ist, zur Ergänzung meiner früheren Mitteilung, noch kurz mitgeteilt
werden, was aus den neugefundenen, vorstehend von Borchardt publizierten
Daten dieser Art in astronomischer Beziehung gefolgert werden kann. Da das
eine Datum als Neumondsdatum sicher ausscheidet, so bleibt nur das Datum
Jahr 9 Phamenoth 10 (Senwosrets III.). Dieses Datum führt, als Neumonds-
datum aufgefaßt, auf zwei denkbare Jahre, nämlich auf die Jahre 902 und 905
der 1. Hundssternperiode in der ScHRAMschen Bezeichnungsweise. Für diese
Daten wäre der wirkliche Eintritt des astronomischen Neumonds gegen den
Anfang des Tages Phamenot 10 nach später verschoben um +2,10, bzw.
— 0,59 Tage, während bei genauem Eintreffen diese Abweichungen (vgl. den
Aufsatz) entweder zwischen 0 und + 1 oder zwischen + 0,25 und +1,25
liegen müßten. Beide Zahlen fallen also erheblich jenseits der zulässigen Grenzen.
Sie überschreiten sogar noch die Grenzwerte, die für die früher gefundenen
Daten dieser Art ermittelt sind. Denn die äußersten dieser Werke (vgl. meinen
1904.] W. Brix: Bemerkungen zu dein vorstehenden Aufsatz. 37
vorstehenden Aufsatz) liegen zwischen + 2,03 und + 0,03 Tagen. Wesentlich
schlechter als diese Abweichungen (deren erste freilich kaum noch diskutabel
ist) sind aber die neuen Abweichungen auch nicht. Ein Novum bringt aller-
dings die zweite Abweichung insofern, als sie negativ ist. Dieser bisher noch
nicht vorgekommene Fall würde bedeuten, daß auch bei der Annahme des Be-
ginnes des ägyptischen Tages um Mitternacht der wirkliche Neumondsmoment
über einen halben Tag vor den Wechsel der Priesterphylen fiel. Es würde
sich dann für diese nicht um ein eigentliches Neumondsdatum, sondern um ein
Neulichtdatum handeln, was Borchardt allerdings überhaupt für wahrschein
lieber hält. Für die Datierung des Sothisdatums auf Grund einer dieser beiden
Annahmen (Jahr 9 = 902 oder 905) ergeben sich nun die folgenden Resultate:
Der 1. Thoth des Jahres 902 der 1. Hundssternperiode fiel auf —1881
Dezember 7 julianisch, d. h. auf den 7. Dezember 1882 v.Chr. Der 1. Thoth
des Jahres 905 der 1. Hundssternperiode fiel auf —1878 Dezember 6, d. h.
auf den 6. Dezember 1879 v. Chr. Da dieses mit dem 1. Thoth beginnende
Jahr das 9. Jahr Senwosrets III. ist, so müßte das 7. Jahr, d. h. das Jahr des
Sothisdatums, mit dem 1. Thoth des Jahres 900 oder 903 der 1. Hundsstern-
periode, d. h. mit — 1883 Dezember 7 oder mit — 1880 Dezember 6 bzw.
mit dem 7. Dezember 1884 oder dem 6. Dezember 1881 v.Chr. beginnen. Das
viel später ins ägyptische Jahr fallende Sothisdatum würde hiernach entweder
in das Jahr 1883 oder in das Jahr 1880 v. Chr. zu setzen sein (= —1882
oder — 1879 julianisch). Von diesen beiden Jahren fällt das erste überhaupt
noch vor die Grenzen der chronologischen Siriusperiodenrechnung von 1460
julianischen = 1461 ägyptischen Jahren, und soll deshalb weggelassen werden.
Das zweite, 1880 v. Chr., fällt in die für die chronologische Rechnung der
Sothisperiode in Betracht kommenden Jahre, während die in meinem vor-
stehenden Aufsatz erwähnten Daten immer nur auf Jahre der astronomischen
Sothisperiode, nämlich auf die Jahre 1876 und 1874 v. Chr. führten. Rechne-
risch stimmen alle Jahre ungefähr gleich gut oder richtiger gleich schlecht.
Von diesem Standpunkt aus kann man also keinem von ihnen den Vorrang
geben. Auf Grund anderer Erwägungen kann man natürlich eines für wahr-
scheinlicher halten als die andern, z. B. das Jahr 1880 v.Chr., das aus dem
gut gesicherten, dem Sothisdatum sehr naheliegenden Datum Jahr 9 Phame-
noth 10 folgt; es ist aber dann unmöglich, die früher gefundenen Daten
mit Neumondsdaten zu identifizieren. Nimmt man umgekehrt an, daß die
früher gefundenen Daten Neumondsdaten sind, so kann das neugefundene sicher
kein Neumondsdatum sein. Damit ist aber die Grundlage der Hypothese
eigentlich schon in sich negiert. Man wird daher, falls nicht neue Funde in
dieses geheimnisvolle Dunkel etwas Licht bringen, auch vom astronomischen
Standpunkt aus, endgültig die Hoffnung aufgeben müssen, aus der Neumonds-
oder Neulichthypothese für die Daten der Phylenwechsel irgendwelche Anhalts-
punkte für eine exakte Datierung des Sothisjahrs zu gewinnen.
38
Kurt Sethe: Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie.
[41. Band.
Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie und zur Benutzung
ägyptischer Sothisdaten überhaupt.
Von Kurt Sethe.
J_7a Eduard Mahlers Bestimmung der Zeit der 12. Dynastie hier durch Hrn.
Dr. Brix vom astronomischen Standpunkte aus besprochen wird, dürfte es nicht
unangebracht sein, zu gleicher Zeit auch einige Bemerkungen auszusprechen,
die vom Standpunkt des Historikers zu demselben Gegenstande zu machen sind.
1.
Wenn Mahler die Zeit vom Anfange Amenemmes' I. bis zum Ende Se-
sostris'II. auf 113 Jahre annimmt, so befindet er sich vollständig im Einklang
mit den Denkmälern, die uns die Regierungsdauer der ersten vier Könige der
Dynastie durch die zahlreichen Doppeldaten aus den Zusammenregierungen von
Vater und Sohn genau kennen gelehrt haben. Dagegen steht Mahlers Be-
rechnung der zweiten Hälfte der Dynastie vom Anfange Sesostris' III. bis zum
Ende der Skemiophris auf nur 81 Jahre im Widerspruch mit den Denkmälern.
Zunächst gibt schon der Turiner Königspapyrus als Gesamtdauer der Dynastie
213 Jahre 1 Monat 17 Tage statt der 191 Jahre, die ihr Mahler zuerkennt.
Diese Summierung des Papyrus ist ja von Eduard Meyer1 seinerzeit als un-
richtig verworfen worden, doch stellt sich bei näherem Zusehen heraus, daß
hierzu tatsächlich kein Grund vorliegt. Ed. Meyers Behauptung, der Papyrus
habe die absoluten Regierungszahlen der einzelnen Könige einfach zusammen-
gezählt, ohne die Doppelregierungen zu berücksichtigen, erweist sich schon als
irrig, wenn man nur die Zahlen, die im Papyrus noch erhalten sind, resp. die
höchsten Jahreszahlen, die zur Zeit, als Meyer schrieb, für die einzelnen Könige
auf den Denkmälern belegt waren, zusammenzählt. Es sind dies für:
Die Könige
Im Turiner
£ünigspapyrus
Auf den
Denkmälern
Nach Meyer zu addieren
Jahre
Monate
Tage
Jahr
Jahre
Monate
Tage
Amenemmes I. .
1 [2]9
X
X
30
29
Sesostris I. . . .
45
7
X
45
45
7
Amenemmes II. .
l[3]0 + x
X
X
35
34
Sesostris II. . .
19
X
X
11
19
Sesostris III. . .
302+x
X
X
26
30+x
Amenemmes III.
40 + x
X
X
44
43 + x
Amenemmes IV.
Skemiophris . .
9
3
3
10
27
24
5
i»
2
21
Summe . . .
—
—
—
213 + 2x
9 + 5x
21-f 6x
*) Gesch. d. Altert. I, § 101 a. E. — 2) So, nicht 20, wie Ed. Meyer annahm.
1904.] Kurt Sethe: Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie. 39
Wie man sieht, übersteigt die Endsumme, die wir so erhalten, schon
ohne die unbekannten Jahre, Monate und Tage um ganze 8 Monate und 4 Tage
die Summe, die der Papyrus gibt.
Es sind uns nun aber inzwischen durch den von Griffith herausgegebenen
ersten Papyrusfund von Kahun noch Daten vom 33. Jahre Sesostris' III. und
vom 46. Jahre Amenemmes' III. bekannt geworden1, die Meyers frühere Beur-
teilung der Dynastiensumme vollends widerlegen und zugleich auch Mahlers
ganze Berechnung für die zweite Hälfte der Dynastie umstürzen. Statt der
26 + 42 = 68 Jahre, die er den ebengenannten beiden Königen gibt, sind
uns nun schon mindestens 32 + 45 = 77, wenn nicht 33 + 46 = 79 bezeugt.
Mit den etwa 13 Jahren Amenemmes' IV. und der Skemiophris zusammen
würde das etwa 90 resp. 92 Jahre für den Zeitraum ergeben, den Mahler
auf nur 81, der Turiner Königspapyrus aber auf etwa 100 Jahre angesetzt
hat. Mit diesen 92 Jahren kommen wir den 100 Jahren des Papyrus aber
so nahe, daß eine Übereinstimmung zwischen dem Papyrus und den Denk-
mälern sehr wohl denkbar erscheinen muß. Um diese herbeizuführen, hätten
wir die 8 Jahre, die an den 100 Jahren noch fehlten, auf die beiden Könige
Sesostris III. und Amenemmes III. zu verteilen. Wie das aber zu geschehen hätte,
läßt uns der Turiner Königspapyrus, trotz aller seiner Verstümmelung, wohl
noch mit Sicherheit entscheiden.
Geben wir nämlich Amenemmes III. zu seinen 46 inschriftlich belegten
Jahren nur noch ein volles Jahr von den 8 zu verteilenden Jahren, so daß er
47 Jahre x Monate regiert hätte, so würde Sesostris III. also noch mindestens 6
volle Jahre sowie eine unbekannte Zahl von Monaten von dem siebenten zu erhal-
ten haben. Er würde somit auf 39 Jahre x Monate kommen. Das stimmt nun aber
nicht zu dem Turiner Papyrus; denn dort erscheint unter der deutlichen 30 auf
dem wohlerhaltenen Papyrus keine Spur von dem langen Schwanz der Zahl 9,
der sich bei den 19 Jahren Sesostris' IL und den 29 Jahren Amenemmes' I.
und auch sonst in ähnlichen Fällen in dem Papyrus stets unter der Zehnerzahl
hinzieht. Es läßt sich daher mit Bestimmtheit sagen, daß die Jahreszahl nicht
39, sondern höchstens 38 gewesen sein kann. Weniger als 38 volle Jahre können
wir dem Könige nun aber auch nicht geben, da auch Amenemmes III. aus dem
nämlichen Grunde nicht 49 volle Jahre in dem Turiner Papyrus gehabt haben
kann. Denn auch bei ihm zeigt sich unter der erhaltenen 40 keine Spur von
dem notwendig zu erwartenden Schwänze der 9. So bleibt denn bloß die
Möglichkeit, jedem der beiden Könige die Zahl 8 als Einerzahl zu der erhalte-
nen Zehnerzahl (30 und 40) zu geben. Die oben abgedruckte Tabelle würde
sich damit nunmehr so gestalten:
l) Griffith, Hieratic papyri from Kahun and Gurob, Text S. 85 und 86.
40
Kurt Sethe: Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie.
[41. Band.
Turiner
Königspapyi
'US
Denkmäler
Zu verrechnen
Jahre
Monate
Tage
Jahr
Jahre
Monate
Tage
Amenemmes I. . . .
[2]9
X
X
30
19 oder 20
X
x1
Sesostris I. . . .
45
7
X
45
42
0
0
Amenemmes II. .
3[4] +
X X
X
35
32
0
0
Sesostris II. . . .
19
X
X
19
19
0
0
Sesostris III. . .
3[8]
X
X
33
38 oder 39
0
o2
Amenemmes Hl.
4[8]
X
X
46
48 . 49
0
02
Amenemmes IV.
9
3
27
5(10?)
9 » 8
0
o3
Skemiophris . .
3
10
24
— (3?)
3
X
x4
213
1
17
—
[212
13
17]
Durch die Tatsache, daß Sesostris III. nachweislich mindestens 32 Jahre
regiert hat, wird aber auch Mahlers Erörterung über die Daten des 30. und
31. Jahres in einem der Berliner Kahunpapyrus hinfällig. Amenemmes' III.
30. Jahr fiel nun ja nicht 2 X 25 = 50 Jahre später als das Sothisdatum vom
7. Jahre Sesostris' III., sondern sicher mindestens 56, wahrscheinlich 61 oder
62 Jahre. Und es stände wenigstens in historischer Hinsicht nichts im Wege,
diese Daten, wie es am nächsten liegt, auf die Regierung Sesostris' III. zu
beziehen. Ob die Neumondsdaten, die der betreffende Papyrus für die ge-
nannten beiden Jahre mitteilt, dazu stimmen, muß von astronomischer Seite
untersucht werden. Nach Mahlers Ermittlungen würden sie es nicht tun, da
sie mit den Neumondsdaten, die er für das 7. Jahr Sesostris' III. = 1877/76
v. Chr. findet, übereinstimmten, anstatt, wie es sein müßte, mit denen des
x) Bei Amenemmes I. als Dynastiehaupt ist es ungewiß, wann er seine Regierungsjahre zu
zählen begonnen hat, ob mit seinem Thronbesteigungstage oder erst mit dem nächstfolgenden
Kalenderneujahr.
2) Die Zahl der zu verrechnenden vollen Jahre ist bei Sesostris III. und Amenemmes III.
ungewiß, weil ihr Thronbesteigungstag nicht bekannt ist; von diesem hängt es ja ab, wieviel
Monate des einen Königs im letzten Jahre seines Vorgängers oder im ersten seines Nachfolgers
mit zu verrechnen sind. Z.B. Sesostris IL starb, wie wir wissen, am 14. Tage des 8. Kalender-
monats. Geschah das in dem Jahre, das als sein »Jahr 19« bezeichnet wird, so nahm dieses Jahr
von den, nehmen wir einmal an, 38 Jahren 10 Monaten 26 Tagen, die sein Nachfolger Sesostris III.
im ganzen vielleicht regierte, 4 Monate 21 Tage fort, so daß diesem Könige noch 38 volle Jahre
sowie 6 Monate und 5 Tage blieben, die mit den ersten 6 Monaten seines Nachfolgers Amenemmes III.
sein »39. Jahr« bildeten.
3) Bei Amenemmes IV. wissen wir nicht, wie lange er mit seinem Vater Amenemmes III.
zusammen regierte, und wieviel von seiner Gesamtregierungsdauer also etwa schon bei diesem mit-
verrechnet ist. Zu dem unsicheren Datum seines 10. Jahres s. Griffith, Hieratic papyri of Kahun
and Gurob, Text S. 87.
4) Das 4. Jahr der Skemiophris kann bei der Summierung nur als Bruchteil in Monaten
und Tagen berücksichtigt gewesen sein, da sein Komplementteil zur 13. Dynastie gehörte. Zu
dem unsicheren Datum des 3. Jahres s. Griffith a. a. O.
1904.] Kurt Sethe: Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie. 41
5. und 6. Jahres, die 25 Jahre von dem 30. und 31. entfernt sind. Vielleicht
ist dieser scheinbare Widerspruch aber nur eine Folge der MAHLERSchen Be-
stimmung des 7. Jahres = 1877/76 v. Chr. Diese beruht nämlich auf der
OppoLZERschen Methode der Berechnung der wahren Siriusfrühaufgänge und be-
rücksichtigt also nicht den von Heinrich Brandes (Abhandlungen zur Geschichte
des Orients im Altertum, Halle 1874, S. 127 und 128) erbrachten Nachweis, daß
nach Ptolemäus (synt. IV, cap. 5) der 1. Thoth des 883. und des 880. Jahres
der Ära des Nabonassar (135 und 132 n. Chr.) beide auf den 21. Juli jul.
fielen und daß demnach das Jahr 139 n. Chr., das Censorinus als Jahr der
Apokatastasis der Sothisperiode nennt, nicht, wie Oppolzer voraussetzte, das
erste, sondern das 4. Jahr der Tetraeteris war, in der der Siriusfrühaufgang
wieder auf den 1. Thoth des ägyptischen Kalenderjahres fallen sollte. Es ist
klar, daß angesichts dieses Zeugnisses des Ptolemäus, der, selbst ein Ägypter,
kurz nach der Apokastastasis von 139 n. Chr. zu Alexandria lebte, die nach
Oppolzers Angaben gewonnenen Bestimmungen ägyptischer Kalenderdaten nicht
fehlerlos sein können.
Mahlers Berechnungen (nicht nur die der 12. Dynastie, sondern auch die
älteren für das neue Reich) leiden nun aber möglicherweise noch an einem an-
deren Fehler; sie setzen nämlich, was Oppolzer selbst ausdrücklich noch offen
gelassen hat, voraus, daß es sich bei den Sothisdaten um die wahren astrono-
mischen Siriusfrüh auf gänge handle und daß die »Sothisperiode« also nicht eine
unveränderliche Dauer von 1460 ägyptischen Kalenderjahren gehabt habe, son-
dern sich 1318 v. Chr. nach nur 1458, 139 n. Chr. nach nur 1456 solchen
Jahren wieder erneuert habe. Das scheint mir aber allen antiken Zeugnissen
und vor allem auch den Worten des Dekrets von Kanopus zu widersprechen.
Nach diesen will es vielmehr scheinen, daß die Sothisperiode in der Tat eine kon-
stante Größe von 1460 ägyptischen Kalenderjahren hatte und daß man das Fest
der <=>A , des »Siriusauf^angs«. ohne Rücksicht auf das wahre astronomische
Datum dieses Ereignisses, das ja in den verschiedenen Teilen Ägyptens zu ver-
schiedener Zeit eintrat, rein konventionell alle vier Jahre einen Kalendertag
später, und zwar im ganzen Lande gleich, ansetzte, wie das von Lepsitjs ver-
schiedentlich, zuletzt noch in der Einleitung seiner Ausgabe des Dekrets von
Kanopus (S. 14), meines Erachtens ganz zutreffend hervorgehoben worden ist.
Nach Oppolzers Berechnungen hatte die erste in Betracht kommende Sothis-
periode (4245 42 bis 2785,82 v. Chr. nach Brandes) tatsächlich genau 1460
ägyptische Kalenderjahre umfaßt. In dieser Form wird sie dem ägyptischen
Kalender, dessen Regelung ja etwa mit ihrem Anfange zusammenfallen wird,
zugrunde gelegt sein. Erst in der zweiten Periode (2785/82 bis 1325/22 v. Chr.)
stellte sich ein Fehler ein, indem sich der wahre Siriusfrühaufgang allmählich
so verschob, daß er schon zwei Jahre vor dem Ablauf der 1460 Jahre, also
nach 1458 Jahren wieder auf denselben Tag des ägyptischen Kalenderjahres
(1. Thoth) angelangt war, auf den er am Anfang der Periode gefallen war. Er
Zeitsclir. f. Ägvpt. Spr., 41. Band. 1904. 6
42 Kurt Sethe: Zur zeitlichen Festlegung der zwölften Dynastie. [41. Band.
ging damals also stets zwei, im Laufe der nächsten dritten Periode (1325/22
v. Chr. bis 136/39 n. Chr.) schließlich gar vier Jahre früher auf den nächsten
Kalendertag über, als die Ägypter selbst annahmen, wenn sie ihn konventionell
gleichmäßig alle vier Jahre einen Tag wandern ließen. Der Fehler, den die
Ägypter im Falle einer solchen konventionellen Ansetzung machten, trat am
Ende der zweiten Sothisperiode (um 1325/22 v. Chr.), also überhaupt nur in
je zwei Jahren jeder Tetraeteris, am Ende der dritten Periode dagegen in allen
vier Jahren jeder Tetraeteris hervor und machte in beiden Fällen nie mehr als
einen Tag aus. Der Fehler ist also so gering, daß ihn die Ägypter möglicher-
weise überhaupt gar nicht bemerkt haben werden, zumal die genaue Beobach-
tung des Frühaufgangs des Sirius bei den Dämmerungsverhältnissen in Ägypten
ohne feinere Instrumente recht schwierig sein soll. Und wenn sie den Fehler
wirklich erkannt haben sollten, so lag für sie gar kein Anlaß vor, ihn zu korri-
gieren; denn feierte man das Fest in Memphis wirklich einen Tag zu früh, so
feierte man es in Herakleopolis gerade recht, in Theben aber drei Tage und
in Syene gar fünf Tage zu spät, in Alexandrien dagegen zwei Tage zu früh.
Voraussetzung ist dabei, daß man es im ganzen Lande am gleichen Tage feierte;
und das ist nach den Worten des Censorinus und Theon sowie des Dekrets von
Kanopus doch wohl anzunehmen. Sie alle reden schlechthin vom Zusammen-
treffen des Siriusfrüh aufgangs mit einem bestimmten Kalendertage, ohne anzu-
geben, daß sich das nur auf einen bestimmten Teil Ägyptens beziehen soll.
Es wäre nun von hohem Interesse, wenn sich die oben erwähnten Mond-
daten der Jahre 30 und 31 Sesostris' III. zuverlässig berechnen ließen, und
wenn sich mit ihrer Hilfe feststellen ließe, ob die vorstehenden Ausführungen
zugunsten einer konventionellen, nicht astronomischen Ansetzung der Sirius-
daten zutrifft oder nicht. Natürlich wird man dabei, was bisher bei den astro-
nomischen Berechnungen unterlassen worden ist, den BitANDEsschen Nachweis
zu berücksichtigen haben, auf den hiermit nochmals hingewiesen werden möge1.
J) Erwähnen möchte ich hier zum Schluß nur noch, daß ich aus dem Deckenbild des
Ramesseums weder herauslesen kann, daß damals die Erneuerung der Sothisperiode eingetreten
sei, noch auch, daß das Regierungsjubiläum Ramses' II., das er in seinem 30. Jahre feierte, ge-
rade in jenem Bilde verewigt werden sollte. Was in den Darstellungen gegen die erstere Auf-
fassung spricht, ist bereits von Brugsch und Mahler selbst ÄZ. 28, 32 — 33 hervorgehoben
worden. Die Sothis erscheint in dem Bilde im Monat Thoth mit demselben Recht wie der »Sothis-
aufgang« im Kalender von Medinet Habu am 1. dieses Monats, d.h. einfach deshalb, weil der
Siriusfrühaufgang ursprünglich auf diesen Tag gefallen war und dadurch ideell mit ihm für alle
Zeiten als »Tag des Neujahrs« verknüpft war. Ebenso enthalten die Worte der Randinschrift,
»du erglänzest wie Isis -Sothis am Himmel am Morgen des Neujahrstages, sie spendet dir Jahre,
Jubiläen und Nile ohne Zahl«, ganz allgemeine mythologische Anspielungen auf die Rolle, die der
Siriusfrühaufgang als Eröffner des natürlichen Jahres und Bringer der Überschwemmung spielte,
aber nicht Andeutungen auf spezielle aktuelle Ereignisse aus der Entstehungszeit des Bildes.
1904.1 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. -±6
Der Name Sesostris.
Von Kurt Sethe.
In meiner Arbeit über »Sesostris«1 habe ich zu zeigen versucht, daß wir keinen
Grund haben, die manethonische Gleichsetzung der Heldengestalt Sesostris (Se-
sonchösis) mit den Königen der 12. Dynastie, die wir unter dem Namen »User-
tesen« kannten, für falsch zu halten. Ich suchte zunächst zu erweisen, daß
dieser ägyptische Name in Wahrheit mit Umstellung seiner Bestandteile Sn-wsrt
zu lesen sei und den griechischen Namensformen Sesostris (Sesoösis, Sesonchösis)
tatsächlich wohl entsprechen könnte.
Hiervon ausgehend besprach ich alsdann die mehr oder weniger sagenhaften
Nachrichten, die uns die griechischen Schriftsteller über den ägyptischen Helden-
könig Sesostris geben, und kam zu dem Schlüsse, daß wir trotz aller sagenhaften
Ausschmückungen darin noch manches finden, was zu Manethos' Identifikation
gut stimmte, während andererseits so gut wie nichts zu finden war, was zu der
von den Ägyptologen bisher angenommenen Identifikation des Sesostris mit
Ramses II. nötigte. Bei der Lückenhaftigkeit unserer Kenntnis der ägyptischen
Geschichte hat ein solches Ergebnis natürlich nur einen recht problematischen
Wert. Was heute nicht auf Ramses II. zu passen scheint, kann in ein paar
Jahren vortrefflich auf ihn passen. Aber auch umgekehrt wird sich im Laufe
der Zeit bei fortschreitender Erkenntnis der ägyptischen Geschichte manches
dermaleinst als geschichtlich erweisen, was heute auf die Könige der 12. Dyna-
stie gar nicht zu passen scheint und bei Annahme der manethonischen Identifi-
kation also der Sage oder Dichtung angehören müßte. Schon in der kurzen
Zeit, die seit dem Erscheinen meiner Arbeit verstrichen ist, hat sich die Sach-
lage so geändert, daß ein wesentlicher Punkt, der früher gegen die mane-
thonische Identifikation des Sesostris zu sprechen schien, der asiatische Feld-
zug des Königs nunmehr als sehr wohl möglich erscheinen muß. Haben wir
doch ganz wider Erwarten durch die von Garstang aufgefundene Inschrift des
Hw-sbk'2 mit einem Male von kriegerischen Unternehmungen des Königs Sn-
wsrt III. gegen das »elende Rtnw« und die -»Mnljw von Asien« Kunde erhalten,
und lassen uns doch auch die Worte, mit denen der Kahunhymnus von dem-
selben König und die Sinuheerzählung von Sn-wsrt I. in Beziehung zum Aus-
lande sprechen, jetzt für diese beiden Könige eine weltgeschichtliche Rolle,
wie sie dem Sesostris zugeschrieben wird, in verkleinertem Maßstab wohl im
Bereich der Möglichkeit erscheinen.
') Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens II, 1 ff. — 2) Garstang, El
Araba pl. 5.
44 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [41. Band.
Müssen wir demnach die genaue Scheidung von Sage und Geschichte1 in
den Sesostrislegenden nun auch der Zukunft überlassen, so dürfen wir die Grund-
frage, aus welcher geschichtlichen Persönlichkeit die Gestalt des Sesostris er-
wachsen ist, doch wohl schon heute in Übereinstimmung mit Manethos dahin
beantworten: es sind die Könige Sn-wsrt L, den Manethos Sesonchosis nennt,
und Sn-wsrt III., den er Sesostris nennt, in denen wir die Urbilder des sagen-
haften Königs Sesostris- Sesonchosis -Sesoosis zu erkennen haben. Diese Frage
hängt im wesentlichen davon ab, ob sich der Name Sesostris und seine Neben-
formen auf den ägyptischen Namen, den ich Sn-wsrt lese und den man bisher
Wsrtsn las, zurückführen läßt. Da dies von verschiedenen Seiten bezweifelt
und zuletzt noch von Maspero in seiner geistvollen, aber, wie mir scheint, von
falschen Voraussetzungen ausgehenden Abhandlung »La geste de Sesostris«2 ganz
entschieden verneint worden ist, so will ich hier in Kürze noch einmal darauf
eingehen.
1. Einwände gegen die Lesung Sn-wsrt.
Gegen die von mir vorgeschlagene Lesung Sn-wsrt des Namens ~j I
ist sowohl von Wiedemann als von Griffith geltend gemacht worden, daß das
Wort I I wsrt, in dem ich den Namen der Göttin Wosret erkennen will,
niemals mit einem Götterdeterminativ versehen werde. Es ist darauf zu er-
widern, daß es im m. R. überhaupt nicht Sitte ist, die in Personennamen vor-
kommenden Götternamen zu determinieren. Man schreibt zwar solche Götter-
namen, die seit alters mit dem Bilde ihres heiligen Tieres oder ihres Fetisches
geschrieben zu werden pflegen, auch in den Personennamen mit diesem Bilde,
also z. B. [\J^M^ Sbk-htp, ~*2$\\a Nt-vjtj, Ql^^ Hnm-htp usw.
Aber daß man Götternamen, für die es solche Schreibungen nicht gibt, in
Eigennamen etwa mit dem allgemeinen Götterdeterminativ jk, 3, |T, ^ ver-
sehen müßte, das fällt niemandem ein. Man schreibt stets (1 l^v^^ Imn-m-hlt,
S^\=^= Mntw-htp, ^^-^ djjt-enkt, D § <>"=* Vj-pth, [^1^1 Sl-hthr- So
mußte man denn auch die Göttin ~|[1 in den Eigennamen ~] I c!j-wsrt,
\v ^bS oder ^^ \\\ Stt-wirt und II Sn-wsrt ohne Determinativ
schreiben.
Stichhaltiger als der hier widerlegte Einwand scheint auf den ersten Blick
ein anderer zu sein, der von derselben Seite gegen meine Lesung Sn-wsrt
vorgebracht worden ist, nämlich die Tatsache, daß das Wort j I niemals
hinter dem erscheint, daß man niemals j|l geschrieben findet, während
AAAAAA /WWW. I ! C^
doch neben "m (^ für SU-wsrt auch die Schreibung *^£ ||l mit richtiger
') Oder von »histoire litteraire« und »histoire veritable«, um mit Maspero zu reden. — 2) Jour-
nal des Savants 1901, 593 ff. 665 ff.
1904.] Kurt Sethe: Der Name Sesostris. 45
Stellung des Namens Wsrt zu belegen war. Als ein ernstliches Bedenken gegen
meine Lesung kann aber wohl auch das nicht angesehen werden. Da der Name
vor der 12. Dynastie selten ist und augenscheinlich erst durch die
bedeutenden Könige dieser Dynastie, die ihn getragen, zu seiner außerordent-
lichen Beliebtheit gelangt ist, so erscheint es wohl begreiflich, daß er auch
stets in derselben offiziellen, für den Königsnamen einmal üblichen Schreibung
geschrieben wird, d. h. mit Voranstellung des Gottesnamens, die ja bekanntlich
gerade bei Königsnamen durchaus die Regel ist.
2. Schreibungen von Sn-wsrt im neuen Reich.
Daß man die im m. R. allgemein übliche Schreibung | I auch im
n. R., wo der Name namentlich in älterer Zeit noch öfters in Gebrauch vor-
kommt, beibehält, ist durchaus natürlich. Die Zufügung des Götterdeterminativs
zu Götternamen, wo sie in Personennamen enthalten sind, kommt in dieser Zeit
namentlich in hieratischen Handschriften schon öfter vor ( (j 3 v\ =^ Imn-
m-htt, 9 Jn (n I Pth-ms); im allgemeinen überwiegen aber die Schreibungen
der alten Art ohne Determinativ ( (1 Imn-htp, 5 j^ m I Dhwtj-ms) auch
in dieser Zeit selbst in hieratischen Handschriften noch weitaus, so daß aus
dem Vorkommen der Schreibung ] I (als Königsname z.B. ÄZ. 12, Taf.l.
Kairo, Sinuheostrakon) in dieser Zeit nichts gegen meine Auffassung des Namens
Sn-wsrt geschlossen werden kann.
Um so bedeutsamer ist für die Lesung und Deutung des Namens die Variante,
die uns in einer hieratischen Handschrift des n.R., im Papyrus SallierII (3, 3), der
bekannten Handschrift der Unterweisung Am enemmes'L an seinen Sohn SesostrisL,
begegnet: (o~]P; g " j1. Sieht man von dem ungehörigen O ab, das hier wie
so oft in hieratischen Handschriften des n. R. mißbräuchlich den Königsnamen
einleitet (s. dazu Abschn. 8), so unterscheidet sich diese Variante von der gewöhn-
lichen Schreibung ] I nur darin , daß sie das Wort icsrt ohne die Fe-
mininalendung und mit dem Determinativ %=£ des Wortstammes wsr »mächtig
sein« schreibt. Es ist daraus einerseits vielleicht zu schließen, daß man da-
mals in dem wsrt des alten Namens II in der Tat nicht den Namen
I I CH /www
der Göttin Wosret, sondern die Form des Adjektivs wsr »mächtig« erkannte,
die jenem Namen ja offenbar zugrunde lag; andererseits geht aus der Schrei-
bung aber deutlich hervor, daß eben dieses Wort wsrt in dem Namen seine
Femininalendung eingebüßt hatte und also nach menschlichem Ermessen am
Ende des Namens gestanden haben wird, gerade wie es die griechische Form
Sesostris (für *Sesosre) erwarten ließ. Wir kennen übrigens ein genaues Gegen-
stück zu der obigen Variante des Namens II . Der Name der Königin
*) Die Stelle, an der der Name vorkommt, ist in allen anderen Handschriften des Buches verloren.
46 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [41. Band.
TS-wsrt aus der 19. Dynastie wird in ihrem Grabe bald korrekt o"v\ | I aJO ,
seiner Bedeutung «die Mächtige« entsprechend, bald aber ^\^||'e jftj) ge-
schrieben1. Er wird etwa T-wösre gelautet und in seinem Endbestandteil wosre
mit dem Namen Sn-wsrt gleichgeklungen haben.
Über eine andere Variante aus dem n. R., der gleichfalls das o fehlt, s.
unten Abschn. 6.
3. Gründe für die Lesung Sn-wsrt.
Daß das Element ] fl des Namens | R in der Tat ein Götter-
O f I O AAAAAA
name sein wird, machten die analog mit dem Elemente ~ ~ sn gebildeten Namen
? <^j aa/wv\ *— '
g — »%s und <=2=^ einerseits und die Namen j I , ~T|l "6^ ,
fr aaaaaa ', \ r\ n I r\ Ttt
AAAAAA II AAAAAA I I (— i 'I I I <— -* — '— '
die ebenfalls den Namen der Göttin Wosret enthalten, andererseits mehr als
wahrscheinlich. Daß dieser mutmaßliche Göttername Wosret, wie so oft, nur der
Ehrfurcht halber in der Schrift vorangestellt und in Wahrheit nach dem Element
sn zu lesen sein müsse, ergab sich dagegen aus dem Umstand, daß sich nur
so dieses Wort sn mit dem weiblichen wsrt grammatisch verbinden ließe, da
es keine Spur einer femininalen Flexionsform (tj des Pseudopartizips , t der nomi-
nalen Formen, s des Suffixes) zeigt. Der einzige Ausweg, der den Anhängern
der früheren Lesung Wsrt-sn blieb, war der, daß das Element sn, obgleich es
stets mit H geschrieben wird, nichtsdestoweniger das Pronomen 3 plur. I aaaw sn
darstelle, und daß der Name Wsrt-sn entweder »ihre (der Eltern) Macht« oder
»die, welche mächtig sein werden« (Adjektiv verb. plur.) bedeuten könne. Gegen
diese letztere Deutung spricht schon, daß sie einen sinnlosen Namen ergäbe,
gegen die erstere, daß das Wort »Macht«, »Reichtum« sonst, soviel bekannt,
stets in der maskulinen Form wir auftritt2. Beiden Deutungen wird nun wohl
durch die oben besprochene Variante Co "] p <2i /W1AAJ vollends der Boden ent-
zogen; denn in beiden Fällen hätte das t doch wohl kaum so früh wegfallen
können, das Suffix sn oder das /, das ihm im Adjektiv verbale folgte, hätten
es gewiß vor der Verschiffung bewahrt.
4. S-n-wsrt »Mann der Wosret«.
Für die Deutung des Elementes J^ sn kam zunächst eine alte Variante
des Namens "ffl ^ in Betracht, nach der der Name »Mann der Wosret«
1 ' C^ AAAAAA
x) Lepsius, Königsb. 485.
2) So z. B. in dem Namen ( ° i(]<=> 1 N-wsr-rc »die Macht gehört dem Ret« (wie N-
' \ AAAAAA I J\
sw-tmn »er gehört dem Amon«), der nach der griechischen Wiedergabe des analogen Namens
I Q 4^ ' | N-mXt-rc »die Wahrheit gehört dem Re<« Aopuem« und angesichts der alten
\^ AAAAAA ^ Ci J\
Variante ( ° Wjjj N-wsj-rc (im Grabe des Ptah-hotep, Dum., Res. I 8) etwa *La-usi-rec zu
vokalisieren sein wird.
1904.] Kurt Sethe: Der Name Sesostris. 47
bedeuten würde. Andererseits ließ sich eine Reihe von weiblichen Eigennamen
belegen, die analog gebildet zu sein schienen und die statt des /w^ sn ein weib-
liches AAAAAA oder sn-t zeigten. Mein Bedenken gegen eine Anwendung
C^l AAAAAA C 3
des Wortes vk s »Mann«, wie sie in II ^ vorläge, hat sich inzwischen
£ü C± /WW\A
als unbegründet herausgestellt. Nicht nur kommt im m. R. öfter eine ganz
analog gebildete Bezeichnung vft -ww«^ »Mann der Wahrheit« vor1, es
ist mir inzwischen auch ein anderer Personenname der gleichen Bildung be-
kannt geworden, in dem das dem Gottesnamen folgende Element sn ebenso
^ wie in der obigen alten Variante des Namens Sn-wsrt geschrieben ist.
AA/WVV
fi ^ S-n-pth »Mann des Ptah« ist der Name eines Mannes auf einem Relief,
das Bokchardt im Winter 1901/02 bei den Grabungen der Deutschen Orient-
Gesellschaft bei Abusir gefunden hat und das seinem Stile nach in die Zeit
zwischen dem a. R. und dem m. R. gehören wird, also etwa in dieselbe Zeit,
aus der die obige Variante des Namens Sn-wsrt belegt war.
Angesichts dieses Namens S-n-pth muß jeder Zweifel an der Lesung und
Deutung des Namens j I verstummen. Er ist wirklich, wie es nach der
alten Variante | I ^ scheinen mußte, S-n-wsrt zu lesen und bedeutete
I I Ol /wvw\
»Mann der Wosret«2. Damit wird dann aber auch Maspero recht haben,
wenn er den Namen Sanwosret anstatt Senwosret vokalisiert; denn C&.R- ist
bekanntlich die Form, unter der sich die Verbindung ^ »Mann von« im
AAAAAA
Koptischen in einer Reihe von Ausdrücken erhalten zu haben scheint3.
5. Sa-n-wosret und Sesostris.
Wie stimmt nun zu dieser mutmaßlichen Vokalisation Sa-n-wosret des
ägyptischen Namens j I die griechische Namensform Sesostris mit ihren
1 1 d /wvw\
verschiedenen Varianten? Bei der von mir angenommenen Vokalisation Sen-
wosret ließen sich die Abweichungen der griechischen Form Sesostris fast alle
aus den lautlichen Verhältnissen befriedigend erklären. Es blieb als Unter-
schied eigentlich nur das Fehlen des n und das unorganische s an seiner Stelle.
Auch für dieses unorganische s zwischen dem e und dem folgenden o-Laut
(o oder w) ließen sich Parallelen anführen, in denen sich ein solches s zwischen
einen Vokal und die griechische Endung ig eingeschoben fand. Zu den in meiner
Arbeit hierfür zitierten Beispielen ist nunmehr noch das griechische Vcurig, Oavig,
») LD., Text IV, 54. Mar., Abyd. II, 24, 4.
2) Dieses Ergebnis wird, wie mir mein Freund Reisner mitteilt, auch dadurch bestätigt,
daß er bei seinen Ausgrabungen bei Naga-ed-der einen genau entsprechenden weiblichen Namen
St-nt-inhrt »Frau des Onuris«, ebenfalls geschrieben mit Voranstellung des Gottesnamens In-hrt,
und auch aus der Zeit zwischen a. R. und m. R. stammend, gefunden hat.
3) Stern, Kopt. Gramm. § 174.
48 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [41. Band.
AvoKTig nachzutragen, das das ägyptische Y » f^o w?h mask.1, kopt. oys%.$€.
»Oase« anStelle eines zu erwartenden * Uais wiedergibt. Etwas anstößig blieb
dagegen der Wegfall des n, auf dem die Einschiebung dieses er beruhen konnte.
Wenn der Wegfall eines ägyptischen n auch keineswegs so unerhört ist, wie
es Maspero2 hinstellt (vgl. Sethe, Verbum I § 223 ff. und den Namen Thut-
mosis' LI. M.i<T(ppYig = Mesphres = Men-cheper-rec), so ist er doch immerhin etwas
Ungewöhnliches, namentlich wenn dem n ein halbvokalischer Laut folgte, wie
das w von wosret, das in den griechischen Formen teils durch o wiedergegeben,
teils mit dem folgenden o-Laut kontrahiert zu sein schien3.
Zu dem Fehlen des n, um dessentwillen allein schon Maspero jeden wirk-
lichen Zusammenhang zwischen Sesostris und Sn-wsrt auf das entschiedenste
leugnet, scheint nunmehr bei der Vokalisation Sa-n-iuosret noch ein anderer
Unterschied zu treten, der Vokal a statt des e, das die griechischen Formen
haben. In Wahrheit haben wir es hier aber wohl nicht mit einem neuen
Unterschiede zu tun, der die Bedenken Masperos verstärken könnte, sondern
mit einer Erscheinung, die mit dem Fehlen des n eng zusammenhängt und die
uns die Erklärung dafür gibt. Denn wenn in Sa-n- wosret das Wort & s mit
dem Vokal a und gefolgt von dem Genitivexponenten n erscheint, in Sesostris
dagegen dieses n fehlt und das vorhergehende Wort statt des Vokals a den
kurzen Vokal e der unbetonten Nebensilben aufweist, so liegt es auf der Hand,
daß sich hier die beiden Arten der ägyptischen Genitivverbindung gegenüber-
stehen werden: der Genitiv mit n, bei dem das Nomen regens in der Regel
unverkürzt erscheint (in unserem Falle sa »Mann«), und der Genitiv ohne Ex-
ponenten, bei dem das Nomen regens im Status construetus stehen muß (in
unserem Falle se-). Ist das richtig, so müßte also Sesostris auf eine Namens-
form *Se-wösre(t) zurückgehen, die sich zu der vollen Form Sa-n-wosre{t) ver-
hielte wie z. B. im Koptischen ^TO^-uje »400« zu qToo*y Soge.
6. Nebenformen von Sa-n-wosret ohne n.
Eine Nebenform des Namens Sa-n-wosret ohne n, wie wir sie hier für
die griechische Form Sesostris verlangten, läßt sich nun in der Tat schon recht
früh nachweisen. In einem hieratischen Papyrus zu Turin, der aus der Zeit der
20. Dynastie etwa stammen wird, findet sich der Name König Sa-n-wosrets L,
kenntlich an dem Namen Hpr-fa-rc, so geschrieben:
4^£ flfo (Leps-' Ausw- 14) oder ßti^fllo
(Pleyte-Rossi, Papyrus de Turin 12)
l) LD. Text IV, 45. — 2) Journal des Savants 1901, 600.
3) Infolge eines seltsamen Mißverständnisses schreibt mir Maspero die unhaltbare Behauptung
zu, das n sei unter dem Einfluß des folgenden w weggefallen, vor dem es sich nicht halten könne.
Etwas Derartiges kann aus meinen Worten (Sesostris, S. 8 Zeile 13) schlechterdings nicht heraus-
gelesen werden, auch wenn daselbst ein Semikolon versetzt ist. Es sind also nicht meine Aus-
führungen, auf die Masperos Wort »Ce n'est lä qu'une assertion gratuite* zutrifft.
1904.] Kürt Seihe: Der Name Sesostris. 4J
das ist offenbar Hp<=>v^ , J , eine Schreibung, die nicht nur wegen des Fehlens
des Genitivexponenten n von Interesse ist, sondern auch als neues Beispiel für
die oben besprochenen Schreibungen von wsr ohne die Femininalendung t (Ab-
schnitt 2) und von s »Mann« mit dem Zeichen n£ (Abschnitt 4) bemerkenswert ist.
Ein bedeutend älteres Beispiel dieser kürzeren Namensform ohne n, das
noch aus der Zeit des Königs Sa-n-wosret I. selbst stammt, begegnet uns in
einer hieratischen Inschrift in den Alabasterbrüchen von Hat-nub, datiert vom
31. Jahre Sa-n-wosrets I.1 In dieser Inschrift beschwört der Erzählende die
Wahrheit seiner Aussagen mit den Worten:
»so wahr mir S-wsr lebt, ich spreche wahr«.
Bei diesem Beispiel ist zunächst bemerkenswert das Fehlen des femininalen
o i, das demnach schon zur Zeit König Sa-n-wosrets I. wenigstens in der
kürzeren Form ohne n nicht mehr gesprochen worden zu sein scheint (s. hier-
zu unten Abschnitt 7). Besondere Beachtung verdient außerdem für uns hier
der Zusammenhang, in dem die Form ohne n S-wsr hier gebraucht erscheint,
im Schwur, ohne jeden Königstitel und ohne die üblichen Ehrenprädikate wie
•¥• ZI o. ä. Das läßt uns die Namensform wohl deutlich als eine inoffizielle,
aber im täglichen Leben gebräuchliche Form des Königsnamens erkennen.
Dieser Schluß wird auf das schönste bestätigt durch einen weiteren Fall,
in dem wir den kürzeren Namen ohne n genau in dem gleichen Zusammen-
hang, aber mit Bezug auf König Sa-n-wosret III. angewendet finden. In der
oben bereits einmal zitierten Inschrift des Hw-sbk, die zum ersten Male von
einem asiatischen Feldzuge dieses Königs berichtet, schließt Hw-sbk die Er-
zählung seiner Kriegstaten mit denselben Worten wie oben:
f
Q |) /W^VVA
»so wahr mir S-wsrt lebt, ich spreche wahr«.
Im Unterschied zu der obigen Stelle ist hier das femininale t des W ortes
Wosret wieder bezeichnet (s. dazu unten Abschnitt 7). Zu den Umständen,
die uns oben den inoffiziellen Charakter der Namensform ohne n zu erkennen
gaben, tritt hier noch ein neues Moment: der Name entbehrt nicht nur gleich-
falls der Königstitel und der königlichen Ehrenprädikate , sondern er ist außer
dem auch ohne den Königsring geschrieben.
7. Ableitung von Xecrwcrpig und Xe<roüo<rig aus den Kurzformen von
Sa-n-wosret.
Wir haben hier in drei Beispielen eine kürzere Nebenform des Namens
Sa-n-wosret kennen gelernt, der der Grenitivexponent n fehlte und die sich in
*) Blackden - Fräser , Hieratic graffiti X. — 2) Garstang, El Araba pl. 5, vorletzte wage-
rechte Zeile. Das sie rührt von Garstang her.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 7
50 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [41. Band.
den beiden letzten Beispielen deutlich durch ihren Gebrauch als eine vulgäre Form
erwies. Derartige vulgäre Kurzformen sind uns ja auch von anderen ägypti-
schen Königen bekannt (mit einer werden wir uns in Abschnitt 8 noch näher
zu beschäftigen haben). Und es ist gewiß kein Zufall, daß gerade sie sich oft
bis in die spätesten Zeiten lebendig erhalten haben, während die vollen Namens-
formen längst vergessen waren. So tritt uns König Pjöpej I.1 in den hieroglyphi-
schen Inschriften der Ptolemäerzeit2, bei Manethos und bei Plinius nicht unter
seinem vollen Namen entgegen, den Manethos für seinen Sohn Pjöpej II. richtig
als i&twd/ gibt, sondern konsequent unter dem Kurznamen (o{j[jjL $icg, Phius3.
So erscheint Thutmosis III. bei Manethos als Mxr<ppv\g, Mtc^ca-T^oLi^axrw, bei
Plinius als Mesphres, d. h. unter einer Kurzform Meschpre^ seines Namens Men-
cheper-rec\ ähnlich wird Psammetich II. mit einer Kurzform ^cc\x\xtg bei Herodot,
Psemet-nepherphreus bei Plinius genannt; endlich ist es wohl der aus den Amarna-
Briefen bekannte Kurzname Amenophis' IV. ]Iuria, unter dem uns der König bei
Manethos als *Qfog begegnet.
So muß man es denn wohl auch als ganz natürlich bezeichnen, wenn die
großen Könige der 12. Dynastie nicht unter ihrem vollen Namen Sa-n-wosret im
Munde der Nachwelt fortlebten, sondern unter einem Kurznamen wie Se-wosre.
Der Name 'Xecröocrrpig , den Herodot dem ägyptischen Heldenkönig gibt und den
auch Manethos, so ablehnend er sich sonst gegen herodoteische Namensformen
verhielt, für Sa-n-wosret II. und III. annahm, darf nun in der Tat wohl als
eine gute griechische Wiedergabe eines ägyptischen Se-wosre gelten, nachdem
sich das eingeschobene er durch das neue Beispiel Oacig als griechische Eigen-
tümlichkeit bei der Wiedergabe des Hiatus in ägyptischen Wörtern bestätigt hat.
Schwieriger liegt die Sache bei der Namensform ohne r 'Xzvouxng, die wir
namentlich bei Diodor finden, und der offenbar daraus unter Verwechslung mit
1,e<juoyyjg (Zecroy/jOürng) entstandenen Form XsG-oyy^uxng , die wir bei Dikaiarch und
Pseudo-Kallisthenes finden und die Manethos für Sa-n-wosret I. angenommen
hat. Das Fehlen des r in diesen Namensformen wollte ich aus dem gewöhn-
lichen Übergang des ägyptischen <=> r in (1 j, den wir bei dem Wortstamme
wsr schon sehr früh beobachten können, erklären. Ich nahm an, daß es neben
der Form mit *wosret vielleicht eine Nebenform mit *wosjet gegeben habe, die
dann nach dem Wegfall der Femininalendung und dem (in der Nebensilbe not-
wendigen) Wegfall des j *wöse gelautet haben müßte. Maspero wendet dagegen
ein, in einer Form von der Bildung wie wosret könne das r niemals in j übergehen
und verschwinden; wie es zwar tio^qe, aber noqpe heiße, so könne es wohl ein
Maskulinum wöse geben, nicht aber ein Femininum wösje, dieses müsse vielmehr
1) So ist, wie Steindorff gewiß richtig vermutet, der Name (r-iDD J zu lesen.
2) So stets im Tempel von Dendera und auf der späten Statue des Gottes Amon , ÄZ. 23
(1885), 78. — 3) Siehe Sethe, Unters. III 6.
1904.] Krirr Seihe: Der Name Sesostris. 51
notwendig wösre lauten1. Dieser Schluß ist nicht zwingend; wir können den
Übergang eines r in j in einem ganz analogen Falle gut belegen. Zu \\ "%=*>
srj «klein«, kopt. ujipe. und »Sohn«, kopt. ujHpe, die beide für *Mrer und * serer
vom Stamme II gem. irr stehen, heißen die Femininalformen [1 ^^ irj-t
»klein«, kopt. uj^ipe (aus *särjet entstanden durch Metathesis) und »Tochter«,
kopt. ujeepe (aus *serjet entstanden wie ceene aus *sepjet); es ist hier also das
zweite r der alten Formen *särret und *serret, die den Formen *wösret und noqpe
entsprechen, ebenso in (1 j übergegangen wie bei *sirer und * serer, die der Form
no'yqe entsprechen. Auch &fme:&em »Dattelpalme«, das aus *benret, *benjet
entstanden ist, hat den Übergang des r in / unter denselben Umständen er-
litten, wie es eine Form *wösret, *wösjet haben würde. Ist demnach die Ent-
stehung einer Form *wösjet aus *wösret an sich sehr wohl möglich, so hat Maspeeo,
wenn er sich gegen die Annahme einer solchen Form ausspricht, doch vielleicht
insofern Recht, als die Koexistenz einer Form *wösjet neben der guten Form
*wösret, die zu Secwt/ms stimmt, recht wenig wahrscheinlich ist. Zudem reicht
die Annahme einer Form *wösjet wohl auch nicht zur Erklärung der griechischen
Formen aus. Denn ein *wösjet müßte nach den Lautgesetzen *wöse mit kurzem
ö ergeben; und ob ein solches, in offener Silbe stehendes ö von den Griechen
ebenso, wie das in geschlossener Silbe stehende, durch w wiedergegeben worden
wäre, ist auch mir einigermaßen zweifelhaft. Ich glaube, es läßt sich aber für
die r-losen Formen 2e<ro'w<ns und Xe<roy%wcrig auch ohne die Annahme einer
Nebenform *wösjet für *wösret eine Erklärung vorstellen, die vielleicht einigen
Anspruch auf Glaubwürdigkeit erheben darf. Wenn Manethos die Form Xe-
(TiJüG-Tpig nur für Sa-n-wosret II. und III. anwendet, für Sa-n-wosret I. dagegen
die abweichende Form %ecroy%<jü<rig , so tut er das, wie in verschiedenen anderen
Fällen, offenbar absichtlich, um die gleichnamigen Könige zu unterscheiden.
Selbstverständlich wird Manethos sich diese unterscheidenden Namen aber nicht
ad hoc ausgedacht haben, sondern er wird dabei Namensformen benutzt haben,
die tatsächlich speziell zur Bezeichnung des betreffenden Königs üblich waren.
So hatte er ja, wie wir oben sahen, die beiden Könige der 6. Dynastie namens
CnTO s0 unterscnie^en , daß er den bekannteren Pjöpej I. mit einem Kurznamen
anführte, unter dem er uns auch in den hieroglyphischen Inschriften der
griechisch-römischen Zeit begegnet, Pf = $>iog, während er den unbekannteren
Pjöpej IL (Nefer-ke-ref) mit seinem offiziellen unverkürzten Namen $iw\!/ nannte.
So kommt man denn notwendig auch zu dem Schluß, daß wenn Xeo-warpig auf
einen Kurznamen *Se-wosre zurückging, der Name 2ecro7%wcrt? oder seine kor-
rektere Form Xe<Tou)(7ig wahrscheinlich auf eine andere Kurzform oder Vulgärform
zurückgehen wird, die speziell für Sa-n-wosret I. in Gebrauch war. Daß die
Griechen, für die es nur einen König Sesostris gab, die beiden Namensformen
x) Journ. des Savants 1901, 674.
7*
52 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [4L Band.
im allgemeinen promiscue füreinander brauchen, spricht nicht dagegen. Es
verdient vielmehr hervorgehoben zu werden, daß wir trotzdem der Form Xe-
<7oy%u)<7ig, XecouHTis , Sesosis verschiedentlich gerade da statt der gebräuchlicheren
Form XecoüG-rpig begegnen, wo in der Tat Sa-n-wosret I. gemeint sein dürfte.
Wie könnte nun diese mutmaßliche besondere Vulgärnamensform für Sa-
n-wosret I. gelautet haben? Gehen wir dabei von den griechischen Formen
aus, so wird man zunächst aus dem Anfange Xec- wie bei der mutmaßlichen
Grundform zu XecuJCTpig schließen müssen, daß die zu suchende Namensform den
Genitivexponenten nicht enthielt und das Wort s »Mann« daher im Stat. constr.
zeigte. Aus dem übrigbleibenden Bestandteil -ouxrig (-oy%uxrig) wird man da-
gegen, wenn man mit Maspero die Annahme einer Nebenform *wösjet nicht zu-
geben will, nur schließen können, daß dieses ow<rig nicht auf die weibliche Form
*wosret zurückgehen kann. Eine Form des Stammes wsr, auf die es zurück-
geführt werden könnte, wäre dagegen die zu *wosret gehörige maskuline Ad-
jektivform *wöser, die nach den Lautgesetzen *iuösej, *wöse ergeben mußte1. Man
würde als Grundform zu Xetrowcrtg und seiner Entstellung Xeaoyy^uig also eine
Namensform *Se-wöser erwarten können. Ein solcher Name würde »mächtiger
Mann« bedeuten, und ich könnte mir wohl denken, daß das ägyptische Volk
bei seiner bekannten Neigung, Namen etymologisch aus Ereignissen oder Aus-
sprüchen zu erklären, den Namen seines großen, vielleicht größten Königs
Sa-n-wosret oder Se-wosret »Mann der Mächtigen« in Se-wöser »mächtiger Mann«
verwandelt haben könnte.
Sollte sich diese Erklärung des Namens XecouxTig , — die, wie ich aus-
drücklich hervorheben möchte, aber nur als eine eventuell in Betracht zu ziehende
Vermutung hingestellt werden soll — etwa bestätigen, so könnte man die
anzunehmende Kurzform * Se-wöser auch schon in den oben besprochenen bei-
den Namensvarianten Mp^f^J und H[]<=>^ ,j erkennen, die nicht nur ohne
das genitivische n, sondern auch ohne Femininalendung geschrieben waren und
sich beide auf Sa-n-wosret L, den Xe<roy%u)(rig des Manethos, bezogen. In der
Tat ist das Fehlen der Femininalendung in dem ersten Beispiel, das noch aus
der Zeit des Königs Sa-n-wosret I. selbst stammte, immerhin auffällig; denn
in dieser Zeit pflegte die Femininalendung auch da, wo sie vermutlich in Wahr-
heit bereits weggefallen war, noch bezeichnet zu werden. So erschien sie denn ja
auch in dem dritten Beispiel, wo sich die Kurzform auf Sa-n-wosret III. bezog,
regelrecht wieder ausgeschrieben : | (1 o . Da Manethos gerade diesem König
im Unterschied zu Sa-n-wosret I. den Namen XevooG-Tpig gibt, der auf eine Kurz-
form Se-wosret zurückzuführen ist, so wird die Verführung noch größer, in dem
entsprechenden Mp^"fj für den König, den Manethos Xe<roy%u)<Tig (d.i. ver-
x) An den Infinitiv ist wohl nicht zu denken, da dieser die Vokalisation der intransitiven
Eigenschaftsverben haben und also nach dem Muster von gno für *'ehkör, Tgo für *'edhör, *uso
für *'ewsor lauten maßte.
bung "jp
des IR'
1904.] Kurt Sethe: Der Name Sesostris. 53
derbtes Xsvouxyig) nennt, eben das eventuell dafür zu vermutende Se-wöser zu
erkennen. Das Wort j '<=> wir »mächtig« (*wöser) würde dann freilich in beiden
Beispielen zu Unrecht dem Worte „ oder vÄ ( s »Mann« (*se-)'in der Schrift
vorangestellt sein; und dies müßte schon unter dem Einfluß der offiziellen Schrei-
Sn-wsrt (Sa-n-wosret) geschehen sein, bei der die Voranstellung
Wsrt (*Wosret) als Gottesnamen gerechtfertigt war.
Mag man nun aber über diesen Vorschlag zur Erklärung der Nebenform
des Namens Sesostris ohne r denken wie man will, so wird man doch ohne
weiteres zugeben müssen, daß diese Namensform demselben ägyptischen Königs-
namen entsprechen muß wie die gewöhnlichere Form Sesostris, für die wir sie
eintreten sehen und neben der sie ja auch bei Manethos als Äquivalent für das
ägyptische Sa-n-wosret erscheint. Daß diese ihre Bruderform Sesostris aber sehr
gut aus dem ägyptischen Sa-n-wosret hergeleitet werden kann und daß wir daher
keinen Grund haben, an Manethos' Identifikation der beiden Namen zu deuteln,
dürften die vorstehenden Ausführungen hinreichend dargetan haben.
8. Der Kurzname Ramses' IL
Nachdem hiermit der positive Teil meiner Aufgabe erledigt ist, bleibt mir
nunmehr noch der negative, zu zeigen, daß die Herleitung des Namens Sesostris
und seiner Nebenformen aus dem Kurznamen Ramses' IL (PP^l^jL an der Mas-
pero festhält, ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Wenn Maspero meint, in diesem Kurznamen habe man denjenigen Königs-
namen zu suchen, den Herodots Gewährsmann auf den Kolossalstatuen des
Sesostris im Ptahtempel von Memphis las und der ihn zu seinen Mitteilungen
über den Heldenkönig veranlaßte1, so übersieht er dabei ganz, daß ein derartiger
Kurzname eines Königs auf einem offiziellen Denkmal desselben überhaupt nie-
mals erscheinen könnte. Wir kennen den obigen Namen Ramses' IL denn auch
nur aus zwei literarischen Papyrus (Anastasi I. II), wo er verschiedentlich in
Orts- und Gebäudebezeichnungen, die nach dem Könige benannt waren, vor-
kommt und dabei offenbar einen der offiziellen Namen des Königs vertritt. Daß
aber der König selbst sich auf seinem Statuenkoloß mit diesem volkstümlichen
Namen genannt haben sollte, vermag ich mir ebensowenig vorzustellen, wie
etwa, daß Friedrich der Große sich auf einem offiziellen Denkmal als der »alte
Fritz« bezeichnet haben sollte. Man könnte also nur annehmen, daß Herodots
schriftkundiger Führer auf dem Denkmal den offiziellen Namen Ramses' IL las
und durch den volkstümlichen Namen, der mit 8s anfing, ersetzte. Das setzte
aber voraus, daß dieser Name zu Herodots Zeit nicht nur noch in Gebrauch,
sondern auch gebräuchlicher war als der Name Ramses. Dafür spricht aber
nicht das geringste. Ramses, Rampsinitos, Osymandyas sind Namen, die bei
l) Journal des Savants 1901, 600. 601.
54 Kurt Seihe: Der Name Sesostris. [41. Band.
den griechischen Schriftstellern oft genug vorkommen; und wenn Sesostris wirk-
lich einen Namen Ramses' IL wiedergäbe, der in späterer Zeit gebräuchlicher
als diese Namensformen gewesen wäre, warum hat Manethos davon nichts ge-
wußt, warum hat er den Namen Sesostris einem anderen König zugeschrieben?
Viel einfacher scheint es mir, wenn Herodots Führer auf den Statuen den Namen
M] J las, den er Se-wosre aussprach, was Herodot dann, so gut er es
verstanden und behalten hatte, und so gut er es griechisch wiedergeben konnte,
mit Sesostris wiedergab.
Und nun zu der Form jenes Kurznamens Ramses' II. Stimmt sie wirklich,
wie uns Maspero glauben machen will, so gut mit der griechischen Namensform
Sesostris und ihren Nebenformen überein? Der Name (\\\\ legi kommt dreimal
im Papyrus Anastasi I (18, 8. 27, 3. 5) selbständig vor, einmal ebendaselbst (12, 3)
mit dem Beinamen Mi-amun verbunden in der Schreibung (q\\\\ 1 <2 \ \\ i~~~1 S\ ]
mit vorgesetztem O. Maspero erkennt in dieser letzteren, vereinzelt dastehen-
den Schreibung die korrekte Form des Namens, den er Sstsw-rc liest und mit
XsvüöGTpig identifiziert. In der dreimal so häufig belegten Form II 1@, die
ihm dementsprechend das Vorbild zu der Form Xe(Tooo<ng abgibt, sieht er da-
gegen eine Variante jenes Namens Sstsw-rt mit Wegfall des endenden O, wie das
bei Königsnamen öfter vorkomme. Als Beispiele für einen solchen angeblichen
Wegfall des O führt Maspero in seinen Etud. de mythol. et d'archeol. III, 410,
auf die er verweist, Wsr-m^t für Wsr-mm-rc bei Ramses II. und Dsr-k! statt
Dsr-ltf-rc bei Amenophis I. an. Es ist zu bedauern, daß Maspero nicht mit-
geteilt hat, wo er diese Zeugen gefunden haben will. Lepsius hat in seinem
Königsbuch weder den einen noch den anderen Namen ohne O belegt. Ver-
mutlich schwebte Maspero etwas anderes vor, das aber gerade das Gegenteil
von dem zeigt, was er behaupten will. Es ist nämlich eine in hieratischen
Handschriften oft zu beobachtende Unsitte der Schreiber des n. R., Königs-
namen mit O anfangen zu lassen, auch wenn sie tatsächlich nicht auf K aus-
gingen. So findet man (q^® \] im Pap. Westcar für f©^*^^1^] Hwfw (X£o\|/,
^ovept,), QMiQ im Pap- Sallier l für QMS] tppj ca™>4 HpSjüI
(s. ob. Abschn. 2) für ( "Ip*^"^ _H_ 1 Sa-n-wosret usw. Zu diesen Beispielen mit Zu-
fügung eines ungehörigen O würde sich nun auch das vereinzelte ( o ] ]ol<5M ^^S\ 1
gesellen , wenn dort nicht das O von dem Schreiber der Handschrift selbst wieder
weggewischt worden wäre. Das ist nämlich, wie ich bei einer Kollation des Pa-
pyrus in London festgestellt habe, tatsächlich geschehen, und der Name Sstsw-rc,
Masperos Vorbild des Namens Sesostris, besteht also nicht einmal als irrige Schrei-
bung mit bedeutungslosem O mehr zu Recht.
Aber nicht nur das charakteristische r der Namensform Xscruxrrpig fehlt so-
mit dem Kurznamen Ramses' IL; auch das dritte s, das diese Form (Xecoücrrpig)
1904.] Kurt Seihe: Der Name Sesostris. 55
mit ihren r- losen Nebenformen Zecrotacrig, XearcyXiu<[p gemein hat. fehlt ihm.
Die oben erörterte Schreibung II I (5 ist uns, wie gesagt, nur aus einer einzigen
hieratischen Handschrift bekannt. Die entsprechende hieroglyphische Schreibung
lautet einfach ( l I ^-- J und zeigt nichts weiter als die beiden Konsonanten Ss.
Ich hatte in meiner Arbeit für diese Schreibung nur ein Beispiel beigebracht,
das man früher irrig auch auf Ramses II. bezogen hatte, das sich in Wahrheit
aber auf Ramses III. bezieht1. Da Ramses III. aber bekanntlich dieselben offi-
ziellen Namen wie sein Ahn Ramses II. führte, nur in anderer Anordnung,
so war es wahrscheinlich . daß auch die mit denselben Lauten beginnenden in-
offiziellen Kurznamenformen beider Könige identisch waren. Das bestätigt sich
nun in der Tat. Eine hieroglyphische Variante zu dem oben besprochenen Namen
Ramses* II. |i jl 1@M Jj findet sich auf einem Stück der Sammlung Weede-
manx. von dem Wiedemakn, was ich übersehen hatte, schon in seiner Geschichte
Mitteilung gemacht hat2. Der Name erscheint hier nach Wiedemanns Umschrei-
bung als Amen-meri-Ses, er zeigt also die Vorausstellung des Beinamens Miamun,
wie sie sich auch bei den hieroglyphischen Schreibungen des offiziellen Namens
Ramses Miamun stets findet, der dagegen im Hieratischen in seiner richtigen
Folge zu erscheinen pflegt.
Wie läßt sich nun diese hieroglyphische Schreibung 11^ mit der oben
erörterten hieratischen Schreibung II 1(5 vereinigen? Ich wollte das 1(5 als
bedeutungslosen Zusatz, wie wir ihn in hieratischen Handschriften des n. R.
öfters nach einem s am Ende der Worte finden ( (5 rrj ^\ I -^^ I (5 für ichs.
A^ 1(5 für hms), erklären und in dem I . das ihm vorangeht, eine Bezeichnung
für s sehen, wie wir sie ebenfalls in neuägyptischer Orthographie nicht selten
belegen können. Maspero wendet dagegen ein. daß zwar H + l^ und M 4- q
Bezeichnungen für einfaches s seien, nicht aber 1 + ^+1(5. Er schließt aus
dem cy, das das I vom 1(5 trennt, daß zwei s bezeichnet werden sollen. Wenn
prinzipiell auch gegen die Bezeichnung eines einfach gesprochenen s durch
1(5 wohl nicht mehr einzuwenden wäre, als gegen eine Schreibung wie
^ 1@Ü (Abbott 4. 12. 7. 2. 3) für ^ fl N-s-imn (ib. 5, 13). alt
— m — 1 W i T I /WVNAA — N U I AAA/VAA
N-sw-imn, so mag Maspero im vorliegenden Falle doch möglicherweise recht
haben. Wir kennen nämlich außer der oben besprochenen Schreibung II 1(5
des Pap. Anast. I noch eine andere hieratische Variante aus einem Papyrus der
Zeit des Menephthah: ((^^1 (Anast. II. 5. 5). In dieser Schreibung entspricht
offenbar das 1(5 allein dem zweiten I der hieroglyphischen Schreibung
x) LD. 111. 208 e. — 2) Ägypt. Gesch. 408.
56 Kurt Sethe: Der Name Sesostris. [41. Band.
während das erste I dieser Schreibung durch 1 bezeichnet erscheint, genau
wie in den neuägyptischen hieratischen Handschriften das hieroglyphische [1 s
als Suffix 3 fem. sing, wiedergegeben zu werden pflegt. Wenn wir in der an-
deren Variante I I I @ statt dieses hieratischen I für hieroglyphisches I die
Gruppe II zu haben scheinen, so ist damit die in neuägyptischen Hand-
schriften so häufige Schreibung — h— I für das eben genannte Suffix s (hie-
rogl. I, hierat. I ) und für den Radikal s des Stammes psj »kochen« I
I (Jl I zu vergleichen.
Was sich aus der Vergleichung der Varianten des Kurznamens Ramses' II.
für einen vorurteilslosen Beobachter meines Erachtens jedenfalls ergeben muß,
daß dieser Name SS gelautet hat, nicht Sstsw oder Stsw, das stimmt nun auch
zu der einfachen Erwägung, daß der Name doch vermutlich eine Abkürzung
des Familiennamens Rc-ms-s darstellen wird, der aus Rc-ms-sw »Rec ist es,
der ihn erzeugt hat« entstanden, unverkürzt etwa *RaC-mes-se (Ycl\jlz<t<ty\<;, 'Fa-
IxevcrYi) gelautet haben wird. In der Tat entsprechen die hieroglyphischen und
hieratischen Schreibungen des Kurznamens den gewöhnlichen hieroglyphischen und
hieratischen Schreibungen des vollen Königsnamens in sehr auffallender Weise :
hierogl. m|14J| und hierogl. ©
» »Amen-meri-Ses« » » (1a/ww,o|T|
hierat. H ]<a. RH 1@ und hierat. O(f|01@
• PLHCJ ■ ■ °iHQ
Die Übereinstimmung wird noch auffälliger, wenn man dieser Gegenüber-
stellung noch zwei seltenere hieratische Varianten © ffi I 1 @ r U ^\ und
sie
Offlrri^ zufügt, von denen die eine zwischen dem |l und l@ dasselbe be-
deutungslose a zeigt, das die hieratischen Varianten des Namens Ss charak-
terisiert, die andere vor dem historischen 1<2 statt des einfachen I ein doppeltes
[in zeigt, das dem II fl der Form [1 I 1@ entspricht.
Angesichts der auffälligen Übereinstimmung, die sich zwischen beiden
Namen zeigt, in der Bezeichnung des zweiten s durch I im Hieroglyphischen,
durch 1(3 im Hieratischen, sowie in der Verbindung der beiden Namen mit dem
Beinamen Miamun, kann es wohl schlechterdings nicht mehr zweifelhaft sein,
*) Leps., Königsbuch Nr. 420 s'". — 2) Pleyte-Rossi, Papyrus de Turin 22, 5.
1904.] Kurt Sethe: Der Name Sesostris. 5<
daß der Name Ss in der Tat als eine Abkürzung des Namens Rc-ms-s, historisch
geschrieben Rc-ms-sw, empfunden wurde. Und zwar sah man in dem abge-
kürzten Namen Ss, so scheint es, wohl einfach das Ende des vollen Namens.
Da dieser nach den griechischen Wiedergaben etwa Ra^-mes-se gelautet haben
dürfte, so wird man sich den abgekürzten Namen demnach vielleicht etwa Esse
gesprochen vorzustellen haben. Bei einer solchen Vokalisation würde sich denn
wohl auch das immerhin seltsame II oder I am Anfange des Namens eher
verstehen lassen (als Bezeichnung für es mit auslautendem s), als wenn man sich
den Namen Söse o. ä. vokalisiert denkt, wie ich es in meiner Arbeit vorge-
schlagen hatte.
Daß der Kurzname Ramses' IL, mit dem wir uns hier beschäftigt haben,
mit dem Namen Sesostris und seinen Nebenformen nichts zu tun haben kann,
liegt wohl auf der Hand. So bleibt denn der Name Sa-n-wosret mit seiner
Nebenform Se-wosret o. ä. der einzige Bewerber um die Gleichsetzung mit Se-
sostris, die wir nicht nur bei Manethos direkt bezeugt finden, auf die auch
manche Spuren in den Nachrichten über den Heldenkönig Sesostris noch deut-
lich hinzuweisen schienen und die endlich lautlich, wie oben auseinandergesetzt
wurde, wohl durchaus einwandfrei genannt werden darf.
Nachschrift.
Der oben S. 49 und S. 52 besprochene Kurzname S-wsrt scheint sich auch
in der Inschrift LD. II, 137 f. aus dem 41. Jahre Amenemmes' III. zu finden,
wo ein Mann namens r-a-, Mn<~> j Htp-Swsrt »zufrieden ist Se-wosret« ge-
so
nannt ist. Auch in diesem Falle bezieht sich die Kurznamenform mit dem
weiblichen wsrt, der die griechische Form Xe<roo(Trpig entspricht, augenscheinlich
wieder auf Sa-n-wosret III., dem Manethos gerade im Unterschied zu Sa-n-
wosret I. (XeToyxüotTig) diesen Namen {Xsuooo-rptg) gibt. Wir hätten also die fol-
genden Kurznamenformen:
H[l^rl und Mp<r=>^ | S-wsr für Sa-n-wosret I. — Xz<jo<yyjjo<Tig (ZecroctHng),
] 1 ^ und Mp<=z=> J S-wsrt für Sa-n-wosret III. — XzvuxjTpig.
Nov. 1903.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
58 Kurt Sethe: Schoinos und Dodekaschoinos. [41. Band.
Schoinos und Dodekaschoinos.
Von Kurt Sethe.
Im 7. Bande der »Sphinx«1 hat Loret, an meine Arbeit über die Dodekaschoinos
anknüpfend, zu erweisen gesucht,
1. daß im Gegensatz zu meinem Ergebnisse die Dodekaschoinos nach wie
vor in der Strecke von Hierasykaminos bis Syene, nicht in dem kurzen Kata-
raktengebiet zwischen Assuan und Philä, wiederzuerkennen sei;
2. daß das ägyptische Wegemaß des itr = <7%6ivog eine Grundlänge von
10000 ägyptischen Ellen gehabt habe und daß demgemäß die ca. 125 km
lange Dodekaschoinos nach einem Doppel-<7r von 20000 ägyptischen Ellen be-
nannt worden sei, der dem von Herodot angenommenen Schoinos von 60 Stadien
entspräche.
Was Loret im ersten Teile seiner Arbeit als Gründe gegen meine Identifi-
kation der Dodekaschoinos geltend macht, enthält im wesentlichen nur die Ein-
wände, die ich bereits voraussehen konnte und daher in meiner Arbeit selbst
schon zu entkräften versucht habe. Die Unfruchtbarkeit des Kataraktengebietes,
die Erwähnung der Dodekaschoinosschenkung in Dakke und Maharaka, die In-
schrift von Kalabsche, die die Vertreibung der Schweine aus Talmis anordnet,
der überlieferte verderbte Wortlaut des Ptolemäus usw. Auf diese Einwände
hier nochmals einzugehen, wäre schon an und für sich zwecklos und erübrigt
sich durch das weiter unten mitzuteilende neue Material, das wenigstens gegen
einen Teil meiner Ergebnisse entscheidet und der ganzen Frage eine neue Wen-
dung gibt.
Bringen Lorets Ausführungen in diesem Teile seiner Arbeit nichts tat-
sächlich Neues zur Sache, so enthält der zweite Teil, der die Ermittelung eines
Grundwertes des Wegemaßes itr bezweckt, eine Reihe von neuen Gesichtspunkten,
die ein Eingehen erfordern.
1.
Außer den auch von mir besprochenen Angaben der Grenzstelen von El
Amarna und jener leider noch immer nicht ganz klaren Inschrift von Edfu,
die die Dimensionen Ägyptens auf 106 und 14 itr anzugeben scheint, zieht
Loret noch sechs andere Stellen heran, die für die Größe des itr von Bedeu-
l) Da mir diese Zeitschrift nur selten zu Gesicht kommt, bin ich Hrn. Prof. Loret doppelt
zu Dank verpflichtet, daß er mir in liebenswürdigster Weise von seiner Arbeit noch während des
Druckes Kenntnis gab und daß er dann in eine briefliche Diskussion der dabei angeregten Fragen
eintrat, die wesentlich zur Klärung unserer Standpunkte beigetragen hat.
1904.] Klrt Sethe: Schoinos und Dodekaschoinos. o9
tung sein könnten. Drei davon erweisen sich leider als unergiebig, da wir die
Endpunkte der in itr angegebenen Distanzen nicht kennen. Es sind die An-
gabe von 8 itr in den Kanalinschriften des Darius von Teil el Maschuta und
Schaluf, von 8 Ur in dem Siegesbericht Ramses' III. in Medinet Habu und von
52 itr Fahrt zwischen zwei nubischen Orten auf der Londoner Semne- Stele
AmenopmV III.
Die drei anderen Stellen, aus denen Loret einen Anhalt zur Bestimmung
des itr zu finden meint, sind diese:
1. Im Papyrus Anastasi I, 27, 7.8 soll nach Loret die Entfernung von
Raphia bis Gaza, die nach ihm etwa 37 km betragen soll, auf 7 itr angegeben
sein, woraus sich für den itr eine Länge von 5285 m ergäbe, d. i. fast genau
10000 Ellen (5250 m). So schön diese Rechnung aber auch zu stimmen scheint,
sie ist doch falsch. Das Zeichen »&$L > das Loret für die Zahl 7 erklären
will und das einem von ihm ganz unerklärt gelassenen ^^ folgt, ist nie
und nimmer diese Zahl, die in unserem Papyrus vielmehr ganz ordnungs-
mäßig ^^^t gemacht ist (Axast. I, 6, 4)\ Es ist vielmehr trotz Lorets
Gegenargumentation ganz deutlich das Zeichen der Buchrolle ■-w-., das diese hiera-
tische Form ^*} , wie Loret treffend ausführt, nur da erhält, wo es über
einem anderen Zeichen steht. Im vorliegenden Falle steht es in der Tat über
dem genitivischen /www . Wenn Loret gegen diese Deutung des Zeichens ein-
wendet, daß das Adjektiv vor »groß« überall ohne Determinativ geschrieben
werde, so hat das, selbst wenn es sich als so allgemein gültig für das Hiera-
tische erweisen sollte (hieroglyphisch kommt ^^ ; »groß« ja oft genug vor),
im vorliegenden Falle doch nichts zu besagen. Denn hier handelt es sich gar
nicht um das Adjektiv »groß«, sondern, wie schon Maspero richtig gesehen
hat, um das Fragewort o^Hp »wieviel«, das, wie die Zahlworte, mit dem Genitiv
verbunden wird. Es steht also nicht, wie Loret lesen will, da: »Raphia, wie
ist seine Befestigung, es macht wr 7 itr im Gehen bis Gaza?«, sondern »Ra-
phia, wie ist seine Befestigung?, wieviel itr sind es (von dort) zu gehen bis
Gaza?«.
2. Einen Beweis für eine gewisse Mindestlänge des itr erkennt Loret in
der Tatsache, daß ein Text von Koni el ahmar die Länge eines Weges auf
21 sennoh angibt, ohne das är-Maß anzuwenden, das, so schließt Loret, demnach
größer als 21 sennoh gewesen sein müsse. Dies dürfte jedoch ein Trugschluß
-o ^y rf] /www I |
l) In dem Ausdruck a^\ \s\ ... pl nti 7 »der siebente«, dem ebenda in Zeile 3 ein
si AA/WW I I I
\s\ V? nti 6 »der sechste« vorangeht. Es liegen hierin zwei neue Belege für die
Ä-pWllM J ° ° °
von mir (AZ. 38, 144) besprochene neuägyptische Bildung der Ordinalzahhvorte vor.
60 Kurt Sethe: Schoinos und Dodekaschoinos. [41. Band.
sein. Denn gerade wie wir lieber »21 Millimeter« sagen als »2 Zentimeter und
1 Millimeter« oder »150 Pfund« statt »1 Zentner und 50 Pfund«, gerade so
gut würde gewiß auch der Ägypter 21 sennoh haben sagen können, auch wenn
beispielsweise schon 20 sennoh oder gar 10 sennoh 1 itr gemacht hätten.
3. Ähnlich steht es auch mit dem dritten Punkt, dem Loret ganz be-
sonders große Beweiskraft beimißt. Auf einem Ostrakon des Turiner Museums
hat sich ein Beamter notiert, daß 3 Seiler 480 Ellen, 40 Seiler 3200 Ellen
Tau (man beachte die Angabe in Ellen, nicht in sennohl) angefertigt hätten,
»zusammen 3680 Ellen, macht 36x/2 sennoh und 30 Ellen«. Wie im vorigen
Falle schließt auch hier Loret daraus, daß der itr hier nicht angewendet sei,
er müsse mehr als 3680 Ellen betragen haben. Dabei hat er aber ganz über-
sehen, daß es sich bei dem itr, wie sein Name {itr-w »Fluß«), seine Schrei-
bung (mit m«m oder J\) und seine Anwendung (nur in Entfernungsangaben zu
belegen) lehren, um ein Wegemaß handelt. Ebensowenig wie wir ein Ge-
spinst nach Kilometern oder Meilen oder wie ein Grieche es nach Stadien, ein
Perser nach Parasangen gemessen haben wird, wird auch ein Ägypter Taue
nach itr gemessen haben.
Ist somit auch aus diesen drei von Loret neu angezogenen Stellen wohl
nichts für die Länge des itr zu entnehmen, so steht Lorets Annahme, daß der itr
von Haus aus 10000 ägyptischen Ellen entsprochen habe und das nächst höhere
Vielfache zu dem sennoh = 100 Ellen gewesen sei, aber auch im Widerspruch
mit der Angabe Artemidors, daß man in Ägypten <t%oivoi von 30, 40, 60 und
120 Stadien gehabt habe. Dieses Zeugnis allein scheint klar und deutlich zu
zeigen, daß der (T%)o7vog eben kein bestimmtes Vielfaches der Elle war. Das
wird denn ja auch durch die Angabe der Grenzstelen von El Amarna bestätigt.
Denn selbst wenn man die dort angegebene Entfernung von »6 itr und 179 Ellen«,
wie Loret gewiß mit Recht betont, nicht auf die Ausdehnung der Stadt Amen-
ophis' IV., sondern des ganzen Stadtgebietes zu beziehen hat, so beträgt die
Entfernung der nördlichsten bekannten Grenzstele dieses Gebietes auf dem West-
ufer (bei Gebel Tuna) von dem anzunehmenden Visavis der südlichsten be-
kannten Grenzstele auf dem Ostufer (südlich von Hauata) doch nur etwa 23y2 km,
so daß auf jeden der 6 itr noch nicht 4 km kommen würden. Der itr würde
hier also jedenfalls hinter dem von Loret postulierten Maß von 10000 Ellen =
5250 m recht wesentlich zurückbleiben.
2.
Kann ich somit in Lorets Ausführungen nichts erkennen, das die Frage
nach dem Werte des Schoinos und damit auch die Frage nach der Ausdehnung
der Dodekaschoinos auf neuen Boden stellte, so bin ich selbst in der Lage, ein
bisher unbekanntes Beweisstück zur Dodekaschoinosfrage mitzuteilen. In den
Aufzeichnungen der preußischen Expedition finden sich von der Hand des Zeich-
1904.] Kort Sethe: Schoinos und Dodekaschoinos. 61
ners Max Weidenbach auf Anordnung von Lepsius abgeschrieben einige kurze
Inschriften aus einem Tempel der griechisch-römischen Zeit zwischen Uffedina
und Maharaka in Nubien, also von der Stätte des alten Hierasykaminos. In
diesen Inschriften, die man im 5. Textbande zu Lepsius' Denkmälern finden wird,
werden »Osiris, der Herr von Abaton«, und »Isis, die Herrin von Philä« wieder-
holentlich als XslFsQ^i oder T^= ^ »wohnend inTakompso« bezeichnet.
Vs« Üo ©(££<£© r
Es scheint daraus hervorzugehen, daß Takompso der Name des Ortes war,
zu dem der betreffende Tempel gehörte. Denn, wie allbekannt, pflegen die
Götter ¥ von einem Orte in der Regel ebenda genannt zu werden, wo sie als
Gäste verehrt werden. Im vorliegenden Falle sind es die Götter von Philä,
die in Takompso als Gäste, d.i. als T von Takompso , verehrt wurden1.
Wird durch dieses erste ägyptische Zeugnis, das wir über die Lage von
Takompso erhalten, einwandfrei erwiesen, daß dieser Ort zur Zeit der Er-
bauung des Tempels von Uffedina wenigstens in der Nähe desselben lag, so
wird damit zugleich auch die Frage nach der Ausdehnung der Dodekaschoinos
für dieselbe Zeit im Sinne der früheren Auffassung entschieden. Es kann da-
nach wohl kein Zweifel sein, daß sich die Dodekaschoinos in römischer Zeit
(aus dieser soll nach Baedeker der Tempel stammen) in der Tat, wie es noch
kürzlich Wilcken auf Grund der Inschrift von Kalabsche forderte, bis Hiera-
sykaminos erstreckte uud somit den Teil von Nubien, den man in römischer
Zeit zu Ägypten rechnete, umfaßte.
Ist somit die Dodekaschoinosfrage für die römische Zeit entschieden, so
fragt es sich nur noch, ob diese Entscheidung auch für die früheren Zeiten
Geltung hat oder ob die Dodekaschoinos etwa ursprünglich doch nur das Kata-
raktenland umfaßt haben und erst später bis nach Hierasykaminos ausgedehnt
worden sein könnte. Dieser Ausweg, den u. a. Wilcken vorgeschlagen hat,
würde aber nur möglich sein, wenn man annähme, daß mit der Ausdehnung
des Zwölfmeilenlandes auch der Name Takompso. von einem Ort in der Nähe
von Philä, der die Grenze der alten Dodekaschoinos bezeichnete, auf den Ort,
bei dem die neue größere Dodekaschoinos endete, übertragen worden sei. Wir
Avürden damit zu einem Ergebnis ähnlich dem von Isidore Lew gelangen. Ich
muß gestehen, daß mir dieser Ausweg nach wie vor recht wenig wahrscheinlich
ist. Die Erwähnung der Dodekaschoinosschenkung in Dakke und 3Taharaka zur
Ptolemäerzeit scheint mir im Lichte des neuen Zeugnisses, das wir für die Lage
von Takompso bekommen haben, doch dafür zu sprechen, daß wenigstens bereits
l) "Wenn, wie mir Hr. Junker mitteilt, in Dendera auch Götter, welche 1F „ heißen
und also nach Edfu gehörten, verehrt werden, so hängt das augenscheinlich mit den eigentümlichen
Beziehungen zwischen Dendera und Edfu zusammen, die sich in den gegenseitigen Besuchen der
Hathor von Dendera und des Horus von Edfu äußern. Die in Edfu als Gäste verehrten Götter
werden als solche mit dem Horus von Edfu, ihrem Wirt, weiter als Gäste auch in Dendera auf-
genommen.
62 Kurt Sethe: Schoinos und Dodekaschoinos. [41. Band.
damals die Dodekaschoinos sich bis nach Maharaka erstreckte1. Schließlich
sind auch die älteren griechischen Nachrichten über die Lage von Takompso,
die auf die Identifikation der Dodekaschoinos mit dem Kataraktenlande von Ele-
phantine zu führen schienen, nicht derart, daß sich ihre Widersprüche gegen
das obige Ergebnis nicht durch leichte Mißverständnisse und kleine Ungenauig-
keiten des Ausdrucks erklären ließen. Schwerer würde es dagegen wohl halten,
die Angaben der »Inschrift von den sieben Jahren der Hungersnot« damit in
Einklang zu bringen; sie scheinen nach wie vor deutlich auf das Katarakten-
gebiet von Assuan zu weisen.
So wird denn die Frage nach der Ausdehnung der Dodekaschoinos für die
griechisch-römische Zeit wohl definitiv im Sinne der alten Auffassung entschieden
sein, für die älteren Zeiten aber bis auf weiteres noch offen bleiben müssen.
Zur Geschichte des Uräus am Kopfschmucke des Königs.
Von Heinrich Schäfer.
Mit 2 Abbildungen.
a) Zum Vorkommen des Uräus.
Wir haben uns gewöhnt, die Uräusschlange als einen untrennbaren Bestand-
teil all der zahlreichen Kopfschmücke anzusehen, die die ägyptischen Könige zu
tragen pflegen, also als »das eigentliche Symbol des Königtums«. Doch ist diese
Anschauung, so allgemein und unbedingt ausgesprochen, gewiß nicht richtig.
Soviel ich weiß, ist es bisher niemand aufgefallen, daß gerade die beiden
wichtigsten Kronen des »Herrn der beiden Länder«, die rote unterägyptische
und die weiße oberägyptische Krone, in älterer Zeit niemals die Uräusschlange
aufweisen2. In der ganzen Zeit des alten Reichs finden wir den Uräus nur an
dem Stirnreif, den der König auf seiner reichgekräuselten Frisur trägt, sowie
an dem bekannten Königskopftuch in seinen verschiedenen Formen. Erst im
mittleren Reiche bringt man die Schlange auch manchmal an der Stirnfläche
1) Wie ich in meiner Arbeit gezeigt habe, ward die Dodekaschoinos damals nicht zum »Bogen-
lande« (Nubien) gerechnet, sondern als Grenzbezirk gegen Nubien bezeichnet. Mit dem »Bogen-
land«, das nach einer von mir besprochenen Stelle dem Könige Ptolemäus Philadelphus ebenso
gehören sollte »bis zum Lande Kns«- wie im Norden das Meer »bis zum Himmel«, müßte also das
oberhalb von Hierasykaminos gelegene Obernubien gemeint sein. Dazu stimmte denn auch gut
die ebenda von mir erwähnte Darstellung, in der unter demselben Könige die Gaue dieses Landes,
einschließlich des ph-Kns »Endes von Kns«- im Süden, ihre Abgaben nach Philä bringen.
2) Wenn Erman in seinem Ägypten S. 94 von dem Kopftuch sagt: »Nie fehlt an diesem
Kopftuch das Symbol der Königswürde, die heilige Uräusschlange,« so folgt aus diesen Worten,
daß ihm das häufige Fehlen der Schlange an den beiden Kronen aufgefallen sein muß.
1904.] H. Schafer: Zur Geschichte des Uräus am Kopfschmucke des Königs. 63
der roten und der weißen Krone an. Erst von da an besteht die Bezeichnung
des Uräus als das Abzeichen des Königs zu Recht.
Bis vor kurzem wäre es, bei der Dürftigkeit des damals vorhandenen Ma-
terials aus dem alten Reiche, gewagt gewesen, diese Behauptung aufzustellen.
Inzwischen aber haben uns die Grabungen in Hierakonpolis , Abydos und Abusir
mit einer Menge von Königsdarstellungen überrascht, die sämtlich die Beob-
achtung bestätigen.
Die Masse des Beweismaterials ist jetzt so groß, daß dagegen zwei Zeich-
nungen in einer älteren Publikation kaum aufkommen können. LD. II, 152a
trägt König Ne-user-rec den Uräus an der weißen Krone und LD. II, 1166
König Mer-en-rec ihn an der roten. Aber jeder dieser beiden Ausnahmen
stehen viele Darstellungen aus derselben Zeit gegenüber, die die Regel bestätigen,
und vor allem handelt es sich beide Male um schlecht erhaltene oder flüchtig
gearbeitete Darstellungen auf hartem, natürlichem Fels, bei denen es sehr nahe
liegt, daß der moderne Zeichner in zufällige Unebenheiten mehr hineingelegt
hat, als er gedurft hätte. Wir können also wohl diese beiden Zeichnungen als
verdächtig aus dem Spiel lassen.
Es ist überraschend, zu sehen, daß der König gerade da, wo er am deut-
lichsten als der König der beiden früher selbständigen, dann vereinigten Reiche
auftritt, die Uräusschlange nicht anlegt, und man möchte nun wohl wissen,
in welcher seiner verschiedenen Eigenschaften ihm ursprünglich der Schlangen-
schmuck zukommt. Aber das entzieht sich noch, wie so vieles in dieser Symbolik,
unserer Kenntnis.
b) Zur Form des Uräus.
Der Königskopf, den die beigefügten Abbildungen wiedergeben, befindet
sich seit dem Jahre 1899 in den Kgl. Museen zu Berlin unter der Nr. 14396.
Er ist bei einem Händler im Dorfe Gise gekauft, ist etwa 13 cm hoch und aus
einem kalksteinartigen, aber harten Material gearbeitet. Trotzdem er jetzt arg
bestoßen ist, zeigt er doch noch die Spuren sorgfältiger und auch künstlerisch
tüchtiger Arbeit, die offenbar der Zeit des alten Reichs angehört. Dieser erste
Eindruck hält auch bei näherer Betrachtung stand.
Das bartlose und rundliche, aber doch gut durchgearbeitete Gesicht kenn-
zeichnet sich so deutlich als ein Porträt aus der Zeit des alten Reichs, daß
wohl ein jeder, auch wenn nichts weiter als das eigentliche Gesicht erhalten
wäre, die Arbeit der Zeit der 4. oder 5. Dynastie, doch eher der ersteren, zu-
schreiben würde.
Die Augen haben keine Schminkstreifen, d. h. die eigentümliche Verlänge-
rung des äußeren Augenwinkels durch einen schmalen Reliefstreifen. Das ent-
spricht dem Befunde an der Mehrzahl der Statuen des alten Reichs1, wenn
l) Borchardt, Über das Alter des Sphinx bei Giseh. Sitzungsber. der Kgl. Preuß. Akad.
d. Wiss. 1897 S. 754.
64
H. Schäfer: Zur Geschichte des Uräus am Kopfschmucke des Königs. [41. Band.
auch die neusten Funde gezeigt haben, daß das Vorhandensein oder Fehlen dieser
Schminkstreifen nicht als Kriterium zur Datierung benutzt werden darf. Unserem
Kopfe eigentümlich ist die Ausziehung der inneren Augenwinkel durch einen
scharf geritzten Strich.
Der König trägt eine Art der halblangen, die Ohren bedeckenden Frisur,
die sich auch an Privatstatuen , und zwar gerade solchen des alten Reichs, oft
findet. Charakteristisch ist bei ihr in der Profilansicht die ziemlich steil fallende,
der Schädelform nach unten nicht folgende Linie der Hinterseite sowie der untere
Schnitt. Dieser geht von dem runden Gesichtsausschnitt etwa in der Höhe der
Backzähne aus und läuft schräg abwärts zum Nacken in die Gegend des ersten
Brustwirbels. Die ganze Frisur besteht aus unzähligen, sorgfältig ausgeführten
Königskopf aus dem alten Reiche. Berlin 14396.
Löckchen. Sie bilden an der Stelle des natürlichen Haarwirbels eine zierliche
Rosette, deren Radius etwa drei sonstigen Löckchenlängen entspricht, und um
diese Rosette herum konzentrische Ringe, die dem schrägen unteren Haarschnitt
parallel liegen.
Die Masse der Haare ist durch ein schmales glattes Diadem zusammen-
gehalten, das, den Ringen der Haarlöckchen folgend, hinten tiefer herunter-
gedrückt ist als vorn. Ein Verschluß am Hinterkopf oder herabhängende
Enden des Bandes sind nicht vorhanden. An der Stirnseite ist ein Uräus be-
festigt, oder eigentlich nur der vordere Teil, Brust und Kopf, eines solchen; denn
von seinem übrigen Körper, der sich sonst oft um das Diadem zu winden oder
vom Scheitel herabzuringeln pflegt, ist nichts zu sehen.
Der Uräus unseres Königskopfes ist nun nicht, wie wir es von späteren
Königsporträten her kennen, in starkem Relief stolz senkrecht aufgerichtet, son-
1904.]
H. Schäfkr: Zur Geschichte des Uräus am Kopfschmucke des Königs.
65
dem er liegt in merkwürdiger Weise zurückgelehnt ganz flach auf den Haaren
der Perücke auf. Diese auffallende Eigentümlichkeit ist sehr beachtenswert. Denn
wir finden ganz dieselbe Erscheinung auch an den berühmten Statuen der Chefren
und am großen Sphinx von Gise1. Bei diesen hat man die flache Form des
Uräus benutzt, um ihr Alter anzuzweifeln2. Da unser Kopf sicher dem alten
Reich angehört, fällt also wieder einer der Gründe, auf die man diese Zweifel
gestützt hat. Es sieht vielmehr nun gerade so aus, als ob diese flache zurück-
liegende Form des Uräus an Statuen dem alten Reich eigentümlich sei.
Darstellung einer Beisetzung im alten Reich.
Von Heinrich Schäfer.
Hierzu 4 Abbildungen.
In vielen Gräbern des neuen Reichs und auf Totenpapyrus findet sich eine Dar-
stellung, deren Inhalt die folgende Beschreibung nach dem Bilde im Grabe des
Roi mit Ergänzung der nicht dargestellten Vorgänge wiedergeben mag (s. u. a.
Erman, Aeg. II Taf. nach S.432).
Wir sehen, wie der Sarg mit der Mumie auf einem Ochsenschlitten vom
Flußufer hinauf zur Totenstadt gezogen wird, begleitet von den Angehörigen
Abb. l.
Abb. 2.
des Toten und einigen Totenpriestern. Dahinter folgt der lange Zug der Diener,
die die Grabausrüstung tragen und die Statuen zum Grabe ziehen. An der Grab-
pyramide, die dicht am felsigen Abhang des westlichen Gebirgsrandes liegt, an-
gekommen, wird die Mumie aus dem Sarge herausgenommen und aufrecht vor
den Grabstein gestellt. Die Verwandten nehmen den letzten Abschied von der
Leiche, die die Priester zu ihrer langen Reise vorbereiten, und dann haben wir
uns zu denken, daß der Sarg die paar Schritte zur Mündung des Grabschachtes,
*) Nur daß diese das Kopftuch tragen. — 2) Borchardt, ÄZ. 1898 S. 4.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
66
Heinrich Schäfer: Darstellung einer Beisetzung im alten Reich.
[41. Band.
die (wie vielleicht auch schon der Grabstein?) in der Opferkammer liegt, getragen
und an langen Stricken in die Tiefe hinabgelassen wird (Abb. 1). Drunten nehmen
ihn die Totengräber in Empfang, rücken ihn zurecht, legen alle die Speisen und
Geräte an ihre richtige Stelle, steigen wieder hinauf, und dann werden, gewiß
noch im Beisein der Angehörigen , die Deckplatten auf die Mündung des Schachtes
gelegt. Darauf kehrt der Trauerzug nach der Stadt zurück und überläßt den
Totengräbern das Grab zur Ausführung der letzten Arbeiten.
Bei einem Grabe des neuen Reichs, bei dem die Mündung des Schachtes
zu ebener Erde liegt, ist es offenbar, daß sich der ganze Vorgang ohne besondere
Schwierigkeiten, nicht sehr viel anders als heute in Ägypten, abgespielt hat.
Auch bei der Klasse von Gräbern des alten Reichs, bei der die Mündung des
Grabschachtes in einer zugänglichen Kammer liegt, ist dasselbe der Fall (Abb. 2).
Ganz anders liegt die Sache bei den Mastabas, deren Grabschacht vom Dach
aus, ohne Vermittelung eines zugänglichen Zimmers zur Sargkammer unten im
Felsen führt. Ich habe oft versucht, mir eine
einigermaßen würdige Form für eine Beisetzung
in einem Grabe dieser Art vorzustellen, bin aber
immer an dem unwürdigen Bilde gescheitert, wie
der Sarg und die Geräte in Gegenwart der An-
gehörigen mit Stricken an der Wand auf das Dach
gezogen werden (Abb. 8). Bei dem einfachen
Hinablassen des Sarges in einen Schacht ist ja
das Bild bei weitem würdiger. Daß die Leidtragenden so lange am Grabe
weilen, bis sie ihren Verwandten in seiner ewigen Wohnung geborgen wissen,
ist eine, wie mir scheint, selbstverständliche Voraussetzung.
Eine Darstellung im Grabe des Debehni zu Giseh (Leps., Grab 90; LD.II, 35)
erspart es uns vielleicht, die Beisetzungen uns in dieser wenig schönen Form
vorstellen zu müssen.
Wir haben im Bilde (Abb. 4) wohl eine Mastaba von jenem alten Typus vor
uns, der noch keine Kultkammer enthält1. Außen an der einen Wand, der Ostwand,
ist die übliche Nische in Form einer Scheintür angebracht. Neben ihr sind lange
Reihen von Speisen aufgebaut, und vor ihr steht ein hölzerner mit Speisen be-
deckter Tisch. Die Frauen des Toten führen vor dem Grabe einen jener Tänze
auf2, die immer einen wesentlichen Teil der Trauerfeier gebildet zu haben
scheinen. Hier stehen vier Tänzerinnen nebeneinander3 und ihnen gegenüber
die drei Sängerinnen, hinter diesen männliche Anverwandte des Verstorbenen.
Abb. 3.
x) Das Grab des Debehni (ein Felsengrab) gehört dem ersten unserer beiden Typen (Abb. 2)
an, nicht dein, den das Bild im Grabe voraussetzt. Der Maler scheint also eine ältere Komposition
zu wiederholen. — 2) Der Tisch und die Tanzszene ist in unserer Abbildung, um Raum zu sparen,
weggelassen. — 3) Gewiß nicht, wie man gewöhnlich annimmt, hintereinander. Ich erinnere mich
auch heutzutage, bei einer Trauerfeier in Elinas, einen eigentümlichen Tanz der weiblichen Ver-
wandten des Toten gesehen zu haben.
1904.]
Heinrich Schäfer: Darstellung einer Beisetzung im alten Reich.
67
Auf unserem Bilde ist die eigentliche Beisetzung schon geschehen1, der Sarg
mit der3Iumie ruht schon tief unten in der Erde. Eben hat man auf einem Schlitten
eine Statue zum Grabe gebracht, und die Totenpriester und die Angehörigen des
Verstorbenen sind eben damit beschäftigt, vor ihr die nötigen Zeremonien zu ver-
richten und ihr Speisen darzubringen. Wo steht nun diese Statue? Oben auf dem
Dache der Mastaba, offenbar also dicht neben der Mündung des Schachtes, in
den sie bald versenkt werden soll. Und wie ist sie dort oben hingekommen?
Nun, gewiß auf demselben Wege, den wir die Diener mit den Speisen gehen
sehen. Diese steigen eine, ohne Zweifel aus Ziegeln gebaute Rampe empor, die
Abb. 4.
Nach Leps.. Denkm. II 35.
bis zur Kante des Daches führt und nicht nur dem Schlitten mit der Statuen-
kapelle, sondern auch vorher dem Schlitten mit dem Sarge eine bequeme Bahn
gewährt hat.
Auch die Statue wird hinabgesenkt werden, die Mündung des Schachtes
wird durch Steinplatten verschlossen werden, und dann verläßt der Trauerzug
die Stätte. Eifrigst werden sich nun die Maurer an die Arbeit machen, um die
Ziegelrampe, die übrigens gewiß dieselbe ist, die bei der Erbauung des Grab-
gebäudes als Gerüst gedient hat, abzutragen und die letzte Hand an die Voll-
endung des Grabes zu legen.
*) Diese ist, soviel ich weiß, im a. R. nie dargestellt, immer erst der Moment, in dem die
Statuen zum Grabe gezogen und die Speisen gebracht werden.
68
Heinrich Schäfer: Der Speer des Horus.
[41. Band.
Der Speer des Horus
als Rückenbrett von Mumien und als Amulett.
Von Heinrich Schäfer.
Hierzu 8 Abbildungen.
Im späteren ägyptischen Bestattungswesen kommt die Sitte auf, den Mumien
dadurch mehr Halt zu geben, daß man sie mit dem Rücken auf ein Brett schnürt.
Solche Bretter finden sich wohl in allen Sammlungen. Sie sind ge-
wöhnlich dem Umriß der Mumie entsprechend zugeschnitten und oft
mit Totentexten beschrieben.
Aber auch das hier veröffentlichte merkwürdige Brett (Abb. 1)
soll nach der Angabe von L. Boechakdt, der es in Theben 1897 für
das Berliner Museum erworben hat, zu dem gleichen Zwecke ge-
dient haben. Das Brett trägt die Nummer 13889 und ist jetzt, wo
es am unteren Ende beschädigt ist, 93 cm lang. Die Formen der
roh ausgesägten Verzierungen zeigen, daß es der römischen Zeit
angehört.
Das Ganze bildet offenbar einen Speer mit drei Spitzen, von
denen die große mittlere mit ihren Flügeln die beiden äußeren voll-
ständig deckt (vgl. die schematische Skizze in Abb. 2). Der Schaft
z=5=*
Abb. 2.
Abb. 3.
des mittleren Eisens zeigt einen Auswuchs, der gewiß dem ähnlichen
Auswuchs an den Harpunenspitzen (Abb. 3) entsprechen soll, aber an
der falschen Stelle sitzt, viel zu nah der Spitze.
Man darf natürlich von dieser Schnitzerei keine Aufschlüsse über
den Bau ägyptischer Speere erwarten. Jedenfalls aber hat, wie der
besprochene merkwürdige, der Harpune eigentümliche Ansatz zeigt,
dem Verfertiger diese Waffe der Nilpferd- und Krokodiljäger1 vor-
geschwebt. Nun zeigen schon die beiden Uräen, die rechts und
links neben den beiden seitlichen Spitzen angebracht sind, daß wir
es nicht einfach mit der Nachbildung eines menschlichen Gerätes
zu tun haben. Das Brett soll vielmehr eine Götterwaffe darstellen,
Abb.l.
*) Sehr gute und lehrreiche Beschreibungen des Harpunierens von Nilpferden
und Krokodilen in Nubien finden sich bei Rüppell, Reisen in Nubien usw. S. 94 ff.
1904.1
Heinrich Schäfer: Der Speer des Horus.
69
Abb. 4.
also gewiß die mächtige Waffe, mit der der Gott Horus seinen in Krokodil-
oder Nilpferdgestalt erscheinenden Gegner bezwungen hat. Daß wir mit dieser
Vermutung recht haben, zeigt ein Blick auf die Verzierungen des Schaftes, die
ja den siegreichen Kampf des Horus vorführen: wir sehen Falken, die die Doppel-
krone tragen und in deren Fängen sich Krokodile winden. Wir werden nicht fehl-
gehen, wenn wir annehmen, daß unser Brett aus der Nekropole von Edfu stammt.
Wir dürfen uns nicht darüber wundern, daß der Tischler oder Sargfabrikant,
der wohl nie eine Harpune in der Hand gehabt hat, der Götterwaffe eine recht
phantastische aber ganz unbrauchbare Konstruktion gegeben
hat. Die beiden seitlichen Spitzen sind durch ihre Anordnung
jeder Wirkung beraubt, ob man sich ihre Flächen parallel oder
senkrecht zu denen der großen Spitze denken will. Im gün-
stigsten Falle könnten sie dasselbe wirken wie einfache Wider-
haken. Ganz und gar widersinnig sind sie vor allem bei einer
Harpune, die ja, wie wir gesehen haben, dieses Brett vorstellen
soll. So kann also keine brauchbare Waffe ausgesehen haben.
Eher verständlich als die Anordnung der drei Spitzen Nach Berlin
15125.
wird uns, warum der Speer eben gerade drei Spitzen be-
kommen hat. Denn wenn wir uns in der Literatur über die
Kämpfe des Horus umsehen, so finden wir als Waffe des
Gottes oft einen Speer namens <=$ — \ genannt. Brugsch1
übersetzt das Wort wirklich mit »Dreizack«. Ich halte das,
aus Gründen, die aus dem Zweck der Waffe folgen, mit
Goodwin2 nicht für richtig, kann aber auch nur wieder-
holen, was dieser sagt: »What the real connexion between
these objects and the groups used to express their names,
if indeed it was anything niore than an accidental similarity
of sound, it is not easy to say. « Speere mit mehreren Spitzen
nebeneinander sind Fischerwerkzeuge und als solche haben
sie auch die Ägypter gebraucht. Dagegen zur Jagd auf Nil-
pferde und Krokodile sind sie durchaus ungeeignet. Jedenfalls
aber sehen wir aus unserem Speerbild, daß schon die späteren Ägypter, gewiß mit
Unrecht, geglaubt haben, der Speer (<=$— \ habe seinen Namen von drei Spitzen.
Daß man die starke Waffe des siegreichen Rächers des Osiris dem zum
Osiris gewordenen Toten als Schutz mitgibt, ist recht begreiflich. Der Speer
des Horus findet sich ja auch öfter als kleines Amulett, wo er dann meist etwa
nebenstehende Form (Abb. 4) hat. Die eigentümliche Abrundung der Spitze unse-
res Brettes findet ihr Gegenstück in den erhaltenen Harpunenspitzen (Abb. 3) so-
wie den sonstigen Nachbildungen des Horusspeeres (Abb. 6). Man gestaltet solche
runde Schneiden gern zum Kopf, die Widerhaken zu den Flügeln des Götter-
Abb. 6.
Nach Petrif,
Koptos 21. 5.
(O)
Abi). 7.
Relief in
Dendera.
') AZ. 1868 S. 17.
2) ÄZ. 1868 S.107.
tO Heinrich Schäfer: Der Speer des Horus. [41. Band.
vogels (Abb. 4 und 5). Ich will jedoch nicht sämtliche erhaltene Darstellungen des
Horusspeeres hier anführen, die übrigens niemals drei Spitzen aufweisen, sondern
nur noch eine abbilden (Abb. 7), die sich in Dendera findet und jüngst von Spiegel-
berg im Rec. de trav. 25 S. 186 besprochen ist. Sie zeigt, ebenso wie das in
Abb. 4 wiedergegebene Amulett, am unteren Ende die bekannte eigentümliche Ga-
bel. Daß diese nicht eine bloße Verzierung ist, sondern zuweilen auch ihren prak-
tischen Zweck hat, zeigen Bilder wie Wilkinson 1878, LI S. 128/129, nach denen
das Seil, an dem das Harpuneneisen befestigt ist, über die Gabel läuft (Abb. 8).
2=
Abb. 8.
Nilpferdharpune nach Wilkinson.
Ein Skarabäus mit dem Namen (on1
Von Fr. W. v. Bissing.
Mit 4 Abbildungen.
Im vergangenen Winter erwarb ich im Kunsthandel einen Skarabäus, hoch 0,019,
breit 0,013, aus Steatit mit feiner, dunkelgrüner Glasur.
A. Rücken des Käfers wie beistehend. An den frei gearbeiteten
Beinen sind die schwarzen Fransen angegeben, der Kopf hat sechs-
zähnigen Vorderrand; die beiden Augen sind angedeutet, zwei kleine
Striche gehen von der Stirn aus, an den Flügeldecken bemerkt man
oben in den Ecken zwei kleine Dreiecke; die Teilungslinie der Flügel
ist einfach, die äußere Umrißlinie endet frei, der Abschluß gegen den Steiß
besteht aus zwei kleinen Halbbogen.
R. Ein Stier, dessen Leib durch zwei senkrechte Bänder geteilt wird,
während ein ebensolches Band den Kopfansatz bezeichnet, steht nach
rechts über einem liegenden Mann. Das eine Vorderbein des Stiers
trampelt auf dem Kopf. Über dem Stier steht O d±^±±i w in dem
liegenden Königsring, dessen oberer Rand durch die Einfassung des
Bildes gegeben wird. Vor dem Stier steht v\^ , zwischen dem Kopf
des Stiers und des Gefangenen '^x..
Dem Stück verleiht der Umstand ein besonderes Interesse, daß
ein Skarabäus mit genau dem gleichen Bilde (ganz unwesentliche Abweichungen be-
stehen freilich) in der Sammlung Fräser Nr. 252 den Namen Amenophis III. trägt1.
1) Ein dem meinigen sehr ähnliches, aber weniger feines Stück, das auch seine Glasur ver-
loren hat, im British Museum Nr. 4000 = Petrie, hist. scarabs XVIII 993.
1904. J Fr. W. v. Bissing: Ein Skarabäus mit dein Namen f O üILLÜJj j£]
71
Verschiedene Erklärungen sind möglich. Das Naheliegendste ist natürlich,
daß Amenophis III. einen Skarabäus Tuthmoses' III. kopiert habe, oder wenig-
stens das beiden Skarabäen gemeinsame Vorbild — denn viele der Darstellungen
auf den Skarabäen sind gewiß nicht für diese erfunden.
Man könnte auch den Skarabäus in die Zahl der in später Zeit wieder auf
Tuthmoses' III. Namen ausgebrachten verweisen. Aber dagegen spricht die vortreff-
liche Technik, deren Glasur mit den dunklen Tönen in den vertieften Stellen,
dem zarten, gleichmäßigen Farbton, wo sie, wie auf dem Rücken, dünn aufge-
tragen ist, in der Fräsers chen Sammlung am nächsten dem wundervollen Siegel-
stein der Gemahlin Tuthmoses' IV. Nr. 246 steht. Unter den übrigen Skara-
bäen und Siegelsteinen meiner Sammlung lassen sich am besten vergleichen:
n ea
ein Igel mit dem Namen TAi — nach den Schriftformen und der flachen Form
^ anm
wohl sicher Amenophis I. (vgl. Petrie, Historical scarabs XVIII 832 — 833), ein
Skarabäus mit Tuthmoses IV. in der Barke sitzend, hoch 0,018, breit 0,012.
endlich eine »Kauriperle« mit dem Namen ä^h, also wohl gleichfalls aus Tuth-
moses' III. Zeit. 1$
Da nun die Ausbringung von Skarabäen mit Tuthmoses' III. Namen nach
seinem Tode, aber doch noch in der 18. Dynastie, durch nichts erwiesen
wird, vielmehr alle solche »Nachprägungen« der Spätzeit anzugehören scheinen
und einen rohen oder mindestens derben Stil aufweisen, so müssen wir unser
Stück (und das gleichartige im Britischen Museum) der Regierungszeit Tuth-
moses' III. zuweisen; von ihm ist dann, direkt oder indirekt, der Skarabäus
Amenophis' III. abhängig.
Dieses Resultat ist wertvoller, als es auf den ersten Blick scheint.
Nicht zu allen Zeiten hat man den Inschriften der Skarabäen auch Dar-
stellungen beigegeben: in der Spätzeit, nach der 22. Dynastie, finden sie sich
selten, und dann sind es symbolische Figuren, Götter, heilige Tiere. Ebenso
steht es im mittleren Reich bis in die 13. Dynastie. Die Bedeutung der mensch-
lichen^) Figuren auf dem Skarabäus Fräser 73, dessen Lesung, d.h. die Deutung
der Zeichen, nicht einmal ganz feststeht, der Sitzenden und Stehenden auf den
Zylindern Fräser 152 — 153 ist nicht gesichert, aber der Zylinder Petrie, Histo-
rical scarabs XIII — XVI 577 läßt keinen Zweifel darüber zu, daß hier ein histo-
rischer Vorgang dargestellt ist. Gleich zu Anfang der 18. Dynastie werden nun
solche historisch -symbolische Bilder häufig (Petrie, Historical scarabs, Taf. 27
bis 28; Fräser, Nr. 190, 193), seit der Tuthmosidenzeit bis ins Ende des neuen
Reichs etwas ganz Gewöhnliches. Auch hier wieder liegen die Quellen der Kunst
der 18. Dynastie in der zweiten Hälfte des mittleren Reichs, auch hier wieder,
wie im Begräbniswesen, in der Architektur, in den Formeln der Usebtius, in
Schrift und Sprache, ist der Bruch mit der Vergangenheit in der langen Zeit
des mittleren Reichs nach der 12. Dynastie erfolgt, der vielleicht schöpferischsten
Zeit Ägyptens.
72 Fr. W. v. Bissing : Ein Skarabäus mit dem Namen fOCÜSHJj. [41. Band.
Auch die Vorderseite des Skarabäus hat in diesem Zusammenhang ihre
Wichtigkeit. Die Zeichnung des Rückens stellt gegenüber der schematischen
älteren Art eine völlig naturalistische Wiedergabe des Käfers dar — auch die
Haare an den Beinen fehlen ja nicht1. Die ersten Ansätze mag man bei Skara-
bäen des späteren mittleren Reichs (wie Ward Collection 238, 227, 10)2 finden,
auch die feinen Stücke von Daschur3 gehen über das Gewöhnliche hinaus. Die
Vollendung in dieser Richtung bezeichnet wohl der bei der Königin Aahhotep
gefundene große Skarabäus4 mit völlig frei gearbeiteten Beinen, der nicht als
Petschaft diente. Ihnen allen fehlen aber noch jene Dreiecke an den Flügelecken
und der eigentümlich geschwungene Umriß der Flügel. Ihm begegnen wir an-
scheinend nicht vor der Tuthmosidenzeit: Ward 217 (Kamarec) 395, 427 (Tuth-
moses III.). Da aber zeigen ihn auch geringere Stücke, namentlich die Drei-
ecke fehlen nicht oft. Man behält sie noch in der 19. Dynastie bei (Ward 498
Ramesses IL), ja bis hinab in die 22. (Fräser 352 — 353). Reich stilisiert zeigt
sie der eigentümliche Stein Fräser 385, während keins der saitischen Stücke
meiner Sammlung etwas davon sehen läßt. Der geschwungene und geteilte
Flügelumriß scheint nach der 18. Dynastie nicht mehr vorzukommen.
Das Lehrreiche ist auch hier wieder, daß die Kunsttypen, die unter Tuth-
moses IV. und seinen Nachfolgern voll entwickelt sind, sich mindestens auf
Tuthmoses III., mit dem die 18. Dynastie erst beginnt5, zurückführen lassen.
Entstanden sind sie vorher. Die künstlerische Reaktion, die, von oben be-
günstigt, in den Tagen der letzten Herrscher der 17. Dynastie bis auf die
Königin Kamarec in der Großkunst fast ausschließlich herrscht6, ist in der deko-
rativen Kunst nie so ausschließlich durchgedrungen. Parallelen aus der Neuzeit
fehlen ja nicht. Tuthmoses III. ist der neuen Richtung offenbar günstiger ge-
wesen, unter Tuthmoses IV. scheint sie voll zur Entfaltung zu kommen, wie
die Funde in seinem Grab, die Stele in Kairo, in gewisser Beziehung auch die
Funde im Grab Amenophis' IL lehren. Unter Amenophis EL findet sie schüchtern
Eingang auch in den Königspalast und auf den Stelen des Königs , unter Amen-
ophis IV., außerhalb Thebens, von den ehrwürdigen Traditionen der großen Zeit
der 12. Dynastie und ihrer Nacheiferer nicht mehr beeinflußt, entfaltet sie sich
frei. Aber damals war dieser »Jugendstil« schon innerlich überwunden. Mit der
Rückkehr nach Theben entwickelt sich die Kunst der Ramessiden, eine wirkliche
Erneuerung der monumentalen Kunst der 18. Dynastie.
l) Vgl. das nebenstehende, nach Brehm, Tierleben, Insekten 1884, S. 78
hergestellte Bild. — 2) Proceedings B. A. S. 18, Taf. I— VI Auch in des Be-
sitzers Buch, the »sacered beetle«. — 3) Fouilles ä Dahchour Mai 1894, Taf. XV,
XVI, XIX, XX. — 4) v. Bissing, Grabfund des neuen Reichs, Taf. VI und VII.
5) Das hat Manetho gewußt. Vgl. Sethe , Untersuchungen zur Geschichte Ägyp-
tens I, 57 f., Lepsius, Königsbuch S. 31 ff. 62 ff. — 6) Vgl. Athen. Mitt. 1898,
250 f. 255 f. Ferner meine Geschichte Ägyptens S. 47. Auch Spiegelberg, Ge-
Heiliger Pillendreher schichte der ägyptischen Kunst S. 38 f. scheint die Tatsache beobachtet zu haben,
(Aleuchus sacer). ,
Va natürlicher Größe, nhne aber die Konsequenzen für die Kunstgeschichte gezogen zu haben.
h GL f>m«0 ,_
1904.] Alan II. Gardiner: The reading of I k0\ . io
n _£H^ o o o
The reading of|^^.
By Alan H. Gardinek.
JL he phonetic value wfsm (or wsm) usually assigned to the name of the metal
1 \kk. rests upon a very insecure basis of evidence. It originated from
o _cr^ o o o
Brugsch, whose arguments must be considered, before a better alternative is
proposed.
In the Zeitschrift for 1864 (pp. 68 and 69) Brugsch drew attention to the
variants of a passage in the Saitic Totenbuch (Lepsius, Totenbuch 15, 9), which runs:
I
^m i j^ i i i i
aha n n o > i i
The second of the three clauses presents the following various readings:
a) Berlin Pap. 16 (now = 3003)
AAAAAA W Jtä=»__ V_
/WW\A W JC=a — \Z. 0 _CT^ O III
b) Berlin Pap. 23 (now = 3039) 'JL*<T>|^P1lx ^
/www <SS' U ^ I 0 .
c) Berlin Pap. 25 (now = 3151;
i i i
This is the comment of Brugsch: » d. h. a) und b): sem, c) äsem, mit
einem (1 prostheticum. Es erhellt hieraus , daß in diesem Fall 1 die Aussprache
sem oder stwz hatte, also syllab arisch er Natur war.«
Brugsch would doubtless have seen a confirmation of his thesis in a far
earlier version of the same passage, given by a stele in the British Museum
(No. 826 = Trans. SBA. VIII p\ 151, 18. dyn.):
l]
im
These words form part of an address to the Sungod, and may be freely ren-
dered thus. »When thy rays are in the sight of men, gold is not discerned:
it is not the equal of thy beams.«
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 10
Alan H. Gardineu: The reading of I V\ . [41. Band.
o _cr^ o o o
The conclusions of Brugsch were plausible enough at the date when he
drew them, but will hardly meet with acceptance now-a-days. The stele shows
that v*-n-~ q vi *s an ancien* reading, and the variations of the Saite texts
seem to prove that its difficulty was feit by their writers. The scribe of the
Turin papyrus obtained an intelligible text by omitting the superfluous I . The
Berlin variant c solves the problem, whether by emendation or by reviving an
old tradition: for there can be little doubt that ^n^, J ° V^l l^v ' wit^
the enclitic particle is, was the original reading.
In the Wörterbuch (p. 351) Brugsch cites his earlier article, but now reads
the group üasem; the change was of course due to the consideration that 1
possessed a well-known value -jf (^^l'-
Lepsius (Die Metalle, p. 44) recognised that, in view of the polyphony of
1 . its value -jlfll^P could not be applied without further discussion to j t\
n55! : however, he regarded the variants quoted by Brugsch as decisive, and
consequently assented to his reading äsumu. Renouf (Proc. SBA. XII (1890),
p. 346) criticises Brugsch's later position in a similar manner: »There is just
the same kind of mistake here as when the metal \ |\ fö^° is called uasem.
The sign j is polyphonous, one of its values is uas, another is sem.«
Lepsius and Renouf thus rightly contend that there must be no confusing
of the different readings (1) sem or äsumu and (2) Uasem. With (1) we have
already dealt, and must now reckon with the possibility that 1 ^\ ' ' is to
be read wlsm (üasem). The sole ground for this supposition consists of the facts
that \ is occasionally wls and that t\ is m ; 1 f\ ' ' accordingly wlsm. But
b WvV o rnYV o o o
three weighty reasons teil against this phonetic value.
1. | IV l^1*!, if it should be read wfsm, would be a quadriliteral sub-
stantive, which is highly improbable. This difficulty seems to have given rise
to the modified reading wsm, which assumes an unlikely Entwertung of wts to
ws at an early date: the spelling 1 f^H*5^ occurs already in the 3. dynasty
(Petrie, Medum, XIII).
2. Some such variants ^IPt^f5*^ or l^kP^.^5^ might be expected
to occur: no such spellings exist.
3. The main objection consists in the variants 1f5»V and r^bn ° which are
frequently found in the New Kingdom. The variant j occurs at least once in
the Middle Kingdom: Coffin of Mntwhtp (Mitt. Or. Samml. VIII, 16 and 17) ^
P®1, where the coffin of Sebko (ibid. IX, 7) has , aw^||\ f>^. But if j in
the name of the metal is a syllabic sign wjs, then the variant 1 ' ' can only
n o o o
1904.] Alan H. Gardiner: The readin»' of I s>\ . 75
be read icts, not wtsm. It is true that medial m is omitted in several words,
as g&, ,*-*&, q^4 : and initial m too, occasionally, when it is a
flexional dement, as in f nm , <-^, >=c^ : but no similar Omission of final m
has yet been placed on record.
The variant V ' is explicable only if the sceptre here has a syllabic
n o O O
value, and if the last radical letter thereof is m. Now one name of the sceptre
is "^ lj\ ]> a word of frequent occurrence in the earliest religious texts. As
represented on M. K. sarcophagi this sceptre has a spiral handle1, while the
handle of the w!s sceptre is straight. But as hieroglyphs, these two sceptres
are not distinguished. Applying the phonetic value dfm to the name of the
metal, we obtain a reading free from all the above objections. Until another
name of a sceptre ending in m is discovered, we can rest assured that j f\
' ' is to be read dcm. This obvious conclusion is not new. It was known
o o o
to Birch, who long ago (Bunsen, Egypt's Place vol. I 2nd ed. p. 576) assigned
to the name of the metal the phonetic value tarn (= dfm).
If the view be accepted, that j v\ ' ' is to be read d^m, then the fre-
quently upheld identification2 of this metal with the Greek ä<rv\\xog is false.
The discussion of the phonetic value of 1 1\ ' ' cannot be dismissed
without some consideration of the very similarly written verb j ^j\ "^=& , »to be
ruined«, »to perish«, used of men or of monuments. This word is habitually
read wtsm; but the variants \ v\ ^ , \ \\ ^ 3 show no trace of an s: there
is therefore as little reason for this reading here as in the case of the metal.
The obvious alternative is to read the verb dcm\ but a more plausible Solution
suggests itself. ] fs\ ^^s is (in this form) of comparatively recent date, being
found first under the 18. dynasty. In earlier times, »the decay« of monuments
was expressed by means of the verb ^*K^ In -^. {4ae infirmae), which, in its
most abbreviated writing 1 ^=s, differs from its later synonym only by the ab-
sence of the m. The following examples will show the similarity in the em-
ployment of the two words.
1. Wlst: LD.ll, U2e, 1135, ^^i/^^^^^^f1 ^^fl/^g
¥^(] ü ^ "jfl^v '1 »restoring what was found decayed, renovating what was
found ruined«.
x) See Wiedemann, Rec. de Trav. 18 p. 128. — 2) See Pleyte, Asemos in Mededeelinyen der
KoninMijke Akademie van Wetenschappen, Afdeeling LetterJcunde, 3de Reeks, Deel III (1886).
3) Once Max. d'Anii 4, 10 „ V\ \^ ^^ * a curiosity which can have no weicht in the
h& _B^_2f i i i
determination of the reading. Cf. ÄZ. 38 (1900) p.144.
10*
<0 Alan H. Gardiner: The reading of I ks\ . [41. Band.
o _cr^ o o o
2. N,™Y, El BerM II, p. 25 ^f^T^k^-kUIII
~^öl W$k IhH wd-om& more tnan he found in -ing what was ruined«.1
3. Petrie, Koptos 12 (temp. R^htp) * i i 1 2=5^ <=>/l --^L »[its] gates
and its doors being gone to ruin«.
4. LB. III, 38 J (femp. Zytrim. HI) (IR A§ | ^f] *5* ^=> j ^ »His Ma-
jesty had found (it) gone to ruin«.
5. 1 ^\ ^s> Mar., Kam. 40 11. 1 — 2 »I found this /]q pure Chamber
of the high priests of Amon X| V\ £^3 s==> <r^> 1 -^^ gone to ruin«.
6. Annales du Service IV, p. 179 {temp. Tirhaka) M A§ jj J ^^ -jf] %%
£^<rr>]l\ ^& »His Majesty had found (it) gone to ruin«.
Anyone who reads these instances, which could easily be multiplied, can
hardly avoid the conclusion that they contain, one and all, the same word: the
comparison of 4 with 6 is especially convincing. But if j^. ^^ is to be
read wfst, w!sy, how to account for the m? Analogous spellings dissipate this
is written for f\ (f a because
seemingly insurmoun table objection. J|n^ ([:
\ is frequently the determinative of ([; »to flourish«: and similarly c 3 I
C r ^3 LI AAAAAA I
\ dns and {\ ««« M. Just so \ \\ "%?==> wist will have borrowed its m from
1 ¥k. • — ^he chronology of the spellings confirms this conclusion. Wfst
without m is common in the earlier periods, is found side by side with j lj\ ^ä>
in the 18. dynasty, and occurs only sporadically later: from the 18. dynasty
onwards the writing 1 1\ "^~& predominates. — The variants l^.^^,» \ ^.
<-^ seem to preserve the last trace of the weak radical of wlst.
To sum up our results : 1.1 1\ ' ' is not to be read wtsm, wsm, but
o _cr^ 000
rather dcm. 2. 1 1\ ^^> is a variant of the verb w!st (4ae infirmae) »to decay«,
»to be ruined«.
l) 1 and 2 exhibit a grammatical peculiarity which I believe to be unknown. The pseudo-
participles wst, wlsjj, though following, and referring to the same antecedent as, the feminine par-
ticiples gmiit, wnt, are themselves of the masculine gender. — 2) But, so far as I know, not in the
same document.
1904.1 H. Schack-Schackenburg: Nr. 60 des Mathematischen Handbuchs. 77
Nr. 60 des Mathematischen Handbuchs.
Von H. Schack-Schackenburg.
INeuerdings hat v. Calice1 diese Rechnung einer erneuten Besprechung unter-
worfen. Würde seine Auffassung, <:q>i w bezeichne die Höhe, in der die Seiten-
fläche um eine Elle vom Lot zurücktritt, sich als richtig erweisen, so wäre da-
mit ein interessanter neuer terminus technicus gefunden. Bis auf weiteres scheint
indessen die Auffassung Borchardts2, daß eine Entstellung des Textes vorliegt,
die einzig mögliche zu bleiben.
Der Satz lautet:
Ein n ' von 15 Ellen Grundkante und 30 Ellen Höhe.
Gib mir seine Böschung ( [I ^ ö ) an.
Die Hälfte der Grundkante ist l1^. Vj2 muß mit 4 multipliziert werden,
um 30 zu erhalten.
Zunächst hat man an der 4 Anstoß genommen, die statt des richtigen
Resultats */4 Elle, oder iya !/4 Spannen dasteht, und darüber die sprachlichen
Schwierigkeiten der vorhergehenden Worte übersehen.
Das das Resultat angebende >rf tritt in den verschiedenen Zeiten in ver-
schiedenen Formen auf:
Der Kahuner Papyrus (Taf. 8) schreibt:
D
(Jl\ n das Ergebnis ist n.
Der etwas jüngere Berliner Pap. 6619 ersetzt die Nominalsätze durch
Verbalsätze :
M n oder m 1\ n das ergibt n.
Das Mathem. Handb. hat daneben3 sehr oft:
n oder ™ *^_ V\ n,
*) AZ. 40, 147. — 2) ÄZ. 31, 13.
3) 0 ^s^. n ^a* ^as Mathem. Handb. nur zweimal (Nr. 76 und 78).
78 H. Schack-Schackenburr: Nr. 60 des Mathematischen Handbuchs. [41. Band.
aber immer mit *^ ': m I kommt niemals vor, also wird auch in der
Nr. 60 das I zum Folgenden gehören, und in der Tat kommt I ' x^. qq
dreimal im Mathem. Handb. vor:
\\
Nr. 46 ®j 3^^1x5 00 [l ' k^_d<S das ergibt 500_, das ist sein Inhalt,
und im i^=^1|}\ derselben Aufgabe wird, nachdem die Zahl 500 gefunden
ist, wieder hinzugefügt:
In dem zuletzt genannten Zusammenhange finden sich die gleichen Worte
auch in Nr. 45.
Sind wir nun so zu der Erkenntnis gelangt, daß nach <Jt> eine Zahl mit
oder ohne t\ stehen muß — daß es eine 4 sein muß, ergibt sich aus dem
Zusammenhange — , liegt es sehr nahe, anzunehmen, daß die Worte [l
I o ü
*^ per nefas aus der nebenstehenden Aufgabe hier zwischen und v^
eingeschoben sind, ist doch in allen Aufgaben der vorhergehenden Spalte von
Flächeninhalten die Rede. Dann haben wir keine Veranlassung für den unend-
lich häufigen terminus technicus oder i 2 Inhalt (der Fläche oder
des Körpers), Gehalt (eines Brots an Mehl, eines Schmuckes an Gold) eine ganz
neue Bedeutung anzunehmen.
Wenn wir nun die Nr. 60 mit der ganz analogen Nr. 58 vergleichen, so
sehen wir sofort, daß bei Nr. 60 ein Fehler untergelaufen ist. Der Verfasser
hat 30 durch lxf2 dividiert, anstatt 71/.2 durch 30 zu teilen.
Daß das Resultat der (richtigen) Division den 1^ ö die Böschung ergab,
wußte er — hier war nicht einmal eine Umrechnung in Spannen erforderlich,
um das Resultat auf der Elle ablesen zu können — , also meinte er getrost
hinter die 4 sein ^x<f \^ \\\ ö H¥k.^H ^as ^ ^e dazugehörige Böschung
hinschreiben zu können.
Die Einfügung des I x *^_ fällt nicht ihm, sondern einem späteren
Abschreiber zur Last. Vielleicht hat das Nachdenken über diese nicht herpassen-
den Worte diesen daran gehindert den naheliegenden Rechenfehler zu finden.
1) Das einmal vorkommende v. — -o ist ein bei dem häufigen -<s>- v__^6 usw. leicht ver-
ständlicher Schreibfehler.
2) Daß diese Wortformen einander vertreten können, ergibt sich aus genauer Prüfung der
Nr. 43 — 46. Über das grammatikalische Verhältnis derselben soll damit aber nichts gesagt sein.
1904.1 H. Schack-Schackenburg: 7\W ^M 79
Von H. Schack-Schackenburg.
JUiese Worte der Aufgaben Nr. 35 — 38 des Mathematischen Handbuchs sind bis-
her nicht in einer zugleich der Grammatik und dem Zusammenhange, in dem
sie stehen, genügenden Weise erklärt worden.
Die redend eingeführte Unbekannte sagt: Ich bin so und so viele Male in
das Fruchtmaß hineingegangen, dann fülle ich es.
Als ich 1882 diese Übersetzung vorschlug1, hätte mir eigentlich schon
die Wiedergabe von ^^ vSf durch transitives »ich fülle« auf Grund von
Ermans Neuägyptischer Grammatik § 256 ff. bedenklich erscheinen müssen, doch
scheint der Zusammenhang diese Übersetzung so apodiktisch zu fordern, daß
auch Geiffith noch, als er den Text 1894 einer erneuten Prüfung unterwarf2,
zu demselben Resultat kam. Es sagt: it is the heqat measure not the x-measure,
that is filled, and ■kzzx V^r usuaUy a passive form is here perhaps active
»I have filled (the heqat)«. Für diese Auffassung kann auch geltend gemacht
werden, daß die in denselben Aufgaben vorkommende Form [~rj ^^7\^3^v\w
mit geminiertem *£\ nach Sethe, VerbumII116 zu bezeugen scheint, daß für
die Formulierung dieser Aufgaben ein sehr früher Zeitpunkt anzusetzen ist.
Unter diesen Umständen mußte es auf den ersten Blick recht auffällig er-
scheinen, daß Erman auch in der 2. Auflage seiner Altägyptischen Grammatik3
die betreffenden Worte durch »so (oder da) bin ich voll« übersetzt; und doch ist
diese seine Übersetzung, wie sich aus dem Folgenden ergeben dürfte, wenigstens
im Wesentlichen wahrscheinlich richtig.
Die Aufgaben 24 — 27 und 31 — 38 entsprechen allgemein der modernen
Gleichung
ax-\- \hx = c.
Ist c dabei von der Einheit Abschieden, so lautet die Aufgabe etwa so:
(1)
X + ljbx = c.
In den Aufgaben 35 — 38, die zwischen den anderen, vor 33 und 34, stehen,
ist c dagegen gleich der Einheit, nämlich t
maße. In diesem Falle lautet die Aufgabe:
ist c dagegen gleich der Einheit, nämlich dem ,•'"' . der Einheit der Frucht
l) Rec. de trav. III S. 153. Auch Eisenlohr hatte schon im Textbande »ich fülle« übersetzt.
2) Proc. Soc. Bibl. Arch. 1894 S. 234. — 3) § 252 und § 415. Die Stelle wird zweimal zitiert.
80
H. Schack-Schackenburg: J\ y^r w v — -^ y> i
[41. Band.
.A
01+ 7s s = 1 (NB.!)
M^
D ^
(2)
Die abweichende Form ist augenscheinlich deshalb gewählt, weil hier das Wesent-
liche darin besteht, daß die Unbekannte durch Multiplikation zur Einheit ergänzt
wird. Diese Ergänzung spielt in der ägyptischen Mathematik eine umfassende
Rolle. Auch die zahlreichen R^ if\ ^ -Rechnungen (Nr. 7 — 23) dienen diesem
Zwecke, nur daß er bei letzteren durch Addition erreicht wird, z. B. :
^^ Pa.kÄ % 2/3 V15^l (3)
Dir wird gesagt: Was ergänzt n/i5 zu 1? Antwort 4/is- Ergänzung durch Addition
wird also durch R^ — 1|\ h-^, , Ergänzung durch Multiplikation dagegen durch
^ ausgedrückt, und die Worte J\ y^ffi ^^ ^^'vNVffi bedeuten: dann bin ich
komplettiert, eigentlich voll gemacht, nämlich <=>.■"" zur vollen Einheit.
Für die Richtigkeit dieser Erklärung sprechen noch zwei Umstände: 1. das
fehlende Objekt nach ^^^y\^£ und 2., daß nach [Xn^-A (wenigstens in
den Pyramiden) der geschlossene Raum, in den eingestiegen wird, z. B. das
Schiff oder Tal, mit 1\ angefügt wird; das mit «=> eingeleitete Wort scheint
dagegen die Richtung oder das Ziel der Bewegung anzugeben. Wäre das .•'"
als ein zu füllender Topf oder ähnliches gedacht, müßte die Aufgabe wohl
lauten: \\$ K%X^ Mkit'
Als Endresultat ergibt sich also nachstehende Übersetzung der betreffenden
Aufgaben, z.B. der 35.: (j ^v| m^^^^ D^" % ' ' '
I I
I I I
Ich bin dreimal genommen3, um die Maßeinheit zu erreichen, ein Drittel
von mir zu mir hinzu, dann bin ich (zur Einheit) komplettiert.
l) In Nr. 36 fehlen die Worte
...Ö
2) Daß a in den Aufgaben der Form (1) immer gleich 1, und in denen der Form (2) immer
gleich 3 gewählt ist, wird auf Zufall beruhen.
3) Einen dem rn v\ entsprechenden deutschen Ausdruck dürfte es kaum geben. Auch in
der verwandten Aufgabe Nr. 28 werden v\ J\ und ^\ ^ kaum anders als durch »addiert«
und »subtrahiert« oder ähnliches wiedergegeben werden können.
1904.1
Heinrich Schäfer: Zauberpapyrus Harris VIII, 9 — IX, 14.
81
Zauberpapyrus Harris VIII, 9 — IX, 14 und Plutarchs
Erzählung vom Tode des Osiris.
Von Heinrich Schäfer.
Jriutarch erzählt bekanntlich in seiner Abhandlung über Isis und Osiris (Kap. 13)
den Tod des Osiris etwa so: »Der hinterlistige Typhon veranlaßt den Osiris sich
zum Scherz in einen Sarg zu legen. Kaum liegt der Gott darin, so stürzt Typhon
mit seinen Verschworenen herzu, sie verschließen den Sarg und werfen ihn in den
Fluß.« Es ist bisher nicht gelungen, auch nur eine Anspielung auf diese Erzäh-
lung in einem ägyptischen Texte nachzuweisen. Maspero sagt zwar1 »l'episode
du coffre oü Sit enferma Osiris est mentionne d'une facon sommaire, mais par-
faitement intelligible, dans une formule du Grand Papyrus magique Harris«. Aber
ich glaube, daß dieser Gedanke einer näheren Prüfung nicht standhält.
Die Stelle, auf die Maspero anspielt, kommt in verschiedenem Zusammenhang
in zwei Sprüchen des Papyrus vor, die ich in den folgenden Übersetzungsver-
suchen so anordne, daß die uns interessierenden parallelen Sätze nebeneinander
zu stehen kommen. Nur das Mittelstück gibt einen geschlossenen Gedanken-
gang, die Anfänge haben nichts mit der Mitte zu tun und sind recht verworren.
Harr. mag. VIII, 9— IX, 5.
|: 0 du Verwachsener des Himmels.:]
Du Verwachsener mit großem Ange-
sicht,
mit hohem Rücken und krummen Beinen
Du große Stütze, die vom Himmel bis
zur Unterwelt reicht,
Du Herr des großen Leichnams, der in
Heliopolis ruht,
Du großer Herr des Lebens, der in
Mendes(?) ruht,
Dir (anbefohlen sei?) N. N. , der Sohn
der N. N.,
Behüte ihn am Tage,
bewache ihn des Nachts,
schütze ihn, wie du den Osiris vor
dem mit verborgenem Namen ge-
schützt hast
an jenem Tage des Begräbnisses in He-
liopolis.
Harr. mag. IX, 5 — IX, 11.
0 Ihr (?), die ihr in der Mhnt seid,
in der Halle des Gerichts
Ihr Herren der Rsnt und der Mhnt
') Hist. Les orig., S. 175 Anm. 2.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
11
82
Heinrich Schäfer: Zauberpapyrus Harris VIII, 9 — IX, 14.
[41. Band.
Ich bin der Löwe in Haus
des Phönix.
Deine Gestalt ist die einer Meerkatze
du zu mir schicktest
als man in Memphis saß
und ließest sagen: »Man soll mir eine
Kapelle von 8 Ellen machen«,
wo du doch ein Riese von 7 Ellen bist.
Ich sagte dir: »Du kannst nicht hin-
eingehen in die Kapelle von 8 Ellen ;
wo du doch ein Riese von 7 Ellen bist. «
Doch du gingst hinein und du ließest
dich nieder in ihr.
I: Die Kapelle wird geöffnet.
Ihr Insasse hat ein Meerkatzengesicht.
|: Wehe, :| I: Feuer. :|
Du Sohn der Repit,
Du Pavian!
kommt (?) , wendet euer Antlitz zu dem,
der im Wasser ist.
Osiris schwimmt auf dem Wasser, das
Horusauge bei ihm.
du zu mir schicktest
als man in Memphis saß
und ließest sagen: »Man soll mir eine
Kapelle von 8 Ellen machen«.
Man sagte dir: »Du Mann von 772 Ellen,
wie willst du in sie hineingehen?«
Doch man machte sie dir und du ließest
dich nieder in ihr.
Magai, der Sohn des Set kam und öff-
nete sie
und erblickte ihren Insassen
als einen mit einem Meerkatzengesicht
und einer Pavianmähne.
|:|: Wehe, :|:| 1:1: Feuer. :|:|
Nicht ich sage es, nicht ich plaudre es
aus,
Magai sagt es, Magai plaudert es aus.
usw.
Betrachten wir zuerst das beiden Sprüchen gemeinsame Stück, in dem
ja die Anspielung auf Plutarchs Erzählung sich finden soll. Ich habe in der
Übersetzung absichtlich die Ellenzahl der Kapelle so stehen lassen, wie sie
Chabas und Brugsch1 lesen. Ihnen folgt offenbar auch Maspero, denn nur
dadurch wird es verständlich, daß er zwischen dieser Stelle und Plutarch über-
haupt eine gewisse Ähnlichkeit empfunden hat. Merkwürdigerweise hat aber
keiner der Bearbeiter gemerkt, daß die Geschichte in dieser Form einen Unsinn
enthält, der auch über das in Zaubertexten erlaubte Maß hinausgeht. Jemand
bestellt für sich eine Kapelle von bestimmter Höhe, um darin zu wohnen. Der
Handwerker fragt verwundert: »wie willst du bei deiner Länge denn da hinein-
gehen?« Wenn etwas klar ist, so ist es doch das, daß der Besteller größer sein
muß als das Kapellenmaß. Ist es denn so wunderbar, daß ein Mann von 7
(oder 7*/2) Ellen in eine Kapelle von 8 Ellen hineingeht? Sehen wir genauer
zu, so finden wir, daß nicht der alte Schreiber den Fehler auf dem Gewissen
l) Religion und Myth., S.726 u. 727.
1904.] Heinrich Schäfer: Zaaberpapyrus Harris VIII. 9 — IX. 14. 83
hat. Im Papyrus steht da. wo man die Zahl 8 gelesen hat, klar und deutlich
das Zeichen t . also l/a. Nun ist es allerdings ein Wunder, das geschieht:
ein Riese von 7 Ellen geht in ein Kapellchen von l/9 Elle hinein ! Durch diese
Veränderung in der Lesung ist aber die scheinbare Ähnlichkeit mit der Plutarch-
stelle hinfällig.
Sie schwindet ganz, wenn wir den Zusammenhang mit den folgenden
Worten beachten. Der Sohn und Abgesandte des Set, ein Unhold namens
Magai, kommt und öffnet die Kapelle, offenbar weil er jemand, dem er Böses
antun will, darin vermutet. Aber, so müssen wir doch wohl interpretieren,
er wendet sich enttäuscht wieder ab , denn der Insasse der Kapelle sieht ja
ganz anders aus. als der, den er sucht. Der Besteller der Kapelle wußte sich
also verfolgt. Er wollte sich darum eine Zuflucht schaffen, wo niemand ihn
vermutet. Daher wählt er eine so winzige Kapelle von 25 cm Höhe, und ver-
wandelt sich noch dazu, und wirklich, die List gelingt.
Sieht das alles nun aus, wie eine Anspielung auf die Ermordung des Osiris?
Ganz gewiß nicht. Aber wir brauchen uns nicht mit diesem negativen Re-
sultat zu begnügen, sondern können auch etwas Positives aus den beiden
Zaubersprüchen gewinnen. Die Episode mit der Kapelle paßt nämlich ganz
vortrefflich an eine andere Stelle des Osirismythos in seiner erweiterten Form.
Nach der Geburt des Horus in den Sümpfen des Delta läßt ihm ja Set auf
alle mögliche Weise nachstellen, da er in ihm den Rächer des Osiris ahnt.
Wir haben eine Menge kleiner Geschichten über die Gefahren, die der kleine
Horus glücklich überstanden hat. Zu diesen wird die besprochene Geschichte
aus dem Papyrus Harris als eine neue zu rechnen sein. Der Zauberer, auf den
die zweite Fassung zurückgeht, ist sich übrigens wohl bewußt, daß er Dinge
aus der Göttergeschichte ausplaudert. Denn mit seinen Schlußworten will er
gewiß Göttern, die etwa diesen Spruch hören sollten, Aveismachen, nicht er,
der Zauberer, sondern der böse Magai sei es, der in diesem Augenblick so
heilige Dinge ausplaudere.
Auf die wüsten Anfänge der beiden Sprüche will ich hier nicht näher ein-
gehen, aber doch wenigstens auf die Stelle im Anfang des zweiten hinweisen,
nach der die Leiche des ermordeten Osiris eine Zeitlang auf dem Wasser ge-
trieben hat. Dieser Zug wird mehrmals in ägyptischen Texten erwähnt, aber
auch er beweist an sich nicht die Existenz der Plutarchischen Sarggeschichte,
sondern nur, daß Osiris oder sein Leichnam ins Wasser geworfen worden ist.
Plutarchs Erzählung liegt ja gewiß eine auch in diesem Punkt zuverlässige Quelle
zugrunde. Auch in Ägypten wird man zu irgend einer Zeit den Mittelpunkt
des Dramas in dieser anekdotenhaften Form erzählt haben. Worauf es mir an-
kommt, ist nur, zu zeigen, daß sich bisher diese Geschichte in keinem ägypti-
schen Text hat nachweisen lassen.
w
84 Miscellen. [41. Band.
Miscellen.
JUie Spitze der Pyramide König Amenemhets III. — In den Annales
du Service III, S. 206 hat Maspero ein prächtiges Pyramidion aus schwarzgrauem
Granit von 1,40 m Höhe und 1,85 m Basislänge veröffentlicht, das dicht an der
Ostseite der Pyramide Amenemhets III. in Dahschur gefunden ist, und sich jetzt
im Museum von Kairo befindet. Ich habe Gelegenheit gehabt, das wundervolle
Stück bald nach der Auffindung zu sehen und möchte daher hier eine seiner
Eigentümlichkeiten hervorheben, die in Masperos Publikation nicht erkennbar,
aber doch für das Verständnis entscheidend ist. Schnitte
durch das Pyramidion würden nämlich nicht, wie es nach
Masperos Tafel scheint, einfache Dreiecke, sondern neben-
stehende Figur geben. Während die vier oberen Flächen
der Pyramide in spiegelblanker Politur glänzen , sind die
unteren Flächen nur soweit geglättet, als es für Fugen
nötig ist. Dieser Zuschnitt der Unterseite scheint mir
deutlich zu zeigen, daß es sich hier nicht um eins der
üblichen kleinen Pyramidien handelt, sondern daß dieser gewaltige Block den
Abschluß eines Bauwerkes gebildet hat, auf dem er unverrückbar festgehalten
werden sollte. Und was kann dieses Bauwerk anders gewesen sein als eben
die Pyramide des Königs, neben der der Block gefunden ist? Es ist, soviel
ich weiß, die einzige wirklich erhaltene Spitze einer Pyramide. Wir sehen hier
bestätigt, was wir alle aus Abbildungen schon vermutet haben, daß man nämlich
die Spitze nicht aus leicht verwitterndem Kalkstein , sondern gern aus unverwüst-
lichem Basalt anfertigte. Die Pyramide Amenemhets III. besteht sonst aus Zie-
geln, die mit Kalkstein verkleidet sind.
Hat uns so das Äußere des Blockes seinen früheren Platz gewiesen, so
sehen wir nun auch die Inschriften, die ihn bedecken, anders an. Auf der Seite,
die nach Osten, nach Sonnenaufgang, gewendet war, steht: »Amenemhet III.
schaut die Schönheit der Sonne«, und die Inschrift darunter beginnt: «Geöffnet ist
das Gesicht König Amenemhets j er schaut den Herrn des Horizonts {den Sonnengott^
wie er den Himmel durchfährt«. Die Anfangsworte der Inschrift auf der Nord-
seite lauten: «Höher ist die Seele (Bl) König Amenemhets als die Höhe des Orion
und sie vereinigt sich mit der Unterwelt (DwH)«.
Es ist etwas anderes, ob solche Worte auf einem kleinen im Tempel oder
im Grabe verborgenen Pyramidion stehen und in irgendeinem Totentext vor-
kommen, oder ob die von der Morgensonne zuerst vergoldete Spitze einer hoch-
gelegenen Pyramide sie trägt, die Spitze eines Bauwerks, das wie ein Berg im
1904.]
Miscellen.
85
Innern der Erde seine Wurzeln, die die Grabkammer bergen, hat und das in
die Wolken hineinzuragen scheint. Jetzt sind diese Worte keine abgebrauchten
Phrasen mehr, sondern bekommen wieder ihre eigene stolze Schönheit, die eines
Bauwerks, wie eine solche Königspyramide, würdig sind. Daß die Buchstaben
der Inschriften für die Höhe, in der sie standen, verhcältnismäßig klein sind,
spricht nicht gegen meine Deutung. Für Menschenaugen sind sie nie bestimmt
gewesen. H. Schäfer.
Zwei Sockel. — I. Dem merkwürdigen Alabasterblock1 mit Lisenenver-
zierung an den Seiten, der zu Grebauts Zeit bei Nachgrabungen im Tempel von
Mitrahineh gefunden wurde (Abb. 1), möchte ich jetzt auf Grund der Kenntnis
eines kleinen Monuments der ältesten Zeit eine ganz bestimmte Deutung geben.
Bisher hatte ich angenommen, es sei die Basis etwa eines Sphinx gewesen.
Abb. 1.
Jetzt glaube ich eher, daß ein sitzender Falke darauf zu ergänzen ist. Petrie
hat nämlich bei Abydos eine Schieferplatte2 gefunden, die einen Sockel mit
gleicher architektonischer Verzierung und darauf den liegenden Sperber darstellt -
(Abb. 2). Die Übereinstimmung der beiden Sockel ist frappant, sogar die kleinen
Vertiefungen auf dem oberen Teile des Alabastersockels sind auf der Schiefer-
platte schematisch wiedergegeben. Nur zeigt das abydenische Stück in den
Türen oben noch die runden Balken. Aus dem Fehlen dieser Türstürze möchte
ich schließen, daß unserem Alabastersockel kein so hohes Alter zukommt, wie
man ihm gewöhnlich gibt3.
») Le Musee egyptien, Taf. 7, 2 und S. 9; frz. Guide, Nr. 7 S. 16; engl. Guide, Nr. 56 S. 38.
»Sorte de table ä libations«; die obere Vertiefung ist rauh gelassen und der vermeintliche Aus-
guß deutlich später eingeschnitten, also ist die Erklärung als Opfertafel nicht angängig. — 2) Kairo,
Saal Dl, Vitrine ohne Nummer in der Nordostecke; Petrie, Abydos II Taf. 9 Nr. 205. — 3) Die
Fundumstände lassen jede Datierung zu.
86
.Miscellen.
[41. Band.
Zu vergleichen sind hierzu zwei Sockel von Königssärgen des mittleren
Reiches, vom Sarge Ameneinhets III.1 und von dem Sen-wosrets III.2, welche
ganz ähnliche Lisenenarchitektur3 zeigen. Sollte hier vielleicht der tote König
als Horusfalke gedacht und ihm daher der bei Falkenstatuen übliche Sockel
gegeben worden sein?
IL Die früher von mir ausgesprochene Vermutung, daß der vermeintliche
Sarg Psammetichs II. in Kairo4 ein Statuensockel sei, und zwar der einer Nil-
pferdstatue, möchte ich hier im Anschluß an Vorstehendes zu begründen ver-
suchen. Die Schmalseiten des Sand-
steinblocks sind nicht skulpiert; sie
scheinen Fugenflächen zu sein; auf
den Längsseiten ist der König vor
verschiedenen Gottheiten opfernd
dargestellt. Die Darstellungen gin-
gen nach den Seiten über die Flä-
chen hinaus, griffen also auf die
angrenzenden Blöcke über. Die
obere Aushöhlung des Blockes ist
zur Aufnahme einer Leiche zu klein;
sie ist außerdem rauh und ungleich.
Viel eher paßt der untere rohe Zapfen
einer Statue von einer gewissen Län-
genausdehnung hinein. Eine Sta-
tue der Art ist nun an dem Block
selbst abgebildet. Wir sehen den König opfernd ( t\ X ) vor dem Bilde
eines Nilpferdes I J 7^^ /J] auf massivem Sockel mit hoher Hinterwand. Ich
vermute daher, daß unser Sandsteinblock eben der Sockel der hier dargestellten
Nilpferdstatue sei. Im Tempel von Damanhur werden vielleicht eine Reihe von
Dämonenbildern hintereinander auf einem Sandsteinsockel gestanden haben, und
an diesem Sockel waren die Szenen der Verehrung dieser Dämonen abgebildet.
Der uns erhaltene Ausschnitt aus dem Reihensockel trug die Nilpferdgöttin.
Ludwig Borchardt.
Zwei Kasteneinsätze. — I. Das jüngst von Strzygowski5 abgebildete
und beschriebene «Farbenkästchen« ist, wie das Einlagebrettchen deutlich zeigt,
ein Wagekasten. Die Ausschnitte lassen Platz für den Wagebalken, die Zunge
und die beiden runden Wiegeschalen; die übrigen Vertiefungen des Einsatzes
l) Petrie, Kahun Taf. 4. — 2) de Morgan, Dahchour II S. 88 Abb. 121. Zeichnung leider
unvollständig. — 3) Die Kairener Särge, Cat. Gen. Nr. 28029, 28099 u.a. (Lacau, Taf.10 und 15)
zeigen übrigens auch ähnliches Ornament, das vielleicht wieder Ableitung von diesem Sockel-
ornament der Königssärge sein könnte. — 4) Frz. Guide 1902, Nr. 241 S.108; engl. Guide, Nr. 682
S.180; an letzterer Stelle ist bereits vermutet worden, daß es ein »pedestal for a monument« sein
könnte. — 5) Cat. gen. Nr. 8815.
Abb. 2.
1904.] Miscellen. 87
und im Boden des Kästchens sind für die vermutlich kleinen Gewichte, etwa
in Form von Metallblättchen. Bei Goldschmieden sind heute noch ähnliche
Kasten im Gebrauch.
II. Kasteneinsätze, in denen durch einfache Vertiefungen die hineinzulegen-
den Gegenstände fest gelagert wurden, sind natürlich schon älter. Ein Beispiel
aus dem m. R.1 — das Stück stammt aus dem Grabe des Hofschreibers Nefer-
hotep in Drah Abul Negga, wo es zusammen mit dem bekannten Rechnungs-
papyrus gefunden wurde2 — zeigt ausgehöhlt die Formen eines Spiegelgriffes
und zweier Näpfchen. Der Einsatz stammt also aus einem Toilettenkasten, in
dem Spiegel und Schminkgefäße ihre festen Plätze hatten. Borchardt.
Die älteste Darstellung des Königs im »Kriegshelm«. — Bekannt-
lich findet sich der sogenannte Kriegshelm des Königs nicht vor dem neuen
Reich , und zwar im allgemeinen nicht vor Amenophis II. (Cat. gener. du musee
du Caire 24136, 24142, 24635). Es ist nun interessant, im Hinblick auf die
Frage, wann die wichtigsten Umwälzungen auf dem Gebiet der ägyptischen
Kulturgeschichte stattgefunden haben, festzustellen, daß der Kriegshelm bereits
von König Kamose auf dem Grabfund des neuen Reichs, Taf. IV 8a, b veröffent-
lichten Wedel getragen wird. Der König steht da vor dem Gotte Chons.
Auch in diesem Fall ist das Fehlen des »Kriegshelms« auf den Denk-
mälern der Zeit von Amosis I. bis auf Thutmosis III. durch das künstliche Zu-
rückgreifen auf die große Zeit der 12. Dynastie zu erklären. Dafür, daß Deir
el Bahri, wie ich stets durch den Vergleich mit den Grabanlagen von Beni-
Hasan angenommen habe, den Typus der Totentempel des mittleren Reichs
darstellt, haben ja die Ausgrabungen Navilles und Halls den Beweis gebracht.
Der Kriegshelm aber ist, wie der ganze »neue Stil« in der Zeit zwischen der
13. und 17. Dynastie in Aufnahme gekommen. Fr. W. v. Bissing.
Zur Geschichte der Königstitulatur. — Aus den Aufschriften der
Chephrenstatuen im Museum von Kairo ergibt sich als Titulatur des Chephren
die folgende Reihe:
Die Form, die der n&ft'-Name4 des Königs hat, wsr m, ist schon an sich recht
auffällig, und wenn man die Titulatur des Cheops ansieht, in der der Horus-
und der nbti-~Name gleich sind:
!) Kairo, frz. Guide Nr. 936 S. 175 »on y coulait de la cire!« — 2) Mariette, Pap. Boul. II
S.7 Nr. 7: »Planchette en trois morceaux qui se rajustent. Elle a d'une cote deux trous en creux et
parait avoir ete destinee ä contenir un objet en forme de manche de poignard.« — 3) Vgl. Bor-
chardts Aufsatz ÄZ. 1898 S. 1 ff. — 4) Er ist auf dem Bruchstück Nr. 16 (bei Borchardt) erhalten.
ÄZ. 1898 S.U.
88 Miscellen. [41. Band.
so könnte man in der Tat geneigt sein, in dem wsr m des Chephrennamens einen
Schreibfehler für wir ib anzunehmen. So konnte denn auch seinerzeit dieser
anscheinende Schreibfehler Borchardt einen seiner Beweise gegen das Alter
der Statuen geben: »Dieser Irrtum, bei dem der Horusname des Königs ver-
kehrt wiedergegeben ist, wäre für ein Denkmal aus der Zeit des Chephren un-
erhört.« In Wirklichkeit ist, wie wir jetzt wissen, der Name vollkommen in
Ordnung. Er findet sein Gegenstück in der Titulatur des Unas:
W
Man darf also das wir m der Chephrenstatue durchaus als berechtigt ansehen.
Es liegt wohl nur an unserem mangelhaften Material für die Königsnamen des
alten Reichs, wenn wir diese merkwürdige Namensform nicht noch bei anderen
Königen finden. Eine ähnliche Bildung mit 1\ läßt sich noch im m. R. nach-
weisen. Der V-Name Amenemhets IL lautet nämlich zwar gewöhnlich ||, da-
neben findet sich aber auch die Form /==Jv\ 2.
Gewiß sind so gebildete Namen nach dem Schema wsr m nbtj »stark als
Nbti«, wld m nbtj »frisch als nbti« usw. zu lesen. Heinrich Schäfer.
Sur le pretre 'In-mwtf. — Avant d'entreprendre une etude aussi complete
que possible du röle et du caractere du pretre 'In-mwtf, je tiens ä publier
quelques rapides notes preliminaires. Dans mon travail »La fete de frapper les
Anou« j'ai fait remarquer dejä la place bizarre occupee par ce pretre. Au
Livre des morts, chap. CXLII, 7 Osiris est designe par un nom et un titre qui
se retrouvent au dessus de la representation d'un 'In-?nwtf; LD. III 19, la. 2 a.
Dans la tombe de Ramses I, LD. III 123a le roi est conduit devant Osiris par
les dieux Harsiesis, Atum et Neit. Dans cette scene nous voyons le pretre 'In-
mwtf, debout, sur la marche du trone d'Osiris, et il accueille le roi avec des
paroles que Ton trouve ordinairement dans la bouche des dieux. Remarquons
que la scene se passe dans le monde des morts.
Dans les textes des Pyramides (Pepi II. 1.772) on trouve cite Y'In-mwtf
comme un dieu, et son nom est suivi du determinatif des dieux.
Ainsi donc, pour abreger, il semble que le pretre In-mwtf soit parfois re-
garde comme un dieu.
Lushington (Transactions of the Society of biblical Archaeology VI, 1879
p. 527 sq.) a dejä constate ce fait bizarre qui a frappe egalement M. Crum (Pro-
ceedings of the Society of biblical Archaeology XVI, 1894, p. 137 note 2). Crum
rapproche de ce titre 'In-mwtf le titre sl-mr-f ^\ et M. le professeur Sethe
me Signale egalement le titre -^ .
l) Ann. d. serv. II, 254. — 2) Lepsius, Königsbuch 180 c.
1904.1 Miscellen. 89
Cette maniere de voir est confirmee par un titre que je releve dans le
Catalogue des sarcophages anterieurs au nouvel empire par M. Lacau. En deux
endroits (p.17 et 19) se trouve mentionnee une
Le pretre 'ln-mwtf avait donc comme les grands dieux, Amon, Anhour, par
ex.? un harem de concubines sacrees. Jean Capart.
Das Zeichen sg>. — Auf den im Kairiner Museum, Raum F, ausgestellten
Reliefs aus dem Grabe des ©1\ nr sind einige ober- und unterägyptische Gaue
in üblicher Weise dargestellt. Unter den Abzeichen der letzteren figuriert neben
y^ und Jxf auch das nebenstehend abgebildete. Ich glaube,
niemand wird zweifeln, daß wir hier das Prototyp des späteren,
bisher unerklärten Symbols >^sy vor uns haben. Es stellt dieses
demnach ein Boot mit niedergelegter Takelage vor. Franz v. Calice.
Die endgültige Lesung für den Namen der Überschwemmungs-
jahreszeit. — Als ich in dieser Zeitschrift (38, 103) zeigte, daß der Name
der Uberschwemmungsjahreszeit den Konsonanten ® k enthielt, und vermutete,
daß er mit dem Verbum -Jf) 0 ¥ w!hj oder (1 ¥\® TtTtT ifhj zusammenhängen
werde, ahnte ich nicht, wie bald sich diese Vermutung bestätigen sollte. In
den von Fräser kürzlich veröffentlichten und von Maspero besprochenen merk-
würdigen Grabinschriften von Tehne (Ann. du serv. III, 122 ff.) finden sich zwei-
mal wiederholt die Namen der drei Jahreszeiten des ägyptischen Kalenderjahres.
Während dabei nun die beiden letzten in ihrer gewöhnlichen Schreibung <=>
I— TT— 1 0
un(i %%£ > nach der Sitte der Zeit ohne Deutzeichen, erscheinen, zeigt der Name
AAAAAA
der ersten Jahreszeit vor dem Ideogramm der Überschwemmung JcTtT , mit dem
er sonst zu beginnen pflegt, noch ein v\: "v\ TtTtT l. Er ist also augen-
scheinlich, wie ich bereits als möglich in Betracht gezogen habe, fy-t (ohne
den ersten Radikal \\ oder ^\ ) zu lesen.
Eine andere Variante, die auf dieselbe Lesung hinführt, findet sich auf
dem Ostrakon Leiden J 429 (Leemanns, Monum. II 228, 1). Dort liest man in
hieratischer Schrift des a. R. das folgende Datum:
»Jahr des zehnten Males der Zählung. Monat 3 der Überschwemmungs-
jahreszeit, Tag 24.«
*) Maspero hat das V\ seltsamerweise übersehen; er liest, ohne Rücksicht darauf und
trotz meiner Feststellungen, nach wie vor shait.
2) Die unregelmäßigen Zeichenreste, die man hinter dem T?UT sieht, werden, nach dem mir
von Hrn. Dr. Boeser freundlichst angefertigten Faksimile zu urteilen, wohl nur zufällig sein.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 12
90 Miscellen. [41. Band.
In der seltsamen Schreibung, die das Wort ih-t hier hat, erkennt man
unschwer ein neues Beispiel für die von Lacau kürzlich so treffend erklärten
scheinbaren Umstellungen der Zeichen, die Vögel darstellen. Sethe.
Prisse 2, 6. — Welche Stellung der alte Ägypter beim Lesen einnahm,
kann uns nicht zweifelhaft sein, er setzte sich hin mit untergeschlagenen Beinen,
wie der bekannte Schreiber im Louvre, und legte das Buch so auf seinen Schoß,
daß die Unterkante desselben auf den Leib gestützt war. Diese Stellung des
Buches wird es sein, die durch - — flY ausgedrückt wurde, das uns aus
Prisse 2 , 6 bekannt ist.
Die Kinder eines Weisen haben von ihm ein Buch erhalten, -^» (j R
(WW\A Aft/WVA I I I I
"f ü fl *? * n ^aaaa Ä« I) n y c ^ o gß Fl o »da legten sie es auf ihren
r\ | O I C^L IUI /WW\A AAAAAA I I I I I V 3 C— 1' I
Schoß und lasen es«.
Hierauf hinzuweisen schien deshalb nicht überflüssig, weil eine richtige Über-
setzung der Stelle bisher nicht gegeben ist. H. Schack-Schackenburg.
Zu Papyrus Westcar XI, 8. — Die Stelle Westcar XI, 8 umschreibt
Erman so: " mja^/wwva ^ 1 "v\ <cr> ? ( v\ Vi und übersetzt S. 65
des Kommentars: »Damit Ihr sie Euch zum Lohn nehmt.« In »r nmu«-
vermutet er dann mit Recht den Ort, wohin die Gerste gebracht werden soll.
Vergleicht man das Faksimile, so ergibt sich zunächst, daß das von Erman
O umschriebene Determinativ eine höchst ungewöhnliche Form hat (vgl. XI, 5
Auf dem Original 4 *J ♦ 3 3
steds gütig übermittelter Zeichnung wiedergegeben wird, ist der Unterschied
noch deutlicher. Mir fielen bei der WESTCARstelle schon vor Jahren die Worte
der Statistischen Tafel Thutmosis' III. (Zeile 5; Kommentar S.16 meiner Aus-
gäbe) ein : es wurden ihre Weine gefunden in ihren ( v\ v\ . i , was ich als
»Becken«, »Behälter«, erklärt habe. Die WESTCARstelle hieße also »damit Ihr
sie Euch zum Lohn zu den Behältern nehmt«, wo das Getreide aufbewahrt wurde.
Wie freilich zu umschreiben ist, weiß ich nicht. Am ähnlichsten will mir noch
das Determinativ ü hinter ö und c , VI, 18 ff., erscheinen, wenn auch nie-
A Cl H
mals der Kreis, wie in unserem Fall, geschlossen zu sein scheint. v. Bissing.
Zu Sethes Verbum I, § 357. — Ein bisher übersehenes1 Beispiel der von
Sethe a.a.O. behandelten »niphcal- artigen« Reduplikationen bietet das Wort
/ww\a . — ^. ,,
n-i rr\ l /l (Pianchi 14, 21 — vgl. ÄZ. 1887, 124, wo dasselbe auch schon auf
^Z^5
das hier nach Prof. Brea-
*) Das Verbum figuriert, nach der irrtümlichen Angabe ÄZ. 1891, 35 als • U |~[] zitiert, bei
Sethe I, § 338, wo es hiernach zu streichen ist.
1904.] Miscellen. 91
den Stamm hd zurückgeführt wird). Es ist offenbar aus r— . <=f^> ' u \_j] ver-
stümmelt, was zur Analogie von Rkotk (Sethe II, § 687) vorzüglich stimmt und
eine Vokalisation *mhodhe(d) annehmen läßt. Das Wort dürfte übrigens bei Pianchi
der lebenden Sprache entnommen und keine gelehrt-altägyptische Reminiszenz sein,
da im letzteren Falle der Auslaut wohl erhalten geblieben wäre. v. Calice.
Ägyptische Flüssigkeitsmaße. — Im Koptischen begegnet uns öfters
(s. z. B. Zoega, Apophthegmata patrum Aegyptiorum p. 291) ein Weinmaß,
Namens «vielem (rmpn), das bisher, soviel ich weiß, eine Erklärung nicht ge-
funden hat. Da es in alter koptischer Literatur belegt ist, so darf man an-
nehmen, daß wir es hier mit einem Maße zu tun haben, das im hellenistischen
Ägypten gebräuchlich gewesen ist. Damals sind nun, wie Wilcken (Ostraka I,
S. 764 ff.) zuerst nachgewiesen hat, vielfach Flüssigkeitsmaße im Gebrauch ge-
wesen, die nach Städten und ähnlichem ihren Namen führten (s. z. B. KoAo-
(p'Jviovy ePe<W, Kvßiov, 'Atticv usw.). Der Anklang des Wortes c&.i^.icm an den
Namen der alten ägyptischen Stadt Sais legt die Vermutung nahe, daß es sich
auch hier um ein derartiges Maß handelt und daß man c^i-xio« als das »Wein-
maß von Sais« zu deuten habe. Diese Vermutung wird aufs beste dadurch
bestätigt, daß sich aus dem Griechischen ein in Ägypten im 4. Jahrhundert
n. Chr. übliches Weinmaß (s. Palladius, Historia Lausiaca c. 22) nachweisen
läßt, das als Xatnov bzw. als Zccityis bezeichnet worden ist1; die Erklärung
dieses als das »saitische Maß« wird durch die angeführten ähnlichen griechi-
schen Maße gesichert.
Hultsch (Griechische und römische Metrologie2 S. 542) hat allerdings den
XctiTYig auf Grund der Angaben des Epiphanius als ein thebanisches Maß ge-
deutet, ohne den Namen selbst zu erklären; seine Auffassung der Epiphanius-
stelle ist jedoch verfehlt. In dem betreffenden Abschnitt handelt Epiphanius
von orientalischen, vornehmlich von ägyptischen Maßen; so spricht er auch
von dem alexandrinischen £eGT*js und fährt dann fort: anropavyia, $e 7rotpoi fxövoig
Qvißocioig fj-erpeiTar %fM<rv yotp rov (Tciitov etrriv ktX. In dem hier genannten Theben
— das ixovoi des Textes des Epiphanius verbindet es eng mit dem vorher ge-
nannten Alexandrien — hat man eben nicht das böotische, sondern das ägyp-
tische zu sehen: mithin ist das oiTropcvfAot, ebenso wie der %ourv\g als ein ägypti-
sches Maß2 zu fassen. Der Xcrfrvp ist nach der Angabe des Epiphanius ein
Maß von 22 Je'orou, d. h. römischen Sextarien (= 12,04 Liter), das otTroppvfxet,
halb so groß gewesen3.
l) Die Belege bei du Cange, Glossar, med. et infim. Graec. sub vocibus, s. außerdem
Epiphanius, De mens, et pond. in MetroL scriptores ed. Hultsch I p. 264, 3 und 278,7; die Form
XdiTtcv ist uns durch den Bischof Johannes von Carpathus für das 8. Jahrhundert n. Chr. bezeugt.
— 2) Als ägyptisches Maß wird uns der Saites auch durch die griechischen Apophthegm. patr. de
Poimene Nr. 4 belegt. — .*) Nachträglich finde ich, daß auch im Stephanus, Thesaurus s. v. cmoyniyM
allerdings ohne nähere Begründung das airo^/jux als ägyptisches Maß gedeutet ist. Einen Grund
für die eigenartige Benennung dieses Maßes vermag ich nicht anzugeben.
12*
92 Miscellen. [41. Band.
Bei der Angabe der Größe des Saites spricht Epiphanius von dem dX^ivog
Xölitv\q. Schon diese Ausdrucksweise legt es nahe, daß neben ihm noch eine
andere Form des saitischen Maßes bestanden hat. In der Tat läßt sich auch
ein vypo<Tot'iTYi<; nachweisen, d. h. neben dem saitischen Weinmaß hat noch ein
besonderes allgemeines Flüssigkeitsmaß von Sais bestanden; es hat 50 ^sgtcu
gefaßt1. Ganz bemerkenswert ist es, daß als die Hälfte des vypcxroiiTYis das
xöXXaSov bezeichnet wird2; eine griechische Urkunde des Berliner Museums aus
byzantinischer Zeit (B. G. U. II 377, 3 und 4: xcX?f = ^oAA[^]S-[ov]) und kop-
tische Urkunden hatten uns schon gezeigt, daß dieses ursprünglich syrische
Maß auch in Ägypten gebraucht worden ist (s. RoW^eion, Ro\X^ei, Ro^es,
KoX^^e^, koit?V.ä.^€)3. Walter Otto.
TT (p (3 /www t=£
Die Landschaft J^- »~™ . @ . — Als Nachtrag zu meinem in der
ÄZ. 40, S. 101 ff. abgedruckten Brief, möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine
Pariser Stele lenken, die, wenn auch nicht die Lage der Landschaft J~L
. © des großen Papyrus Harris , so wenigstens die in derselben verehr-
ten Gottheiten zu bestimmen erlaubt. Ich meine die Stele C 121 des Louvre,
die de Rouge in seinem Kataloge (Ausgabe von 1872) folgendermaßen be-
schreibt :
»121. — Stele en granit noir. — Haut. 0,40. — Larg. 0,32.
Un roi, dont le cartouches n'ont point ete graves, fait offrande de la deesse
Ma (la Justice) a la triade thebaine, composee d' Ammon-ra, de la grande mere
Maut et de Khons, lern* enfant. «
Die den drei sitzenden Gottheiten und dem König (wohl einem Ptolemäer)
beigegebenen Inschriften lauten wie folgt4:
AWAAA
/WVW\
1) Über dieses Maß s. Euchologion ed. J. Goar (Paris 1647), p. 833. Auch das Etymologium
Gudianum s. v. tutov nennt es; man muß hier allerdings tutov in tui'tiov emendieren (bzw. tuItiov in
die Lücke des sehr korrupten Textes einfügen). Die Maßangaben stimmen durchaus zu dem stiti-
schen Maß, und ferner zeigt der in Glosse sich nach diesen Maßangaben findende Ausdruck 'xctt
«AXoy?«, mit dem das nun folgende hebräische Trockenmaß tutov eingeleitet wird, daß im vor-
hergehenden von etwas anderem die Rede war. Die Emendation wird auch dadurch gesichert,
daß im Etymologium Gudianum s. v. u7roovßu, in gleicher Weise tuitiov in tutov verderbt ist;
vgl. hierzu auch die ähnliche Verderbnis in Metrol. scriptores ed. Hultsch II, p. 103, 8 ff . (vgl.
zu dieser Stelle I, p. 261, 16, wo ausdrücklich für das hebräische tutov das neutrale Geschlecht
angegeben wird, während p.103, 8ff. das Maskulinum steht). Hultsch, Metrologie2, S.587, der die
Angaben des Euchologions nicht berücksichtigt hat, hat fälschlich ein vyoov tutov konstruiert,
wobei er annehmen muß, daß das sonst stets als Getreidemaß gebrauchte tutov zu einem Flüssig-
keitsmaß von ganz anderer Größe geworden ist!
2) Siehe a.a.O. des Euchologions; hiernach ist Metrol. script. ed. Hultsch I, p. 264, 21,22
zu berichtigen. — 3) Belege in Mitteil, aus der Samml. d. Pap. Erzh. Rainer V, S. 32; bei Crum,
Coptic manuscripts brought from the Fayyum S. 81; Corpus Papyr. Raineri II, 1 Nr. CCXXXIV.
Siehe auch Wilcken, Ostraka I S.764. — 4) Im Original sind die Inschriften über dem Könige
von links nach rechts und die über den Gottheiten von rechts nach links zu lesen.
1904.]
Miscellen.
93
§Os Q, O ü
fiUjjS
a_j ^
ä
w w
s
Der König, mit dem Königssehurz bekleidet, trägt die Doppelkrone auf
dem Haupte. Amon-Re hat die zwei langen Federn, Maut die Doppelkrone
und Honsu den aus drei Ate/- Kronen bestehenden Kopfschmuck.
Leider ist nichts über den Fundort der Stele bekannt, da sie, wie mir
Hr. Bexedite in Paris gütigst mitteilte, durch Ankauf ins Louvremuseum ge-
langt ist. W. GOLENISCHEEF.
Gurob and Dendereh. — As it is assumed (ÄZ. XL, 105 and 106) that I
have made a mistake in spelling these names, allow me to say that when at
Gurob recently I inquired particularly about the sound of the name. There is
no doubt that the raven is locally pronounced Gurob, and when I asked if it
was not Ghorab I was told no, it was Gurob. This local pronounciation is im-
portant, as it might the more easily be confounded with Karobana. Again.
regarding Dendereh, I carefully adopted that spelling in order to point clearly
that the final letter was not aleph but he: and the local sound of the name
agrees to this.
It is very desirable not to let theory obliterate facts. And in the great
collection of place-names in the Egyptian Survey I am glad to say that the
exact local sound of names is recorded, rather than the official spelling which
is often wrong. W. M. Flinders Petrie.
Zu dem Nildatum Sabatakas (ÄZ. 40, 124f.). — Bei der Umsetzung
der julianischen Daten in gregorianische auf S. 125 habe ich einen elementaren
Fehler begangen , vor dem ich selbst Anfänger oft genug gewarnt habe. Der
16. Oktober jul. 700 v. Chr. ist natürlich = 8. Oktober greg., der 19. Oktober jul.
= 11. Oktober greg. Wieviel besser das paßt, bedarf keiner Ausführung.
Eduard 3Ieyer.
94 Erschienene Schriften. [41. Band.
Erschienene Schriften.
Ägyptische Grabsteine und Denksteine aus süddeutschen Sammlungen. Herausgegeben von
Willi. Spiegelberg. II. München. Bearbeitet von DD. Privatdozent K. Dyroff und Divisions-
pfarrer H. Poertner. 4. VII und 33 SS. Mit 38 Abb. auf 25 Lichtdrucktafeln. Straßburg 1904.
Ägyptische Inschriften aus den Königlichen Museen zu Berlin. Herausgegeben von der
Generalverwaltung. III. Inschriften des Mittleren Reichs. 4. S. 137 — 209. Leipzig 1904.
Ägyptische Urkunden aus den Königlichen Museen zu Berlin. Herausgegeben von der General-
verwaltung. Koptische Urkunden. Erster Band, fünftes Heft. 4. S. 131 — 162 (Literarische
Fragmente). Berlin 1904.
Lady Amherst of Hackney, A Sketch of Egyptian history from the earliest times to the present
day. Mit Abbildungen und Karten. 8. XP7 und 474 SS. London 1904.
P. J. Bales tri, Sacrorum Bibliorum fragmenta Copto-Sahidica Musei Borgiani. Vol. III. Novum
Testamentum. 4. LXVIII, 509 SS., 40 Taff. Rom 1904.
Georges Benedite, Un Guerrier Libyen ; figurine egyptienne en bronze incruste d'argent, con-
servee au Musee du Louvre (Monuments et Memoires publies par l'Academie des Iuscriptions
et Beiles -Lettres. Tome IX, IP). Paris 1903.
, Une nouvelle Palette en Schiste (ebenda, Tome X, IIe). Paris 1904.
— — , Une nouvelle representation d'Horus Legionnaire (Revue archeologique 1904, I, p. 111 — 118).
F. W. von Bissing, Geschichte Ägyptens im Umriß von den ältesten Zeiten bis auf die Er-
oberung durch die Araber. 8. VIII und 188 SS. Berlin 1904.
Ludwig Borchardt, Ausgrabungen der Deutschen Orient -Gesellschaft bei Abusir im Winter
1903/4. 8. 26 SS. (Mitteilungen der D. O. G. Nr. 24. September 1904).
Jean Capart, Les Debüts de l'Art en Egypte (Wiederabdruck aus den Annales de la Societe
d'Archeologie de Bruxelles, tome XVII 1903 und tome XVIII 1904). 8. 316 SS. mit 191 Abb.
Brüssel 1904.
Catalogue General des Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire. Vol. XII. Nos 7001 — 7394
und 8742 — 9200. Koptische Kunst von Josef Strzygowski. 4. XXIV und 362 SS., 40 Taff.
Wien 1904.
, Vol. XIV. Nos 28079 — 28086. Sarcophages anterieures au Nouvel Empire par M.Pierre
Lacau. 2^me fasc. 4. S. 169 — 238; Taf. 31— 57. Cairo 1904.
Catalogus van het Rijksmuseum van oudheden te Leiden. Egyptische Afdeeling. le deel. 8.
8 und 75 SS. 1904.
W. E. Cr Tim, Inscriptions from Shenoute's Monastary (Journal of Theological Studies Vol. V
p. 552 — 569).
— — , A study in the history of Egyptian Monasticism (Besprechung von Leipoldts Schenute von
Atripe; Journal of Theological Studies Vol. V p. 129 — 133).
N. de G. Davies, The rock tombs of El Amarna. Part I. — The tomb of Meryra (Archaeological
Survey of Egypt, edited by F. LI. Griffith. 13* Memoir). 4. VIII und 56 SS., 42 Taff.
London 1903.
Theodore M. Davis' Excavations: Bibän el Molük. The tomb of Thoutmosis IV, by Howard
Carter and Percy E. Newberry; with an essay on the king's life and monuments by Gaston
Maspero, and a paper on the physical characters of the mummy of Thoutmosis IV, by G. Elliot
Smith. 4. XLV, 150 SS., 28 (30) Taff. und vielen Textabb. Westminster 1904.
Adolf Erman. Ägyptische Chrestomathie zum Gebrauch auf Universitäten und zum Selbstunter-
richt (Porta linguarum orientalium Pars XIX). 8. XXII, 156 und 78 SS. Berlin 1904.
— — , Ägyptisches Glossar. Die häufigen Worte der ägyptischen Sprache. 8. VIII und 160 SS.
Berlin 1904.
, Die Sphinxstele (aus Sitzungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. 1904. XI). 8. 17 SS.
Berlin 1904.
— — , Ein neues Denkmal von der großen Sphinx (ebenda). 2 SS. Berlin 1904.
1904.] Erschienene Schriften. 95
F. LI. Griffith and Herbert Thompson, The Demotic Magical Papyrus of London and Leiden.
8. VIII, 205 SS. London 1904.
H. R. Hall, Greek Ostraka in the British Museum, including a Ptolemaic Fragment of the Phoe-
nissae (Classical Review, vol. 18, No. 1. February 1904). — Mit Bemerkungen über die griechische
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Carl Schmidt, Acta Pauli. Aus der Heidelberger koptischen Papyrushandschrift Nr. 1 herausge-
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G. Schweinfurth, Steinzeitliche Forschungen in Oberägypten (Zeitschrift für Ethnologie 1903,
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Walter Wreszinski, Die Hohenpriester des Amon. Berliner Inauguraldissertation. 4. 62 SS.
(nebst einem Nachtrag von 5 SS.) 1904.
Leipzig, J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung. — Verantwortl. Redakteur Prof. Dr. G. Steindorff, Leipzig, Waldstr. 52.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
E. Meyer: Ent Wickelung d. Kulte v. Abydoa u. d. Schakalsgötter. [41. Band. 1904.] 97
Die Entwickelung der Kulte von Abydos und die sogenannten
Schakalsgötter.
Von Eduard Meyer.
Mit 4 Abbildungen.
Im Gegensatz zu der früher herrschenden Auffassung, zu der auch ich mich
bisher bekannt habe, welche den Ausgangspunkt des Osiriskultus in Abydos
sucht, hat Maspero1 wiederholt mit vollem Recht hervorgehoben, daß seine ur-
sprüngliche Heimat nur das Delta gewesen sein kann. Osiris ist der Gott von
Busiris (Dedu)2: ,;^7n©^K oder fljffm "v\© ist ursprünglich das einzige Epitheton,
das ihm zusteht, und ist, auch als dann die Beziehung zu Abydos hinzutrat,
noch lange das erste und wichtigste Beiwort des Gottes geblieben.
Masperos These ist durch die Ergebnisse der Ausgrabungen Petries in
Abydos durchaus bestätigt worden. Petrie konstatiert seine »Überraschung, daß
Osiris in der älteren Geschichte des Tempels nicht mehr hervortritt« (Abydos II,
47); in den aus dem Alten Reich stammenden Funden kommt er überhaupt
nicht vor. Petrie vermutet, der älteste Gott des Tempels sei Upuaut gewesen;
seit Dynastie 6 sei dann Chonti Amentiu der Herr des Tem-
pels geworden, und erst seit der 12. Dynastie werde dieser
mit Osiris verschmolzen.
Diese Annahmen bedürfen zwar, wie wir sehen werden,
im einzelnen der Berichtigung; aber der Grundgedanke ist
richtig. Das entscheidende Dokument hat Petrie selbst publi-
ziert, aber seltsamerweise nicht richtig verstanden. Es ist
das beistehend abgebildete Bruchstück eines Tempelgefäßes
aus Kalkstein aus den Kammern des ältesten Tempels, welches in der schönen,
sauber eingeritzten Schrift, die wir von den besten Exemplaren der Königsvasen
*) Etudes de mythologie et d'archeologie egyptiennes II, S.10. 359 u. a. Ebenso in seiner
Histoire ancienne.
2) Masperos Annahme, daß er auch nach Mendes (Dedet) gehöre und der Bock von Mendes
eine Gestalt des Osiris sei, kann ich nicht für richtig halten — Dagegen sucht er mit Recht die
Heimat der Mythen von Isis und Horus gleichfalls im Delta, wenn auch Horus in Oberägypten
ebensogut heimisch gewesen ist wie im Nordland.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 13
98 E. Meter: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. [41. Band.
der 1. Dynastie kennen, die Aufschrift (ffll J^\ trägt1. Daß rffl^C^i nur eine
archaische Schreibung des im Alten Reich gebräuchlichen |$J) *C\ 2 Chonti
£} AAAWA
Amentiu ist, bedarf kaum der Bemerkung; das ist also der offizielle Name des
Gottes, dem der Tempel von Abydos (bei Qöm es sultän) unter den Thiniten
gehörte. Dieser Gott aber wurde verehrt in der Gestalt, die sonst dem Anubis
eignet [nicht dem Upuaut, wie Petrie meint], der eines liegenden sogenannten
Schakals. Daraus folgt ohne weiteres, daß der Totengott Chonti Amentiu, der
«Erste der Bewohner des Westreichs«, damals noch nicht Osiris gewesen ist,
sondern dieser in dem alten Heiligtum von Abydos ein späterer Eindringling
ist. Der Tempel des Osiris ist in Abydos ebenso sekundär wie sein Grab; beide
haben ursprünglich einem anderen Herrn gehört.
Bekanntlich stehen im alten Ägypten zwei scharf geschiedene Typen von
»Schakal« -Göttern nebeneinander, der stehende q£\ Upuaut und der liegende
^— > t 3^ u. a. Anubis. Während des Alten Reichs werden die beiden Typen
nie miteinander vertauscht3, und auch noch im Mittleren Reich herrscht die
korrekte Scheidung durchaus vor, z. B. in den Inschriften von Siut bei dem
»Upuaut von Saiut« und dem »Anubis von Rokereret«. Dem entspricht in der
Pepipyramide (I <? c± »Anubis auf seinem Bauch« (Z. 534); ferner Teti 356
= Neferkere«: 176. 819 rD^— N. N. ^"\ J^\ J^IP^lEj >>derTote
kommt als Schakal des Südens, das ist Anubis auf seinem Bauche«. Wenn es
dagegen Pepi 542 heißt ^ V^g^pJ^] l^^i^ff^IJJ
»du bist ja Upuaut, bist ja der auf seinem Gestell, Anubis in der Gotteshalle«,
so wird der Tote hier mit den beiden verwandten Göttern identifiziert.
Nun kennen die Griechen an Stelle des Tieres, das wir konventionell Schakal
nennen und das von den Ägyptern in beiden Fällen, abgesehen von der Stellung,
völlig gleich gebildet wird, zwei heilige Tiere, den Wolf und den Hund. Der
Hund ist nach ihren Angaben das Tier des Anubis und wird speziell im kyno-
politischen Gau, dem von den Ägyptern als »Gau des Anubis« bezeichneten
17. Oberägyptens, verehrt4; und hier haben sich bei Schech el Fadl denn auch
J) Abydos II, pl. 12,278; Text S. 29. Petrie liest den Namen »Khenti men Upuat« ; darauf
beruht seine Behauptung, Upuat sei der älteste Herr des Tempels.
2) Auch das o fehlt mitunter; das anlautende (1 wird nur selten geschrieben; daneben findet
sich bekanntlich (IMTW V\ • Bei Unas Z. 422 ist noch ßjjf) geschrieben, also das Suffix -tiw
d AAAAAA
ebenso weggelassen, wie auf unserer Scherbe.
s) Diese Tatsache, die jede sorgfältige Publikation lehrt, wird durch die reichen Samm-
lungen des Berliner Wörterbuchs bestätigt. Auch Pyr. Merenre 781, wo in Masperos Ausgabe
Upuaut mit dem liegenden Schakal determiniert ist, hat das Original den stehenden (mit Uräus
und dem wulstartigen Aufsatz an dem Gestell, sowie der über die Tragstange gelegten Keule).
4) Strabo XVII, 1,40 KvvSv rrdXig, Iv r) o Avovßie riuärat xat to<? xvti t«h>j hui ctititi? te-
TCCHTCtl TIS ISSU. Iv §2 TV) TTSOCUU 'O^OSt/y^O? 7T0/.IQ Hat VOfAOS OIJMVVUOQ. Steph. ByZ. S. V. K.VVUUV 7TC?.«?.
1904.] E.Meyer: Entwickelung d. Kulte v. Abydoa u. d. Schakalsgötter. 99
zahlreiche Hundemumien gefunden1. Das liegt gegenüber von Oxyrynchos; die
Angabe Plutarchs2, daß zu seiner Zeit zwischen beiden Gauen ein förmlicher
Krieg ausgebrochen sei, weil die Oxyrynchiten , um ihre den Oxyrynchosfisch
essenden Nachbarn aus Kynopolis zu ärgern, mehrere Hunde einfingen, opfer-
ten und verzehrten, ist also völlig korrekt. Der Kultus des Wolfs hat dagegen
seinen Sitz im lykopolitischen Gau, d. h. in Siut3. Danach ist klar, daß der
stehende »Schakal« des Upuaut von Siut den Wolf, der liegende des Anubis
den Hund der Griechen darstellt. Ich glaube nun nicht, daß, wie die Neueren
allgemein annehmen, die Griechen dasselbe Tier das eine Mal für einen Hund,
das andere Mal für einen Wolf erklärt haben; denn in solchen Dingen haben
sie sehr sorgfältig beobachtet, und ihre Angaben haben sich immer als stich-
haltig erwiesen. Auch ist es ja gar nicht denkbar, daß sie nicht gewußt
haben sollten, welches Tier dem allbekannten und überall verehrten Anubis
heilig war, und nie nennen sie ihn anders als Hund4, und oft erwähnen
sie, daß, der Verbreitung des Anubiskults entsprechend, der Hund in ganz
Ägypten heilig war5, während die Heiligkeit des Wolfs auf den Lokalkult von
Siut (Lykopolis) beschränkt ist. Somit ist vielmehr umgekehrt anzunehmen,
daß die Ägypter in der bildlichen Darstellung die beiden verwandten Tiere
nicht geschieden haben, obwohl sie im Kultus durchaus geschieden waren6:
ihnen genügte die äußerliche Unterscheidung durch das stehende und das liegende
Tier. Und nun bedarf es kaum der Erwähnung, wie gut die liegende Stellung
zum Hund, die stehende zum Wolf paßt. Ich glaube daher, daß wir unbedenklich
aufhören können von einem »Schakal« zu reden7, sondern zu scheiden haben:
x) Bädeker, Ägypten5 198. — 2) De Is. 72. Entstellt Aelian hist. anim. XI, 27 Qrßaiot o\
i\> Aiyvnrw ngcs Pwucctovs V7rsg xvvos tvo\sixyi<tcci XtyovTctt. — 3) Strabo XVII, 1, 40 tmwti ... 7.vxov
Avxc-rroXtTcct. Plut. de Is. 72 \xovoi AlyinrTtwv Auxo7to?.?t«j TvgcßaTov itStiovitw , inet tccei "KuHog, ov 9"sov
vcuigovTtv. Clem. Alex, protrept. 2 , 39 Avxo7toXitcu \vxov, Kwo7ro?.7-cci xvva. — 4) Z.B. Apuieius
met. 11, 11; Lucian vit. auct. 16; Firmicus de err. prof. rel. 2, 2 und oft.
5) Z.B. Herodot II, 67; Strabo XVII, 1,40. Daher die ätiologische Erzählung, Anubis,
der Sohn des Osiris von Nephthys, sei von Isis durch Hunde aufgespürt und dann zu ihrem
Wächter und schützenden Begleiter aufgezogen worden; daher werde er als Hund dargestellt
(>.syqxsvou to\j$ Ssovs (p^ovosiv wtttsq o\ y.vvsg tovs uvSpümovs): Plut. de Is. 14. 44; Diodor I, 87, 2 f.
in etwas anderer Fassung.
6) Das hat gar nichts Auffallendes. So vertritt die Wespe XJkL in der Schreibung des Wortes
|^,Q j »Honig« offenbar die Biene. Noch bezeichnender ist, daß der Bock von Mendes immer
mit der Hieroglyphe des Widders ^^> geschrieben wird, obwohl er zweifellos ein Ziegenbock
Tgctyoq war; so selbst in der bildlichen Darstellung auf der Mendesstele Mariexte, Mon. div. 43
[wie wenig man versucht hat, hier wirklich das heilige Tier nachzubilden, geht daraus hervor,
daß er hier vier Hörner hat, die beiden nach unten gekrümmten sogenannten Ammonshörner und
die beiden sich horizontal windenden des Chnumu]. Die einzige bildliche Darstellung, welche
wirklich den heiligen Bock nachbildet, findet sich bei Ledrain, Mon. eg. de la bibl. nation. pl. 2;
aber die Beischrift lautet auch hier ^>£3> | i j|
Ml \\ I I li@ III
7) Welcher Spezies das dargestellte Tier zoologisch angehört, ist eine Frage für sich. Es
ist sehr wohl möglich, daß die Ägypter den Schakal zu den Hunden (oder auch zu den Wölfen)
gerechnet haben.
13*
V
\
100 E. Meter: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. [41. Band.
^a = Hund = Anubis,
ojp^ = Wolf = Upuaut.
Von hier aus fällt noch auf einige andere bisher nicht verstandene An-
gaben der Griechen ein helles Licht. Bei Diodor I, 18 erscheinen die beiden
Götter nebeneinander als Anubis und Makedon, zwei kriegerische Söhne des
Osiris, die ihn auf seinen Feldzügen begleiten: Anubis setzt sich eine Hunds-
kappe (xwyJ) auf, Makedon den Vorderteil eines Wolfs \ Es ist klar, daß Makedon
nur Upuaut sein kann; wie er zu seinem seltsamen Namen gekommen ist, für
den mir ein weiterer Beleg nicht bekannt ist, vermag ich nicht zu sagen. Bei
Diodor I, 88, 6 kommt Osiris der Isis und dem Horus im Kampf gegen Typhon
aus dem Hades zu Hilfe, und zwar in W^olfsgestalt , also als Upuaut; daher
wird der Wolf verehrt2. Nach Herodot II, 122 wird beim Isisfest (das an den
Besuch des Rhampsinit im Hades und sein Würfelspiel mit Demeter = Isis an-
geknüpft wird) ein Priester, der den der Göttin gewebten Mantel überbringen
soll, mit verbundenen Augen auf den Weg zum Isistempel geführt und allein
gelassen: alsdann, so erzählen die Ägypter, «wird er von zwei Wölfen in das
20 Stadien von der Stadt entfernte Isis- (Demeter-) Heiligtum geführt, und ebenso
führen die W^ölfe ihn zurück « . Das sind also die in den Inschriften oft erwähnten
beiden Upuaut, die »Pfadfuhrer« des Südens und des Nordens.
W^enn wir jetzt das aus dem Alten Reich erhaltene Material überblicken,
so werden unsere bisherigen Ergebnisse durchweg bestätigt und ergänzt. In
den Pyramideninschriften erscheint bekanntlich der Gott Chonti Amentiu sehr
oft; aber niemals wird er mit Osiris identifiziert. W^ohl aber erhält er Merenrec 166
= Neferkerec 654 das Determinativ des liegenden Hundes: »in deinem Namen
fW] ^S\.I&=a. «3, genau wie auf der Vase von Abydos, von der wir ausge-
gangen sind. Und Unas 70 f. = N. 331 heißt es: »du führst seinen Pfad unter
den Geistern, (daß er) dasteht unter den Geistern als Anubis Chonti Amentiu
(_ ol^^ry^^^^^ dieselbe Formel ^=a is hnti imntiw steht
U. 288 = T. 146 = M. 199 = N. 542, und T. 387 = M. 403 gibt Anubis Chonti
Amentiu das Totenopfer, wie sonst (Pepi 82) Anubis ohne Zusatz.
Wie in den Pyramidentexten ist Chonti Amentiu auch in den Grabinschriften
zunächst ein selbständiger Gott. Bekanntlich ist der Gott, der zunächst und
1) cti/.(port(}ovQ de. ry^QY}jmocT3,at Toig ImTyiixoTaroig OTrXoig coro rtvwv ^wwv ovx ecvotxetwv ty\ tzs^i
civtovs svToXtMcc tov jxsu yug Xvovßtv neatSzoS'ai xvvvjv, rou 8s MctxeSovcc Xvxov tzqqto\xyiV cctp vjg
a'iTictg hui tu ^ou« ravrcc rifXYi^Yjvat itctpct roig Atyv7rrioig.
2) Daneben steht 88, 7 die andere Erzählung, als die Äthiopen Ägypten angriffen, hätten
Scharen von Wölfen sie »oberhalb Elephantines« aus dem Lande verjagt; deshalb heiße »dieser
Gau« (rou voixov in£ivov) Lykopolites, und würden die Wölfe hier verehrt. Das ist durch Kürzung
entstellt, wird aber auf eine echt ägyptische Sage zurückgehen: die Wölfe von Lykopolis, die
Ägypten »bis nach Elephantine hin« von den aus dem Süden eingedrungenen Feinden befreien,
sind hier die Vorkämpfer und göttlichen Schutzmächte Ägyptens.
3) An den Parallelstellen Teti 183 = Pepi 531 fehlt das Determinativ.
1904.] E. Meter: Entwickelung d. Kalte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. 101
sehr häufig allein in der Totenformel angerufen wird, Anubis »der in der Gottes-
halle« IfMl |L| I, der" »Herr der Nekropole« V=^- der die Bestattung und die
Opfergaben im Jenseits vermittelt. Meist erhält er noch weitere Epitheta nach
seinen Hauptkultusstätten: »der auf dem Schlangenberge « ^^, d.i. der Gaugott
des 12. Gaues (Hierakonpolis) , »der von Wif« -jU "y^^1 und, wesentlich seltener'2,
»der Herr des Gaues von Sepa«- (Hipponon, der 18. Gau). Viele Gräber begnügen
sich mit seiner Anrufung; werden weitere Götter hinzugefügt, so erscheint ge-
wöhnlich eine Trias3: 1. Anubis (mit den eben angeführten Titeln); 2. Osiris
mit dem ständigen Zusatz »der von Busiris« \(W\ oder vj7|v\© . gelegentlich
auch »der große Gott, der Herr des Rechts«4; 3. Chonti Amentiu, mehrfach
mit dem Zusatz » der Herr des westlichen Friedhofs nb smjt imntjt« 5. Dieser
Gott Chonti Amentiu wird nun bereits sehr oft als »Herr von Abydos« bezeich-
net6. Vereinzelt wird er wie in den Pyramidentexten so auch in den Toten-
formeln schon früh dem Anubis gleichgesetzt7, und diese Gleichung, Anubis Chonti
Amentiu, hat sich gelegentlich bis ins Neue Reich erhalten8.
Abydos kommt in den Pyramidentexten nach Ausweis des Wörterbuchs
überhaupt nur in zwei Texten vor, die insgesamt an sieben Stellen erhalten
sind. Öfter (insgesamt in 8 Kapiteln) wird der thinitische Gau ===>-*&, :ffffP ge-
nannt, mehrfach in Verbindung mit den Osirissagen — man sieht, wie diese
hier allmählich festen Fuß fassen. Dagegen kann der Chonti Amentiu der Py-
ramidentexte nicht der lokale Tempelgott von Abydos sein, sondern ist ein ver-
mutlich in ganz Ägypten bekannter Totengott, den man sich wohl überall in
1) Die Lage dieses Ortes ist bekanntlich noch nicht ermittelt. Eigentlich kann er, zwischen
dem 12. und 18. Gau, kaum etwas anderes sein, als die Gaustadt des 17. Gaues, des Kynopolites,
der wenigstens den Griechen für den Hauptsitz des Anubis galt und dessen Fehlen man kaum be-
greifen würde.
2) Z.B. Mariette, Mastabas D 69. F2, und aus der Zeit zwischen Dynastie 6 und 12 z.B.
Ägypt. Inschriften aus dem Berl. Mus. S. 125. 130. 133. 134bis.
3) Ich habe für die Triade aus Mariettes Mastabas notiert C 10. 19, D 19. 28, E 1. 2; LD. II,
112 c? (Dynastie 6), aber keineswegs alle Stellen gesammelt. — Anubis und Osiris allein finden sich
Mariette, Mastabas C 4, D 1. 6. 39. 60 u. a. — Die Götter werden, wenn nicht die ganze Formel
wiederholt wird, immer durch Wiederholung der Worte A geschieden.
£} D LA
4) Mariette, Mastabas C 10, E 1. 2. Übrigens ist Osiris mit dem »großen Gott« nicht durch-
weg identisch; vgl. z. B. imhw hr ntr U hr Osiri nb Ddw Mariette, Mastabas D 39 u. a., wo die
Wiederholung von hr beweist, daß die beiden Götter unterschieden werden. Ebenso Ägypt. In-
schriften des Berl. Mus. S. 120.
5) Mariette, Mastabas C 18, D 19. — 6) Mariette, Mastabas C 10, D 28. 60, E 1. 2; »Herr
des thinitischen Gaues« LD. II, 112c? (Dynastie 6).
7) Mariette, Mastabas C 11, D 59; LD. II, 48. 101. Im Grabe des Ptahhotep in Sakkara
(Eg. Research Account 1896: The Ramesseum cet. pl. 33 + 31) werden »der große Gott« und Osiris
ausdrücklich von Anubis Chonti Amentiu geschieden: imshw $r | \ . hr Osiri, hr J^. |j$j) W* xs\ •
s) Aus den Sammlungen für das Wörterbuch notiere ich aus dem Neuen Reich die Stele V 1 2
aus Leiden, auf der Anubis die Beinamen iHr ^}*^ j \ fWlf ^irt-
102 E. Meyer: Etitwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. [41. Band.
Hundsgestalt vorstellte, dem Anubis sehr ähnlich, so daß er leicht mit diesem
verschmelzen konnte1.
Aber Abydos hat schon unter der 1. Dynastie als Grabstätte der Könige
und des Hofes eine exceptionelle Bedeutung für alle mit Tod und Grab ver-
bundenen Vorstellungen gewonnen; es ist ja offenbar schon damals die eigent-
liche Gräberstadt des Reiches gewesen, wenigstens unter den meisten Königen
der 1. Dynastie und unter Perjebsen und Chac sechemui aus der 2., während im
Leben König und Hof in den in den Denkmälern so oft erwähnten Königsstädten
residierten, die jeder Herrscher sich erbaute und mit einem besonderen Namen
belegte. So begreift es sich, daß man Abydos früh als den Hauptsitz des Chonti
Amentiu betrachtet hat, da ihm der Tempel der Stadt gehörte und er ohne
Zweifel auch der Schutzherr ihrer Nekropole gewesen ist. Daher sehen wir den
Zusatz »der Herr von Abydos« in den Totenformeln der Mastabas aufkommen,
während zugleich auch die Gleichsetzung mit dem in seiner äußeren Gestalt
identischen Anubis Verbreitung gewinnt.
Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Zauberformeln der Totentexte, die
der Cherheb rezitierte, mit ihren der Osirisreligion entnommenen Bestandteilen
schon unter den Thiniten bei der Bestattung des Königs und seiner Hofbeamten
regelmäßig verwendet worden sind. So kam es , daß auch Osiris mit Abydos in
Verbindung trat und diese Verbindung bestehen blieb, ja sich nur noch weiter
entwickelte, als Abydos aufhörte, die Grabstätte des Hofs zu sein, und das Ge-
biet von Memphis an seine Stelle trat2. Daher finden wir gelegentlich schon in
alten Mastabas bei »Osiris in Dedu« den weiteren Zusatz »Herr des thinitischen
Gaues«3. Zu Ende des Alten Reichs kommt dann seine Gleichsetzung mit Chonti
Amentiu von Abydos auf, in der Formel n^f^U ^ ^(W) t w^^TJ & *'
die dann im Mittleren Reich die herrschende wird und die ältere Gleichung
Chonti Amentiu = Anubis schließlich völlig verdrängt hat. Spätestens damals,
vielleicht aber schon unter der 6. Dynastie, muß Osiris der Herr des alten Tem-
pels des Chonti Amentiu in Abydos geworden sein — unter der 6. Dynastie
') Ursprünglich identisch mit ihm kann er nicht sein, denn dann würde er nicht in den
Formeln der Mastabas neben ihm als selbständiger Gott stehen. Aber es ist sehr denkbar, daß
man in manchen Teilen Ägyptens, speziell in der Heimat der Osirissage, den Götterhund, unter
dessen Schutz die Gräber und die Toten standen, Anubis, in anderen, z. B. in Abydos, »den im
Westen« genannt hat. Ebenso möglich ist freilich, daß beide von Anfang an nebeneinander standen,
wie die beiden Upuaut.
2) Hier sind dann in gleicher Weise Sokar und Ptah mit dem Totenkult und mit Osiris
in Verbindung getreten. — 3) Mariette, Mastabas C 19; D 69 nur »Osiris Herr des thinitischen
Gaues« und daneben »Osiris Herr von Dedu Chonti Amentiu Herr von Abydos«.
4) Mariette, Mastabas D 69, F 2; LD. II, 113a (Dynastie 6); Ägypt. Inschriften des Berl.
Mus. S. 52 (Dynastie 6); dann aus der Zeit zwischen Dynastie 6 und 12 S. 121. 126. 127. 131. 133.
134bis; ferner Petrie, Denderah pl. 2. 3. 8. 15 (Dynastie 6 — 10). HJlWlW'^N^ allein, ohne
weiteren Zusatz, unter Dynastie 6: Ägypt. Inschriften des Berl. Mus. S. 45. 46. Die Hauptvariante
sit »Osiris Herr von Dedu, der große Gott, Herr von Abydos«.
1904.] E. Meter: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. 103
beginnt ja die Beisetzung der Toten aus allen Teilen Ägyptens in Abydos,
welche zur Voraussetzung hat, daß hier Osiris begraben ist — , und um die-
selbe Zeit hat man auch sein «Grab in Peqer« in dem alten Königsgrabe des
Zer in Umm el Gacäb entdeckt1. —
Neben dem hundegestaltigen , dem Anubis gleichenden Chonti Amentiu ist in
Abydos seit alters auch der Wolfsgott Upuaut heimisch. In den Totenformeln
des Mittleren Reichs wird er sehr oft neben Osiris erwähnt, oft mit dem Zusatz
»in Abydos« oder »der große Gott in Abydos«, vielfach auch als »Herr der
Nekropole« (to doser). Genaueres über diese lehrt das von Neferhotep usurpierte
Dekret aus dem Mittleren Reich (El Amrah and Abydos pl. 29, vgl. Griffiths
Übersetzung S. 93), wonach sie im Süden von Abydos lag; der König befiehlt,
»sie für seinen Vater Upuaut, den Herrn der Nekropolis, zu beschirmen, wie
es Horus für seinen Vater Osiris Unnofre tat«, und läßt sie durch vier Grenz-
stelen einfrieden; wer auf ihr gefunden wird oder ein Grab auf ihr anlegt, soll
mit dem Tode bestraft werden. Daß Upuaut jetzt auch im Kultus eng mit Osiris
verbunden war, lehrt die von Schäfer vortrefflich behandelte Inschrift des Icher-
nofret (aus der Zeit Sesostris' III.), nach der dieser »den Auszug des Upuaut ver-
anstaltete, als er ging, um seinem A^ater zu helfen«2. Upuaut ist also der Sohn
des Osiris, der ihm auf seinen Zügen beisteht und ihm »die Wege öffnet (bahnt)«
— genau wie Diodor von dem Wolfsgott Makedon berichtet (s. o. S.100). — Die
beiden Upuaut, der des Südens und der des Nordens ( ?Vy i o£\ 1 \V /j /l und
j^it^yX <w>-y==x.(](] ), finden sich in der Titulatur eines Königs der 13. Dynastie,
der seinen Namen auf einen Steinblock (Treppenstufe?) Sesostris' I. im Tempel
von Abydos geschrieben hat; außerdem nennt er sich »geliebt von [Osiris]
Chonti Amentiu« (Petrie, Abydos I 58, Text S. 29).
In den Grabinschriften und Totentexten erscheinen Anubis und Upuaut
(oder die beiden Upuaut) durchaus als Totengötter, und wir sind gewöhnt, sie
ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Aber so wichtig diese
Funktionen geworden sind, sie können nicht die einzigen und noch weniger die
ursprünglichen dieser Götter gewesen sein. Anubis ist der Schutzgott, der »Herr«
von drei mittelägyptischen Gauen, außerdem wahrscheinlich auch im Delta heimisch,
Upuaut der Gott des wichtigen Gaues von Siut. Die Sorge für die Bestattung,
der Schutz der Toten und die dem verstorbenen Osiris ehemals geleistete Hilfe,
die alljährlich bei den Festspielen wieder zur Darstellung gebracht wird, sind
für diejenigen, die sie als ihren »Stadtgott« verehren — und das sind die,
welche für den Kultus und das ursprüngliche Wesen des Kultgottes allein
in Betracht kommen — , immer nur Nebensache gewesen : sie fordern von
') Mit Recht postuliert Schäfer (Die Mysterien des Osiris, Unters, zur Gesch. Ägyptens IV,
S. 28f.), daß das Grab des Osiris unter der 12. Dynastie schon hier lokalisiert gewesen sein muß.
— 2) Z. 17, s. Schäfer, Die Mysterien des Osiris S. 21 f., der die Parallelstellen anfuhrt, an denen
von den Auszügen des Upuaut die Rede ist.
104
E. Meyer: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter.
[41. Band.
ihnen wohl auch eine korrekte Bestattung und Schutz im Grabe und auf den
Gefilden des Westens, aber vor allem Schutz im Leben. So erklärt es sich,
daß sich von dem dem Kultus der Lebenden angehörenden Hundsgott Anubis
der Hundsgott Chonti Amentiu »der im Westen« abgezweigt hat, als der Gott,
dem die Sorge um die Toten zusteht. Daß dieser in Abydos einen Tempel hat
und hier der alte Stadtgott ist, ist begreiflich genug; denn Abydos ist nicht das
politische Zentrum des Gaues gewesen, sondern Thinis mit dem Gott Anhur (von
dessen Wesen wir leider sehr wenig wissen): Abydos war immer nur die Toten-
stadt1 und verehrt daher einen Totengott.
Was wir aus den Tatsachen des Kultus postulieren müssen, tritt uns in
den ältesten Denkmälern in vollem Leben entgegen, vor allem in den Dar-
stellungen der Schminktafeln und Scepter von Hierakonpolis , welche uns, so
wenig wir alles einzelne sicher deuten können, doch noch in das lebendige
Sonderleben der Gaue in der Zeit des Oberägyptischen Reichs Einblick gewäh-
ren. Für den Wolfsgott finden wir verschiedene Typen, von denen die wich-
tigsten hier gegeben werden:
Sie alle stellen nicht das lebende Tier des Gottes dar, sondern das Emblem,
das man als sein Abbild bei Festen und Kämpfen mitnimmt und das wohl
aus Holz geschnitzt war; daher hat der Wolf hier bekanntlich immer nur zwei
Beine2. Die beiden ersten stehen zu Anfang der fünf mit Götteremblemen ge-
schmückten Standarten auf der Stierpalette3, deren in Hände auslaufende Stangen
einen Strick packen (es folgen der Ibis, der Horussperber und das Emblem des
Minu von Koptos). Auf der Palette und dem Scepter des Narmer4 stehen vor
1) Außerdem werden hier mehrere der oben erwähnten » Königsstädte « gelegen haben, von
deren Mauern noch Überreste in den »Forts« bei Abydos erhalten zu sein scheinen.
2) Den seltsamen Wulst in Nr. 1 und 3 an dem Brett, auf dem der Wolf steht, erklärt
Seihe bei Garstang, Bet Khallaf S. 19, aus den Angaben der Tetipyramide 31. 32, wonach er &d&d
hieß und dem Gott (Hr \|^ Ami-upt gehört, der also wohl eine Variation von Upuaut ist
(ebenso vermutlich die beiden y^V^/ö y^ Pepi 42, neben Upuaut; Teti 357 = Neferkere< 176,
in Heliopolis, neben Anubis); sicher ist indessen Sethes Erklärung keineswegs.
3) Bull. corr. hell. XVI pl. I; Steindorff in den Aegyptiaca S. 129; Legge, PSBA. 22, pl. 4;
Ca part, L'art egyptien S. 235.
4) Hierakonpolis pl. 26 B. 29.
1904.] K.Meyer: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. 105
dem König vier Standarten, zuerst der Upuaut Nr. 1 , dann ein seltsamer Wulst
<-0. den ieh nicht erklären kann, darauf zwei Sperber. Auf Siegeln aus Abydos
steht die Upuautstandarte Nr. 1 vor König Zer1, und ebenso auf der Tafel des
Usaphais, welche den Kampf auf der Sinaihalbinsel darstellt", und auf den gleich-
artigen Siegestafeln des Cheops (LL). II, 26) und Sahurec (LD. IL 39) in Wadi
Maghara. Vielleicht noch häufiger kommt Nr. 3 mit der über die Stange
gelegten Kriegskeule vor. Sie findet sich vor dem Bilde des Usaphais3. auf
einem Siegel Zosers aus Betchallaf (pl. 8, 1) und in den Pyramidentexten4. Sie
charakterisiert den Gott als Kriegsgott: dem entspricht es. daß, wie Sethe
hervorgehoben hat5, in dem Pyramidentexte, der P. 175. 462. M. 518. N. 047
vorliegt, die »Horusverehrer« mit dem Bilde des Upuaut (M. 518 mit Keule,
sonst ohne dieselbe) und dahinter Bogen und Wurf holz (?) determiniert werden:
^-"1 V^1'^' Upuaut ist also für die alte Zeit nicht ein Gott der Toten,
sondern der Lebenden, und zwar, genau wie Diodor angibt, der Kriegsgott.
Sein Bild zieht an der Spitze der Truppen ins Feld und öffnet dem Könige
den Weg ins Feindesland. Das besagt sein Name der »Pfadöffner« oder »Pfad-
führer« : daß er auch den Toten den Weg ins Geisterland öffnet, ist daraus
erst abgeleitet.
Daß Upuaut Kriegsgott ist, wird aufs schönste dadurch bestätigt, daß die
große Kriegsgöttin Unterägyptens, Neit von Sais — über ihr Wesen läßt die
Schreibung ihres Namens mit Schild und Pfeilen keinen Zweifel — . denselben
Beinamen upt uaut »die Pfadöffherin« trägt6. Auch Upuaut ist ja kein Eigen-
name, sondern nur ein Beiname des Gottes: unmöglich wäre es nicht, daß der
Wolfsgott von Siut so wenig einen Eigennamen gehabt hat wie z. B. »der von
Tonent«, möglich auch, daß sein wahrer Name in dem seltsamen Makedon
Diodors steckt. Aber zweimal führt der Wolfsgott (mit der Keule) in alten
Texten wirklich einen Eigennamen Iczs^ciö^ Sd, auf dem Palermostein 3. 11,
wo sein Geburtsfest gefeiert wird, und in dem Grabe Mariette, Mastabas D19,
l) Petrie, Royal Tombs II, 15, 108. 109. — 2) Spiegelberg, ÄZ. 35, 7. — 3) Royal
Tombsl. 10,14 = 14,9 (nur teilweise erhalten); 32, 39. — 4) Vgl. S. 1)8 Anm. 3. — Beim Sed-
fest des Newoserrec finden sich alle Formen der Standarten verwendet.
5) Beitr. zur ältesten Gesch. Ägyptens (Unters. III) S. 16; für die Beziehungen der Semsu
tlor zu Upuaut vgl. auch die von Sethe ebenda und S. 8 herangezogenen Stellen aus dem Grabe
des Hapzefa von Siut (Griffith, Tomb I Z. 173. 238), wo die Semsu llor als Wölfe bezeichnet
|^^\ j_j|l Q Vs\ | <^\ >ji j un(j überdies mit den »Seelen von Nechen« in Beziehung gesetzt werden.
Bogen und Wurfholz findet sich hinter der Standarte des Upuaut (ohne Keule) auch in den Fest-
darstellungen im Tempel des Newoserrec.
6) LD. 10. 100b. Mariette, Mast. C 26. Besonders charakteristisch de Morgan, Fouilles
ä Dahchour II (1903) S. 23, wo die Gemahlin eines Sohnes Snofrus wie gewöhnlich die Priester-
tümer der Hathor und Neit bekleidet. Letztere ist geschrieben ^ ? i ? iXl 1 P lim Norden
von Memphis] |y; das Epitheton der Neit steht hier also vor ihrem Eigennamen.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 14
'
106
E. Meyer: Entwickelang d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter.
[41. Band.
wo sein Priestertum erwähnt wird1. Da indessen das Alte Reich, wie wir ge-
sehen haben, mehrere Wolfsgötter kennt, und da der Palermostein unter Schepses-
kaf, wo das Geburtsfest der beiden Upuaut verzeichnet ist, ihren Namen Upuaut
schreibt (fÜ ? ? Q*r^ c^^ > geschrieben mit Wulst und Uräus, aber ohne Keule),
so wird der angesehenste der Wolfsgötter, der Gott von Siut, schwerlich den
Namen Sd geführt haben.
Auch der Kultus des Anubis »von Wt«. (bzw. des Wtj- Priesters) oder des
»Grabesgottes« findet sich schon in der ältesten Zeit mehrfach2. Daß seine
Standarte je in ähnlicher Weise verwertet wurde wie die des Upuaut, ist mir
nicht bekannt; aber seine Bedeutung für das Leben geht daraus hervor, daß
das Fest seiner Geburt unter Menes und anderen Königen der 1. Dynastie mehr-
fach gefeiert wird3.
Noch weiter führt die bekannte Schiefertafel mit der Darstellung der zur
Jagd ausziehenden Krieger4. Diese tragen um die Lenden gebunden den Balg
eines »Schakals« (Wolfs) mit dicht behaartem Schwanz; Kraft und Schnelligkeit
des Tieres und damit des in seiner Gestalt erscheinenden Gottes sollen dadurch
in der aus vielen Parallelen bekannten magischen Weise auf die Krieger seines
Stammes übertragen werden. Das stimmt aufs beste zu der Angabe Diodors,
daß die Wölfe von Lykopolis einstmals die Äthiopen aus dem Lande geschlagen
haben (S. 100 Anm. 2).
Schließlich möchte ich noch daraufhinweisen, daß die drei Gaue 18 (Sepa),
17 (Kynopolis) und 12 (Schlangenberg), deren Gaugott Anubis ist, ein großes,
nur durch den vom linken Ufer herübergreifenden Ziegengau (16) unterbrochenes
Gebiet auf dem rechten Nilufer bilden. Dem Schlangenberg gegenüber liegt
der Wolfsgau von Siut. Beide Götter, der Wolf und der Hund, haben weiter
oben im Gebiet von Abydos eine Kultusstätte gefunden. Das weist, ebenso
wie die Verbreitung des Setkults, des Horus5 u. a., auf uralte Stammesverhält-
M S. 229 = 230 (hier ist C S wohl nur Kopierfehler für R c^ü S. 229); vgl. Sethe hei
o u /
Schäfer, Bruchstück altägypt. Annalen S. 21, der den Eigennamen I ~V heranzieht.
I /wwv\ t*^ d
2) Betchallaf pl.8, 2; Royal Tombs I, 29, 86. 30 (Inschrift des Sabef); II, 12, 5, vgl.
Abydos I, 4, 8.
3) Royal Tombs II, 3,2 = 11, 1. Palermostein Z. 2, 1. 10. — Wenn sich auf anderen
Tafeln des Menes (Royal Tombs II, 3, 4. 3a, 5 = 10, 2. 3a, 6 = 11, 2) die »Geburt des C< findet,
so kann das hier unmöglich den Anubis [imi Wt) bezeichnen, wie allgemein angenommen wird,
sondern muß ein neben diesem stehender Sondergott sein, dessen Namen wir nicht kennen.
4) Steindorff in den Aegyptiaca S. 126; Legge PSBA. 22, pl. II; Capart, L'art egyptien
pl. I zu S. 222.
5) Horus ist zwar ein uralter Lichtgott , der im Mythos eine große Rolle spielt und im west-
lichen Delta, in Letopolis, in Edfu und sonst einen gewiß in die ältesten Zeiten zurückreichenden
Lokalkult hat; aber seine dominierende Stellung in der ägyptischen Reichsreligion (und damit zu-
gleich zahlreiche Filialen seines Kultus) hat er erst durch das Königtum des Oberägyptischen Reichs
von Nechen und ebenso in Unterägypten durch das Königtum von Buto erhalten: er ist in erster Linie
der Königsgott der Herrscher der beiden Reiche, d.h. der Dynastien der »Horus Verehrer« Semsu Hör.
1904.] E. Meyer: Entwickelung d. Kulte v. Abydos u. d. Schakalsgötter. 107
nisse und Stammesverschiebungen hin, in einer Zeit, da das ägyptische Volk1
noch in selbständige Stämme mit gesonderten Kulten zerfiel, die später, zu lo-
kalen Kultverbänden geworden, noch in den Gauen fortleben. Ein vollständiges
Bild dieser »vorhistorischen« Epochen werden wir nie gewinnen können: aber
beträchtlich weiter, als wir bisher gekommen sind, können wir mit dem jetzt
erschlossenen Material gelangen. Die äußeren kulturgeschichtlichen Tatsachen,
welche die »prähistorischen« Funde lehren, helfen für diese Fragen nicht viel:
die Hauptquelle der Erkenntnis, die überall die reichsten Aufschlüsse verspricht,
muß eine sorgfältige, von unten aufsteigende Analyse der lokalen Kulte und
der Mythen der Göttergeschichte bilden. Es scheint an der Zeit, diese Aufgabe
ernstlicher anzufassen, als es bisher (außer von Maspero) geschehen ist, und zwar
in monographischen Untersuchungen, zu denen die Sethes über Imhotep und
die Schäfers über die Mysterien des Osiris in Abydos einen willkommenen An-
fang bilden; an reichen Ergebnissen wird es nirgends fehlen.
Das Osirisgrab von Abydos und der Baum pkr.
Von Heinrich Schäfer.
Mit einer Abbildung.
J3ei der Bearbeitung2 der Inschrift des I-cher-nofret (Berlin 1204) habe ich
gezeigt, wie der Ort Pkr bei Abydos seine Bedeutung in der religiösen Lite-
ratur dadurch erhalten hat, daß er das Grab des Osiris trug3. Daß die Kon-
sonanten des Namens p, k und r sind, steht fest4, alle abweichenden Schrei-
bungen sind aus dieser ältesten Form durch Abschleifung des Schluß -r und
Veränderung des ^-Lautes entstanden. Determiniert wird der Name gewöhnlich
durch eins der Ortszeichen r^^i oder ©. Am auffälligsten ist es, daß sich weit-
aus an den meisten Stellen außerdem noch das Determinativ ^?-^ findet5.
Das hatte mich schon bei der Behandlung jener Inschrift auf den Gedanken
gebracht, daß der Name etwas mit einem Baumnamen zu tun hätte. Diese Ver-
mutung, die ich damals nicht auszusprechen wagte, ist mir jetzt zur Gewißheit
geworden, da ich sehe, daß da, wo eine Berliner Stele des mittleren Reichs
(Berlin 1191) |^^ Xfnjs l-^^^ v-=^" hat? das Duplikat dieser Inschrift in Leiden
l) An fremde Eroberer und Rassenmischung vermag ich nicht zu glauben, wenigstens nicht
in einer geschichtlicher Erkenntnis noch zugänglichen Zeit. — 2) Die Mysterien des Osiris in Abydos
unter König Sesostris III. (in Sethes Untersuchungen Bd. IV, 2). — 3) A. a. 0. S. 29. — *) A. a. 0.
S. 27. — 5) Einige der vielen Stellen a. a. O.
14*
108 Heinrich Schäfer: Das Osirisgrab von Abydos und der Bauin pkr. [41. Band.
(V 79) v\ n°< 1 A^ schreibt. Da der Name des Ortes gelegentlich
auch ü^-^- geschrieben wird, so wird die freundliche Mitteilung Boesers. daß
"wirklich sicher der Baum (j und kein (1 dasteht«, die Ausflucht abschneiden,
daß ein Fehler des modernen Kopisten vorliegt. Ein Versehen des alten Stein-
metzen anzunehmen, liegt absolut kein Grund vor. So dürfen wir wohl mit Fug
und Recht aus den Schreibungen mit dem Baumast und dem Baum fürs erste
folgern , daß es einen Baumnamen " h gegeben hat.
In der Tat kommt noch, in ptolemäischen Texten ein Wort o?
vor, das nach Brugsch1 »eine besondere Pflanzenart bezeichnet, deren Frucht
mit zu den Ingredienzien bei der Zubereitung des Kyphi gehörte«. Es liegt auf
der Hand, daß diese Pflanze eben der von uns geforderte Baum ist.
Aber noch weitere Folgerungen ergeben sich. Es gibt zwei Möglichkeiten,
das (\ und ^^- in dem Ortsnamen zu erklären. Entweder sind die Zeichen von
dem Baumnamen auf den vielleicht etymologisch ganz verschiedenen Ortsnamen
nur darum übertragen worden, weil beide die gleichen Radikale haben, oder aber
die beiden Worte hängen wirklich etymologisch zusammen. Im zweiten Falle
bedeutete also der Ortsname »der mit dem Pkr- Baume«2. Bei anderen Worten
ist es oft unmöglich, sich zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu entscheiden.
Hier aber wird es kaum zweifelhaft sein, daß nur die zweite Annahme gelten
kann, da sie in überraschender Weise zu einigen uns sonst bekannten Tatsachen
stimmt. Wenn der Ort des Osirisgrabes von Abydos nämlich nach dem pkr-
Baume genannt ist, so bleibt nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß die
Baumart pkr in einem oder in mehreren Exemplaren an diesem Osirisgrabe ge-
pflegt wurde.
Nun habe ich schon3 darauf hingewiesen, daß es nach einer Inschrift aus
saitischer Zeit am Osirisgrabe von Abydos, im vSttCI^]. d. i. w-Pkr, Bäume ge-
geben hat. Heute kann ich dieser Angabe noch die wichtigen Stellen aus dem
Berliner demotischen Papyrus P. 8B51 hinzufügen, die nach Spiegelbergs Über-
setzung4 lauten (Seite 5 Zeile 9): »Man spendet dir Wasser auf jenen 365 Opfer-
tafeln, welche unter den großen Bäumen von Wpk sind« und (Seite 3 Zeile 15):
»Deine Seele wandelt mit (so Sp.) den großen Bäumen von Wpk. « Wir besitzen
vielleicht sogar eine schematische Abbildung des abydenischen Grabes mit den
Bäumen in einer Darstellung auf einem saitischen Sarge in Marseille, auf die
Laxzone (Dizion. Taf. 304. Text S. 802) und Maspero (Cat. d. mus. eg. d. Mar-
') Wörterb. S. 518. — 2) Er ist dann etwa pkrj o. ä. zu lesen. — 3) Osirismysterien S. 29.
4) Die demot. Pap. ans den Kgl. Mus. zu Berlin. S. 27. Spiegelberg ist natürlich die Ähn-
lichkeit der ersten Stelle mit Diodor 1 . 22 aufgefallen: »Auf der Nilinsel bei Philä ., die 'teqcv mhlov
heißt, zeigt man das noch heute vorhandene Grab des Osiris ... und die 360 Opfertafeln, die es
rings umgeben. Diese füllen die dazu angestellten Priester täglich mit Milch und rufen unter
Klagen die Namen der Götter (Osiris und Isis).«
1904.] Heinrich Schäfer: Das Osirisgrab von Abydos und der Baum •plsr. 109
seille, S. 52) aufmerksam gemacht haben. Wir sehen den Hügel, der die Grab-
kammer birgt und aus dem vier Bäume herauswachsen. Die ganze Darstellung
mit den Beischriften verdiente eine bessere Publikation als die Skizze bei Lanzone.
Aber auch an einigen Kultstätten des Osiris außerhalb von Abydos ist ein
Baum am Grabe des Gottes sicher nachzuweisen. So wird nach Plutarch1 das
Osirisgrab von Abaton bei Philae »von einem Baume überschattet, der an Höhe
jeden Ölbaum übertrifft«. Ein bekanntes Bild aus einem Grabe bei Höu2 zeigt
einen Sarg, der von einem schlanken Baume beschattet wird. Auf dessen Ästen
sitzt ein als »Seele des Osiris« bezeichneter Reiher. Ähnliche Darstellungen finden
sieh in Dendera usw. Endlich wissen wir aus Plutarch3, daß für seine Zeit
ein Baum sehr eng mit dem Sarge des Osiris auch im Mythus verbunden war:
der Sarg wird von den Meereswellen bei Byblos ans Land gespült und sanft
an einer ipetXY\ (Erica arborea) abgesetzt. Der Baum schießt schnell zu einem
schönen, mächtigen Stamme empor, umschließt den Sarg des Gottes und ver-
birgt ihn, bis Isis ihn findet und herauslöst.
Das Zusammentreffen dieser Tatsachen mit der von uns gewonnenen Ety-
mologie von Pkr, dem Namen des abydenischen Osirisgrabes , kann nicht bloßer
Zufall sein. Wir dürfen, denke ich, unser Ergebnis als ge-
sichert betrachten.
Für die Geschichte des Mythus und des Kultus ist es
gleich wichtig, daß wir die Verbindung des Osiris mit dem
Baume, die wir bisher nur anderswoher und aus späterer Zeit
kannten, nun auch nach Abydos, und zwar schon in das
mittlere Reich, übertragen können. Zu vermuten ist ja schon
an sich, daß das mittlere Reich nicht die Entstehungszeit
dieses Gedankens ist, und in der Tat findet sich in den Pyramidentexten ein
Spruch4, der, wie Sethe in seiner Bearbeitung der Texte für das Wörterbuch
gesehen hat, die Existenz der Anschauung, daß zum Osirisgrabe ein Baum ge-
hört, voraussetzt. Ist aber die Verbindung des in der Erde ruhenden Osiris mit
dem Baum so alt, so wird man nicht umhin können, diesem Zuge bei dem For-
sehen nach dem Wesen des Gottes mehr Gewicht beizulegen, als man es bisher
getan hat. Ist er ursprünglich ein Erd- und Vegetationsgott0, so dürften sich
am ehesten die Grundzüge seines Wirkens erklären lassen.
Durch die Etymologie des Namens wäre denn auch bewiesen, was ich bisher
nur vermutet habe6, daß Pkr nicht schon ursprünglich der weltliche Name des
Platzes bei Abydos gewesen ist, auf dem das dortige Osirisgrab Platz gefunden
l) De Ts. et Osir. cap. 20. Der Baumname ist in der Überlieferung verderbt. Er lautet jetzt
^rS-i'Svj, iAYi8t&Yi o.a., ein Baumname, der sonst bekannt ist. — 2) Vgl. Wilkinson, Manners 1841,
V, S. 262 (reproduziert u.a. bei Erman, Ägypten S.368). — Vgl. zur Sache auch Brugsch, Ägypt.
S. 309 und Religion und Myth. S. 621. — 3) De Is. et Osir. cap. 15. — 4) Kap. 340 (P. 682ff., be-
sonders 683). — 5) Vgl. auch die wichtigen Texte bei Erman, ÄZ. 38 (1900) S. 30. — 6) Osiris-
mysterien S. 28 Anm. 1.
110 Heinrich Schäfer: Das Osirisgrab von Abydos und der Baum pjer. [41. Band.
hat, sondern daß die Stelle den Namen erst erhalten hat. als das Gottesgrab
dort eingerichtet wurde.
Ferner wird die von Maspero vertretene Übersetzung1 »Spalt« und die
daraus gesponnene Theorie" nun ganz hinfällig.
Aus dem Hohenpriestergrabe zu Memphis.
Von Henry Mausen.
Hierzu Tafel I.
Im Jahre 1895 wurden für das Berliner Museum die zwei schönen Reliefs 12410
und 12411 erworben, die, wie Erman nachgewiesen hat3, sicher aus dem Grabe
eines Hohenpriesters zu Memphis stammen; 1897 wurde noch ein anderes Bruch-
stück, 13297, aus demselben Grabe erworben. Die Reliefs sind an den Rändern
roh zurechtgehauen und tragen Reste von Kalkbewurf; wahrscheinlich wurden
sie beim Abbrechen eines Fellachenhauses in Sakkarah ans Licht befördert1.
Die Zeichnung (Taf. I) zeigt nun ein neues Bruchstück , das sich in der
Sammlung Dr. C. Jacobsens in Kopenhagen befindet4. Es ist gegen Ende der
neunziger Jahre in Giseh gekauft und hatte, wie mir Prof. Valdemar Schmidt
mitteilt, als Treppenstein in einem arabischen Hause gedient. Leider wurde
dadurch die Oberfläche so abgeschliffen, daß eine gute photographische Auf-
nahme nicht mehr möglich ist. Obwohl der Stein keine Inschriften trägt, kann
es keinem Zweifel unterliegen, daß wir eine Darstellung aus demselben Hohen-
priestergrabe vor uns haben, dem die Berliner Reliefs entstammen. Die leider
stark zerstörte Szene oben deckt sich ziemlich genau mit der Darstellung der
Laubenerrichtung auf dem Berliner Relief 12411; die Diener kommen in den-
selben Stellungen vor. Das Trauergeleit unten rechts scheint aus denselben
hohen Würdenträgern zu bestehen; dieselbe feine und humorvolle Charakteri-
sierung ihrer Trauer begegnet uns auch hier. Vor allem ist die Art der Be-
arbeitung so ähnlich, daß z. B. auch Prof. Erman dem Relief gegenüber die
Zusammengehörigkeit mit den Berliner Fragmenten sofort vermutete. Die Dar-
') Etudes eg. I, 121 und sonst, z.B. noch Les Origines S. 197.
2) Vgl. Osirismysterien S. 29. Den Beweis, daß pkr »Spalt« heißt, ist Maspero stets schuldig
geblieben. Der Beweis müßte, wenn er geliefert werden soll, streng bei der Urform pkr bleiben
und sich nicht mit entarteten Formen des Ortsnamens befassen , die sich mehr oder weniger dem
Worte tt^\X nähern (s. Maspero, Biblioth. eg. I, S. 401).
3) ÄZ. 1895, S. 18. — 4) Nummer der Sammlung: A, 83. Aus zwei Blöcken bestehend.
Höhe 0,48 m, Breite 1,52 m. — Vgl. Valdemar Schmidt, Ny Carlsberg Glyptothek, den aegyptiske
Sämling, S. 115.
1904.] Henry Mausen: Aus dein Hohen priestergrabe ZU Memphis. 111
Stellungen zeugen alle für dieselbe tüchtige Künstlerhand; sie sind aber teils
in kleinerem Maßstabe ausgeführt, teils stark beschädigt. Besonders hübsch
sind die Blumenbeete am Ufer des kleinen Sees; in lebenswahrer Darstellung
werden sie wohl nur von den Teil -el- Amarna -Pflanzen übertroffen. Etwas be-
fremdend wirkt zunächst der Leichtsinn, womit der Künstler die Größenver-
hältnisse behandelt. Sind doch die Fische und Enten, die im Teiche herum-
schwimmen, oder die Wasserpflanzen, die dort wachsen, beinahe ebenso groß
wie die Insel selbst. Und die Kisten und Tische auf der Insel sind im Ver-
gleich mit denen im Garten nur winzig1. In dieser Hinsicht steht der Bild-
hauer also nicht über seinen Kollegen.
Das Relief gibt eine Darstellung aus der Totenfeier. Die Szenen spielen
sich im Garten ab, teils in der Umgebung eines kleinen Teiches, wo Fische
und Enten zwischen Wasserpflanzen herumschwimmen, und an dessen Ufern
blühende Blumenbeete angelegt sind, teils auf der Insel inmitten des Teiches,
auf der früher wohl nur einige Pflanzen standen oder ein Schaduf2, wo man
aber jetzt das Totengut aufgestellt hat. Dieses steht in mehreren Reihen ge-
ordnet (vermutlich in fünf), von denen aber nur vier erhalten sind3. Da die
Klageweiber und die Freunde alle zu der Insel herüberblicken, ist anzunehmen,
daß sich der Verstorbene dort befindet, und es ist wohl sein Sarg, der, von
-[Isis und] Nephthys bewacht, in der obersten Reihe steht. An seinem Kopf-
und Fußende befinden sich Tische mit Opfergaben, Weinkrügen, Broten von
verschiedener Form und Blumensträußen4. In der zweiten Reihe steht zwi-
schen vier ähnlichen Tischen ein Altärchen, zu dem eine Treppe hinauf-
führt0. In der dritten Reihe stehen vier Kisten mit Totengut, zwei davon in
Sargform, von Isis und Nephthys geschützt; in der letzten Reihe endlich drei
Tische mit Opfergaben und zwei kleine Kapellen (?) , wohl mit Statuen des Ver-
storbenen, beide von zwei heiligen Schlangen bewacht6. An den beiden Ufern
der Insel hat man noch zwei längliche Kasten (?) hingestellt, für die in der
eigentlichen Aufstellung des Totenguts kein Platz war. Auch sie werden von
je zwei Schlangen geschützt.
Ein Diener setzt in einem Boot über den Teich und ist im Begriff, auf
der Insel zu landen. Augenscheinlich soll er noch in letzter Stunde bringen,
was bei der Totenausstattung vergessen worden war, vor allem die großen
Blumensträuße, mit denen man den Sarg und die Kisten des Totenguts so
gern ausschmückte.
l) Etwas Ähnliches kommt allerdings auch auf den Berliner Reliefs vor: 13297 ist der Tür-
hüter nur halb so groß wie die begleitenden Freunde; 12411 sind die neun Ptahpriester ganz klein
dargestellt im Vergleich mit den übrigen Personen. — 2) Davies , Rock - tombs of el Amarna I,
pl. 5 und 32. ■ — 3) Der Maßstab ist hier sehr klein, die Arbeit ^ziemlich flüchtig, außerdem ist
beim Bruch mehreres verschwunden. Obige Erklärung gebe ich darum nur mit Vorbehalt. —
4) Größer und weniger schematisch: Berlin 13297. — 5) Meine (symmetrische) Rekonstruktion ist
hier sicher irrig. Der Altar hat nur eine Treppe. — Vgl. die üblichen Darstellungen, z. B. Davies,
Rock tombs of el Amarna I, 11. 25 usw. — 6) Für Stelen scheint die Form nicht zu passen.
12 Henry Madsen: Aus dem Hohenpriestergrabe zu Memphis. [41. Band.
Das Geleit, die Freunde und Kollegen des Verstorbenen, hat sich am Ufer
des Teiches bei der Treppe aufgestellt, von wo das Totenschift" abgefahren ist.
Die vorderen1 stehen noch würdevoll da und blicken mit ernster Miene nach
dem Sarg, der ihren toten Freund birgt. Hinten ist man schon weniger an-
dächtig; einer muß seine schöne Frisur in Ordnung bringen2; ein anderer, viel-
leicht wieder der Kabinettvorsteher3, wendet sich nach einem Bekannten um
und hat ihm viele interessante Dinge zu erzählen.
Am Ufer haben sich auch die Klageweiber versammelt, vier stehend und
zwei sitzend. Sie haben die Totenklage schon begonnen und jammern und
heulen nach allen Regeln der Kunst4.
Von den Szenen, die sonst im Garten vor sich gehen, ist nur soviel er-
halten, daß man sieht, es waren im wesentlichen dieselben wie in der ober-
sten Reihe des Berliner Fragments 12411. Die Diener haben Lauben aufgebaut,
Opfergaben auf die Tische gelegt und die großen Gefäße auf den Boden hin-
gestellt, sind aber jetzt so von Trauer übermannt, daß sie jammernd sich zur
Erde werfen und ihr Gesicht mit den Händen bedecken; nur einer ist noch
soweit seiner Gefühle Herr, daß er ruhig vor seinem Tisch steht und die
Opfergaben in Ordnung bringt.
Ohne Zweifel ist ja auf diesem Kopenhagener Relief ein Garten dargestellt.
Auf dem Berliner Relief 12411 machen es schon die vielen Lauben wahrschein-
lich (obwohl nicht unbedingt nötig), daß auch hier die Vorgänge sich im Garten
abspielen ; unter den auftretenden Personen sind ein (] ü "Wf > ein Gärtner,
und der f==^ ^ t) (1 "W\ der Obergärtner. Das Relief 13297 zeigt die Außen-
mauer eines Landhauses im gewöhnlichen Stil des n. R.5. Wir können daher
wohl annehmen , daß das Hohenpriestergrab mit der ausführlichen Schilderung
einer Totenfeier im Garten geschmückt war. Am Orte, wo der Verstorbene sich
im Leben vielleicht am wohlsten gefühlt hatte, sollte er noch einen Augenblick
weilen, ehe er die Fahrt über den Nil zu der Totenstadt antrat, von seinem
Hause zu seinem Grabe ging, wie die Grabsteine sagen. In seinem Sarge ruhend
nimmt er noch einen letzten Abschied von seinem schönen Garten.
Totenfeierlichkeiten im Hause oder im Garten des Verstorbenen werden
meines Wissens nur selten dargestellt oder erwähnt.
Im a. R. und m. R. ist es kaum zu belegen. Zwar wird in den Verträgen
des ß "^ s^^J m^ senien Totenpriestern auch bestimmt, daß j^,
*) An den zwei ersten Personen eine störende Überarbeitung.
2) Vgl. den ~=^, Berlin 12411.
3) ^\5$V Berlin 12411.
4) Die Frau, Berlin 12411 oben rechts, ist wohl auch ein Klageweib und nicht die Frau
des Verstorbenen. — 5) Vgl. z. B. LD. III, 93. 96. 106 usw. — • Die Angabe Ptahtempel, Ausführl.
Verzeichn. S. 152, war wohl nur eine Vermutung.
1904.] Henry Madskn: Aus dem Hohenpriestergrabe zu Memphis. 113
@flN-^ Q ||| ihr werdet im Gefolge meiner
Ks X o % & w _M* o^
Statue sein, die in meinem Garten steht, und sie begleiten, wenn . . .\ aber die
Bedeutung: des ist ia nicht ganz sicher. Und eine Darstellung des a. R.",
die als eine Totenfeier auf dem Hausdach erklärt wurde3, stellt ganz sicher,
wie schon Ebman vermutet hat4, eine Feier auf dem Dach der Mastaba vor.
In Gräbern des n. R. finden sich dagegen einige Darstellungen, die sich
hierauf beziehen.
Auf einem Grabrelief im Museum in Florenz3 sind die Särge und der Grab-
stein aufgestellt vor dem Portal des Geflügelhofes auf einem schmalen Garten-
weg, der zwischen den Vorratsmagazinen läuft. Aus einem Grabe in Tell-el-
Amarnar' wissen wir, daß eben diese Stelle des Gartens besonders beliebt war.
Oft stand hier ein Pavillon mit Pflanzensäulen und bunten Uräusgesimsen : in
diesem sitzend konnte der Besitzer gleichzeitig die Blumen und Bäume seines
Gartens, die Enten und Gänse seines Hofes und den ganzen Reichtum seiner
Vorratskammern überbücken.
Im Grabe des Wesirs iX i ^sl wird die Statue des Verstorbenen von
sechs Dienern in einem Boote über den Gartenteich gezogen; zwei Totenpriester
befinden sich im Boote, am Ufer stehen die Klageweiber.
Im Grabe des (yu ^ ^p£ /i^j in Theben * ist die Villa und der Garten
des Verstorbenen abgebildet: auf dem Gartensee fährt ein Boot mit dem Sarge.
Ein Totenpriester steht im Boote, während zwei andere sich im Garten aufhalten.
Auf anderen Darstellungen von Totenfeiern sind zwar Lauben errichtet, in
denen Opfergaben für den Verstorbenen aufgstellt sind und vor denen Wasser
gespendet und geräuchert wird, doch ist es nicht sicher zu entscheiden, ob
sie in einem Garten stehen oder nicht9. Wahrscheinlich bleibt es ja, daß es
nur weniger ausgeführte Darstellungen von Totenfeiern im Garten sind.
Es ist sehr zu bedauern, daß durch die Zerstörung des Hohenpriestergrabes
zu 3Iemphis uns eine große und künstlerisch wertvolle Darstellung dieser Toten-
feier verloren gegangen ist.
l) Siut I, 317. — 2) LD. II, 35. — 3) Erman, Ägypten S. 434. — *) Ibid. Anm.
5) Bkrend. Musee de Florence S. 103 (vollständig auf den Photographien 2312 und 3824
des Berliner Museums). Ich verdanke diesen Hinweis Hrn. Prof. Schäfer. Der Stein stammt sicher
aus einem Grabe in Tell-el-Amarna. — Eine ähnliche Darstellung (Opfertisch und zwei Statuen
des Verstorbenen in einem Säulenhofe aufgestellt) auf dem Relief in dem University College in
London bei Capart. Rec. de mon.. pl. 49.
6) Davies, Rock tombs of el Amarna I, pl. 31. — 7) Virey, Tombeau de Rehkmara; Miss,
arch. franc. V, pl.38. — Nicht bei Newberrv abgebildet. — 8) Sept tombeaux thebains; Miss. arch.
franc. V, S. 319 und 320.
9) Mariette, Mon. divers pl. 60. — Berlin 12412. 2089 oben. — Grab des Jl^j in Theben
(Recueil 1899, S. 128). — Scheil, Tombeau des graveurs. pl. VIII (Miss, arch frang. V).
Zeitschr. f. Ägypt. Spr.. 41. Band. 1904. 15
114 Henry Madsen: Zwei Inschriften in Kopenhagen. [41. Band.
Zwei Inschriften in Kopenhagen.
Von Henry Madsen.
Mit einer Abbildung;.
In der Carlsberg -Glyptothek in Kopenhagen befindet sich ein kleiner Denk-
stein des n. R. (vgl. die Abb.), dessen Inschrift, so kurz sie ist, von hohem
Interesse sein dürfte1.
Vor einem Opfertisch steht in der Tracht des n. R. der Verstorbene
■■■ IIMIIIü
~~ v& der Türhüter Rl-mc, im Begriff eine Libation auszugießen. Seine
Frau N^A^" Qli^jJ] die Hausfrau Ttmif führt eben ein Opfertier vor.
Hinter ihr steht ^J— ^D|^=m ihr Sohn Pth-mhb.
Die Gottheit, die von . ~~ ^ angebetet wird, ist nicht
dargestellt, aber ganz oben steht in einer horizontalen Zeile
der Name: - — o 1 (1 . T"v\ , nr^i die syrische Astarte.
In einer kurzen Inschrift wird sie so angeredet: ^^ J T
/WWW
, , . Nimm (o Göttin) Schönes für deinen Ka!
Unter der Darstellung steht — in zwei Zeilen — die
j, ft [\- Formel. Die kleine Inschrift ist nur flüchtig
schwarz aufgemalt; zu sehen ist noch:
(_ji 1 q I I ^ " I I /ww/w \J i i /www J— l 2% I >i vy,
Ein Opfer, das die syrische Astarte gibt, die Himmelskönigin, die Herrin der
beiden Länder, die Herrscherin der Götter [möge sie geben (?) . . .] Freude, Herzens-
freude und ein schönes Begräbnis im westlichen Totenfeld von Memphis — dem Tür-
hüter Rl-m\
In der Form des Namens o Jl (1 . ohne o ist vielleicht der alte assyri-
sche Name Istar zu sehen. Obwohl Wrw mit czi determiniert ist, nicht mit
:) Yaldf.mar Schmidt. Ny Carlsberg Glyptothek: A, 103. — Höhe 0,25. Aus Kalkstein.
/WWW
Die hier gegebene Übersetzung von , . (vgl. die Formel n ki-k, ÄZ. 1898, 148) verdanke ich Hrn.
Prof. Schäfer.
t"^
1904.] Senkt Madsen: Zwei Inschriften in Kopenhagen. llü
(X), ist es doch unzweifelhaft, daß Syrien gemeint ist. Vielleicht liegt eine Ver-
wechslung mit dem Worte I ^\ > ^^> Sallier I, 9, vor1.
Der Stein ist in Memphis gekauft, und in der Inschrift wird ausdrücklich
A© /\ erwähnt. Wir haben also die ^sivyi \<ppo&iT'/\ vor uns, »die fremde
Aphrodite«, deren Heiligtum nach Herodot'2 in Memphis, südlich vom Ptah-
tempel, in der tyrischen Niederlassung lag. Die | (1 gA ~ ^ s^jJ] war ^em
Namen nach sicher eine Syrerin; der Stein wurde wohl von ihrem Gatten im
Tempel der tyrischen Aphrodite als ein Zeichen seiner Dankbarkeit und Zu-
friedenheit aufgestellt. Dem scheint mir nicht zu widersprechen, daß sich unten
auf dem Steine die I A=^=- Formel findet.
Auf einem Grabstein in einer Wiener Privatsammlung3 ist dieselbe Göttin
erwähnt. Der Besitzer ist ein ^QA *~^ ^^v\ 8 jfl Diener des Hohenpriesters von
Memphis, Pth-ms, und die Inschrift sagt: JA I llOuT^ , j/n
nn.T, ~t ~ ° ""
XI
U I N. N.
A/\AAAf\
Außerdem kennen wir die Astarte von Memphis aus einer von Brügsch4
in dieser Stadt gefundenen Inschrift, wo ein pl -Priester der <=> ■ ,
genannt wird5.
Dokumente der Ptolemäerzeit erwähnen mehrfach den Astarte -Tempel in
Memphis6.
IL
Zu der von Hrn. v. Bissing im letzten Band dieser Zeitschrift7 publizierten
(W) (1(1 J| -Inschrift füge ich das Relief A 165 der Glyptothek in Kopen-
hagen8.
Oben knieen zwei Männer, der Verstorbene T"\^ $>-cnh(?) mit seinem Sohn
%-Ji Nht, vor dem Gott rffijp| ^K^z^^-^-'l j . Der Gott — nur als Silhouette
~t tili
dargestellt — sitzt auf seinem Thron ; er ist menschenköpfig und trägt auf dem
Kopf die Sonnenscheibe. Eigentümlich ist die Art wie sein Bart vom Gesicht
getrennt und seine Schenkel durchgeschnitten (?) sind. Über den zwei knieenden
Männern steht die Beischrift:
!) Vgl. ÄZ. 1899, 85. — 2) Herodot II, Kap. II 2. — 3) Recueil de travauxVII, 196. —
Die Erklärung Bergmanns ist nicht haltbar. — 4) Brugsch, Recueil de monuments I, PI. 4. Diese
Inschrift ist vielleicht in Dynastie 20 zu setzen. Nach dem Stil zu urteilen ist die Kopenhagener
Stele wesentlich früher, etwa Dynastie 18.
5) Dagegen hat natürlich die bekannte sic! <^> 11 (I 17«
nisvertrag Z. 28 , nichts hiermit zu tun.
6) Vgl. die Belege bei Wiedemann, Herodots zweites Buch, S. 433. — 7) ÄZ. 1902/3, 144
— 8) Kalkstein; Höhe 0,50; Ende des n. R. oder Spätzeit.
15*
a^aaaa ^ D , W. Max Müller, Bünd-
en Q^D
116 Henry Madsen: Zwei Inschriften in Kopenhagen. [41. Band.
Ein Opfer, das TJnt-htw gibt, der Herr der Wüste (?), ein Totenopfer für Si-
?nh, den Herrn des Lebe/is, sowie für seinen Sohn Nht.
Unten steht in sieben horizontalen Zeilen die Inschrift:
Ein Opfer, das Osiris gibt, und Unt-htw, der Horus im Gau von Athrü)is, der
große Gewaltige in Athribis, der Herr des Lebens im Himmel — ein Totenopfer an
Brot, Bier usw., an allen (schönen) Dingen, von denen der Gott lebt, für den Priester
des Heiligtumes S?-Cnh sowie für seinen Sohn Nht, geboren von der Tl-gm-nr-lst.
Durch diese Inschrift in Verbindung mit den von Bergmann1 angeführten
Beispielen bekommen wir eine ziemlich genaue Kenntnis der Titel und Epitheta
des Gottes für die Spätzeit. Er ist:
1. ^z^"— y (Kopenhagen). — ^zz? J^L (Champollion, Notices descr. I, 787).
~HriT~
D^C
(ÄZ. 1902/3, 146). — ^a|^Jf (RecueilVn, 182). — |*H|? (Lan-
zone, Dizionario di mitologia 570). — Hieraus erklärt sich wohl die Schrei-
bung seines Namens ^ *^ in Personennamen wie [f[|] *)fc^ ^g* (Lieblein,
Wörterb. 292).
2- U.I^T (Kopenhagen).
3- ?°~? ^ (ibid.)2.
4. ^37? 0 ° (Lanzone, Dizionario Taf. 17). — ^g (Kopenhagen).
5. ^7f|s, ^ (Kopenhagen).
6. "jl (ibid.).
Er wurde mit Horus identifiziert (^\ "IM , Kap. 142 des Totenbuches),
vielleicht auch mit Osiris (d$T\ ' ' ~|()(| ^, Wien Stele 65), zuweilen menschen-
köpfig dargestellt (z.B. Kopenhagen) oder sperberköpfig (Naville, Mythe d'Horus
Taf. I), am häufigsten aber krokodilköpfig (Lanzone, 621, 988; Champollion,
Mon. II 130; Pierret, Inscr. du Louvre I, 78. — Vgl. die Schreibung ^ (](j<sss^
im Personennamen [ffll ^^J JL [Rec.VII, 182]).
1) Recueil de travaux VII, 182. Nicht von Bissing benutzt. Im letzten Augenblick werde
ich darauf aufmerksam gemacht, daß weiteres Material für die Titel des Gottes in den Inschriften
Berlin 8803 (Ägypt. Inschr., S.147), 12800 (Obelisk) und Pap. Kahun 31, 34 steckt.
2) Die Femininform ist wohl nur irrtümlich. Daß die große Sechmet gemeint ist, ist kaum
anzunehmen. Vgl. die Bezeichnung des Osiris: ^|^-[P^, Kairo 20683; jl^f©' Berlin 1204-
(H. Schäfer. Die Osiris -Mysterien, S. 14 und 15.)
1904.] F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. 117
Astrologisches in der altägyptischen Medizin.
Von Felix v. Oefele.
I. Zum Verständnis der Astrologie in Berlin P. 8279.
IMachdem Sudhoff im Anschluß an seine Paracelsusstudien die astrologische
Medizin des Mittelalters in ihrer Genese näher studiert hat und seine Ergebnisse
als Heft II der Abhandlungen zur Geschichte der Medizin vorliegen (Iatromathe-
matiker vornehmlich im 15. und 16. Jahrhundert, Breslau 1902), sah ich mich
veranlaßt, nochmals die altorientalische Iatromathematik nach den neuen Ergeb-
nissen von Sudhoff in meinen Notizensammlungen nachzuprüfen und zu ergänzen.
Es sei zunächst die Definition von Sudhoff S. 2 an die Spitze gestellt:
»Die Iatromathematik als historisch -medizinischer Terminus bedeutet die An-
wendung der Astrologie auf die Heilkunde.«
Diese mittelalterliche Iatromathematik beruft sich stets auf die alten Ägypter
bez. auch Chaldäer als Lehrer; und in dieser Lehre ist das Horoskop mit der Posi-
tion der zwölf Tierkreiszeichen als zwölf aufeinanderfolgende sogenannte Häuser
die Grundlage aller Prognose. In diesen Häusern kommen aber nicht die Tierkreis-
zeichen, sondern die Planeten zur Geltung, wie noch in Schillers Wallenstein
richtig ausgesprochen wird.
Wer für eine Geburtsstunde oder für einen Erkrankungstag (xuToixXtG'ig,
decubitus) nachträglich das Horoskop stellen sollte, mußte für die einzelnen
Planeten als Hilfstabelle auf Jahre zurück für jeden Tag (oder selbst Stunde)
die Stellung im Tierkreis zurückschlagen können. Für solche Tabelle war aber
nur der Eintritt jedes Planeten in ein neues Zeichen zu vermerken. Solange der
Planet rechtläufig ist, tritt er von dem vorhergehenden Zeichen in das folgende,
bei der scheinbaren Rückläufigkeit von dem folgenden wieder in das vorher-
gehende zurück.
Die inneren Planeten Merkur und Venus treten ungefähr in jedem Monate
in ein neues Zeichen, und zwar bei eintretender Rückläufigkeit unter Umständen
noch öfter. Die äußeren Planeten treten aber je nach der längeren Dauer ihres
Umlaufes um die Sonne, also auch je nach der Entfernung von letzterer, von
der Erde aus betrachtet in größeren Zwischenzeiten in ein neues Tierkreis-
zeichen. Eine astrologische Hilfstabelle für den jeweiligen Planetenstand inner-
halb des Tierkreises wird mit Berücksichtigung der Rückläufigkeit für Saturn
darum jedes Jahr durchschnittlich nur eine Positionsveränderung, ein bis zwei
für Jupiter und noch mehr für Mars anzugeben haben, während die schon
erwähnten Höchstzahlen die beiden inneren Planeten erreichen.
118 F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. [4L Band.
Genau dieser Anforderung entspricht der Papyrus 8279 der Handbücher
der Kgl. Museen zu Berlin in der mitgeteilten Probe. Daraus sind auch die
Elongationen der Planeten zu berechnen und, da Venus nur bis 46y.20 und
Merkur nur bis 23° Elongation erreichen kann, so ist auch der Sonnenstand
bez. der Jahresanfang auf heutigen Kalender bezogen zu erhalten. Die 5y4
überschüssigen Tage sind für die folgende Betrachtung einstweilen vernachlässigt.
Am 1. Tage des 1. Monats muß zur Ermöglichung der Sternstellungen
(Elongationen) die Sonne in das Zeichen der Jungfrau treten, was einen Jahres-
anfang nach unserem Kalender am 23. August ergeben würde. Am 20. Tage
des 1. Monats steht dann die Sonne 20° tief in der Jungfrau. An diesem Tag
im 25. Jahre war aber nach P. 8279 die Venus in die Wage eingetreten und
war somit der Sonne um 10° im Laufe vor, da natürlich der Eintritt der Venus
am Grenzpunkt von Jungfrau und Wage erfolgt. Am *23. Tage des 2. Monats
ist die Sonne dann angeblich *23° in der Wage. Die Venus trat aber angeblich
an diesem Tage in den Skorpion ein und wäre *7° im Laufe vor. Wie sich
aber bei genauer Untersuchung ergibt, ist hier dem Schreiber des Papyrus ein
menschlicher Schreibfehler untergelaufen, und es muß 13. Tag des 2. Monats
lauten, was 17° vor der Sonne ergibt.
Modern würden wir uns hier ausdrücken: die Venus hat im letzten Monat
(bez. den Schalttagen) des Jahres 24 in oberer Konjunktion mit der Sonne ge-
standen und ist kurz darnach nach Sonnenuntergang Abendstern geworden.
Mit abnehmender Schnelligkeit vom 1. bis 8. Monat durchläuft die Venus in
23, 24, 25, 25, 25, 26, 28, 29 Tagen je ein Tierkreiszeichen und vergrößert
dadurch fortwährend ihren scheinbaren Sonnenabstand von 10° zu 17°, zu 23°,
zu 28°, zu 33°, zu 38°, zu 42°, zu 44° und zu 45° östlicher Elongation. Durch
die Fehlerquellen der Rechnung mit 360 Tagen entspricht dies wohl der größten
Elongantion, welche modern mit 461/2° angegeben wird. Von da ab näherte
sich die Venus immer noch rechtläufig der Sonne, so daß die Venus am 23. Tage
des 9. Monats in den Krebs eintrat und damit nur mehr 37° östliche Elongation
besaß. Im Krebs mußte dann die Venus bei 28° östlicher Elongation stationär
geworden sein. Danach bewegte sich die Venus mit zunehmender scheinbar
retrograder Bewegung auf die Sonne zu. Sie passierte dabei mit 21° östlicher
Elongation am 9. Tage des 10. Monats nochmals den gleichen Himmelsmeridian
wie am 23. Tage des 9. Monats. Das erstemal war die Venus in diesem
Meridian rechtläufig von den Zwillingen zum Krebs übergetreten und das zweite-
mal rückläufig vom Krebs in die Zwillinge. (Zum dritten Male inzwischen
wieder rechtläufig geworden, und als Morgenstern, werden wir am 12. Tage
des 12. Monats die Venus nochmals den gleichen Himmelsmeridian wieder von
den Zwillingen zum Krebs überschreiten sehen.) Hier in den Zwillingen ist
im 11. Monat die Venus bei ihrer unteren Konjunktion in den Strahlen der
Sonne verschwunden und ist mit zunehmender westlicher Elongation zum Morgen-
stern geworden. Die Sonne trat inzwischen in den Krebs im 12. Monat, und
1904.] F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. 119
die Venus erreichte die westliche Elongation von 28° und wurde dann nach
ihrem westlichen Stillstand (wurde stationär) wieder langsam rechtläufig. Am
12. Tage des 12. Monats überschritt die Venus innerhalb eines Vierteljahres
jetzt mit 42° westlicher Elongation und als Morgenstern zum dritten Male den
gleichen Meridian in den Krebs eintretend.
Nach vorstehender Betrachtung entsprechen die Stellungen der Venus im
25. Jahre nach P. 8279 einem gut verfolgbaren Abschnitt der scheinbaren Venus-
bahn von 582 Tagen innerhalb eines Jahres und innerhalb feststellbarer Ab-
schnitte des Tierkreises. Es ist sogar möglich gewesen, einen Schreibfehler
(23. Tag des 2. Monats an Stelle von richtigem 13. Tag des 2. Monats) fest-
zustellen. Der Text P. 8279 ist darum astronomisch wichtig. Allerdings der
Schreiber des alten Textes hat sicherlich, wie schon Erman ausgesprochen hat,
diese Listen zu astrologischen Zwecken benutzt. Wir können heute noch mit
Hilfe dieser Tafel für eine beliebige Stunde in diesem Jahre 25 das Horoskop
(mit einer einzigen Lücke) stellen.
Wir wollen annehmen, am 6. Tage des 4. Monats in diesem 25. Jahre hätte
abends 7 Uhr eine Frau ihren ersten Anfall einer Gallensteinkolik gehabt und
würde auch im zweiten Jahre des Claudius noch an solchen Anfällen leiden.
Der Schreiber des P. 8279 würde nach dem allgemeinen Kalender feststellen,
daß die Sonne im Skorpion und nach der Tabelle Saturn im Widder, Jupiter
im Widder, Mars in der Wage, Venus im Steinbock und Merkur im Schützen
stand. Wenn nun die Sonne 6 Tage (d. h. Grade) im Skorpion steht, so ist
abends 7 Uhr der Skorpion noch nicht ganz untergegangen, und der Stier ist
im Aufgehen begriffen. Daher muß vom Stier aus als erstem Haus , die Zwillinge
als zweites u. s. w. gezählt werden. Horoskop:
Im 6. Haus der Gesundheit, xcczvi rv%y\: Mars,
im 7. Haus der Ehe, $u<rtg: Sonne,
im 8. Haus des Todes, oipyov: Merkur,
im 9. Haus des Gottes, Secg: Venus,
im 12. Haus der Feindschaft, xoLxoS&ifxwv: Jupiter und Saturn
in Konjunktion.
Schon der eine Satz des späteren Arnaldus von Villanova, welcher wohl
nur alte Tradition widerspiegelt, daß »mächtige Herren« im 6. bis 8. Hause
schlecht für den Kranken sind, müßte für solches Horoskop eine schlechte
Prognose geben1. Wenn doch wenigstens im 4. Hause für die Arznei (hier Löwe)
oder im 10. Hause für den Arzt (hier WTassermann) ein günstiges Zeichen
stünde ! Da könnte noch der Mond im ersten oder letzten Viertel in diesen
Zeichen helfen. Aber diese Sterntafel gibt uns scheinbar keinen Anhalt, in
J) Insofern traf die astrologische Prognose wirklich meist zu, als fieherhafte Krankheiten
meist abends beginnen und dann die Sonne im 6., 7. oder 8. Hause steht und somit die Sonne
als mächtiger Herr meist die Erkrankung mit Fieber und Schüttelfrost richtig als gefährlich er-
scheinen ließ.
120 F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. [41. Band.
welchem Hause der Mond steht. Und doch wäre nach den Tabellen des Hermes
Trismegistos der Mond in den einzelnen Tierkreiszeichen und zugleich in Kon-
junktion, Opposition oder Quadratur mit einem der Unglücksstifter Saturn oder
Mars von entscheidendem Einfluß auf den Verlauf der Krankheit. Im orienta-
lischen Kalender, welcher als israelitischer Kalender noch bis heute im Gebrauch
ist, wäre die Mondstellung schon durch das Datum gegeben. Bei gleichem
Verfahren für das gewählte Beispiel würde das Datum als Mond gewählt den
Mond in das 9. Haus und damit in Quadratur sowohl zu Mars wie Saturn
bringen. Zwei Tage später in derselben Tagesstunde wäre das Horoskop das
gleiche, nur daß dann der Mond aus seiner Quadraturstellung zu den Unglücks-
planeten ausgetreten und im 10. Haus in das Haus des Arztes getreten wäre.
Ein tatsächliches ägyptisches Horoskop hat Spiegelberg in der Orientali-
stischen Literaturzeitung 1902 Nr. 6 von einem Ostrakon publiziert. Es ist
letzteres ein Horoskop der Mittagsstunde des 13. Epiphi mit umständlicher
Orientierung der Tierkreiszeichen für die Stunde des Horoskops. Da vielleicht
noch mehr derartige Texte erhalten sind und es nicht jedermanns Sache ist,
sich in dieses Gewirr astrologischen Aberglaubens hineinzuarbeiten, so tragen
vielleicht vorstehende Zeilen zum Verständnis solcher Texte bei.
Nachtrag.
Vorstehendes Manuskript war abgeliefert und dabei absichtlich zur Ver-
einfachung sowohl der Jahresrest von 5J/4 Tagen als die Schnelligkeitsdifferenz
für Sommer und Winter außer Betracht gelassen, als ich bei meiner geringen
Fühlung mit der ägyptologischen Literatur erfuhr, daß inzwischen von Spiegel-
berg demotische Papyri aus den Kgl. Museen zu Berlin publiziert waren. Eine
gleiche Auffassung von dem ägyptischen Texte läßt sich aus dem begleitenden
Text entnehmen, soweit Spiegelberg mit dem Astronomen Wislicenus Rück-
sprache genommen hatte. Wislicenus hatte sogar die 5y4 Tage Jahresrest und
die Erdbeschleunigung in der Sonnennähe berücksichtigt. Aber Wislicenus
war bei der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit mancher Zahlen nicht näher auf
die Kontrolle der Planetenbahnen eingegangen. Da aber nach astrologischen
Grundsätzen das Jahr 25 in der Conjunctio maxima die Angabe vom biblischen
Stern der Weisen widerspiegelt, so halte ich meine vorstehenden sachlichen
Mitteilungen immer noch für angebracht und möchte an die umfangreichere
Publikation von Spiegelberg eine Besprechung anschließen, in welcher ich
Spiegelberg glaube wesentlich ergänzen zu können.
II. Zu Tafel 97 und 99 der demotischen Papyrus aus den Kgl. Museen
zu Berlin.
Taf. 97 und 99 enthalten astrologische Texte, und Taf. 98 ist eine
Tafel zur Traumdeutung. Da dergleichen Verirrungen stark in die Prognosen
der alten Medizin hineinspielen, hat sich Schreiber auch mit diesen Dingen
1904.] F. v. Okiei.f. : Astrologisches in der altägyptischen Medizin. 121
beschäftigt. Die Verwendung dieser Art die Zukunft zu erforschen, erstreckte
sich aber auf viel weitere Gebiete als die Tätigkeit des Arztes, welche Gebiete
dem Schreiber aber ferner liegen. Wenn Schreiber daher in den folgenden
Auseinandersetzungen etwas viel medizinische Astrologie betont, so sei im voraus
bemerkt, daß sicli die Astrologie auch auf alle anderen Lebensverhältnisse in
gleichem Alaße bezog.
Die Astrologie war die konsequent angewandte Wissenschaft , aus Stern-
stellungen Vorhersagungen abzuleiten. Die Fixsterne besitzen stets gleiche
Stellung zueinander und schieden damit als Einzelsterne aus. Die Kometen
waren zu selten und ergaben darum nur ausnahmsweise Beobachtungsobjekte.
Als regelmäßige Beobachtungsobjekte der alten Astrologie konnten also nur
die Planeten (Mond , Merkur. Venus , Sonne , Mars , Jupiter und Saturn) in ihrer
St.lking zu den Sternbildern der Fixsterne, zum Standpunkt des Beobachters
und untereinander in Betracht kommen. Diese drei Möglichkeiten wurden tat-
sächlich kombiniert und in allen Kombinationen ausgenutzt.
Da sich alle Planeten nur innerhalb der Tierkreisebene am Fixsternhimmel
bewegen, kommen von den Sternbildern nur die zwölf Tierkreiszeichen in Be-
tracht. Die Stellung der Sonne innerhalb dieser Zeichen und hinwiederum
die Stellung zum Beobachter ergibt unsere Jahreszeiten und Tageszeiten und
damit objektiv unbestreitbar Einflüsse auf Gesundheit und Krankheit. Hiermit
die Stellung des Mondes kombiniert, ergibt die Mondphasen, welche in der
modernen Wetterprognose durch Falb neuerdings rehabilitiert wurden. Bis
hierher kann im modernen Sinne noch von einer Wissenschaft gesprochen
werden. Die Alten suchten aber die Konsequenzen auch auf die fünf bekannten
echten Planeten auszudehnen, und damit beginnt für uns die Afterwissenschaft
der Astrologie.
In ihrer Art war die Astrologie bei allen Veränderungen in Einzelheiten
im Grundschema stets unverändert, und dieses Grundschema soll nach konsequent
wiederkehrender Versicherung altägyptisch sein, soweit nicht in selteneren
Fällen die Chaldäer als Gewährsmänner aufgeführt werden. Die Anwendung
der Astrologie auf die Ausübung der Heilkunde hieß Iatromathematik. Die
Literaturnachweise für obige Mitteilungen können darum in Sudhoff, Iatro-
mathematiker, Breslau 1902, nachgesehen werden. Bis jetzt fehlte aber der
ägyptische Beweis, daß die Behauptung der ägyptischen Quellen für das Mittel-
alter auf Wahrheit beruht. Und ein Beitrag zu diesem Beweise sollen zunächst
die nachfolgenden Zeilen sein.
Für den beobachtenden Astrologen mußte zuerst das Tierkreisgebiet in
eine feste Stellung gebracht werden. Indem Aufgang, Untergang, Kulmination
und Tiefpunkt je einen Abschnitt erhielten und die Zwischenstücke nochmals
halbiert wurden, zerfiel die Tierkreisebene des Beschauers in zwölf Teile. Man
zählte dabei vom Aufgang zum Tiefpunkt, zum Untergang, zur Kulmination und
zurück zum Aufgang und bezeichnete diese zwölf Abschnitte als »Häuser«,
Zeitschr. f. Äcypt. Spr.. 41. Band. 1904. 16
122
F. v. Oefei.e: Astrologisches in der altägyptischen Medizin.
[41. Band.
so daß also am Morgen die Sonne im 1. Hause, um Mitternacht im 4. Hause,
am Abend im 7. Hause und mittags im 10. Hause stand. Jedes dieser Häuser
wurde nun nicht mathematisch, wenn wir den Ostpunkt 0 nennen wollen,
mit 15, 45, 75, 105, 135, 165, 195, 225, 255, 285, 315 und 345° abgegrenzt,
sondern stets mit den Grenzen eines Sternbildes, also mit bis zu 14° Fehler aus
praktischen Gründen abgeschlossen. Diese Häuser hatten in der Astrologie
ihre feste Bedeutung, welche in den Aspekten, d.h. also in den bezüglichen
Planeten, mit dem zugehörigen Sternbild ihre Beeinflussung fanden. Man gab
daher den einzelnen Häusern feste Namen, worüber jedes Konversationslexikon
Aufschluß gibt, so daß ich von speziellen Literaturnachweisen absehen kann1.
Das Grundschema eines Horoskopes wäre somit:
Kulmination
Osten
Westen
Tiefpunkt
1. Haus des Lebens oder des Kranken (ortus, mcctoXyj),
2. » des Reichtums (porta inferior),
3. »> der Brüder (Dea),
4. » der Verwandtschaft oder der Arznei (imum coelum, vTroyeicv),
5. » der Kinder (uyo&r, tv%yj, bona fortuna),
6. » der Gesundheit und Krankheit oder der Diener (mala fortuna),
7. » der Ehe (occasus, (k)<7is),
8. » des Todes (porta superna, upyov)
9. » der Religion (Deus),
10. » des Arztes oder der Würden (ixe<rovpctvv\fjLtt,, medium coelum),
11. » der Freundschaft (oLyct$o$oüiJ.wv),
12. » der Feindschaft (x#xo<W|Uwv).
x) Ein kleines bequemes Hilfsbuch ergibt: Ernst Mayer, Handbuch der Astrologie, Berlin 1891.
1904.] F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. 123
Sehen wir uns daraufhin Tai'. 97 mit P. 8345 an. so sind für Venus
und Merkur die Prognosen verzeichnet, je nachdem diese Planeten in einem
der Häuser stehen. Dabei sind Haus I und Haus VII S. 1 Z. 2, S. 2 Z. 5,
S. 3 Z. 11 und S. 4 Z. 20 nur als Aufgang und Untergang bezeichnet. Daß
die Ägypter in gleicher Reihenfolge wie die mittelalterliche Astrologie gezählt
haben, ergibt sich daraus, daß auf den A'enusuntergang = Haus V"II in S. 2
.Z. 5 das Haus des Todes = Haus VIII in S. 2 Z. 10 und das Haus des Gottes —
Haus IX in S. 2 Z. 14 folgen. Das Haus der Sait in S. 3 Z. 1 wäre dann
Haus X der Würden (?) und das Haus des Ssr vielleicht Haus XI. Dann würde
aber am sichtbaren Osthimmel immer noch ein Haus fehlen. Entweder ist
am Ende der S. 2 oder ungefähr in Z. 4 der S. 3 ein Haus zerstört. Mir liegt
leider nur der Ubersetzungstext und Taf. 99, nicht aber Taf. 98 vor, so daß ich
diese Möglichkeiten nicht paläographisch beurteilen kann. Auch würde ich jeden-
falls zu geringe ägyptologische Kenntnisse zu solcher Untersuchung besitzen.
Sachlich würde S. 3 Z. 1 bis 6 die größte Wahrscheinlichkeit als zusammen-
gehörige Prognose für das X. Haus ergeben.
Als Haus VI ergibt sich das Haus des WTy in S. 2 Z. 1 und S. 4 Z. 15.
Auf S. 1 gibt Spiegelbekg für Z. 9 und 14 noch zwei nicht mitgeteilte Kon-
stellationen an. Es muß diese Seite aber noch überdies zwei weitere Kon-
stellationen enthalten haben, d. h. im ganzen Haus II bis V. Leider gibt für
Z. 9 und 14 Splegelberg nicht einmal die Xarnen der Häuser. S. 3 nach Z. 14
ist dann wohl zum zweiten Male die Erwähnung des II. Hauses zu erwarten.
S. 4 Z. 1 wurde dann im Hause des Si das Haus III, mit Z. 6 im Hause
des Sduat das Haus IV und mit Z. 10 im Hause der Sepsit das Haus V er-
geben.
Diese Häuserbenennung ist aber wohl kaum altägyptisch, sondern wohl
aus babylonischer Astrologie entlehnt. In Leps. Denkm. III. 227, welche ich
nach Ekman, Ägypten S. 467 zitiere, läßt sich aus dem Fortrücken um eine
Stunde im halben Monat erkennen, daß diese Astronomie mit Abschnitten von
15° des Tierkreises im Gegensatz zu den Abschnitten von 30c im einzelnen
Haus des besprochenen astrologischen Textes rechnete. Aber auch dort werden
für die über dem Horizont stehenden Sterne fünf Positionen unterschieden:
linker Ellenbogen, linkes Au<?e. Herz, rechtes Au^e. rechter Ellenbogen, welche
somit den späteren Häusern VLTI — XII entsprechen. Ich kann aber hier auf
diese älteren Sternlisten, welche ebenfalls Hilfsmittel zur Stellung des Horoskops
waren, so gut wie Taf. 99, nicht näher eingehen. Es sei nur soviel erwähnt,
daß diese älteren Tabellen den Zweck hatten, die Tierkreisbilder für einzelne
Tage und Stunden in die astrologischen Häuser verteilen zu können, und daß
auch deshalb nur jeden halben Monat eine neue Positionstabelle gegeben wird,
weil eben gerade nach einem halben 3Ionate die Sternpositionen um eine Stunde
verschoben sind. Die ägyptischen Namen der Tierkreisbilder sind darum aus
den Tafeln bei Lepsius III, 227 und Ahnlichem zu entnehmen.
16'
124 F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. [41. Band.
Wenn nun der Astrologe die zwölf Häuser und in ihnen die zwölf Tier-
kreiszeichen nach Tabellen ähnlich denen bei Erman, Ägypten, S. 467 für einen
bestimmten Tag und eine bestimmte Stunde - diese Stellung war ja in jedem
Jahr zur selben Stunde wieder die gleiche — festgelegt hatte, so mußte nun
Sonne, Mond und die fünf Planeten in das richtige Sternbild und somit in
das astrologische Haus eingeschrieben werden. Für die Sonne war dies wieder
für jede Tagesstunde die gleiche Position. Auch der Mond konnte nach erstem
Viertel, Vollmond, letztem Viertel und Neumond und den Differenzen in richtige
Lage zur Sonne gebracht werden. Schwieriger war dies für die übrigen fünf
Planeten bei ihrem scheinbar unregelmäßigen Laufe, der manchmal stationär
und rückläufig wurde. Hierfür mußten besondere Tabellen aufgestellt werden
und in Taf. 99 liegt uns eine solche Planetentafel zu astrologischen Zwecken
aus den Jahren 14 — 41 des Kaisers Augustus vor.
Der Leser kann nun fragen, warum diese Sternstellungen nicht direkt
vom Himmel abgelesen wurden. Denn das einfachste und sicher auch das ur-
sprüngliche war es, in einer bestimmten Stunde der Nacht direkt und am
Tage unter Abbiendung des Tageslichtes den gestirnten Himmel im Bereich des
Tierkreises zu betrachten und damit festzustellen, ob die Planeten aufgingen
oder untergingen oder im ersten oder zweiten Drittel am Ost- oder Westhimmel
der Kulmination nahe standen. P. 8345 zeigt uns, daß dies nicht möglich war.
Denn von Einfluß waren die Sternstellungen, welche zur Zeit der Geburt vor-
handen waren. Und nach diesem Einfluß fragte gar oft der erwachsene Mann,
bei dessen Geburt ein genaues Horoskop versäumt worden war. Geburtstag
und Geburtsstunde wußte der einzelne Mann, und daraus war dann gar häufig
der Sterndeuter gezwungen, alle Elemente des Horoskopes zurückzurechnen. Wie
wir heute aber unsere Logarithmentafeln zur Vereinfachung des Rechnens be-
nutzen, so rechnete der Astrologe das einzelne Geburtshoroskop nicht zurück,
sondern bediente sich ein für allemal gültiger Tabellen.
Die Planetentabellen konnten sehr stark gekürzt werden, da jeder Planet
meist nahezu einen Monat bis zu mehreren Monaten im gleichen Tierkreisbild
verblieb. Es war also nur nötig, den Eintritt jedes Planeten in jedes neue
Tierkreisbild zu verzeichnen. Meist erfolgte dieser Eintritt in der bekannten
Reihenfolge: Sunt Aries, Taurus, Gemini usw. Ausnahmsweise trat während
der scheinbaren Rückläufigkeit auch wohl ein Planet nochmals in das vorher-
gehende Zeichen, um danach seinen richtigen Lauf fortzusetzen. Alles dies
ergab sich aber von selbst, wenn nur die Eintritte in neue Zeichen notiert
waren. Eine Genauigkeit der Abgrenzung der Sternbilder und eine Genauig-
keit der Beobachtung oder Berechnung der Planetenbahnen, um die Stunde
des Eintritts eines Planeten in ein neues Tierkreiszeichen, also Bruchteile von
einem Bogengrad, zu bestimmen, war der alten Astronomie kaum möglich. Nach
Tag und Monat der Eintritt des Planeten in ein neues Zeichen war also alles,
was das Altertum leisten und erwarten konnte. Und eine solche Tafel liegt
1904.] F. v. Oefele: Astrologisches in der altägyptischen Medizin. L25
in P. 8279 tatsächlich 28 Jahre umspannend vor. Nach dieser Tafel wurde
das Geburtshoroskop für den einzelnen Klienten des Astrologen rekonstruiert.
War solcher Art das Horoskop im astronomischen Teil durch Einsetzen
der Planeten als Aspekten fertig, so hatte die Deutung zu beginnen. Für diese
Deutungen war erstens jeder Planet in seinem augenblicklichen Hause und dann
die gegenseitige Stellung der Planeten nach den Winkeln von 0, 90, 180 und 270°
als Konjunktion, Quadratur und Opposition usw. zu beachten. Für das erstere
Erfordernis waren für jeden der sieben Planeten oder wenigstens der fünf echten
Planeten Tabellen notwendig, welche die Bedeutung jedes Planeten in jedem
der zwölf Häuser verzeichneten, d. h. 84 bzw. 60 einzelne Positionen. Davon
1 9 Positionen , also nicht ganz ein Viertel oder Drittel , ist uns in den vier Seiten
von P. 8345 auf Taf. 97 erhalten. Bei Annahme von fünf Planeten sind uns
also acht Seiten verloren gegangen. Ist dies wohl kulturgeschichtlich ein un-
ersetzlicher Verlust? Ich glaube nicht. Wer sich dafür interessiert, dem kann
es nicht schwerfallen, die 60 Prognosen in mittelalterlicher Version aufzusuchen.
Wer aber modernes Deutsch vorzieht, der kaufe sich die nötigen 60 Los-
briefe für je 10 Pf. auf einem ländlichen Jahrmarkt. Er findet darauf allerdings
nicht Planeten und Häuser, sondern Planeten und Tierkreiszeichen, also eine
Umrechnung auf eine einheitliche Tageszeit. Auch die dritte Person Singularis
von P. 8345 ist in eine höfliche Anrede verwandelt und der Text etwas weit-
schweifiger gestaltet. Außerdem wird es auf dem Jahrmarkt dem blinden Zu-
fall überlassen, ob der Spender des Groschens das richtige Horoskop zieht.
Ich glaube damit die allgemeine Betrachtung der interessanten Tafeln 97
und 99 erledigt zu haben. Vor einer speziellen Betrachtung müssen erst eine
ganze Reihe Fehler in P. 8279 auskorrigiert werden. Denn P. 8279 ist kein
Original, sondern eine Abschrift und der Abschreiber verwechselte mehrere
Zeichen besonders die Zahlen 10 und 20 und ließ auch wohl hier und da eine
Zeile aus. Die Zuverlässigkeit unserer modernen Logarithmentafeln haben somit
die alten astrologischen Nachschlagetafeln der Ägypter nicht erreicht.
126 v. Bissing: Ausradierungen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab. [41. Band.
Ausradierungen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab1.
Von Fr. W. v. Bissing.
Mit einer Abbildung.
Uer Streit über die Thronfolge der ersten Tuthmosen ist heute verstummt: nur
wenige Fachgenossen dürften sich völlig einer der beiden Parteien angeschlossen
haben. Das Material ist bis auf zwei weiter unten zu besprechende Fälle nicht
vermehrt worden und der Streit selbst hat gelehrt, daß das Vorhandene zu seiner
Entscheidung nicht ausreicht. So hatte ich als notwendig ins Auge gefaßt, einen
Fall zu finden, bei dem ähnliche Probleme sich boten wie in Deir el Bahri, bei
dem aber die Familie der Tuthmosiden nicht im Spiele war. Da bot sich mir
bei einem gemeinsam mit Somers Clarke gemachten Besuch des Tempels Amen-
ophis' III. bei El Kab die erwünschte Gelegenheit. Ich gebe nach meinen No-
tizen (soweit ich sie noch besitze) zunächst den Tatbestand2. Es sind hier
zerstört: die Götter, die heiligen Barken, der Name (1 r-Q-. , aber niemals
1 AAAAftA
oJ^37, und die darauf bezüglichen Inschriften in vielen Fällen.
Diese Zerstörungen können nur auf die Zeit Amenophis' IV. zurückgehen.
Gegenüber neueren Versuchen, die religiöse Reform dieses Königs als eine Ver-
drängung aller Götter darzustellen, verdient die Verschonung der ^ hervorge-
hoben zu werden.
Nun sind aber in späterer Zeit die Götter, die Namen und die Inschriften
— wenigstens teilweise und oft ganz ungenügend — hergestellt worden. Be-
merkenswert ist da die Rückwand, wo beide Seiten, mit Ausnahme der opfern-
den Könige, völlig weggenommen worden sind und dann (und zwar an den
Wänden nur an dieser Stelle) die Kartuschen Amenophis' III. in die Sethos' I.
geändert worden sind. In ihm haben wir aber den Erneuerer des Tempelchens
!) Die folgenden Bemerkungen habe ich vor Jahren mit Somers Clarke an Ort und Stelle
gesammelt. Der Druck verzögerte sich, und durch einen unglücklichen Zufall ging später der
Hauptteil des Manuskripts verloren. Einer Aufforderung der Redaktion nachkommend, habe ich
versucht, aus meinen Notizen den Text neu zu schreiben. Wenn mir dabei kleinere Irrtümer zuge-
stoßen sein sollten, so werden die widrigen Schicksale als Entschuldigung gelten dürfen; die Tat-
sachen selbst stehen fest und erscheinen mir auch heute noch wertvoll.
2) Vgl. Tylor, Wall drawings of El Kab: the temple of Amenophis III. Taf. I und III, VI
und XII. Auf Taf. I erscheint an unwesentlicher Stelle sogar der Name Ramesses II. Vgl. Text
S. 6 und 19 über Ausradierungen, wodurch aber unsere Ausführungen nicht überflüssig werden.
1904.] v. Bissing: Ausradieningen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab. 127
zu erkennen. Er hat denn auch in der Inschrift auf dem Türsturz (aber nicht
an den Laibungen) seinen Namen an Stelle des Amenophis eingesetzt.
Die Restaurierungen, die zum Teil in Stuck ausgeführt sind, weisen denn
auch deutlich den leidlich guten Stil der 19. Dynastie auf.
Aber damit war die Geschichte des Heiligtums noch nicht zu Ende: die
eine Kartusche Sethos' I. zeigt die auffallende Variante f für das Bild des Gottes
Seth: sie scheint ebenso wie die ganzen Übermalungen an der Rückwand (und
nur hier finden sie sich) ptolemäischen Ursprungs: Inschriften zweier Ptolemäer
bezeugen denn auch die Tätigkeit dieser Könige, denen Somers Clarke in Tylors
Buch bereits einen größeren Teil der Wiederherstellungen zugeschrieben hat.
Es ergibt sich also, daß 1. Amenophis III. den Tempel baut, 2. Amen-
ophis IV. die Götter, Barken, den Namen des Amon auskratzt, 3. Sethos I.
das Wesentlichste herstellt, 4. die Ptolemäer den wohl durch allerlei Schick-
sale mitgenommenen Tempel wieder auffrischen. Im allgemeinen stellt Sethos
die ausgekratzten Schilde des ersten Bauherrn getreulich wieder her: nur über
"\
der Tür, wo er dem Eingetretenen von seiner Arbeit Kunde geben will, und
in den eigenen Bauinschriften der Rückwand, also wo die Einsetzung des Namens
an sich zu erwarten ist, erscheint statt Amenophis Sethos. Die Ptolemäer stellten
demgemäß gleichfalls Sethos (und Amenophis?) an der Rückwand wieder her,
ihre eigenen Namen erscheinen an der Decke.
Es hat sich hier also tatsächlich zugetragen, was Sethe leugnete und Na-
ville behauptete, daß ein und derselbe König, je nach den Umständen, seinen
eigenen Namen oder den des ursprünglichen Bauherrn wieder einsetzte, ja so-
gar das ist hier geschehen, daß bei der Wiederherstellung seltsame (in diesem
Falle durch religiöse Motive erklärbare) Varianten auftreten.
Es ist nun genau das gleiche auch bei Denkmälern der Kamarec und Tuth-
mosis EL geschehen. Vorstehend ist die Spitze des einen der großen Obelisken
128 v. Bissing: Ausradierungen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab. [41. Band.
der Königin aus Karnak abgebildet, die dank Legrains Mühen bald wieder zum
Himmel ragen soll. Der Tatbestand ist hier folgender1:
1. Jetzige Westseite. Pyramidion: Die Königin und die Namen (öA\ M
und (Oeüüfrf] sind unberührt, in ( (1 Q=3>'S]istU (von Amenophis IV.)
zerstört und später wieder eingesetzt. Ebenso die Amonsfigur.
In den fünf Bildern auf der Westfläche des Obelisken (vom Pyramidion
abwärts) ist Amon jedesmal ausgekratzt und wiederhergestellt. Die Reliefober-
tläche des Amon ist jedesmal rauh, die der ursprünglichen Figuren glatt, z.B.
bei dem Sperber im Horusnamen der Königin, bei dem oberen Teil dieses Na-
mens selbst, bei Thutmosis III. im zweiten Bilde, bei der Figur der Makere im
ersten Bilde, wo der Zerstörer des Amon nach Möglichkeit vermieden hat, die
Königin mit zu verletzen. Dieses Verfahren war ein äußerst mühsames, und
unterhalb des zweiten Bildes bis zur Mitte des fünften (hier endigt das Bruch-
stück) hat man das uns bereits aus dem Amenophistempel bekannte Verfahren
eingeschlagen: die ganze Fläche ist abgemeißelt worden. Die Abmeißelung be-
ginnt mit j^ff im Titel der Königin, wo das Bild der "a\ entfernt werden
sollte und endigt mit der Krone der Figuren im fünften Bilde, dergestalt,
daß im Namen der Königin der untere Teil des Bildes der Göttin Ä nicht
mehr betroffen wurde. Daß es in der Tat darauf ankam, das Bild der Göttin
A\ zu entfernen, lehrt auch der Umstand, daß die Ausmeißelung von der
Mitte aus nach unten sich verbreitert, so daß die Zeichen des Himmels t=^i
über dem dritten Bilde unberührt geblieben sind. Der opfernde König hat
dann bei der Erneuerung der Bilder und aller zugehörigen Inschriften jedesmal
den Namen Thutmosis III. erhalten, der ja bereits oben auf dem Obelisken
erschien. Nur in der mittleren Inschrift, wo es nicht anders anging, ist der
Name der Königin hergestellt worden, soweit er von der Zerstörung betroffen
worden war. Sowohl die Zerstörungsfläche als der Stil der Erneuerungen (die
auch hier anscheinend nicht immer genau das Ursprüngliche herstellen) ist
einheitlich, es hat nur eine Zerstörung und eine Erneuerung stattgefunden.
2. Jetzige Oberseite, wie oben. Beachte: mit Ausnahme Thutmosis III.
und des oberen Teils des v\ -Namens, der Zeichen | ' ^> die doch gerade
für die Königin bezeichnend sind, ist die ganze Fläche weggemeißelt und wieder
erneuert, wobei die Figur des Menchepere genau im Niveau der Amonsfigur
liegt und im Stil völlig mit ihm übereinstimmt.
3. Jetzige Westseite, wie oben. Doch hat Sethos I. hier seine Erneuerungs-
inschrift angebracht und demzufolge alle Namen in die seinen geändert. Er
setzt also genau entsprechend seinem Verfahren im Tempel Amenophis' III.
*) Vgl. LI). III, 24a — c. a = Ostseite, b = Westseite, c = Oberseite. Die Wiedererneue-
rungen sind hier nicht erkennbar, der unterste Teil fehlt. Vgl. auch Lepsius, Text III, S. 22 ff.,
mit dessen Angaben meine Beobachtungen, die vor dem Erscheinen des »Textes« redigiert sind,
im wesentlichen genau übereinstimmen. Die Photographie verdanke ich Gardiner.
190 l.| v. Bissing: Ausradierungen im Tempel Amenophis' III. zu El Kab. 129
seine eigenen Namen nur da ein, wo sie im Zusammenhang mit seinen In-
schriften stehen; auf den Seiten, wo er sich nicht als Erneuerer nennt, setzt
er Könige der Zeit, der das Monument angehört, in diesem Falle also Tuth-
mosis III., entsprechend der unverletzten Inschrift auf dem Obelisken, ein. Aus
welchem Grunde er in Übereinstimmung mit den Königslisten des neuen Reichs
Tuthmosis III. der Königin vorzieht, bleibt hier gleichgültig.
Die Wegmeißelung der gesammten Fläche hört hier vor a^aa auf. Soviel
/www.
wir (d. h. Gardiner und ich) vor dem Monument zu wiederholten Malen sehen
konnten, lassen diese Tatsachen nur die eine Deutung zu, daß Amenophis IV.
der Urheber sämtlicher Ausmeißelungen und Sethos I. der Urheber sämtlicher
Erneuerungen ist.
Seit dies geschrieben, ist die Publikation der Kamarefreliefs (ich halte Na-
villes Lesung für einleuchtend) in Karnak erschienen (Annales Guimet XXX,
S. 1 ff.). Hier liegt umgekehrt der Fall vor, daß Amon gar nicht ausgekratzt
ist, aus dem einfachen Grunde, weil die Blöcke zur Zeit Amenophis' IV. den
Blicken bereits entzogen waren. Hingegen ist die Königin an drei Stellen
(Taf. IX A, XI B, XIV B) weggemeißelt worden, an den meisten Stellen intakt
geblieben. Naville, S. 21 und S. 9, ist geneigt, diese Verfolgung den Ramessi-
den zuzuschreiben und anzunehmen , zur Zeit des Baues Ramesses' III. seien nur
die Teile sichtbar gewesen, an denen die Königin ausgemeißelt ist. Ich halte,
abgesehen davon, daß nach Legrains Ausführungen, S. 2, das Ramessidische
Alter des Massivs nicht ganz sicher scheint, eine andere Erklärung für erwägens-
wert: danach hätte Thutmosis III. begonnen die Königin ausmeißeln zu lassen,
sich dann aber entschlossen, lieber den ganzen Bau abreißen zu lassen, die
Königin also aus ähnlichem Grund nicht weiter zu verfolgen, der ihr eine Ver-
folgung auf dem Obelisken ganz erspart hat.
Wann ist das gewesen? Sicher nach dem Jahre 16, denn Navilles Be-
ziehung des Reliefs XII A auf die großen Obelisken in Karnak (S. 13) kann
nicht wohl widerlegt werden. Und wie Naville ebenda Anm. 1 mit Recht be-
merkt, wird durch den Tenor der Inschrift Sethes Auffassung des Obelisken-
textes von Karnak unmöglich, 1-^| bezieht sich auch auf die Königin, wohl
weil der Ägypter kein Femininum zu I * Jn kannte , während für andere Titel,
I AAAAAA i I
z. B. N-< , ein solches vorhanden war. Es mag das mit dem ursprünglich priester-
lichen Charakter des Titels, auf den Lepage Renouf so oft hingewiesen, zusam-
menhängen. Im Jahre 16 war also Kamarec wirklich König und Tuthmosis III.
ihr Mitregent.
Hier muß man aber, glaube ich, einstweilen stehen bleiben. Von dem Zu-
sammenhang der Karnakreliefs mit der Totenfeier der Königin habe ich mich
noch nicht überzeugen können. Ich möchte vielmehr glauben, daß wir hier
eine mit dem Hb-sed zusammenhängende Feier vor uns haben, denn dieses be-
zeichnete bekanntlich die Aufnahme des Thronerben und dann des Königs in
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 17
130 v. Bissing: Ausradierungen im Tempel Amenophis" III. zu El Kab. [41. Band.
den Kreis der Götter. Zur sicheren Beurteilung müßten die zahlreichen ähn-
lichen Darstellungen, die Naville zum Teil schon anführt, gesammelt und unter-
sucht werden.
Noch einen weiteren merkwürdigen Beitrag zu der Art, wie unter Sethos
und Ramesses alte, von Amenophis IV. zerstörte Stelen erneuert worden sind,
haben wir in der Stele Amenophis' II. aus Karnak erhalten: auch hier erscheint
Sethos' Name in seiner Inschrift, sonst der Amenophis' II. Mehr der Art hat
Legrain in den Annales du Musee 1903, S. 126 f. erwähnt. Man muß sich
hüten, mit solchem Material Geschichte zu machen1!
The word&A-^|[).
By Alan H. Gardiner.
Very diverse opinions have been held as to the meaning of j£^ ^k QA , a word
that occurs not uncommonly in New Egyptian texts. Chabas2 proposed the
rendering »authentique«, and seems to have adhered to it always. Brugsch3
preferred to regard the word as an interrogative »quis?«, »quid?«, derived from
the verbal root °ZV- Erman4, on the other hand, ranked it among the inter-
jections and translated »wehe!«. By means of the following collection of ex-
amples, we hope to show 1. that the earliest known meaning was »indeed«,
» certainly « and 2. that, being used only in negative sentences, j£^ "ß\ ^7\ sur-
vived in Coptic as the post-negative a^n.
1. The most instructive example occurs in the midst of the literary con-
troversy of the papyrus Anastasi I. The rival brings in 11, 8 the following
V\ fip]^r: thou art no scribe, thou
art no , thou art not enrolled. « The writer answers 5 : » Thou
art a scribe of the king, a Commander (?) of soldiers. All the [gates(??)] of
heaven are opened before [thee]. Hasten then to the office of the [custodians (?)]
L) Ich glaube, auch die Stütze, die Breastkd, A nevv chapter in the life of Thutmose III.
Sethes Theorie hat bringen wollen, ist unsicher. Ich habe mit P. E. Xewberry und A. Gardiner
den ganzen Text sorgfältig verglichen; sie bestätigen mir, daß Z. 6 Breasteds Ergänzung [the god}
wohl kaum zutreffend sein kann, da die Reste auf dem Stein die Beine eines Vogels, also von
sind. Auch von der Standarte scheinen Spuren sichtbar. Also ist K^ zu ergänzen, und
was dem Gotte zugeschrieben wird, tat in Wahrheit der König, auf den auch der Ausdruck phr
uSzyt (bzw. ähnliche Verbindungen) nach Breasted selbst (a.a.O. S. 15) gewöhnlich angewendet
wird. Daß damit die ganze Situation eine andere wird, braucht nicht erst bemerkt zu werden.
2) Mel. Ey. III, tome 1 p. 98 — 99. — 3) Wörterb. Suppl p. 509 — 510. — 4) Neuäg. Gramm.
§ 140. — 5) The passage is so interesting, that. at the risk of being irrelevant, I translate it in füll.
1904.
Alan EL Gardiner: The word ^s\ ^,
131
of books, that they inay show thee the box containing [the names]1 belonging
to the tiw htp Nhrs; he opens for thee [that thou mayest learn
my(?)] fame. Thou findest my name enrolled as . . . .-officer in the great stable
of Rameses. If thou consultest2 the Commander of the stable, dlrtl is in-
scribed in my name. So I have acted as -officer! So I have acted as
scribe! No stripling of thy age can vie with me(?)3. Let a man inquire of his
mother(?)! Go4 to my Aiüft^-officers, that they may teil thee of my fame!«
This ironical retort did not silence the rival: later we find him reiterating the
J^ Cd es yr~\ O /ww\a n
thou art not
charge with emphasis (13,1
A/SAAAA £__l! I _ZI *0
AAftAAA
AAAAAA j
AAAAAA
»Thou sayest to me
really" a scribe. (It is) an empty and meaningless(P) name. Thou takest up the
palette wrongly. « The writer answers by challenging his accuser to a comparison
of their respective writings, with the god Anouris for judge (13, 3 — 4). — In
AAAAAA jj
this instance ^^ 1k Q7\ is appended at the end of the sentence to give special
emphasis to the negation which precedes: it may therefore be rendered »raz%«,
» certainly « , »indeed«- or the like.
2. ABBOTT5.15-16:fl^V^^{|^jf^^1 k ^^^,e°J„DVe
w v
| fl [1 AAAAAA
'4 Si i i.
xi
AAAAAA
I I I
ra
w
III
AAAAAA » J\ S tO
I I I
this deputation which you have made to-day, it is certainly no deputation ! It
is your jubilation6 that you have made!«
3. Abbott 6. 8 — 9
\\ C
>£T
J
r^m
441
@
^_$
aaaaaa ^ »This prinee of the town said to him.
ol i
Tt is of the
Read
K
\v
>U=4oD^^
\\
The very attractive emendation is due to Prof. Erman.
2) Lit. »art present with« (mtrk hr).
3) The text has I (Ja ~~ q nt ' wh*eh ^s obviously a corruption of I
I AAAAAA I _/_i < > /\ AAAAAA C— i-
II I
(28, 2). The rendering here suggested also suits AZ. XXII (1884) p. 39 1.11
(V^* Qh z=i \i jj^^ y | £1 . »Who can vie with (or liken himself to) thy Majesty?« Sin also
\/ ii^M r^l' AAAAAA JJ AAAAAA A ^ZZ^
occurs An. I. 1, 6. 15, 1 in obscure passages.
4) The rare particle th: see Spiegelberg, JVoc. SBA. XXIV, p. 46. — 5) Chabas has grasped
the meaning, but not the syntax, with his translation »de nom authentique«.
6) That this is the correct literal translation of ihy, in spite of the second determinative, is
proved by the letter of Pnro (5, 19foll.), in which he informs the Vizier of the quarrel between
Paser and the men of the necropolis. These words of Paser are there paraphrased as follows
(6,1): »You have exulted over me (ir-tn nhm im-i) at the door of my house.«
17»
132
Alan H. Gardiner: The word
[41. Band.
great things that thou hast done, that thou speakest.'1 It was indeed no small
matter that this prince of the town said«.
^ zs
ZU Jl « -iL*'
I V
(v n AAAAAA
4. Abbott 6, 12: (Je J ^-s
1 AAAAAA — H — V
5. Mayer B.. 1: Q e $ "^ 7 ' Jl^Slfl^S
A^i cs> \ ^--^ aaaaaa T _cr\s U
D
vÄ »I said to him: 'It is not right, indeed, the share which
you are giving to me' « .
6. Salt 124, 1, 4: Je J J ° ^^^1T^- Obscure; but cf. 1,17.
aaaaaa cü I I I e± y^il (»> . ri^V ££_Ai
e
7. Salt 124, Verso 2,1: ® J
<: ^> aaaaaa rrv> i— ~
m wo zoay befits this office«. sic
8. Sallier III, 4, 9: J ^^$!^T^!l
AAAAAA o ' I I I _Ä^ Ci* I
»Surelt/3, it is no man that is among them«.
9. Anastasi V, 26, 6: J t^J°[|j^()eß
,V
o\\
fö /-^ aaaaaa
ö'
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QJin-
A— 0
k qa «Thou wast no chief, when I(?) brought thee from another
place to put thee here, indeed«*.
10. Anastasi IX, 2 — 3: | p«. -^
/^. AAAAAA
|)(|w™qe^'
3f £f SÜ AAAAAA A^\_
r— - AAAAAA 5 ' III t/ -/TS
»The things which you write to me concerning them are (like) [the words]
of life of a man's father to his son: they are not words of death(?) indeed«.
The fragments of signs suggest mt as the most natural reading.
11. Insc. of Mes N. 24: J ,ifl°^
O (0
u-fl
»It is indeed not true«
12. IW 44,15-16: ^iJM^T^JWXWl^
13. i™» i. aw &*8-»= ^(j^^Mrr.I^JJ^
^ ^6?~l^v (JA /v^A SQ**^»*^ Ik^u B^or * am &°°d Howards you, I am ratfevil
tow^ards you«. Emphatic contradiction.
14. i_I. 369 Verso 14: ^l^^M ÄMfr \Ä
»I am indeed not in my (ordinary) condition«.
J) This sentence seems to have been misunderstood hitherto. Literally »that which thou
doeät of big thiugs is that (ne) which thou sayest« -<s>-(](K « as relative - form is not found
elsewhere, but Abbott has the similar form
aaaaaa. Cf. Sethe, Verbum II §794,2.
Ii I i
2) Spiegelberg's Suggestion that bn ns st is written for bn st [Rec. de Trav. XXI p. 45) does
not throw much light on this obscure sentence. — 3) 7rc is omitted in the corresponding hiero-
glyphic text (Brugsch, Rec. 29, 9). — *) The position of in is stränge, and iw ink is certainly
defective. Perhaps the whole passage is out of order.
1904.] Alan II. Gardiner: The vvord j£^J; "^^Q- ^?ß
15. I_I. 370 Zecto 10= ^IT^lIflk \ IHOES«
AAIWVS >-j
■^3* iK g7s »That (s«7. com) which lies in the does not indeed make
20,900 (?)■•.
16. Pap. B,bl.Nat. 237, Frag. 5' feto 2: |)ö ^ U^OK
this boy and this villainous (?) old man who received 5y2 mesures of barley
without executing any command that they had«.
17. Pop. Gol. 2, 22-23: 0<ä>$^| ~f VH^ J %^ J^P%
"Fl Q* jD A«WW yp /WWW <? A GL <2 I
S \\ 2i)g7\^^ 1k g|»^»QW U «^ ' Ä* sai(* to mm: 'False! they are not pitiful
c w
journeys in which I am engaged'«. Wntmn contradicts the preceding aspersion
of the Prince.
J, /WWW -g .1 I 1 <; .
^ ^ I 4ä vÄ
/WAAAA (Ci I I I
A/WWV <
(emend ^^ Ik <& ). »It is not your house indeed.«
19. Leps., Denkm. III, 255z = Louvre (without number) 5: J o, AW^
/WWW /J
ik qa »I am not indeed one who has gone down«. The sense is doubtful,
but the construction clear.
20. Pap. Ns-hons, 6,7 — 8. »All good things of which men speak in my
presence, saying: 'Do them to Ns-hons, the child of Tl-hn-Dhwtf : 0@Jf
I M Ol J I (l(£^Äa ik Äjv I do them for her, although they be not
H I C\ /WWW ll I I <=> I £ _M- Hl»
small indeed«. A very similar instance will be found ibid. 6, 5.
Besides these instances, three others occur in the Max. d'Anii (1, 18 — 2, 1,
7, 11 and 8, 19; in the two former cases with bri)2, which I do not quote,
as they are impossible to understand.
Aft/W/W jr\
The examples show that f&^ ik QTj is employed only in the nominal sen-
tence with Jj 3, and that its regulär place is after the predicate, towards the
AA/WW
end of the clause. Not only these syntactic reasons, but also the phonetic
composition of the word4, point to its being the prototype of the Coptic *vii.
This conclusion is supported by the Demotic evidence, a note on which I owe
to the kindness of Mr. Griffith »In Demotic it is written \ , and it invariably
A/WW\
occurs after bn in R ä».«. sentences. I have a Psammetich instance even
oi' H alone, but I suspect it is by mistaken Omission of R (bn) until I find
l) Spiegelberg, Corresp. p. 90. Sisi is perhaps the same word as occurs Salt 124, Verso 2, 3
meaning something bad. — To the above-named book, I owe examples 13 to 16. — a) The know-
ledge of these , and also of no. 8 above , I owe to the Berlin Dictionary. — 3) Brugsch (l. c.) had
already noticed this fact. — 4) It need hardly be said that we should transcribe the word in, and
not iwni, in accordance with the principle of Entwertung.
134 Alan H. Gardiner: The word j^J; ^\ Q()- [41. Band.
other instances. Published examples are I Kham. 3, 3; 5,9.19.25; II Kham.
3, 10.«
In Coptic a<n is found, as in Egyptian, in the nominal sentence, whether
proper or improper1. But its use has been extended also to verbal sentences,
though only in the case of the seeond Present, and the Imperfect (with the
Imperfectum Futuri).
The often noted likeness of evii to the French pas, point'2 is now seen to
be no superficial resemblance. These words, from the Latin passum and punctum,
were originally adverbial accusatives placed at the end of negative sentences3
for the purpose of emphasis; just like the English »not a jot«, »not a straw«.
AAAAAA y-j
The etymology of ^^ Tk g7\ is unknown, but when we first encounter it, it
is as an emphatic adverb in negative sentences. Pas and point, and like them
the Demotic \\ , Coptic ^n, next lose their emphasising force, and become
mere adjuncts of the negative word (French ne, Coptic it). Last of all, they
come themselves to be looked upon as negative words: thus pas and point are
used in poetry and in the vulgär parlance with the meaning not; and likewise
a.h. is, in specific cases, employed without a preceding it4. This final stage
can be paralleled also in Egyptian, if a theory of Prof. Sethe be correct: ac-
cording to this5, the negative jPy^ is none other than the Substantive ]|\£>
»place«, which from a frequent employment in negative sentence, has itself
acquired a negative significance.
_rf AAAAAA jr\
Another conclusion may be adumbrated. Wherever S^ 1k ptk has en-
countered us, we have found it in Company with J , and similarly ä.h is
aaa/w\
never the concomitant of any other negative than S. This Observation would
suffice to Warrant an identification of J and it, were it not for the apparent
AAAAAA
difficulty of accounting for the loss of the letter J . This difficulty is however
not so great as it at first sight appears. Were J an entirely new negative
word, appearing first in New Egyptian, and containing a real b (b-n, ben, or
even ebn-) its spelling would be quite anomalous: we might expect rather the
orthography J /£< ^, "^s, or the like6. It will be found a helpful hypothesis
to assume that J sounded approximately emn or men at a given period: its
l) Improper nominal sentences are the Ist Present, the Ist Future and probably the 2nd Perfect.
— 2) Modern Arabic has a very similar particle sh, originally L.».;», as in ma shiribtish »I have not
drunk«. — 3) The reason why such emphasising adverbs are found chiefly in negative sentences,
lies in the fact that every negative sentence implies an affirmation which it contradicts; whereas
the reverse is not the case. — 4) Steindorff, Koptische Grammatik2 § 462. — 5) Verbum II § 991.
6) This argument is not to be met by a reference to 1 V\ . Bw is probably the old Egyptian
word for »place«, and its spelling is archaistic, as in the case of most common words that have
survived from the old language.
1904.]
Alan H. Gardinek: The word
**\:
135
spelling can then be paralleled, cf. J * ^^7 = ^^7 = auiot1. By this
A/WW\ £ü AAAAAA £3
assumption J would be related to ÄLwon and ÄüT; and on tlie other hand, it
aaaaaa
would be easy to account for its passing into it. First of all emn would be-
come by assimilation enn, a stage that may be traced in the Coptic negative
future SiteqccoTM (= J (1 " <==>^1\ 3 )2: the further shortening to it presents
/ÜWW^ I ^ > — rr\V U
n (1 EL M/VW* f\
no difficulty. I hope before long to study the negatives , J and 1\
AAAAAA AAAAAA WVV I I I -<S>—
statistically. with a view to ascertaining their mutual relations. Meanwhile , the
above Suggestion is put forward under the füllest reserves.
An use of the later absolute pronoun.
By Alan H. Gardiner.
In ÄZ. 34 (1896) p. 50 Prof. Erman drew attention to the employment of
AAAAAA AAAAAA
0^ , &c, with the meaning »belongs to thee« »belongs to him«. The
following examples prove that this idiom was not extinct in the New King-
dom, and the isolated, but certain, instance of (1 ^ yf m the sense »belongs
to me« shows that we have here to do with the later absolute pronoun, not
as hitherto supposed, with a special Compound of the root "^ + a suffix.
1. Pap. Goz.L U— 16:
m^i 5fr5i;^
\aaaaa n n
I AAAAAA i 1 i I I
£
(\;£\£)
^1 I
AAAAAA
}«5«Pm*
w
'im "%^ \ -^f i 1 fvy>ur| 5 &"c. Wnimn addresses the prince of Dor.
»The silver belongs to Amonre, king of the gods it belongs to Smendes,
it belongs to Herhor my lord. and the other great ones of Egypt: it belongs
to you, it belongs to Wrt, it belongs to Mkrnr, &c.«
»But now the thief who has
kz^si^y^j
w
robbed you3 belongs to you, he belongs to your ship.«
x) Cf. Sethe, Verbum I § 220. 2.
2) Side by side with
■^
(e. g. D'Orbiney 4, 1) with do perceptible
shade of meaning.
3) For diy »to rob« a person or place, cf. Pap. Harris A (= Newberry. Amherst Pap. 8, 4)
n! idiy egmy iw diy-w ti St Nfrt «the thieves who were found to have robbed the \Beautiful Place'«.
136 Alan H. Gardiner: An use of the later absolute pronoun. [41. Band
3.7^.77,23-24. % tfn?L,-JeJ — 1 fl 0
/WWW ^a ^* **\ r. I\ ö AftAA/W I I «!& D AA/WW .0 ^j „rei <;
I aaaaaa -~ fö <=^_^ A 7^ 2 1
"~lU V^I'S »There is no vessel afloat, which does not belong
to Amon. To A£ra belongs the sea, and fo Mm belongs the Lebanon, of which thou
sayest cIt belongs to me! .« In this case it is impossible to translate (1 Vjt|Q
»I am it« (namely »the Lebanon«), for the prince had made no pretension to
be identical with the Lebanon: he had merely asserted (II, 13 — 14) that at his
command, the heaven would open, and the trees lie felled upon the seashore.
4. Ibid. II, 45-46 (le D (|s#^«H#(|efek~S:>^Ä;*T
i /wwwl /wwAA^i^_jii eil il^i 1 J¥^2^_T o e J\
4 ">-^ »And Pnimn, a butler who belonged to Mm, stepped between me, saying
...... That iw mntf sw must contain a closer definition of the words »a butler«,
will be clear from a comparison of II, 69 »Tentno, a female singer of Egypt«.
5. Med. Habu = Piehl. Inscr. I, 150, 16 o v^ ^^ Y1 Ra-
/www ^Z^6 JS^ F=q J2r (S I
meses III. addresses Amon: »To thee belong the heaven and the earth.«
6. Decree of Amon for Isimheb = Masp., Mom. Roy. 704 — 706, 24 — 25 2
lr»n<T lnv*iir»n
AA/WW
@ III
whether it be the sister of another heir, or whether he belong to the people
who gave the properties to Isiemheb, and there comes out from them (someone)
day after day, saying: 'The property does not at all belong to you: so we give
it to another': (then) ye shall command the administrator and every ad-
ministrator of the town «
Besides these examples, it seems probable that the later absolute pronoun
in such phrases as "%& ^\ jjO@ ^ Q ^ ^ ffi 3 is to ^e simi^ar^y explained.
') For this example I am indebted to Prof. Breasted. — 2) I quote from my collation of
the inscription with a Berlin photograph. — 3) Erman, Neuäg. Gramm. § 73.
1904.1 Leipoldt u. Vioi.kt: Ein saidisches Bruchstück d. vierten Esrabuches. 13/
Ein saidisches Bruchstück des vierten Esrabuches.
Von J. Leipoldt und B. Violet.
In der ägyptischen Abteilung der Kgl. Museen zu Berlin1 wird ein leider stark
zerstörtes Pergamentblatt aufbewahrt, das Bruchstücke einer saidischen Über-
setzung des vierten Esrabuches (Kap. 13) enthält. Heute sind nur noch die
folgenden, genau nach der Anordnung der Handschrift wiedergegebenen Worte
und Buchstaben zu lesen.
Recto.
[ ] . t 1
e[.]o<Yiien[ ] [ ]
it£HT e[gjp^i e] [ ]
^m\€T[o,YH£ £.w.n] m[ ]
KÄ.£' €T[pe"Y . . •] 5 [ ]
[ .' ] [ ]
[ ] [ ]
[ ] MO[ ]
[ oT2e] *A 1
eiioc Miiq[«y£€e-iioc] io [ ]
[oJ'yÄüiTppo [aik] [ ]
cyÄutTppo • c[«y] [ ]
uj^nujüme •*.€ [n] [ ]
ffin.eiJM.[&.ein ut&.i] [ ]c[ ]
«oo*y n^K* tot[€] 15 [. . . .]ium[. . . .]
eqecyongcj eko\ [ ]
tüyjndogHpe • npu> *5^T[ ]
Me WT^Rndwy e h[ ]
poq eqiiH'Y e^p^'i $[ ]
gReA.<V&.cc&. • ece 20 q«y[ ]
ujtone ^.e e'yuj&.n t[ ]
[cw]tm CTeqCMH* *x[ ]
[ns'ijfi^eoiioc e [ ]
[p€no]«y&. no<yÄ. [m] [ ]
[a\.00«Y IlivjKU) S[cü>] 25 [ ]
[<nr M — ] [ ]
*) P. 9096. Erworben 1899 durch Dr. Reinhardt. Jetzige Dimensionen : Höhe 15 cm, Breite
13 cm. Sechstes bis achtes Jahrhundert (alte Form des ^ und m). Die Seite hat zwei Spalten,
die Spalte mindestens 27 Zeilen , die Zeile etwa elf Buchstaben.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 18
138
Leipoldt u. Violet: Ein .saidisches Bruchstück d. vierten Esrabuches. [41. Band.
Verso.
[ Jhtä.'Y [• O1*11 e[T]e^top^
[ ] [eT^]^o,YIl• nMix
[ ]-rev [eTejÄinecenoc
[ ]«y [npjcoMe ujcone R
[ ]i 5 [^HTjq eiie£* -xe
[ ] [k^c e]«Y€gd>.pe£ e
[ ]w [poo«Y . . .]mc[. .]
[ Jene [ ]
[ 1 [ M- • •]
[ 1 «> [ M--]
[ ]c [. . . .]lÄ. CTS'H'y
[. . . .torrrfe] ty^efoc [m]it€,y^pävThc
[m^J'y'X.h enggaw«Y [jvjnevxoce <^p
[ma\.o]o,y §Mn€«y n cmujnHpe* ^q*.
[mä. gJii[lie]£00«Y M^gT€ ÜÄtMO'Y
[ ]pp°' M€ Mniepo uj&.u
[ p]p° To^^ioop* 1TWCR
[ fc*^ ttTeglH uj^qp
[ ]«v 20 o*YpoAvne o'ys'oc
[ ]nie ujdatTo*Y&OL>K ?
[ ]q"Y go'yii eTe^[o)pd.]
[ ] euj^*Mo[«YTe e]
[ ] poc «xecf ]
[ ] 25 [-Jrer4 1
Am unteren Rande der Vorder- wie der Rückseite fehlen wahrscheinlich
ein paar Zeilen.
Verso rechts Z. 13 f. könnte man vielleicht auch ergänzen:
[njnevxoce <7is.p
[^qeipe] n&y it
Übersetzung.
[ ] über die. die [wohnen auf der] Erde, damit (?) [sie]
[ein] Volk ([epvcg) mit einem [Volke (t&v.os)] , ein Königreich [mit] einem König-
32 reiche. Wenn aber (&') geschehen diese Zeichen (?), [die ich] dir sagte, dann
(tote) soll sich offenbaren1 mein Sohn, der Mensch, den du sahst kommen auf
l) Oder: soll erscheinen.
1904. | Leipoldt u. Violet: Ein saidisches Bruchstück d. vierten Esrabuches. 139
dem Meere (SttÄoicro"*)1. Es soll aber (&') geschehen, wenn hören seine Stimme 33
die Völker (e'S-voc), [wird] ein jedes [von ihnen] verlassen (?)
* *
*
neun und ein halb Stämme ([<p]uA>j), die man gefangen wegführte ([ui%\ixci?MTi£eiv) 40
von ihrem [Orte] in [den] Tagen [ ] König [ ] König
* *
*
in das innere (?) Land (%u)pa), den Ort, an dem (noch) nie (ein) Geschlecht (ysvog) a
von Menschen war, dafmit] sie bei sich (?) bewahren
* *
*
eng [ des] Euphrat (Yxxppür^g). Denn (ydp) der Höchste [tat(?)] ihnen Wunder: 43. 44
er hielt an die Quellen des Stromes, bis sie übergesetzt waren. Die Dauer des 45
Weges beträgt anderthalb Jahr, bis man kommt2 in das Land (%[wpct]), das man
nennt [ ]. Dann (röre) (?) J. Leipoldt. 46
Das vorstehende saidische Fragment des sogenannten vierten Esra ist allein
schon durch seine Existenz interessant. Es beweist von neuem, welche Ver-
breitung jene jüdische Apokalypse in der christlichen Kirche gehabt hat. Wir
besitzen das Buch nunmehr ganz oder zum Teil in sechs Sprachen, lateinisch,
syrisch, äthiopisch, arabisch (zweimal), armenisch und koptisch. Leider ist das
saidische Fragment so klein und noch dazu so lückenhaft, daß man ihm keinen
sicheren Platz in der Textgeschichte anweisen kann. Fände sich das ganze
Buch oder ein größerer Teil davon in dieser Fassung, dann würde es gewiß
ein wertvoller Textzeuge sein; denn die Übersetzung ist recht genau und wort-
getreu, soweit man das nach dieser Probe sagen kann. Das Fragment ist wohl
ohne Zweifel eine unmittelbare Übersetzung aus dem Griechischen. Weiter wird
man schon nach diesem Fragment mit Wahrscheinlichkeit behaupten können,
daß dem saidischen Texte die gleiche griechische Vorlage zugrunde liegt wie
dem Lateiner, Syrer, Äthiopen und Araber I (ed. Ewald), nicht etwa diejenige,
welche dem zweiten arabischen Texte (ed. Gildemeister) zugrunde gelegen haben
mag (vgl. Günkel in Kautzsch' Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testa-
ments, Tübingen 1900, II, S. 333); dazu steht das Fragment jener Hauptüber-
lieferung zu nahe. Wichtig erscheint mir in dieser Hinsicht v. 32, wo der Messias
n^ujHpe »mein Sohn« genannt wird wie im Lateiner und Syrer — Araber
Ewald ^bi »mein Knabe«, der Äthiope fehlt — , während Araber Gildemeister
^Jl^c »mein Knecht« liest. Dort hat die eine griechische Vorlage also höchst wahr-
scheinlich -JToug geboten, während die andere das Epitheton TIS1 für den Messias mit
l) Oder: herauf aus dem Meere (S-«>.«Txa). Eine sichere Entscheidung ist unmöglich, da
es an Vergleichsmaterial fehlt, mit dessen Hilfe man den Sprachgebrauch des Textes feststellen
könnte (doch vgl. Verso links Z. 15: gÄureylAi*.] »aus ihrem Orte« [ohne e&oA]). — 2) Oder: sie
kommen.
18*
140 Leipoldt u. Violet: Ein saidisches Bruchstück d. vierten Esrabuches. [4L Band.
&ovXos wiedergegeben haben mag1. Leider Läßt uns das neue Fragment an den
Stellen im Stiche, wo wir es am nötigsten hätten, so bei den Namen in v. 40
und besonders v. 45 bei Arzareth, dessen Deutung durch Schiller -Szinessy (s. bei
Gunkel a. a. 0. S. 397) als rrns yyt doch noch keineswegs über jeden Zweifel
erhaben ist, da sie sich nur auf die Lesart einer der beiden lateinischen Hand-
schriftengruppen mit Sicherheit stützen kann. Die neue Bezeugung der Lesart 9x/2
in v. 40 ist wertvoll. In v. 32 wird man e^p^'i ^He^X^ccA. mit »aus dem
Meere« (nicht: »auf«) zu übersetzen haben gemäß dem äthiopischen und arabi-
schen Texte an dieser Stelle und den Parallelstellen cap. XIII v. 3 und v. 25.
Sonst wird sich über das neue Fragment inhaltlich nicht viel Wesentliches
sagen lassen. Möge der ägyptische Boden uns nicht nur diesen saidischen Text
ganz, sondern auch seine griechische Vorlage bescheren! Den hebräischen
(aramäischen?) Urtext von ihm zu verlangen, wäre wohl zu unbescheiden.
B. Violet.
Ägyptische Worte bei Diodor.
1. Nwt als Name für Theben. — 2. Der ägyptische Name des "k&curov bei Philä.
Von Heinrich Schäfer.
1.
J_Xwt als Name für Theben. — Bei Diodor findet sich im l.Buch Kap. 15
(ed. Vogel) die folgende merkwürdige Stelle: »Osiris2, sagt man, hat in der
ägyptischen Thebais eine hunderttorige Stadt gegründet, die er nach seiner
Mutter benannte. Die späteren Geschlechter nannten sie Diospolis oder auch
Theben.« Unmittelbar auf diese Stelle folgt die Angabe, Osiris habe auch
ein großes und prächtiges Heiligtum seiner Eltern Zeus und Hera gegründet.
Daß hier Hera als Mutter des Osiris genannt wird, ist wohl der Grund,
warum man die interessante Nachricht, die in dem ersten Satze steckt, bisher
nicht erkannt hat. Ob man die griechische Form Hera, wie es Wiedemann3
tut, heranzieht oder auf den ägyptischen Namen der Göttin \\> (Mcu9-)
zurückgeht, beides hilft nicht zur Erklärung des Stadtnamens.
Blättern wir im Diodor zwei Kapitel zurück , so stoßen wir auf die Notiz :
»Darauf kam Kronos zur Regierung, heiratete seine Schwester Rhea und zeugte
x) Die genauere Untersuchung dieser nicht nur für den vierten Esra wichtigen Frage kann ich
erst in meiner künftigen Ausgabe des vierten Esra in der Berliner Kirchenvätersammlung bei-
bringen. — 2) Das bedeutet nach dem bekannten Sprachgebrauch der späteren griechischen Schrift-
steller ol mgi tov Otiow. Darum steht nachher einfach in ujfvij.cn rrfi wvjr^cs ohne tov Ssov o. ä. —
3) Wiedemann, Herodot S. 48.
1904.] Heinrich Schäfer: Ägyptische Worte bei Diodor. 141
nach einigen Mythologen Osiris und Isis, nach den meisten jedoch Zeus und Hera.
Deren an je einem der fünf Anhängseltage geborene Kinder seien dann Osiris,
Isis, Typhon, Apollo und Aphrodite.« Dem Diodor lagen also zwei Angaben
über die Herkunft des Osiris vor, nach der einen sind Osiris und Isis die Kinder,
nach der anderen die Enkel des Kronos und der Rhea. Die erste , von ihm nur
kurz abgetane, ist die von Plutarch1 als einzige überlieferte. Sie entspricht genau
der verbreitetsten ägyptischen Anschauung, nach der Osiris der Sohn des Ig^ j
und der ist. Es ist evident, und bei einem Manne wie Diodor nicht ver-
wunderlich, daß seine Angabe über die Benennung von Theben gerade mit dieser
von ihm nicht rezipierten Lehre von der Abstammung des Osiris aufs engste
zusammenhängt. Denn nur wenn der Gott die von ihm gegründete Stadt nach
seiner Mutter Nwt ^ benannt hat, wird die sonderbare Geschichte verständlich.
Nwt ® , d. h. »die Stadt«, ist ja die allbekannte Bezeichnung für Theben, die
alte Hauptstadt des Landes, wie v\ woXtg und »urbs« für die Hauptstädte der
lateinischen und griechischen Welt.
Diese Notiz ist schon an sich, durch den Ort, an dem sie sich findet,
interessant; hübsch, wenn auch nicht weiter auffällig, ist die Tatsache, daß
Theben diese Bezeichnung auch* nachdem es längst von seiner Größe herab-
gesunken war, in hellenistischer Zeit, aus der doch die Quelle Diodors stammt,
noch behalten hat. Am bemerkenswertesten ist es jedoch, daß wir sehen, der
Name der Himmelsgöttin muß ganz ähnlich geklungen haben wie das Wort für
«Stadt«. Ptolemäische Schreibungen wie ^^2 weisen zwar auf dasselbe, doch
könnte man in ihnen Produkte gelehrter Spielerei sehen, was bei der Notiz
Diodors gewiß ausgeschlossen ist. Sie beruht ohne Zweifel auf der üblichen
Aussprache beider Worte. Für das Wort »Stadt« wird das hebräische X3 Nö
ungefähr die richtige Aussprache geben. Dazu paßt es ja, daß die Naukratis-
stele das Wort © zur Schreibung von Natu- in Naukratis benutzt. Auch die
assyrische Schreibung entspricht einem a«. Aus dem Namen Psusennes für
P-sb-hc-m-nw(t) ist kein Gewinn für die Vokalisation von ®, zu erwarten, da
das Wort hier am Ende steht und durch die Bildung der griechischen Endung
gewiß stark verschliffen ist.
2.
Der ägyptische Name des\ßoi,rov bei Philä. — Diodor gibt im 1. Buch
Kap. 22 für den ägyptischen Namen der sonst von den Griechen "Aßocrov genannten
Insel bei Philä, die das Osirisgrab trug, bekanntlich die wörtliche Übersetzung
iepov 7re&ov. Der hieroglyphische Name der Insel findet sich in vielen verschiedenen
Schreibungen, die sich nach den beiden Typen <^^f I /wwvA^ und kN^ I ^^^
scheiden lassen. Nur einer von beiden kann ursprünglich berechtigt sein. Es
J) De Iside Kap. 12 (ed. Parthey). — 2) Dümichen, Gesch. S.76; Brugsch, Wb. S.773.
142 Heinrich Schäfer: Ägyptische Worte bei Diodor. [4L Band.
ist klar, daß Diodors Übersetzung »heiliges Feld« nur auf die zweite der bei-
den Formen gehen kann, denn warum sollte zur Wiedergabe der ersten nicht
einfach iepoi vyj<tos gesagt worden sein? Trotzdem bevorzugt man heutzutage die
jr+fO AAAAAA .— .
erste Form, aber gewiß mit Unrecht. Die Form Gxx&f |A/V/WSA^> ist nur eine An-
näherung an den Namen von Philä <^^> ©, die sehr nahe lag, weil ja der
Ort mit dem Osirisgrab in der Tat eine Insel bildete und weil die Worte (1 v\
»Insel« und 0"k^ »Stätte« längst dem Klange nach ganz oder fast ganz zu-
sammengefallen waren. Der ursprüngliche Name der Insel ist gewiß k-">if I /wvwv^
und er bezeichnet den Ort ohne Rücksicht auf seine Insellage als das »Aller-
heiligste«. Nach einer Stelle im Horusmythus von Edfu hieß ja auch das Aller-
heiligste von Oxyrhynchos ebenso1, und auch in Abydos wird ein rj ^ ifJT=T
genannt (Loeet, Fetes d'Osiris, Rec. de trav. III, 44). Hat man dies erkannt,
so sieht man, daß auch der gebräuchliche griechische Name der Insel "AßotTov
nicht eine Wiedergabe der Laute oder eine bloße Umschreibung des Sinnes des
ägyptischen Namens ist, sondern ebenfalls eine wirkliche genaue Übersetzung,
allerdings keine schulmäßige wie das iepov 7re$iov, sondern eine sehr glückliche und
lebensfähige. Denn auch das Wort ccßuTov ist ja im griechischen Kult eine häufig
gebrauchte Bezeichnung für das »Aller heiligste«, die synonym mit u&vtov
angewendet wird. So bestätigt also der Name \ßocrov wieder die Richtigkeit der
jrfiQ AAAAAA ^-^ j**iO
Übersetzung iepov ttsMov und zeigt, daß \^^f I ~wwv _ und nicht <&zzz>f j
der eigentliche Name der Insel ist.
A/VWVX ^-v
AAAAAA
Koptische Etymologien2.
Von Kurt Sethe.
4. *.£€ »Nutzen«.
In der sahidischen Vita des Antonius (Zoega 361) lesen wir, daß Antonius das
Martyrium zu erleiden wünschte, daß Gott ihn aber bewahrte:
e-Tiioqpe Äm-TÄ^e ÜROo'ye »zum Nutzen und Vorteile anderer«.
Wir haben hier parallel zu noqpe, dem neutrisch gebrauchten Femininum
des Adjektivs no«yqe »gut«, ein weibliches Wort &.£€. Man erkennt darin un-
*) Brugsch, Dict. geogr. 106. Das sonstige Material zu der Abatonfrage findet sich bei
Pauli -Wissowa s.o. ctßarov. Letrotvne, Recherches p. s. ä l'h. del'Eg. 304 — 305. Brugsch, Dict.
geogr, 106. Brugsch, Geographie. Lepsius, Briefe 8.111. Wiedemann, Herodot S. 586. Stern,
AZ. 84, 51 — 54. Auf die schwierige Frage, welche der Katarakteninseln Aßccrou ist, will ich
hier nicht eingehen.
2) Fortsetzung von ÄZ. 38, 145 ff.
1904.] Kurt Sethe: Koptische Etymologien. 143
schwer den alten Ausdruck ^ i llh-t »das Nützliche«, der gleichfalls das neu-
trisch gebrauchte und deshalb mit den Pluralstrichen versehene Femininum des
Adjektivs ^b* »vortrefflich«, »nützlich« darstellen wird.
i w '
Das Wort scheint, nach der koptischen Form zu urteilen, dieselbe Vokali-
sation gehabt zu haben wie das Wort 7^^-^ »Horizont«, das nach der grie-
chischen Wiedergabe des Namens der großen Sphinx V^.^ ~ Hr-m-üht, Ap^yjg,
auch "'adle, gelautet haben muß. Beide Wörter werden in der Tat wohl iden-
tisch gewesen sein. t^>^ als Name für den »Horizont« wird, wie so viele
Appellativa im Ägyptischen, von Haus aus nichts als ein adjektivisches Beiwort
gewesen sein, das dem Horizonte gegeben wurde.
5. oine »Scheffel«.
Das hebräische Hohlmaß ~S"S. das von den Masoreten Epha vokalisiert
worden ist, wird in der Septuaginta, wo es allgemein für »Maß« gebraucht ist,
durch pterpov, wo es ein bestimmtes Maß bezeichnet, dagegen durch cupi oder
ci(pu wiedergegeben, ein Wort, das uns auch bei Hesychius als Name eines
ägyptischen Hohlmaßes = 4 %o7vtjteg bezeugt wird. Gewiß mit Recht hat man
vermutet, daß die in ihrem konsonantischen Bestände (\ j, p) übereinstimmenden
Namen tatsächlich identisch seien und daß die Hebräer den Namen des Maßes
ebenso wie den des Hin ("pil, Sept. siv, iv, w, ägypt. '^ÖV^ ^mc) von den
/WNAAA —ZI
Ägyptern übernommen haben.
Die alexandrinische Form cupi zeigt zwei charakteristische Erscheinungen,
die bei vielen griechischen Wiedergaben ägyptischer Wörter zu beobachten sind,
die Endung t, die der koptischen Endung e:i entspricht1, und eine Aspiration
des letzten, der Endung vorhergehenden Konsonanten, die dem Ägyptischen in
beiden Hauptdialekten fremd ist2. Wir werden für das alexandrinische oupi so-
mit eine sahidische Form oine und eine boheirische Form oini resp. aiini er-
warten dürfen. Und in der Tat lauten die koptischen Formen dementsprechend.
Die sahidische Form ome ist bereits von Bsciai aus drei Bibelstellen, an
denen es allgemein »Maß« ixerpov bedeutet und teils dem hebr. ns*x (Arnos 8. 5;
Prov. 20, 10), teils tTPtttfn (Lev. 19. 35) entspricht, belegt worden. Peyron kannte
das Wort noch nicht. Er führt statt dessen eine Form cr^oine an. die er gleich-
falls mit dem hebr. ns-s und dem alexandrinischen clQi vergleicht. Diese Form
verdankt ihr Dasein aber nur einem unbegreiflichen Versehen des trefflichen
Peyron. An der Stelle (Zoega 355), der er das W^ort entnommen hat, sagt näm-
lich ein Heiliger zu einem Weib, das ihn um etwas Weizen bittet: Ä.jii-o'yonie
TA.ign-q ne »hol' einen Scheffel, daß ich dir ihn (den Weizen) zumesse«. Wie
man sieht, liegt hier in Wahrheit statt des angeblichen Wortes o*yoin€ eben
x) Z. B. in den Monatsnamen Tvßt, Ylccucpt, Ilctwt usw. — 2) 'Aixsvuöcptg , Tlauxpi, ^ctsucZSi,
Arajßry^ts , T zwcZ&tg , 'iuouS"*]? usw.
144 Kurt Sethe: Koptische Etymologien. [41. Band.
unser gutes Wort oine mit dem unbestimmten Artikel o*y vor. Könnte noch
ein Zweifel daran bestehen, so wird er durch die folgenden Worte der Erzäh-
lung ausgeschlossen: Rtoc •*€ ^cStc *vqp-*j;pi&Hc eq'xco mmoc äc o-yitos' Te
Tome »Sie aber holte es. Er war genau, indem er (sich) sagte: 'Groß ist der
Scheffel'.« Hier tritt uns, was Peyron entgangen sein muß, das Wort oine
ohne das o«y mit dem bestimmten Artikel entgegen. Wir lernen dabei zugleich
sein Geschlecht kennen, das wie beim hebr. ns^S weiblich war (Tome und irre).
Was Peyron zu der seltsamen Auffassung, daß das Wort an der ersteren
Stelle o-yome und nicht o«y + oine zu lesen sei, verleitet hat, scheint einer-
seits die boheirische Form gewesen zu sein, die er bei Kircher fand, cyioim,
andererseits die Form, die das Wort im Arabischen angenommen hat: weba
(<C j) oder wiba CH.J). In der arabischen Form wird aber das Waw lediglich
das koptische o wiedergeben, und was die boheirische Form o«yaiini anlangt,
so wird man nach den vorstehenden Ausführungen wohl kaum noch im Zweifel
sein können, daß auch bei ihr das oy den unbestimmten Artikel darstellen wird
und daß die sonst, wie es scheint, noch nicht belegte boheirische Form unseres
Wortes, ganz wie zu erwarten, wim lautete.
Eine den Formen oine : tonn entsprechende mittelägyptische Form a.ijii hat
Peyron aus Zoega 147 belegt und richtig mit seiner unechten' Form cycine
verglichen.
Zu dem spätägyptischen Worte oine, dessen richtige Formen hier festge-
stellt worden sind, kennen wir nun auch die alte ägyptische Form. Es ist
das Maß (1 ^2=0 ip-t, dem wir in den Inschriften des n. R. zuerst begegnen,
und das nach Griefith' Untersuchungen1 40 Hin oder 4 hkl-t entsprach. Schon
Brugsch2 hat dieses Maß richtig mit dem alexandrinischen oupi zusammengestellt,
ohne das koptische Äquivalent oine zu kennen.
Was die Herkunft dieses Wortes (1 ^=o ip-i oine angeht, so wird es
gewiß von dem alten Wortstamme (1 ip »zählen« um, hr herzuleiten sein
und also ein neues Beispiel für jene Nominalbildung mit innerem j sein, die
wir so häufig gerade bei verhältnismäßig alten zweilautigen Verbalstämmen beob-
achten können3.
l) Proceed. 1892, 432. — 2) Ägyptologie 381.
3) -xoeic »Herr« von ^^ @ ts (boh. gase), iiocik »Ehebrecher« von C^£ f^u) nk, oeiK
»Brot« von ^b^» ^ ch, noerr »Mehl« von \r » nd (no-yr), M&.em »Zeichen« (ägypt. mn-w)
1 ' ■ w j mn (Avoyn, jw.hu) usw.
1904.]
Miscellen.
145
Miscellen.
k^upports de statues royales. — M. Borchardt (AZ. XL, p. 142) a emis l'idee
que les consoles du pavillon de Medinet -Habou representant des tetes de captifs
n'etaient autre chose que des socles de statues royales. J'ai entre les mains un
petit monument, achete ä Louxor, qui confirme cette hypothese. C'est un frag-
ment de socle de Statuette, en porphyre brun soigneusement sculpte et poli,
mais assez mutile, qui ne mesure plus actuellement que 0™095 de large sur
0T09 de haut. Au dessus du socle proprement dit, deux pieds nus s'ap-
puient, poses Tun ä cöte de V autre,
sur les neuf arcs graves en creux,
ce qui nous montre que la Statuette
representait un roi assis, sans doute
Ramses III ou un souverain de la
meme periode.
La base rectangulaire repose,
comme ä Medinet -Habou, sur les
epaules de deux captifs qui symbo-
lisent les peuples etrangers du Midi
et du Nord. Le premier, ä gauche,
dont la face est tres mutilee, a la
tete petite et ronde, la chevelure divisee en meches regulieres partant du sommet
du cräne; on y reconnait facilement un negre. L'autre figure, mieux conservee,
car il ne lui manque que le nez, a la tete rasee, des yeux largement ouverts,
ä tleur de tete, la bouche grande et lippue, et un collier de barbe. Le bras
gauche se replie pour supporter le socle, la main est fermee ä la heuteur de
l'epaule, tandis que la droite se presente ouverte de meme que la gauche du
negre. C'est, ä n'en pas douter, un Syrien, qui rappelle beaucoup les Rotennou
figures dans les tombeaux du Nouvel Empire, specialement ceux de Rekhmara
et de Hou'i. G. Jequier.
Zu Ägypt. Zeitschr. 41, 85 ff. — Borchardts Erklärung des Alabaster-
monuments Musee Egyptien VII , 2 als Sockel für eine Falkenstatue hat manches
für sich, obwohl der Sockel dann später als Opferaltar verwandt sein muß,
denn der Einschnitt am Rand ist (vor seiner Verletzung) sorgfältigst gearbeitet
worden. Für nachträglich eingefügt hatte ihn übrigens schon Wiedemann (Or.
Lit.-Zeit. 1904, S. 287, woselbst ältere Literatur) angesprochen. Daß trotzdem
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904.
19
146 Miscellen. [41. Band.
der «Sockel« die Form eines alten Königsgrabes hat (was unabhängig von mir
Wiedemann erkannt hat), bleibt bestehen, und auf diese Art erklärt sich die
Verwendung solcher Sockel für Königssärge des mittleren Reichs einfacher als
bei Borchardts Annahme.
Ich will heute nur noch ein in diesen Zusammenhang gehöriges Monument
beibringen, das Borchardt übersehen hat und doch seine Deutung als Sockel
zu unterstützen scheint: es ist das in Alexandrien gefundene sogenannte Sar-
kophagfragment wohl saitischer Zeit, das nach Description de l'Egypte V, 47
bei Perrot -Chipiez I, f. 394 abgebildet ist und einen knieenden König zeigt,
der vor einem jetzt fehlenden Götterbild opferte. Unten zieht sich jenes selbe
Lisenenornament hin1. Fr. W. v. Bissing.
Sesonchis II. — Über die Regierung Sesonchis' II. ist bisher wenig be-
kannt. Nur zwei Denkmäler bewahren sicher seinen Namen, ein in einem gol-
denen Ring gefaßter Skarabäus (London 2928) und ein gleicher in Florenz.
Außerdem gibt Berendt in seinen »Florentiner Inschriften 2577« eine Stele,
auf der er seinen Namen wiederherstellen zu können glaubt; im Florentiner
Catalogo generale Nr. 1634, S. 371 ist bei dieser Stele eine Kartusche gar nicht
erwähnt.
Daß die Regierung Sesonchis' IL in jedem Falle nur ephemer gewesen ist,
zeigt außer dem Mangel von Darstellungen auf Baudenkmälern auch Manethos
Angabe, daß er nur ein Jahr regiert habe. Wenn ich auch die Existenz des
Königs Sesonchis II. nicht bezweifele, so will ich doch darauf aufmerksam machen,
daß er nach der seit Lepsius beibehaltenen Ordnung der 22. Dynastie überhaupt
nicht selbständig regiert haben kann. Nach dieser ist er der Nachfolger Osor-
kons IL und der Vorgänger [seines jüngeren Bruders?] Takelothis IL
In den von Legrain, Ägypt. Zeitschr. 1896 S. 111 ff, veröffentlichten Daten
der Nilmessungen findet sich unter Nr. 13: Ax_ fi n =n ^ ., ... . ..V ^WuO
i//5H X U I w II IIA a/ww\ a £i >-
JJ^ll^IfST^l (cote + °>715)- Der Nil ist also 71,5 cm über das Normalmaß
gestiegen »im Jahre 28 Osorkons IL, d. i. im Jahre 5 seines Sohnes Takelothis II.«.
Hieraus ergibt sich, daß Sesonchis IL schon als Mitregent seines Vaters (?)
gestorben ist, und daß nach seinem Tode sein Bruder (?) Takelothis an seine
Stelle trat. Dieser regierte nach Manetho 13 Jahre. Sein 5. Jahr fällt mit dem
28. Jahre Osorkons IL zusammen; da Osorkon IL mindestens 29, vielleicht so-
gar 30 Jahre regiert hat (vgl. Legrain 14/15), bleiben für Takelothis IL nur 7
bzw. 6 Jahre der Alleinherrschaft übrig. Er ist wohl früh gestorben und hat
seinem Sohn als Kind den Thron hinterlassen; dessen 51jährige Regierung be-
stätigt meine Vermutung. Walter W^reszinski.
Vgl. übrigens auch Bologna 1870 = Petrie, Photographs N. 399. aus Nektanebos' I. Zeit.
1904.] Miscellen. 147
Zu den Kahunpapyri. — In dieser Zeitschrift ist 37, S. 95 ein Tempel-
inventar publiziert, in dem aufgeführt werden:
-Djlll P = dhQ -PI Elektron: Räuchergefäß 1
Timmr(?) >w__ ]J\ » sein Untersatz? 1
Ich glaube, wir kennen das Räuchergerät, von dem hier die Rede ist:
es sind jene »Lampen« mit den dazugehörigen halbkugelförmigen Deckeln , die
sich in Daschür und in El Bersche, also gerade in der Zeit der 12. Dynastie,
gefunden haben: Catalogue general du musee du Caire, Metallgefäße Nr. 3430
bis 3435, 3502 und 3503; Einleitung S. IX und X.
Ich schlage danach vor, den obigen Passus wie folgt zu übersetzen: Elek-
tron, 1 Räucherdeckel, Elektron, 1 Räucherlampe. Fr. W. v. Bissing.
Zur Lesung von hlil^'. — Sethe hat in dieser Zeitschrift 38, S. 103fr".
für den Namen der Überschwemmungsjahreszeit die Lesung (]"v\ vorgeschla-
gen. Ihm war damals aber kein Fall bekannt, wo diese Lesung auch wirklich
im Namen der Jahreszeit litteris expressis zu finden war. Seitdem hat Gr. W.
Fräser in den Annales du musee III, Taf. 4 aus einem Grabe der 5. Dynastie
*TL si<* O
einen Kalender publiziert, der zweimal die Orthographie v\ JB^ bietet. Es
ist dies eine schöne Bestätigung von Sethes Lesung, die mir freilich auch da-
für zu sprechen scheint, daß (1 von dem Schreiber als Vorschlagsvokal ver-
standen wurde.
Übrigens ist der alte Kalender auch sonst interessant: er beginnt nämlich
mit den ^ ^\jo, dann folgt ^|j\ (ZI2) . o, %%% . Es ist das wohl neben
den Pyramidentexten die älteste Erwähnung der * v\|^, die hier am Anfang
des Jahres erscheinen, leider ohne Angabe der Anzahl. Fr. W. v. Bissing.
Der Name Takompso. — Der Name für den Grenzort der Dodekaschoinos,
der uns bei Griechen und Römern in Formen wie Tcc%ofx4'<io, Tol%e\x-^/w, Tccxo^og,
Xoa^/w, Koß4/oü, Tacompson (Akk.) überliefert2 ist, heißt in ägyptischen Texten
(toPtw)' ^^QiW]' °Ä o (?_££©' ^©(^(S^^' IfEELl (£ (?_ £ ©
usw.2 Diese Formen weisen ebenfalls auf eine Aussprache Takemso, kemso
o. ä. Nach Schreibungen wie die letzten drei ist Sethe in seiner Arbeit über
die Dodekaschoinos geneigt, den Namen für gut ägyptisch zu halten3. Der
Schluß scheint mir bedenklich, und diese Schreibungen sehen mir vielmehr so
aus, als bemühe sich die ägyptische Volksetymologie, einen fremden, hier also
wohl nubischen, Namen wiederzugeben. Der Hauptteil des Namens Ta-kom(p)so
hat nun eine ganz auffällige Ähnlichkeit mit dem nubischen Zahlwort vier,
l) Diese Miszelle war der Redaktion zugegangen, ehe Sethes Notiz oben S. 89 erschienen
war. Das Wort ist wohl zweiradikalig geworden, wie npu) zu vokalisieren. — 2) Stellen bei
Sethe, Untersuchungen II, 3. — 3) A.a.O. S. 5 Absatz 1 Ende und S. 6.
148 Miscellen. [41. Band.
das Lepsius1 in folgenden Formen gibt: kamsu (Kenus), kemso (Mahas), kemsi,
kemis (Dongola). Diese Vergleichung könnte wie reine Spielerei klingen, und
ich würde gewiß nicht ernsthaft an sie denken, wenn nicht gerade in der ein-
zigen ausführlicheren Nachricht aus dem Altertum die Zahl vier ebenfalls mit
dem Ortsnamen Takompso verbunden wäre2: »Wenn man von der Stadt Elephan-
tine an aufwärts fährt, steigt die Gegend sehr steil an. Da muß man auf der
Fahrt das Boot wie einen Stier mit Stricken von beiden Seiten festhalten. Reißen
die Stricke, so wird das Boot von der gewaltigen Strömung fortgerissen. Für
diese Gegend braucht man vier Tage Fahrt (^fj-spag rs(7(Tocpocg 7rAoos), und der
Nil ist hier so gewunden wie der Mäander. Zwölf Schoinen muß man auf diese
Art zurücklegen. Dann kommt man in eine flache Ebene, in der der Nil eine
Insel umfließt. Sie heißt Tachompso.« Tachompso ist also als der Endpunkt
der vierten Tagereise von Elephantine aus gedacht. Ob dieses Zusammentreffen
nun doch nur ein sonderbarer Zufall ist und wie die Anfangssilbe Ta-, die auch
fehlen kann, etwa nubisch oder sonstwie zu erklären ist, das zu entscheiden
muß ich Berufeneren überlassen. H. Schäfer.
H V (Tl Qf) z= t0-^# — Bei Lagarde, Aegyptiaea »De morte Josephi« Stück 16
findet sich folgender Satz:
o«yoi im&.M&.d.'xe, *se A/yMepe RttjÄ/xe Rk&.crc mm «uj&^te THpcy ÄintoMc
Der boheirische Text hat:
o-yoi im^Meog'x, «xe A/yMenpe cxot€ai emc&/xi Set^Hcy
Die arabische Übersetzung hat:
3**x^Ji gU* UyJ>l ^\ J^ Jo^S
»Wehe den Ohren, welche geliebt haben, Verleumdung zu hören.«
Falls nicht schon von anderer Seite darauf aufmerksam gemacht worden
ist, möchte ich vorschlagen, das Wort toÄTc, welches in der Bedeutung »sub-
mergere« hier keinen Sinn ergibt, mit (j yjfl 'SA zu identifizieren. A. Weil.
Zu Ägypt. Zeitschr. 40, 135. — In meinem Aufsatze »Berichte Schenutes
über Einfälle der Nubier in Ägypten« (ÄZ. 40) ist ein Übersetzungsfehler zu be-
richtigen. S. 135 Z. 4 — 6 des deutschen Textes ist statt »Oder (vf) sollen wir«
bis »vollbringen können?« zu lesen »Oder (vf) ist das, was uns gehört, nicht (w)
größer als das der Witwe {%v\pat) in Sarepta?«. Anmerkung 5 ist zu streichen.
J. Leipoldt.
*) Nubische Gr. S. 47. Die Dialekte folgen bekanntlich in der Reihenfolge Kenus, Mahas,
Dongola von Norden nach Süden aufeinander. — 2) Herodot II, cap. 29. — 3) iU^ijJI in der Be-
deutung »obtrectatio« findet sich nach einer freundlichen Mitteilung des Hrn. Prof. J. Barth bei
Freitag, Chrest. S.101 Z. 7 v. u. v. ; Dozy, Supplem.
1 904.] Erschienene Schriften. 149
Erschienene Schriften.
Heinrich Asmus, Über Fragmente in mittelägyptischem Dialekt (Leipziger Inauguraldissertation).
8. 70 SS. Göttingen 1904.
J. Bai 11 et, La reunion de la famille dans les Enfers egyptiens (Journal Asiatique 1904, Sept.-
Octobre).
F. W. v. Bis sing, Ein Thebanischer Grabfund aus dem Anfang des Neuen Reichs. 3. und 4. Lief.
4 Farbentaff. und 4 SS. Text. Berlin 1905.
James Henry Breasted, The earliest occurence of the name of Abram (American Journal of
Semitic Languages and Literatures, Vol. XXI, No. 1, p. 22 — 36).
Catalogue General des Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire. Vol.XVII. Nos 18065 — 18793.
Steingefäße. Von F. W. v. Bissing. 4. 173 SS. mit Abb. und 10 Taff. Wien 1904.
Ernest Chantre, Recherches anthropologiques dans l'Afrique Orientale. Egypte (Recherches
anthropol. en Egypte). 4. XVIII, 318 SS. mit vielen Abb. Lyon 1904.
Jean Cledat, Le Monastere et la Necropole de Baouit (Memoires de l'Institut frangais d'Archeo-
logie Orientale du Caire, T.12, Fasel). 4. VIII, 71 SS. und 38 Taff. Caire (Leipzig bei
O. Harrassowitz) 1904.
Adolf Erman, Die Ägyptische Religion (Handbücher der Kgl. Museen zu Berlin, IX. Bd.). 8.
VI und 261 SS. mit 165 Abb. Berlin 1905.
Wilh. Kraatz, Koptische Akten zum Ephesinischen Konzil vom Jahre 431. Übersetzung und
Untersuchungen (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, heraus-
geg. von v. Gebhardt und Harnack, Neue Folge, XI, 2). 8. VII und 220 SS. Leipzig 1904.
Pierre Lacau, Fragments d'Apocryphes Coptes (Memoires publies par les membres de l'Institut
Frangais d'Archeologie Orientale du Caire sous la Direction de M. E. Chassinet, Tome IX).
IV, 117 SS. und 6 Taff. Cairo 1904.
J. Leipoldt, Anzeige von Carl Schmidts Acta Pauli (Leipzig 1904) in der Zeitschrift der Deut-
schen Morgenland. Gesellsch., Bd. 58 (1904), S. 920 — 924.
Richard Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien. Text; herausgeg. von Ed. Naville.
Unter Mitwirkung von Ludwig Borchardt bearbeitet von Kurt Sethe. II. Bd., Mittelägypten
mit dem Faijum. 4. V und 261 autogr. Seiten mit Abb. Leipzig 1904.
Emil Levy, Über die theophoren Personennamen des alten Ägypten zur Zeit des neuen Reiches
(Dyn. XVIII — XX). Teil I. (Berliner Inauguraldissertation.) 4. 58 autogr. Seiten. 1905.
Alexis Mallon, Grammaire Copte avec bibliographie, Chrestomathie et vocabulaire. Beyrouthl904.
Max Pieper, Die Könige Ägyptens zwischen dein Mittleren und Neuen Reich (Berliner Inaugural-
dissertation 1904). 4. 39 autograph. Seiten.
Wilhelm Riedel und W. E. Crum, The Canons of Athanasius of Alexandria. The Arabic and
Coptic versions edited and translated with introduetions , notes and appendices (Text and
Translation Society). 8. XXXV und 154 SS. London 1904.
G. Schweinfurth, Die Umgegend von Schaghab und El-Kab (Oberägypten). Mit einer Karte
(Zeitschrift der Gesellschaft, für Erdkunde zu Berlin, 1904, Nr. 8, S. 574 — 593).
Kurt Sethe, Beiträge zur ältesten Geschichte Ägyptens. Mit einem Beitrag von Eduard Meyer.
2. Hälfte (Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens. Herausgeg. von
K. Sethe. III. Bd., 2. Hälfte). 8. III SS. und S. 65—147. Leipzig 1905.
Wilhelm Spiegelberg, Ägyptologische Randglossen zum Alten Testament. 8. 48 SS. Straß-
burg i. E. 1 904.
Georg Steindorff, Durch die Lürysche Wüste zur Amonsoase. Mit 113 Abb., meist nach Auf-
nahmen des Freiherrn Curt v. Grünau, und 1 Karte (Land und Leute. Monographien zur
Erdkunde. XIX). 8. 163 SS. Bielefeld und Leipzig 1904.
Zeitschr. f. Ägypt. Spr., 41. Band. 1904. 20
150 Erschienene Schriften. [4L Band. 1904.]
Raymond Weil, Recueil des Inscriptions Egyptiennes du Sinai. Bibliographie, Texte, Traduction
et Commentaire , precede de la geographie, de l'histoire et de la bibliographie des etablissements
egyptiens de la peninsule. 4. 243 SS. mit 6 Karten und 170 Textabb. Paris 1904.
A. Wiedemann, Das Pferd im alten Ägypten (Die Umschau, VIII. Jahrg., Nr. 52).
— — , The excavations at Abusir, Egypt (Smithsonian Report for 1903, p. 669 — 680). Washing-
ton 1904.
, Magie und Zauberei im alten Ägypten (Der alte Orient, 6. Jahrg., Heft 4). 8. 32 SS.
Leipzig 1905.
Leipzig, J. C. Hinrichs'sclie Buchhandlung. — Verantwortl. Redakteur Prof. Dr. G. Steindorff, Leipzig, Waldstr. 52.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Illil